Kapitel 1
Misserfolge sind die Grundlage des Erfolgs
Wir leben in einer Gesellschaft, die einen furchterregenden Weg eingeschlagen hat. Sie entwickelt sich rasch zu einer Kultur, die zerbrechliche Egos vor Misserfolgen schützt. Deshalb loben immer mehr Menschen Potenziale statt Resultate und begnügen sich mit „Gut genug“, statt „Besser denn je“ anzustreben.
Unsere überempfindliche Gesellschaft hat eine Mentalität hervorgebracht, die mit Misserfolgen nicht umgehen kann. Einerlei, ob Sie Erster oder Letzter sind, wir predigen „Guter Versuch!“ anstatt „Arbeite härter!“. Das gilt für alle Lebensbereiche, auch für die Gesundheit. Wir verhätscheln uns und deshalb glauben so viele Menschen, es sei nicht schlimm, übergewichtig und außer Form zu sein. Deshalb finden es so viele Menschen normal, dass sie keinen Sport treiben und sich ungesund ernähren. Sie scheitern einmal und reden sich dann ein, besser gehe es nicht. Die Realität? Man hat Ihnen beigebracht, dass Sie nach einem Fehlschlag aufgeben sollen. Sie kennen den Geschmack des Erfolges nicht, weil nichts Sie anspornt weiterzumachen.
Das Problem ist überall sichtbar. Wir brauchen uns nur die heutige Jugend anzuschauen. Kinder bevorzugen Spiele, bei denen das Ergebnis nicht zählt, und am Ende bekommt jeder eine Trophäe. Ich bin sehr dafür, dass Kinder in einem liebevollen Umfeld aufwachsen. Fast alle Wohltätigkeitsorganisationen, mit denen ich zusammenarbeite, wollen Kindern ein besseres Leben ermöglichen. Aber Menschen brauchen Anstöße, sowohl äußerliche als auch innerliche. Damit das innere Feuer lodern kann, ist Brennstoff in Form von Enttäuschung, Beschämung und sogar Eifersucht notwendig. Zweifellos macht die Dosis das Gift und natürlich sind diese Emotionen extrem schädlich, wenn sie lange anhalten. Aber wenn Sie lernen, sie in positives Tun umzuwandeln, können sie eine enorme Hilfe sein.
Ich habe von meinen Misserfolgen profitiert. Ich musste sie spüren. Ich musste sie durchmachen. Ich musste wissen, wie eine Niederlage sich anfühlt, ich musste wütend werden und mir vornehmen, mich nie wieder so mies zu fühlen. Ohne Misserfolge hätte mir das Lebensblut gefehlt, das mich in all diesen späteren Jahren angetrieben hat. Andernfalls hätte ich nie die Chance gehabt zu wachsen.
Ich hasse Misserfolge und ich hasse es erst recht, sie einzuräumen. Aber wenn ich am Abend in den Spiegel schaue, weiß ich, dass jeder Misserfolg für mich ein Segen war. Ich stand wieder auf, schmiedete einen besseren Aktionsplan und setzte ihn in die Tat um. Ich wollte es den Leuten zeigen, die an mir zweifelten, wenn ich ihnen sagte, was ich erreichen wollte, welche Veränderungen ich bewirken wollte und was ich werden wollte.
Sie stehen vor der gleichen Herausforderung. Schauen Sie Ihren Misserfolgen ins Gesicht, sagen Sie „Willkommen“ zu ihnen, tauchen Sie in sie ein. Verwenden Sie den Schmerz dann als Treibstoff und setzen Sie sich dieses eine, scheinbar einfache Ziel: Was kann ich in einem Jahr verändern?
Sie müssen wirklich Ihr Bestes geben. Sie sind es sich selbst schuldig, ein für allemal zu wissen, wie weit Sie es bringen können. Schauen Sie in den Spiegel und lieben Sie, was Sie sehen, innerlich und äußerlich. Ich möchte, dass Sie abends das Gefühl haben, Ihren Schlaf zu verdienen. Ich bitte Sie nur um eines: Glauben Sie mir, dass alles, was ich Ihnen erzähle, bei mir funktioniert hat, und machen Sie sich dann an die Arbeit.
Der lange, harte Weg aus der Hölle
Was siehst du, wenn du dich selbst betrachtest?
Diese ehrliche Frage stellte ich mir vor Jahren. Was Sie heute sehen, wenn Sie mich anschauen, verdanke ich nicht dem Zufall, und es war nicht einfach zu erreichen. Mein „schneller“ Erfolg dauerte zwanzig Jahre und ich möchte, dass der Weg, den ich ging, in Ihnen Vertrauen weckt, damit Sie wieder aufstehen, wenn ihnen jemand ins Gesicht getreten hat. Wie Sie noch erfahren werden, haben die erfolgreichsten Menschen der Welt Niederlagen erlitten und gelernt mit ihnen umzugehen.
Nachdem ich in dem Film „Spider-Man“ (2002) Flash Thompson gespielt hatte, bekam ich vier Jahre lang keine Rolle mehr. Wie ist das passiert? Kurz gesagt, ich geriet in einen heimtückischen Kreislauf, weil ich zu viel trank, zu viel rauchte und mich aufführte, als hätte ich in der Lebenslotterie gewonnen – nur weil ich in einem großen Film mitgespielt hatte. Es ging immer weiter bergab, bis ich schließlich ganz unten in meiner eigenen Hölle landete.
Victoria Santa Cruz, eine meiner Lehrerinnen an der Carnegie Mellon University School of Drama, pflegte zu sagen: „Sobald du sagst ‚Ich hab’s geschafft‘ spaziert der Teufel zur Tür herein.“ Genau das ist mir passiert. Mehrere Jahre lang war ich wie benebelt und kaum zu gebrauchen. Selbst die einfachsten Dinge fielen mir enorm schwer, weil mir die Motivation fehlte. Ich hatte keine Lust, das Haus zu verlassen, und erst recht konnte ich mich nicht dazu aufraffen, so zu trainieren, wie ich wollte. Ich begann zu akzeptieren, dass die Schauspielerei höchstwahrscheinlich nichts für mich war, dass ich aus Eitelkeit den falschen Beruf gewählt, zu viele Brücken abgebrochen und einen Fehler begangen hatte. Jeden Tag drehte sich mir der Kopf und ich fragte mich unablässig: „Was wäre, wenn …?“ Was wäre, wenn ich mich irgendwie dazu aufraffen könnte, mich zu ändern? So unglaublich es sein mag, dank mehrerer bizarrer Ereignisse – und, wie mir heute scheint, vielleicht auch dank göttlicher Fügung – fand ich die Kraft, allmählich Ordnung in mein Leben zu bringen.
Der Freund eines Freundes stellte mich einem Eishockeyprofi vor, einem Abräumer, den die NHL viele Male gesperrt hatte. Wir waren uns sofort sympathisch. Er brauchte einen Sparringpartner, der ihm half, wieder in Form zu kommen und in die Liga zurückzukehren. Wir verstanden einander, weil wir ähnliche Probleme hatten. Ich ahnte nicht, dass sein Comeback meines widerspiegeln würde – dafür reichte meine Fantasie nicht aus.
Ich hatte nie zuvor richtig geboxt, aber weil ich sonst nichts zu tun hatte, sagte ich Ja.
Wir trainierten drei Mal in der Woche. Das Boxen wurde zur Gewohnheit und half mir, ein anderes Laster aufzugeben: das Kettenrauchen. Meist gingen wir abends um sechs in die Sporthalle. Ich achtete darauf, vorher nicht zu rauchen und nach dem Training aß ich etwas, duschte und ging dann sofort zu Bett – bevor der Drang zu rauchen mich überwältigen konnte. Diese gute Gewohnheit führte zu anderen guten Gewohnheiten und gleichzeitig veränderte sich meine Denkweise.
Ich überlegte nicht mehr, wie ich mich durchschlagen konnte; ich überlegte, was ich tun konnte.
Die Erlösung
Schließlich kehrte mein Freund zum Eishockey zurück und ließ mich mit meinem leeren Bankkonto allein. Ich hatte seit vier Jahre nicht mehr als Schauspieler gearbeitet und stand nun vor der beängstigenden Frage, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen sollte. Mir hatte das Buch „Der Ursprung“ von Ayn Rand immer gefallen. Es wurde vom Leben und von der Persönlichkeit des berühmten Architekten Frank Lloyd Wright inspiriert. An einer Stelle der Geschichte brechen das Privatleben und die Karriere der Hauptfigur vollständig zusammen. Er muss sein Büro dichtmachen und beschließt, in einem Steinbruch zu arbeiten und den ganzen Tag lang Steine zu klopfen. Ich fand das verwirrend, aber auch bewundernswert. Jahrelang war ich verblüfft darüber, dass dieser gebildete, brillante Architekt sich dazu herabließ, nur mit den Händen zu arbeiten. Warum tat er das? Ich beschloss, die Antwort selbst zu finden.
Also nahm ich einen Job in einer Baufirma an und schaufelte jeden Tag von sieben Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags Sand und Kies. Meiner Meinung nach war meine Karriere als Schauspieler beendet. Niemand beantwortete meine Anrufe und jeder Agent und Manager in der Stadt hatte mich abgewiesen. Irgendwie mochte ich es, morgens mit dem Lkw zu fahren, meine Anweisungen entgegenzunehmen, mein Gehirn abzuschalten und stundenlang zu schaufeln.
In der ersten Woche dachte ich, die Arbeit werde mich umbringen. Wie sollte ich diese Schufterei durchhalten? Mein Rücken schmerzte, meine Beine und Schultern schmerzten und jeden Morgen wachte ich mit pochenden Kopfschmerzen auf. Ich schluckte Advil und trank eine Menge Wasser, aber ich wurde die Kopfschmerzen nicht los – jedenfalls nicht, bis ich jeden Morgen in Los Angeles bei über dreißig Grad schaufelte und dabei in Schweiß ausbrach. Mir ging es wie einem Drogensüchtigen oder Alkoholiker, der heftig zittert, bis er seine morgendliche Dosis bekommt. Es war, als schrien mein Körper und meine Seele mich an: „Du brauchst das!“ Tag für Tag fuhr ich mit dem Lkw zur Arbeit und nach einigen Wochen begann mein Körper sich drastisch zu verändern. Es war, als hätte es in mir eine genetische Barriere gegeben, die mich daran gehindert hatte, Körpermasse und Muskeln aufzubauen. Nun hatten meine täglichen Workouts auf der Baustelle diese Barriere vollständig beseitigt. An diesem Punkt hatte ich seit fast drei Jahren nicht mehr getrunken und seit zwei Jahren nicht mehr...