Standards können als eine, durch allseitige Zustimmung festgelegte und eine anerkannte Körperschaft genehmigte Dokumentation von Regelungen für den allgemeinen und vielfachen Einsatz angesehen werden. Diese Richtlinien bzw. Charakteristika für Aktivitäten bzw. deren Resultate zielen darauf ab, ein Optimum an Vorschriften für einen bestimmten Handlungsbereich darzustellen.
Die Festsetzung solcher Standards dient dem Schutz der Verbraucher und der Markttransparenz sowie dem Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt. Eine Berücksichtigung von Umwelt- oder Arbeitnehmeraspekten in der Unternehmenspolitik ist zumeist mit Kosten verbunden, so dass die Festlegung von Standards in diesen Bereichen einen verbindlichen Charakter besitzt und die Entstehung von Wettbewerbsnachteilen durch eine sozial bzw. ökologisch verträgliche Vorgehensweise von Unternehmen verhindert. Dabei werden Standards danach unterschieden, auf welcher Ebene sie zur Anwendung kommen:
Produktstandards beinhalten Regelungen bzgl. gewisser Produkteigenschaften wie z.B. äußere Beschaffenheit oder Inhaltsstoffe und verfolgen damit das Ziel des Schutzes der Verbraucher und der Umwelt sowie der Markttransparenz.
Produktions- und Prozessstandards regeln die Prozesse der Produktion, die das Endprodukt beeinflussen können, aber nicht müssen. Dabei können solche Standards ganze Prozesse detailliert regeln, gewisse Produktionsprozesse vollständig in ihrer Anwendung verbieten oder ein Resultat vorschreiben, das der Prozess erbringen muss, so z.B. das Einhalten von Emissionsgrenzwerten.
Verhaltensstandards stellen eine Reglementierung der Gestaltungsoptionen hinsichtlich unternehmensinterner Abläufe dar, sind demnach eher qualitativer Natur. Als Beispiele für Verhaltensstandards können im sozialen Bereich das Anrecht auf gemeinschaftliche Tarifverhandlungen und die Vereinigungsfreiheit angesehen werden, im Bereich der ökologischen Unternehmenspolitik das Mittel der Öko-Audits zur stetigen Steigerung der Umweltverträglichkeit von Unternehmensaktivitäten, oder im Qualitätsmanagement die ISO 9000 Standards (vgl. GTZ 2002, S. 4).
Fast man den Begriff der Sozialstandards im erweiterten Sinne auf, so können darunter sämtliche Vereinbarungen zwischen den Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die gesetzlichen Normen verstanden werden, die die Beschäftigungssituation reformieren sollen. Dies äußert sich sowohl in Produktions- und Prozessstandards, wenn es sich um die Regelung von Prozeduren im Rahmen der Arbeitnehmerbeschäftigung handelt, so z.B. Vorschriften über Beiträge zur Sozialversicherung, tariflich festgelegte Lohnhöhe oder Arbeitssicherheit, als auch in Verhaltensstandards, die qualitative Regelungen der Beschäftigung darstellen, so z.B. Gewerkschaftsrechte. Im Fall von letzteren wird die Bezeichnung "Kernarbeitsnormen" verwendet (vgl. Deutscher Bundestag 2001, S. 65).
Unterscheidet man die staatlichen Vorschriften in solche direkten Produktions- und Prozessstandards und indirekten Verhaltensstandards, so ist bei Betrachtung der Industrieländer seit dem zweiten Weltkrieg ein qualitativer und quantitativer Anstieg dieser beiden Ausprägungsformen zu erkennen, wobei nationale Unterschiede hinsichtlich der zu regelnden Sachverhalte bzw. der die Regelungen aufstellenden Körperschaften auftreten (vgl. GTZ 2002, S. 5).
Der bereits beschriebene Prozess der Globalisierung führt zu wachsender Bedeutung sog. transnationaler Konzerne (TNK) und Engagement ausländischer Investoren, die diesen Prozess vorantreiben. Gleichzeitig werden diese Akteure aber auch zu einem notwendigen Wandel der nationalen Unternehmensorganisationen und –strukturen sowie des Verhältnisses untereinander gedrängt. Darüber hinaus lassen die Internationalisierung der Märkte bzw. der Abbau von Handelsschranken die nationalen Regelungen an Effektivität verlieren, so dass der Blick auf Möglichkeiten zur internationalen Regelung der Thematik gerichtet werden muss.
Mit ihrer Gründung im Jahr 1919 stellt die ILO die älteste Einrichtung im Gefüge der Vereinten Nationen dar, die gleichzeitig auch die einzige Organisation ist, in der neben den Regierungen der Mitgliedsländer auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände Vertreter in die Gremien entsenden (vgl. GTZ 2002, S. 7).
Das Ziel der ILO, weltweit eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitssituation zu erreichen, beinhaltet dabei die Förderung von Arbeitsrechten und Beschäftigung sowie die Ausdehnung und Verbesserung der sozialen Sicherung für Menschen im Arbeitsprozess und die Begünstigung von Interessenangleichungen und Meinungsaustausch hinsichtlich sozialer Belange (vgl. Sengenberger 2001, S. 2). Diese Zielausrichtung lässt sich um einen, auf den Welthandel ausgerichteten, Aspekt erweitern. So sollen international akzeptierte soziale Mindeststandards ein Aufkommen des sog. "Sozialdumpings" vermeiden, nämlich dass Teilnehmer am internationalen Handel sich komparative Vorteile durch den Abbau von Rechten der Arbeitnehmer oder eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen verschaffen (vgl. Greven et al. 2005, S. 126).
Sieht man demnach die bedeutendste Aufgabe der ILO in einer Definition global anerkannter Kernarbeitsnormen, so muss in dieser Hinsicht zwischen Übereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitskonferenz als höchstem ILO-Gremium unterschieden werden. Während Übereinkommen einen völkerrechtlich bindenden Charakter für die unterzeichnenden Staaten haben und eine Anpassung der jeweiligen nationalen Gesetze erfordern, sind Empfehlungen als Detailbestimmungen zur Realisierung der Übereinkommen anzusehen, die keinen verbindlichen Charakter besitzen. Die Ausarbeitung dieser Bestimmung erfolgt unter Mitwirkung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden. Die Entscheidung über eine Ratifizierung und Aufnahme in die jeweils nationalen Gesetze liegt hingegen im Ermessen der nationalen Parlamente der ILO-Mitgliedsstaaten, die verpflichtet sind, in regelmäßigen Abständen über die nationale Umsetzung ratifizierter Konventionen Bericht abzulegen. Die Verbände der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite können eine Stellungnahme zu diesen Berichten der jeweiligen Regierung abgeben, darüber hinaus besitzen sie die Möglichkeit, gegen die Verletzung einer unterzeichneten Konvention Beschwerde zu führen. Die Möglichkeiten der ILO zur Sanktionierung von Verstößen bestehen in einer Bekanntmachung der Verletzung bzw. einer Anprangerung bei dauerhaften Verletzungen von Übereinkommen.
Die fortlaufende Diskussion um international anerkannte Kernarbeitsnormen führte 1998 zur Verabschiedung der Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (ILO-Declaration on fundamental principles and rights at work), in der die ILO-Mitgliedsstaaten zur Unterzeichnung und Umsetzung der vordringlichsten der 181 Konventionen der ILO ermahnt wurden (vgl. GTZ 2002, S. 8). Dabei wurden die Vereinigungsfreiheit und das Recht, kollektive Tarifverhandlungen durchzuführen, das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Abschaffung von Diskriminierung hinsichtlich Beschäftigung, Entlohnung und Berufswahl als grundlegende Arbeitsnormen identifiziert, die von allen ILO-Mitgliedern, unabhängig von ihrer Ratifizierung, zu beachten sind (vgl. Engel et al. 1999, S. 26). Der Aufforderung an die Mitgliedsstaaten Berichte über Hinderungsgründe für die Einhaltung oder Ratifizierung dieser Kernarbeitsnormen abzugeben, steht das Unterstützungsangebot der ILO zur Bekämpfung konkreter Probleme gegenüber. Spezielle Mechanismen zur Klage bzw. Beschwerde sind hinsichtlich dieser Kernarbeitsnormen nicht vorgesehen, eine Erweiterung der Durchsetzungsinstrumente der ILO auf Handelssanktionen konnte bisher nicht erreicht werden (vgl. GTZ 2002, S. 8f.).
Die Grenzen des ILO-Ansatzes zeigen sich insbesondere bei Betrachtung des sog. "informellen Sektors", der in Entwicklungsländern 20-60 Prozent aller Erwerbstätigen außerhalb der Landwirtschaft umfasst (vgl. Sengenberger 2001, S. 14 f.) und häufig als Sammelbegriff für behördlich nicht erfasste Betriebe verwendet wird. Kennzeichnend für diesen Bereich sind die Beschäftigung wenig qualifizierter Arbeiter, geringe Entlohnung und ein hoher Anteil von Frauen in der Beschäftigung. In diesem Fall gestaltet sich die Einhaltung von Sozialstandards als schwierig, zumal vermehrt Produktionstätigkeiten des formellen Sektors in den informellen Sektor ausgelagert werden und das Lohnniveau im formellen Sektor oftmals eine Zweit- oder Drittbeschäftigung im informellen Sektor erfordert (vgl. Sengenberger 2001, S. 15).
Insbesondere von Seiten der Arbeitnehmerverbände wurden, auf Grund der nicht zufriedenstellenden Einhaltung der o.g. ILO-Standards, wirkungsvollere Instrumente zur Sanktionierung von Konventionsverletzungen gefordert, jedoch bisher nicht verwirklicht. Die ICFTU verfolgt bereits seit den 1970er Jahren eine Aufnahme von Sozialstandards in internationale Handelsabkommen (vgl. GTZ 2002, S. 11). Solche sog. Sozialklauseln sollen insbesondere dem Anreiz...