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E-Book

Familiencoaching

Ein Praxishandbuch

AutorMiroslawa Britzkow, Susanne Jermies
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783456955407
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Dr. Miroslawa Britzkow und Susanne Jermies wissen, wovon Sie schreiben: Mit vielen konkreten, in der Praxis leicht umsetzbaren Interventionsmöglichkeiten führen sie in die neue spezifische Beratungsform des Familiencoachings ein. Die beiden erfahrenen Familiencoachs zeigen in ihrem Praxishandbuch·- alle relevanten theoretischen Aspekte und Themen auf, unter denen die Familie heutzutage analysiert und betrachtet werden muss (z. B. die Patchworkfamilie) - einen Fundus an kreativen, praktischen Ideen für die tägliche Arbeit mit Familien. Ein strukturierter Leitfaden, das sogenannte Zehn-Schritte-Programm, führt übersichtlich und gut verständlich durch die Aspekte Probleme, Ressourcen, Zielformulierungen, Hindernisse, Lösungen und viele Teilschritte mehr. Das Buch ist von den Autorinnen aus der Praxis für die Praxis entwickelt worden. Sie lieben ihre Arbeit, das sieht man deutlich an Ihrem Buch - das von Herrn Jermies bunt und lebendig gestaltet wurde.

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Leseprobe
1.1 Die Familie (S. 14-15)

1.1.1 Die Familie – ein besonderes soziales System

Die Gesellschaft ist im ständigen Wandel und in Entwicklung. Die Familie, die in der Soziologie als Keimzelle der Gesellschaft betrachtet wird, verändert sich aufgrund historischer und kultureller Einflüsse fortwährend. In der heutigen Zeit existiert weltweit eine Vielzahl unterschiedlicher Formen von Lebensgemeinschaften und Familien.

Die Familie wird überwiegend als wichtigstes soziales System bezeichnet. Ihre Einzigartigkeit in unserer Gesellschaft ergibt sich aus ihrer inneren Struktur, die das System Familie kennzeichnet. Watzlawick et al. (1967, 117) beschreiben diese einzigartige Struktur innerhalb ihrer Definition des Familiensystem-Begriffs: „Systeme sind Ganzheiten. Alles, was existiert, existiert in ganzheitlichen Zusammenhängen. Als System betrachtet, ist die Familie ein Ganzes, etwas qualitativ anderes als die Summe ihrer Teile, mit denen sie sich und diese untereinander in Wechselwirkung befindet: Jeder Einzelne ist mit dem anderen so verbunden, dass eine Änderung des einen automatisch eine Veränderung des gesamten Systems mit sich bringt.“

Die von Watzlawick et al. beschriebene Wechselwirkung findet ihren Ausdruck in der Kommunikation der Familienmitglieder untereinander. Indem die Mitglieder der Familie miteinander kommunizieren, erhält und stabilisiert sie ihre Beziehung.

Dieses verdeutlichen Watzlawick et al. (1969/1999, 116): „Zwischenmenschliche Systeme sind demnach zwei oder mehrere Kommunikanten, die die Natur ihrer Beziehung definieren.“

Auf die Gesellschaft bezogen, stellt das System Familie eine eigene Konstante dar, die die Gesellschaft definiert, aber auch gleichzeitig von ihr definiert wird. So kommt es zu einer einzigartigen Wechselwirkung zwischen den Systemen Familie und Gesellschaft. Als gesellschaftliche Institution soll die Familie sowohl die Kontinuität als auch die Veränderung der Gesellschaft gewährleisten. Richter (2006, 43) betont diese voneinander abhängige Beziehung folgendermaßen: „Als System hat sie die Funktion, sich zu erhalten, als Bündnis sichert das System die für eine funktionale Sozialisation der Kinder notwendige Kontinuität und Nähe.“

Innerhalb der Familie sind deren Mitglieder emotional miteinander verbunden. Sie nehmen am Leben der anderen Familienmitglieder während bestimmter Lebensabschnitte mehr oder weniger intensiv teil. Neben der Aufgabe der Sozialisation hat die Familie des Weiteren die Aufgabe, die Intimisierung von Beziehungen zu pflegen.

Denn emotionale Nähe fördert Vertrauen und Loyalitätsbindung, fördert das Zugehörigkeitsgefühl. Die das tägliche Leben auszeichnende Nähe untereinander fördert in seltenen Fällen jedoch auch den Missbrauch innerhalb der Familie. Dieser Missbrauch drückt sich dann in Gewalt und Ausbeutung der schwächeren Familienmitglieder aus und lässt diese häufig schutzlos zurück. Aus diesem Grund sind Grenzen innerhalb der Familie unabdingbar.

Durch die enge Bindung und die Nähe im gemeinsamen täglichen Leben ist es wichtig, Grenzen zwischen den Generationen zu etablieren. Oftmals werden diese Grenzen jedoch nicht eingehalten. So muss man sich beispielsweise ins Bewusstsein rufen, dass sexuelle Übergriffe gegenüber Kindern zum Großteil in den eigenen Familien stattfinden.

Aufgrund der auf die Familie zukommenden Aufgaben für die Gesellschaft als Ganzes, die wir soeben näher definiert haben, verwundert es nicht, dass die Familie in unserer Kultur und unserem Rechtssystem eine Vorrangstellung gegenüber anderen sozialen Systemen innehat. Diese drückt sich u.a. dadurch aus, dass „ihre Grenzen als besonders schutzwürdig“ gelten. (ebd. 77) Die Familie nimmt einen Schutzraum ein, z. B. die Wohnung oder das Haus. So schützt die grundgesetzlich garantierte Unverletzlichkeit des Wohnraums die Familienmitglieder vor eventueller Gewalt durch ihre soziale Umwelt.

Durch die entsprechende Nutzung des eigenen Wohnraums entstehen familiäre Binnenräume als Außengrenzen, als Zeichen der Familienidentität, aber auch als Ort des Familienrituals. So ist das Wohnzimmer beispielweise ein Ort des familiären Aufeinandertreffens und der Erholung. (vgl. ebd., 78) Jede Familie hat ihre eigene Geschichte – ihre Herkunft, die nahe und ferne Verwandtschaft, die sich durch die Zeit hindurch und aufgrund familiärer Prozesse verändert. Gleichzeitig ist die Familie ein Teil der Gesellschaft, ist in ihre Umwelt integriert und pfl egt ihre eigene Familienkultur. Die Beziehungsebene der Familienmitglieder, deren individuelle Probleme und die Probleme der Familie an sich sind prägend für das Zusammenleben. Jede Familie hat somit ihre spezifi sche Biografi e (siehe Grafi k). Die Familie entsteht also sowohl im Kleinen in der Beziehung der Familienmitglieder untereinander als auch im Großen innerhalb ihrer Wechselbeziehung mit der Verwandtschaft und ihrer sozialen Umwelt. Somit ist sie Kernpunkt des individuellen sozialen Lebens und der Gesellschaft.

Die Familie ist gleichzeitig individuell und einzigartig, aber auch als integraler Teil der Gesellschaft ein besonderes soziales System und Subsystem. „Die Familie als soziales Subsystem reagiert wie kaum ein anderes System auf gesamtgesellschaftliche Veränderungsprozesse.“ (Pallasch et al. 2013, 36)

Durch die Zeiten ändern sich die Anforderungen, die an die Familie und die Familienformen gestellt werden. Veränderungen in der Gesellschaft beeinfl ussen auch das System Familie. Es ändert sich jedoch hoffentlich nicht die Einzigartigkeit der Familie und die Tatsache, dass sich die Familienmitglieder gerade innerhalb dieses Systems so zeigen können, wie sie sind, und von allen anerkannt und geliebt werden. So stellt auch Satir (2004, 158) heraus: „Alle Familiensysteme dienen dem Schutz und der Organisation ihrer Mitglieder.“ All dies unterstreicht den Stellenwert der Familie innerhalb der Gesellschaft.

Ihre herausragende Stellung korrespondiert mit der besonderen Bevorzugung durch das Gesetz, das das System Familie stützen und als Keimzelle unserer Gesellschaft bewahren soll. Denn nur so ist gewährleistet, dass die Familie auch in Zukunft ihre vielfältigen Aufgaben in der Gesellschaft und für die Gesellschaft wahrnehmen kann.
Inhaltsverzeichnis
Familiencoaching1
Danksagung6
Inhaltsverzeichnis8
Vorwort11
Anmerkungen der Autorinnen12
1 Theoretische Grundlagen14
1.1 Die Familie15
1.1.1 Die Familie – ein besonderes soziales System15
1.1.2 Der Begriff „Familie“ – Versuch einer Definition17
1.1.3 Kommunikation in der Familie20
1.2 Das Coaching25
1.2.1 Coaching – eine professionelle Beratungsform25
1.2.2 Coaching und Beratung – Gemeinsamkeiten und Unterschiede27
1.2.3 Coaching und Psychotherapie – Gemeinsamkeiten und Unterschiede28
1.2.4 Der Coaching-Prozess29
1.3 Das Familiencoaching31
1.3.1 Familiencoaching – eine spezifische Form der Beratung31
1.3.2 Der Familiencoaching-Prozess33
1.3.3 Familiencoaching – das Arbeitsfeld37
1.4 Zusammenfassung39
1.4.1 Familien professionell unterstu¨tzen39
1.5 Kindeswohlgefährdung41
1.5.1 Der Schutzauftrag fu¨r Kinder41
2 Der Gesamtablauf46
2.0 Eine gemeinsame Reise47
2.0.1 In zehn Schritten vom Problem zum Ziel47
2.1 Die Gespräche49
2.1.1 Gesprächsfu¨hrung49
2.1.2 Die Struktur der Familie51
2.1.3 Gespräche mit der Familieim Familiencoaching-Prozess52
2.1.4 Gespräche mit Kindern und Jugendlichen53
2.1.5 Methoden und Techniken der Gesprächsfu¨hrung55
2.1.6 Gespräche mit Kindern und Jugendlichen56
2.1.7 Das Erstgespräch mit der Familie57
2.1.8 Haus, Baum, Hund – Kreative Übung59
2.1.9 Der gemalte Dialog – Kreative Übung60
2.2 Die Vereinbarung61
2.2.1 Familiencoach und Coachee schließen eine Vereinbarung61
2.3 Das Problem63
2.3.1 Die Problembeschreibung63
2.3.2 Die Definition65
2.3.3 Die Problemklassen66
2.3.4 Die Problemerfassung im Familiencoaching-Prozess67
2.3.5 Das Problem erfassen – Praktische Übung69
2.3.6 Das Problem erfassen – Kurzform der Übung71
2.4 Die Zielformulierung73
2.4.1 Ziele, Werte und Motivation im Familiencoaching73
2.4.2 Ziele – vielfältige Definitionen77
2.4.3 Kriterien zur Formulierung von Zielen im Familiencoaching-Prozess80
2.4.4 Der Drache als Symbol in der Zielformulierung81
2.4.5 Gemeinsam das Ziel formulieren – Praktische Übung83
2.4.6 Gemeinsam das Ziel formulieren – Kurzform der Übung85
2.5 Die Lösungen87
2.5.1 Lösungsmöglichkeiten finden87
2.5.2 Lösungen mit der Familie erarbeiten – Praktische Übung89
2.5.3 Lösungen mit der Familie erarbeiten – Kurzform der Übung93
2.6 Die Ressourcen97
2.6.1 Vielfalt der Definitionen97
2.6.2 Methodenauswahl zur Ressourcenarbeit100
2.6.3 Die Ressourcen-Karten (Kopiervorlage)101
2.6.4 Meine, deine, unsere Ressourcen – Kreative Übung111
2.6.5 Die Familien-Ressourcen-Wiese – Kreative Übung112
2.6.6 Ressourcenliste fu¨r Kinder – Beispiele113
2.6.7 Ressourcenliste fu¨r Jugendliche und Erwachsene – Beispiele114
2.7 Die Hindernisse115
2.7.1 Hindernisse erkennen und u¨berwinden115
2.7.2 Die Hindernisse – Definition117
2.7.3 Hindernisse u¨berwinden118
2.7.4 Hindernisse u¨berwinden – Praktische Übung119
2.7.5 Hindernisse u¨berwinden – Unsere Notizen121
2.7.6 Hindernisse u¨berwinden – Kurzform der Übung122
2.8 Die Umsetzung123
2.8.1 Die Umsetzung – Fu¨r Handlungsschritte planvoll Aufgaben u¨bernehmen123
2.8.2 Handlungsschritte – Praktische Übung125
2.8.3 Handlungsschritte – Kurzform der Übung126
2.8.4 Lösungspuzzle – Konkretisierung und Umsetzung127
2.8.5 Lösungspuzzle – Kurzform der Übung128
2.9 Die Überpru¨fung129
2.9.1Die Überpru¨fung – Das schon Erreichte sichtbar machen129
2.9.2 Die Überpru¨fung – Unsere Checkliste130
2.10 Am Ziel131
2.10.1 Das Ziel ist erreicht131
3 Das Handwerkszeug134
3.1 Einleitung135
3.1.1 Der Familiencoach und sein „Handwerkszeug“135
3.2 Bilder fu¨r Familienwege137
3.2.1 Bilder und Symbole in Beratung und Therapie137
3.2.2 Familienbilder und Bilderwelten innerhalb des Familiencoaching-Prozesses139
3.2.3 Basiselemente141
3.2.4 Symbole142
3.2.5 Die Meereswelt143
3.2.6 Die Welt des Waldes145
3.2.7 Die Bergwelt147
3.2.8 Die Welt der Pferde149
3.2.9 Die Welt des Fußballs151
3.3 Kreative Alternativen153
3.3.1 Das bin ich – das sind wir153
3.3.2 Das Familien-Fotoalbum154
3.3.3 Das Problem155
3.3.3.1 Probleme genauer betrachten155
3.3.3.2 Die Systematisierung der Probleme158
3.3.4 Die Zielformulierung159
3.3.4.1 Etappenziele als Teile des Weges159
3.3.5 Die Lösungen161
3.3.5.1 Die ersten kleinen Schritte161
3.3.5.2 Lösungen kreativ darstellen162
3.3.5.3 Lösungsmatrix mit einer Familie163
3.3.5.4 Lösungsmatrix mit einer Familie – Praktische Übung164
3.3.5.5 Lösungsmatrix mit einer Familie – Kurzform der Übung166
3.3.6 Die Ressourcen167
3.3.6.1 Das ReFaFa (Angelehnt an Vogt-Hillmann, Burr 2006)167
3.3.6.2 Die Ressourcen-Wäscheleine168
3.3.6.3 Ressourcenarbeit mit Seilen: Die Familien-Ressourcen-Schatztruhe169
3.3.6.4 Die Familien-Ressourcen-Schatztruhe – Kurzform der Übung171
3.3.6.5 Die Familien-Ressourcen-Collage172
3.3.6.6 Ressourcenarbeit mit Silhouetten173
3.3.6.7 Komplimente als Ressource174
3.3.6.8 Das multikulturelle Ressourcenbild175
3.3.6.9 Der interkulturelle Ressourcenbaum176
3.3.6.10 Die Ressourcenräume177
3.3.6.11 Das Familienwappen178
4 Anhang180
4.1 Beispiele aus unserer Arbeit181
4.2 Literatur187

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