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Feiern im Rhythmus des Jahres

Eine kurze Einführung in christliche Zeitrechnung und Feste

AutorLiborius Olaf Lumma
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783791760834
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Wie kommt es eigentlich, dass das orthodoxe Osterfest nur selten gleichzeitig mit dem der westlichen Christenheit gefeiert wird? Der Grund dafür sind verschiedene christliche Kalendersysteme, die der Autor historisch erschließt und mit dem jüdischen und islamischen Kalender abgleicht. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem zentralen christlichen Fest, Ostern, und dem Osterfestkreis in seiner römisch-katholischen Gestalt, darauf folgen Gehalt und Gestalt der übrigen Feste im Jahreskreis. Den Abschluss bildet ein Überblick über die Festkultur in anderen christlichen Kirchen. Wie im 'Crashkurs Liturgie' und in 'Liturgie im Rhythmus des Tages' verbindet der Autor eine Fülle von Informationen mit einer gut lesbaren Darstellung, die durch zahlreiche schematische Übersichten unterstützt wird.

Liborius Olaf Lumma, Dr. theol., Privatdozent, geb. 1973, ist Universitäts-assistent an der Universität Innsbruck und vertritt z. Zt. den Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft der Universität Münster.

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Leseprobe

Kapitel 2
Jüdischer Kalender


 

 

 

Lunisolarer Kalender


Als einziger der hier vorgestellten Kalender ist der jüdische lunisolar. Seine grundlegende Berechnungsgröße ist also der Mondmonat, zugleich wird der Kalender aber möglichst genau an das Sonnenjahr angepasst, so dass Jahresanfang und jährliche Festtage nur innerhalb eines geringen Spielraums schwanken und jedenfalls immer in die gleiche Jahreszeit fallen.

 

 

 

Sieben-Tage-Woche und Schabbat


Noch grundlegender für den biblisch-jüdischen Kalender ist allerdings die Sieben-Tage-Woche. Das Judentum ist nicht die erste Gesellschaft in der Geschichte, die ein siebentägiges Wochenschema verwendet, es hat aber der Sieben-Tage-Woche in zweierlei Hinsicht eine theologische und praktische Bedeutung gegeben, die bis heute die Weltgeschichte beeinflusst:

Erstens wird die Erschaffung der Welt als ein Geschehen erzählt, das einem siebentägigen Schema folgt (Gen 1,1–2,4a). Die Sieben-Tage-Woche ist demnach ein Grundprinzip der Schöpfungsordnung. Dies hat Konsequenzen für den Kalender: Es darf keine „weißen Tage“ geben, die keiner Woche zugehörig sind, sondern auf den siebten Tag einer Woche muss immer der erste Tag der nächsten Woche folgen.

Zweitens ist der siebte Tag der Woche ein Feiertag, ein Ruhetag nach dem Vorbild der Ruhe Gottes, der die Schöpfung in sechstägigem Wirken vollendete. In welcher Form diese Ruhe genau ausgeübt wird, kann sich innerhalb des Judentums deutlich unterscheiden, doch der Sinn des Ruhetags ist in den biblischen Texten recht klar definiert:

Zum einen geht die Ruhe auf Gott selbst zurück, der die Welt in sechs Tagen erschaffen hat, den siebten Tag aber der Ruhe über das gelungene Werk gewidmet hat: Es ist ein durch Ruhe gesegneter Tag der Vollendung (Gen 2,3; Ex 20,8–11).

Zum anderen erinnern der siebte Tag der Woche und die an ihm gelebte Ruhe an die Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Sklaverei (Dtn 5,12–15), das grundlegende Ereignis für das Selbstverständnis Israels und sein Verhältnis zu Gott. Das an diesem Tag bestehende Arbeitsverbot ist demnach in erster Linie als Freiheitsvergegenwärtigung zu verstehen: Durch die Arbeitsruhe werden soziale und ökonomische Machtmechanismen außer Kraft gesetzt. Kein Armer darf gezwungen werden, für einen Hungerlohn zu schuften, kein Schuldner kann von seinem Gläubiger verpflichtet werden, sich abzurackern. Dieses Ruhegebot geht so weit, dass auch Ausländer, Sklaven und sogar landwirtschaftliche Arbeitstiere daran gebunden sind (Dtn 5,14). Die jüdische Ur-Erfahrung der Freiheit von Sklaverei und von ungerechten Herren wird zu einer sichtbaren, erlebbaren Eigenschaft der ganzen Schöpfung: Gott hat alle und alles zur Freiheit berufen, und diese Freiheit wird am siebten Tag der Woche, dem Schabbat (Sabbat), durch eine konkrete Praxis gegenwärtig gesetzt.

Aus heutiger Sicht mag das biblische Ruhegebot als soziale Gängelung erscheinen: Dürfen Menschen nicht selbst entscheiden, wie sie mit ihrer Freizeit umgehen? Darf man nicht einmal dann arbeiten, wenn man es aus freier Entscheidung möchte? Doch „Frei-Zeit“ (und zwar unverdiente, allgemeine Freizeit für alle) kann es nur geben, wenn in einer Gesellschaft bedingungslose Schutzräume auch für die ökonomisch Schwachen bestehen. Einen solchen Schutzraum aber bietet das Ruhegebot am Schabbat. Der wiederkehrende siebte Tag der Woche ist ein Zeichen der Würde der Schöpfung, die von Gott nicht zur Sklaverei, sondern zur Freiheit bestimmt ist.

Der biblisch-jüdische Schabbat entspricht kalendarisch dem Samstag, dessen deutscher Name (ähnlich auch im Englischen saturday und im Französischen samedi) vom Planeten Saturn stammt, während romanische Sprachen die jüdische Bezeichnung übernommen haben, z. B. sabato im Italienischen, sábado im Spanischen. Auch das christliche Latein nennt diesen Tag sabbatum. Der Schabbat beginnt gemäß biblischer Stundenzählung mit dem Sonnenuntergang am Freitagabend und endet mit dem Sonnenuntergang am Samstagabend.

Dass sich jüdische Gemeinden am Schabbat (besonders am Freitagabend zur Eröffnung des Tages) auch zu einem gemeinsamen Gottesdienst treffen, ist zwar seit vielen Jahrhunderten verbreitet, aber theologisch nachrangig. Bis heute wird der Schabbat in erster Linie in der Familie begangen, im häuslichen Mahl und in der biblisch grundgelegten Ruhe.

 

 

 

Monate im jüdischen Kalender


Name

Verminderte Jahre

Reguläre Jahre

Übermäßige Jahre

Beginn im

bürgerlichen Jahr

2016/2017

Beginn im

bürgerlichen Jahr

2017/2018

Beginn im

bürgerlichen Jahr

2018/2019

Nisan

30 Tage

9. April 2016

28. März 2017

17. März 2018

Ijjar

29 Tage

9. Mai 2016

27. April 2017

16. April 2018

Siwan

30 Tage

7. Juni 2016

26. Mai 2017

15. Mai 2018

Tammus

29 Tage

7. Juli 2016

25. Juni 2017

14. Juni 2018

Aw

30 Tage

5. August 2016

24. Juli 2017

13. Juli 2018

Elui

29 Tage

4. September 2016

23. August 2017

12. August 2018

Tischri

30 Tage

3. Oktober 2016

21. September 2017

10. September 2018

Cheschwan

29 Tage

30 Tage

2. November 2016

21. Oktober 2017

10. Oktober 2018

Kislew

29 Tage

30 Tage

1. Dezember 2016

19. November 2017

9. November 2018

Tevet

29 Tage

30. Dezember 2016

19. Dezember 2017

9. Dezember 2018

Schevat

30 Tage

28. Januar 2017

17. Januar 2018

7. Januar 2019

Nur in Gemeinjahren:

Adar

29 Tage

27. Februar 2017

16. Februar 2018

Nur in Schaltjahren:

Adar I (Schaltmonat)

Adar II

30 Tage

29 Tage

6. Februar 2019

8. März 2019

Gesamtzahl der Tage

353 (Gemeinjahr)

383 (Schaltjahr)

354 (Gemeinjahr)

384 (Schaltjahr)

355 (Gemeinjahr)

385 (Schaltjahr)

 

 

 

Mondmonat


Der Monat im jüdischen Kalender ist ein Mondmonat, er ist also entweder 29 oder 30 Tage lang. Er umfasst demnach 4 Wochen mit jeweils 7 Tagen plus einen oder zwei weitere Tage. Wegen der ununterbrochenen Sieben-Tage-Woche fällt der Monatsanfang somit nicht immer auf den gleichen Wochentag. Der Monatsanfang ist definiert durch das erste Erscheinen der Mondsichel nach dem Neumond. Die genaue Bestimmung des Monatsanfangs wurde im biblischen Jerusalem durch Priester übernommen, die den neuen Monat öffentlich ausriefen, mittlerweile erfolgt die Berechnung nach genauen mathematischen Methoden und einem festen Schema, das spontane Beobachtungen unnötig macht.

 

 

 

Gemeinjahr und Schaltjahr


Das Jahr besteht im Regelfall (Gemeinjahr) aus 12 Monaten, die entweder 29 oder 30 Tage lang sind. Insgesamt ergibt sich meistens eine Jahreslänge von 354 Tagen (reguläres Gemeinjahr), manche Jahre haben nur 353 Tage...

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