„Tell me and I will forget it.
Show me and I may remember it.
Involve me and I will understand it.”[1]
Um Verhaltensänderungen und Kompetenzen bei ihren Mitarbeitern zu fördern, entscheiden sich immer mehr Unternehmen für Outdoortrainings. Dieses Prinzip des handlungsorientierten Lernens vermittelt bestimmte Ziele nicht nur theoretisch, sondern ganzheitlich mit Kopf, Herz und Hand. 90 Prozent des selbst Erfahrenen und Ausgeübten bleibt den Teilnehmern im Gedächtnis und zwar bewusst, sodass es jederzeit abrufbar ist. Beim Gehörten sind es dagegen nur 20 Prozent, beim Gesehenen nur 30 Prozent, bei der Kombination aus Hören und Sehen auch nur 50 Prozent und 70 Prozent bei dem, was wir selbst sagen (vgl. König & König, 2005, S. 18).
Das Outdoortraining wird von vielen Menschen immer noch mit Überlebenstraining und Survival-Kursen gleichgesetzt: irgendwo in der Wildnis an einem unbekannten Ort ausgesetzt werden, sich ohne Verpflegung und Hilfsmittel durchschlagen, von Käfern und Beeren ernähren und am Ende stolz und voller Tatendrang dem dagegen einfach erscheinenden Alltag trotzen. Doch mit solchen Vorstellungen haben Outdoor-Seminare nichts gemein.
Nach Schad und Michl (2004, S. 9) ist „das Spektrum von Outdoortrainings breit. Es spannt sich zwischen Flipchart und Bergseil, zwischen Seminarraum und Kletterwand, zwischen Regenwürmern und Spanferkeln.“
Einen genauen Überblick über die entsprechenden Outdoortrainings, deren Verbreitung, den Nutzen und den Stellenwert zu liefern, gestaltet sich sehr schwierig, da sich in den letzten Jahren der Trend dazu verstärkt hat und die Zahl der Anbieter stark angestiegen ist. Die Abgrenzungen zu den Survival-Trainings und ähnlich klassischen Bildungsangeboten sind fließend und nicht immer eindeutig definierbar. Zusätzlich tauchen verschiedene Seminarangebote auf, die nicht als Outdoortraining ausgewiesen sind, sondern unter anderen Bezeichnungen, wie „handlungsorientiertes Lernen“, „konstruktives Lernen“ oder „erlebnisorientiertes Training“ veröffentlicht werden, aber von den Inhalten her nichts anderes darstellen (vgl. Schad & Michel, 2004, S. 19).
Outdoortrainings stellen einen noch recht jungen Zweig innerhalb der betrieblichen Personalarbeit dar. Mit ihnen sind betriebliche Seminarformen gemeint, deren zentraler methodischer Bestandteil körperliche Aktivitäten sind, die außerhalb der Büros und hauptsächlich in der Natur stattfinden. Dabei handelt es sich um Veranstaltungen, bei denen das handlungsorientierte Lernen im Vordergrund steht, wobei Trainingsziele und -inhalte nicht nur theoretisch, sondern ganzheitlich und praktisch vermittelt und erfahrbar gemacht werden (vgl. König & König, 2005, S. 20).
Gemäß Renner & Strasmann (2003, S. 9) sind die „Outdoor-Seminare ein wirksames und innovatives Instrument zur Erprobung und Entwicklung effektiver Kooperationsformen.“
Nach der begrifflichen Klärung wird im folgenden Abschnitt auf die Erlebnispädagogik und speziell auf Kurt Hahn eingegangen. Sie bilden die Grundsteine für das Outdoortraining.
Es ist von großer Bedeutung für das Verständnis der vorliegenden Arbeit, den historischen Hintergrund der Outdoortrainings kennenzulernen. Dabei wird deutlich, dass dieses neuere methodische Konzept keine Erfindung unserer Zeit ist, das sich über Nacht etablierte und auf einen einzigen Begründer zurückzuführen ist, sondern das seinen Ursprung in der Erlebnispädagogik hat.
Die Geschichte der Erlebnispädagogik ist gekennzeichnet durch ihre Vielschichtigkeit. Wie schon erwähnt, wurde sie nicht von einem Einzelnen begründet, sondern zahlreiche Philosophen, Pädagogen und Psychologen gelten als geistige Väter dieser Pädagogik. In der Fachliteratur werden von Platon, Aristoteles über Rousseau, Thoreau, Johann Heinrich Pestalozzi, John Dewey, William James, der Jugendbewegung und Reformpädagogik, Minna Specht, bis hin zum „Urvater“ der Erlebnispädagogik, Kurt Hahn, diese Denker und Richtungen genannt (vgl. Vogel, 2005, S. 15).
Der deutsche Reformpädagoge Kurt Hahn (1886-1974) hat keine komplett neuartige Pädagogik entwickelt. Vielmehr liegt sein Verdienst in der Verknüpfung der vorhandenen Ideen zu einem umfassenden Konzept. Ausgehend von den Verhältnissen um die vorletzte Jahrhundertwende, diagnostizierte er eine gesellschaftliche Demoralisation, den „Verfall der körperlichen Tauglichkeit, den Mangel an Sorgsamkeit, den Mangel an Initiative und Spontanität und den Mangel an menschlicher Anteilnahme“ (vgl. Stüwe, 1998, S. 20). Diesen Mängeln stellte er seine Elemente der Erlebnistherapie entgegen. Die da sind (vgl. Fischer & Ziegenspeck, 2000, S. 241):
1. Das körperliche Training (leichtathletische Übungen und Natursportarten, wie Segeln, Kanufahren und Bergwandern)
2. Das Projekt (Aufgabenstellung mit hoher, aber erreichbarer Zielsetzung bei selbstständiger Planung und Durchführung im handwerklich-technischen bzw. künstlerischen Bereich)
3. Die Organisation von Expeditionen (meist mehrtägige Berg- oder Skitouren, Floßfahrten etc., bei denen es neben der natursportlichen Aktivität auch um lebenspraktische Alltagserfahrungen gehen sollte, wie z.B. Versorgen, Transportieren und Nachtlager bereiten)
4. Der (Rettungs-)dienst (hier explizit von seinen Schülern, je nach Standort, geleistete Küstenwache bzw. See- oder Bergrettungsdienste)
Auch heute noch sind diese Elemente, wenn auch in modifizierter Form, das Grundgerüst der erlebnispädagogischen Kurskonzeptionen und somit auch die Grundlage vieler Elemente moderner Outdoor-Seminare.
Die Ganzheitlichkeit ist ein weiteres wichtiges Merkmal der Erlebnistherapie. Man kann darunter auch die Verbindung von Kopf, Herz und Hand verstehen. Aus diesem Attribut der ganzheitlichen Erziehung erwächst die Forderung, den Menschen als ganze Person auf allen seinen Ebenen anzusprechen: der kognitiv-intellektuellen, der emotionalen und der schöpferisch tätigen Handlungsebene (vgl. Klawe, 1985, S. 214).
Somit kann man als Ziel der Hahnschen Pädagogik die Erziehung zur Verantwortung durch Verantwortung beschreiben. Dies basiert auf der Annahme, dass das Erleben eine unbewusste Wirkung auf das Verhalten hat.
Nachdem nun der geschichtliche Hintergrund mit den Grundgedanken vorgestellt wurde, wird nachfolgend eine Differenzierung gegenüber den Outdoortrainings vorgenommen.
Während die Charakterbildung und die Erziehung zu staatsbürgerlicher Verantwortung der Jugendlichen Hahns zentrale Anliegen waren, reduziert sich der Erlebnisansatz der Firmentrainings auf eine Lernmethode, mit der Schlüsselkompetenzen, wie Eigeninitiative, Kreativität, Kooperations-, Problemlösungs-, Selbststeuerungs-, Lern-, Konflikt- und Teamfähigkeit, geschult werden. Folglich wird die Natur nicht mehr als ein unabdingbares Lernfeld betrachtet. Wenn es der Lerneffizienz dient, wird auf einen Aufenthalt in der Natur sogar verzichtet.
Aber nicht nur die Natur kann als eine Differenzierung der Erlebnispädagogik gegenüber dem Outdoortraining gesehen werden. Die angewandten Methoden in beiden Bereichen können je nach den Zielen, den Zielgruppen, den Inhalten, der Gewichtung der Theorie und Praxis, der Seminardauer und –struktur sowie der körperlichen Belastung unterschieden werden. Tabelle 1 verdeutlicht diese Differenzierungen:
Tabelle 1: Differenzierung zwischen Erlebnispädagogik und Outdoortraining
(Quelle: Modifiziert in Anlehnung an König & König, 2005, S. 23; sfb Bildungszentrum, 2007, S. 8)
Eine klare Abgrenzung und Differenzierung erfolgt bei der Betrachtung der Zielgruppen und Zielthemen. Während in der Sonderpädagogik und Jugendarbeit die Erlebnispädagogik angewandt wird, ist es in der Personalentwicklung das Outdoortraining.
Es ist erkennbar, dass in den heutigen erlebnispädagogischen Ansätzen die individuelle Zielsetzung im Vordergrund steht, wie die Stärkung der Persönlichkeit und das Erlernen der sozialen Kompetenzen.
Im Bereich der Personal- und Betriebspädagogik bei den Outdoortrainings geht es neben der Persönlichkeits- und Teamentwicklung vorwiegend um das Erreichen bestimmter Unternehmensziele, also um die Realisierung wirtschaftlichen Erfolgs (vgl. König & König, 2005, S. 26).
Doch welches Unternehmen ist überhaupt daran interessiert, seine Mitarbeiter zu fördern und effizient zu qualifizieren? Die Antwort auf diese Frage wird im folgenden Abschnitt beantwortet.
Gefragt sind Outdoors vor allem immer dann, wenn sich ein Unternehmen im Umstrukturierungsprozess zur lernenden Organisation befindet (vgl. König & König, 2005, S. 18). Doch was sind lernende Organisationen? Peter M. Senge hat dieses...