Food-Fotografie
Kamera
Kameraeinstellungen
Wenn du deine Spiegelreflex- oder Systemkamera in vollem Umfang und bestmöglich nutzen möchtest, solltest du im manuellen Modus fotografieren. Das bedeutet, dass du im Gegensatz zum automatischen Modus, wo die Kamera alles automatisch den Lichtverhältnissen anpasst, Lichtempfindlichkeit (ISO), Blende und Belichtungszeit selber einstellen musst. Jetzt könnte man sagen, die Kamera wird das schon richtig einstellen, wenn sie sich an den Lichtverhältnissen orientiert. Dies kann in bestimmten Situationen auch ganz hilfreich und sinnvoll sein, in der Food- Fotografie jedoch eher nicht. Bei der Erklärung der einzelnen Einstellungsparameter wirst du besonders bei der Blende merken, wieso es so wichtig ist, die Einstellungen selber in der Hand zu haben.
Das Erste was du über diese drei wichtigen Einstellungen wissen solltest: Sie alle regulieren das Licht, also die Helligkeit im Bild. Allerdings hat jede Einstellung auch zusätzlich eine ganz besondere Fähigkeit, die immer im Auge behalten werden sollte.
Hast du ein modernes Smartphone, kann es sogar sein, dass du diese Einstellungen auch in deiner Smartsphone-Kamera vornehmen kannst. Die folgenden Seiten können also auch interessant für dich sein, wenn du gar keine Spiegelreflex- oder Systemkamera verwendest.
Blende (»f/«-Wert)
Die Blende sitzt im Objektiv. Wenn du bei eingeschalteter Kamera in das Objektiv blickst und den F-Wert veränderst, siehst du, wie sich die Blende schließt und öffnet. Je mehr sie geöffnet ist, desto mehr Licht fällt auf den Sensor der Kamera, dementsprechend wird das Bild heller. Der kleinstmögliche Blenden-Wert beschreibt die Offenblende, also die Blende, wenn sie komplett geöffnet ist.
Die Blende hat aber auch eine Wirkung auf die Tiefenschärfe im Bild, die in der Food-Fotografie zu den wichtigsten Gestaltungsmerkmalen gehört.
Je kleiner der f/-Wert also ist, desto heller wird das Bild.
Um dein Hauptmotiv so richtig in den Fokus zu bringen, hilft es, den Hinterund Vordergrund unscharf bzw. verschwommen darzustellen. Das erreichst du mit einer geöffneten Blende, also einem kleinen f/-Wert. Je nach Objektiv ist die Hintergrundunschärfe bei einer bestimmten Blendeneinstellung unterschiedlich. Am besten probierst du einfach verschiedene Werte aus, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wann du deine Kamera wie einstellst.
Hier siehst du, wie es sich an einem 50-mm-Objektiv mit einer Offenblende von f/1,8 verhält. Die Belichtungszeit ist angepasst, damit jedes Bild gleich belichtet ist.
Belichtungszeit bzw. Verschlusszeit
Das ist die Zeit, in der das Bild aufgenommen wird; der Wert wird in Sekunden angegeben. Eine Angabe von zum Beispiel 1/100 s entspricht einer Belichtungszeit von einem Hundertstel einer Sekunde. Alles, was in der eingestellten Zeit vor der Linse passiert, wird vom Sensor deiner Kamera eingefangen und ist auf dem fertigen Bild zu sehen. Diese Einstellung hat aber auch großen Einfluss auf die Helligkeit im Bild.
Hast du also mal nicht so viel Licht zur Verfügung, kannst du einfach eine längere Belichtungszeit einstellen. Dabei gilt es aber zu beachten: In der Zeit wird natürlich auch eine mögliche Bewegung eingefangen. Wenn die Belichtungszeit also zu lang ist, wird möglicherweise die Bewegung der Kamera in deiner Hand mit eingefangen, was zu einem verschwommenen Bild führt. Um das zu verhindern, brauchst du ein Stativ.
Je länger die Belichtungszeit, desto mehr Licht wird eingefangen und desto heller ist das Bild.
Du solltest dir merken, nie länger als der Kehrwert deiner Brennweite zu belichten, wenn du aus der Hand fotografierst. Bei einem 50-mm-Festbrennweite-Objektiv sollte die Belichtungszeit also nicht länger als 1/50 s sein. Bei besonders langen Zeiten kann es sogar mit Verwendung eines Stativs sinnvoll sein, den Selbstauslöser oder eine Fernbedienung für die Auslösung zu nutzen, da selbst der Druck auf den Auslöser an der Kamera zu Verwacklungen führen kann.
Wenn deine Bilder verschwommen sind, du aber nicht weißt, woran es liegt, probiere einfach mal eine kürzere Belichtungszeit aus.
In den meisten Fällen ist diese Einstellung also nur dafür da, dein Bild richtig zu belichten. Eine Ausnahme gibt es allerdings, bei der du der Belichtungszeit den Hauptfokus bei der Einstellung geben solltest.
Bewegungen einfangen
Wenn du ganz gezielt Bewegungen einfangen möchtest, wie zum Beispiel herunterlaufende Schokoladensoße oder fallenden Puderzucker, musst du die richtige Belichtungszeit finden, damit du auch das Ergebnis bekommst, das du dir vorstellst. Je länger die Belichtungszeit ist, desto mehr Bewegung wird eingefangen. Wenn du die runterlaufende Soße also scharf dargestellt haben möchtest, sollte die Zeit möglichst kurz sein. Gleiches gilt für fallenden Puderzucker. Ist die Belichtungszeit zu lang, wird man auf dem Bild den ganzen Weg des Puderzuckers von oben nach unten sehen, was am Ende als senkrechte Streifen angezeigt wird. Um eine Bewegung möglichst scharf einzufangen, ist eine Belichtungszeit von 1/800 s oder kürzer optimal. Eine so kurze Zeit wirkt sich allerdings negativ auf die Helligkeit im Bild aus, weswegen du je nach Ausgangsbeleuchtung, den ISO höher einstellen musst. Es ist nicht immer möglich, eine Bewegung einzufangen, ohne ein Bildrauschen zu riskieren. (Mehr dazu auf Seite 31 zum Thema ISO.)
Aber auch eine lange Belichtungszeit kann einen tollen Effekt erzielen. Eine sprühende Wunderkerze sieht mit einer langen Belichtungszeit fotografiert besonders imposant aus, da sehr viele Feuerfunken auf dem Bild eingefangen werden.
Hier ein Beispiel mit einer kurzen und einer längeren Belichtungszeit:
Die Funken der Wunderkerze werden je nach Belichtungszeit unterschiedlich eingefangen. Je länger die Belichtungszeit ist, desto länger und üppiger wirken die Funken.
1/80s | f/2,8 | ISO 320 | 70mm
1/3s | f/4,5 | ISO 50 | 70mm
ISO: Lichtempfindlichkeit
Allerdings nimmt auch die Bildqualität mit steigendem ISO ab, was sich in sogenanntem Bildrauschen äußert. Aus diesem Grund solltest du je nach Kamera nicht allzu hoch damit gehen. Wenn möglich, benutze die kleinste Einstellung (ISO 100). Am besten testest du bei deiner Kamera einmal aus, ab welchem Wert das Bildrauschen so stark ausfällt, dass es die Qualität wirklich beeinflusst und versuchst dann konsequent, nicht über diesen Wert hinauszugehen.
Je höher du den ISO-Wert einstellst, desto heller wird das Bild.
ISO 2500: starkes Bild rauschen (besonders deutlich auf dem lila Tuch)
ISO 100: kein Bildrauschen
Das Zusammenspiel von Blende, Belichtungszeit und ISO
Bei deiner Belichtung solltest du immer alle Einstellungen im Blick behalten. Da jede eine individuelle Auswirkung auf dein Bild hat (also nicht nur für die Belichtung zuständig ist), ist es wichtig, jede Einstellung verstanden zu haben. So kannst du in jeder Situation die richtigen Einstellungen finden. Für den Anfang empfehle ich dir in folgender Reihenfolge vorzugehen:
- ISO: auf 100 stellen, für eine bestmögliche Bildqualität.
- Fokussieren (siehe Seite 34)
- Blende: Blenden-Wert (f/) so einstellen, dass die gewünschte Unschärfe im Hintergrund erreicht ist.
- Belichtungszeit: Nun heißt es, mit der Belichtungszeit die richtige Belichtung finden.
- Ohne Stativ: Sollte die maximale Belichtungszeit (Kehrwert der Brennweite) nicht ausreichen – ISO verstellen, bis zur richtigen Belichtung.
Bei Bewegung im Bild
- Belichtungszeit so einstellen, dass der gewünschte Effekt erzielt wird.
- Fokussieren.
- Blende: F/-Wert so einstellen, dass die gewünschte Unschärfe im Hintergrund erreicht ist.
- ISO für eine optimale Belichtung stellen.
Brennweite
Die Brennweite deines Objektives bestimmt, welchen Ausschnitt deines Foto-Sets in Bezug auf den Abstand der Kamera zum Motiv du auf deinem Display siehst. Je kürzer die Brennweite ist, desto weiter entfernt wirkt das Bild. Dein Auge hat eine Brennweite von ca. 50 mm, weswegen ein Objektiv mit dieser Brennweite besonders für den Anfang sehr geeignet ist. Der Ausschnitt wirkt sehr natürlich, da es genau das ist, was dein Auge auch sieht.
Die Kamera steht bei beiden Bildern auf der nächsten Seite an derselben Position und auch die Einstellungen sind identisch. Nur die Brennweite unterscheidet sich voneinander. Hier siehst du, dass die Brennweite auch eine Auswirkung auf die Tiefenunschärfe hat. Bei 50 mm Brennweite ist zum Beispiel der Mozzarella im Hintergrund wesentlich schärfer als bei 70 mm Brennweite. Deswegen kann man nicht pauschal sagen, welcher Blenden-Wert für welchen Aufbau korrekt ist. Das unterscheidet sich von Objektiv zu Objektiv und muss einfach ausprobiert werden.
Möchtest du bei einer Brennweite von 50 mm einen kleineren Ausschnitt erreichen, kannst du einfach näher mit der Kamera ans Set gehen. Wenn du aus der Vogelperspektive fotografierst, ist eine kleinere Brennweite besser, da du sonst eventuell auf eine Leiter steigen müsstest, um dein gesamtes Set auf ein Bild zu bekommen.