Teil II
Risikomanagement im Vorfeld der Geschäftsanbahnung
Grundsätzlich hat jedes Risiko Auswirkungen auf die Liquidität und Rentabilität eines Unternehmens und somit auch Auswirkungen auf die eigene Kreditwürdigkeit. Grundlage eines effektiven Forderungsmanagements ist daher, Risiken in einer Geschäftsbeziehung bereits vorab zu erkennen, ihre Wahrscheinlichkeit richtig einzuschätzen und entsprechend geeignete Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung oder Abwälzung zu veranlassen.
6 Darstellung der Risiken
Grundsätzlich hat jedes Risiko Auswirkungen auf die Liquidität und Rentabilität eines Unternehmens und somit auch auf dessen Kreditwürdigkeit. Risiken wirtschaftlicher Tätigkeit entstehen aufgrund der Ungewissheit zukünftiger Entwicklungen, die auch die Möglichkeit von Verlusten in sich bergen. Grundlage eines effektiven Forderungsmanagements ist daher, Risiken in einer Geschäftsbeziehung möglichst früh zu erkennen, die Wahrscheinlichkeit von Verlusten richtig einzuschätzen und Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung oder Abwälzung zu treffen.
6.1 Die Risikosphären
Um auch dem Anspruch des international ausgerichteten Forderungsmanagements gerecht zu werden, werden in die Darstellung der einzelnen Risikosphären auch die Bereiche einbezogen, die vor einer ausländischen Vertragsanbahnung zu berücksichtigen sind.
Geschäftsbeziehungen mit Dritten sind die Grundlage jeden unternehmerischen Handelns, denn erst durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen und durch die dabei realisierten Einnahmen wird die Basis für den Fortbestand und die Entwicklung eines Unternehmens geschaffen. Zugleich sind sie jedoch eine wesentliche Risikoquelle, weil Störungen bei der Realisierung der Einnahmen unmittelbar die Liquidität und damit den Fortbestand des Unternehmens bedrohen können.
Grundsätzlich liegt das Wesen der wirtschaftlichen Risiken in der Möglichkeit der Zahlungsunfähigkeit oder auch der Zahlungsunwilligkeit von Schuldnern oder Garanten. Wirtschaftliche Risiken können sowohl im Umfeld der bereits eingetretenen Misere als auch im Umfeld einer drohenden wirtschaftlichen Schieflage des Geschäftspartners im In- oder Ausland bestehen.
6.2 Beschreibung der relevanten Risiken und Ansätze zur Risikominimierung
Das Marktrisiko ergibt sich aus der Gefahr einer Fehleinschätzung des Marktes. Die häufigsten Fehler sind eine falsche Kaufkrafteinschätzung des Gesamtmarktes, eine falsche Käufereinschätzung hinsichtlich der gewünschten Qualität und des gewünschten Sortiments, ein falscher Absatzzeitpunkt oder einfach eine falsche Marktwahl.
Betreibt ein Unternehmen zur Risikominimierung bei internationalen Geschäften eigene Marktforschung, so sollte das Management im Vorfeld die folgenden Vorgaben festlegen:
- Mindestrentabilität des internationalen Geschäfts
- Mindestumsatzerwartung
- Mindestkaufkraft des Marktes
- Minimierung des Kapitaleinsatzes
- Risikofaktoren
Ergänzend dazu sollten zur Risikoeinschätzung die folgenden Umweltkriterien herangezogen werden:
- politische Faktoren wie die Gestalt und Stabilität der Wirtschaftsordnung
- soziokulturelle Faktoren wie Gesellschaftsstruktur, Bildungswesen und Religion
- demographische Faktoren (Bevölkerungsentwicklung)
- Infrastruktur und Rohstoffausstattung
- wirtschaftliche Entwicklung, Technologie und Branchenstruktur
- Potenzial des Marktes (Volumen, Wachstum, Kaufkraft, Wettbewerbssituation)
Soll die Marktforschung an externe Berater übertragen werden, so ist eine sorgfältige Prüfung vor Auftragsvergabe ratsam. Die Heranziehung eines externen Beratungsunternehmens ist nur dann sinnvoll, wenn dieses über eine Filiale oder ein Partnerunternehmen im Ausland verfügt, denn nur dann kann sich die Marktforschung auf die tatsächlichen, aktuellen Gegebenheiten vor Ort stützen.
Ist das potenzielle Auftragsvolumen im ausländischen Zielmarkt groß, so kommt zur Minimierung des Marktrisikos auch das effektive, aber teure Instrument einer eigenen Auslandspräsenz infrage. Dessen größter Vorteil ist, dass das Unternehmen dadurch in den Zielmarkt integriert ist und auf Veränderungen entsprechend schnell reagieren kann.
Tipp | Plant ein Unternehmen eine Auslandspräsenz, so sei an dieser Stelle auf verschiedene Unterstützungsprogramme seitens der EU (beispielsweise das Programm European Community Investment Partners [ECIP] für Direktinvestitionen in China und anderen asiatischen Ländern) und der Länder (in Bayern beispielsweise Programme der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung [LfA] oder des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages) hingewiesen. |
Sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Geschäftsbeziehungen ist die Wahl eines geeigneten Vertriebsweges eines der probatesten Mittel zur Risikobegrenzung. Angesprochen sind hierbei die Alternativen Direktvertrieb über angestellte Auslandsreisende oder indirekter Vertrieb über wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Absatzorgane, wie Handelshäuser oder Lizenzunternehmen.
Mit dem Beginn der Leistungserstellung setzt das Finanzierungsrisiko ein. Inwieweit sich dieses Risiko auf den avisierten Geschäftspartner abwälzen lässt, hängt in erster Linie von dem für das Geschäft gewählten Refinanzierungsinstrument und von der Besicherung ab.
Beim Handel mit Ländern außerhalb der Eurozone entsteht ein Wechselkursrisiko. Da Wechselkurse mehr oder weniger frei schwanken, besteht die Gefahr von Wechselkursunterschieden bei Fakturierung und Kreditierung in einer Fremdwährung. Grundsätzlich vereinbaren die Geschäftspartner frei, auf welche Währung die Rechnung lauten soll. Natürlich möchte jeder Geschäftspartner den Vertrag in der für ihn günstigeren Währung abschließen. Um das Wechselkursrisiko auszuschließen, ist es sinnvoll, auf der eigenen Währung zu bestehen. Im anderen Fall besteht das Risiko eines fallenden Wechselkurses der Fremdwährung, das heißt eines Wechselkursverlusts.
Das Preisrisiko wird durch Preisschwankungen auf den Märkten begründet. Schwankende Preise sind durch Preiswettbewerb und/oder durch Inflation bedingt.
Durch das Lieferungs- und Abnahmerisiko besteht bei jedem Geschäft, egal ob auf nationaler oder internationaler Ebene, das Unternehmerrisiko. Im seinem Wesen birgt es Ereignisse, welche die Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Geschäfts bewirken. Dazu zählen beispielsweise mangelhaft abgestimmte Fristen und vermeintliche oder tatsächliche Mängel der gelieferten Waren oder Leistungen.
Gerade bei internationalen Geschäftsbeziehungen ist das Rechtsrisiko von großer Bedeutung. Zu diesem zählen insbesondere Probleme aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen des avisierten Landes beziehungsweise aufgrund der gesetzlichen Bedingungen der Durchsetzung von Ansprüchen aus Verträgen. Hier sei besonders auf Inkasso- und Prozessführungsrisiken hingewiesen.
Bei der Anbahnung künftiger Geschäftsbeziehungen ist auch das Transportrisiko zu berücksichtigen. Es umfasst die Gefahr von Verlusten oder Beschädigungen während des Transports und von Schäden in der Zeit maximal zwischen Versand der Ware und der bestätigten Übergabe der Ware, je nach der zugrunde liegenden Lieferbedingung.
Bei internationalen Geschäftsbeziehungen kommt das Ausfuhrrisiko in Betracht. Hierzu zählen insbesondere Probleme des Gefahrenübergangs, mögliche Versandfehler und Terminüberschreitungen, die Gefahr des Verlusts oder der Beschädigung des vertragsgegenständlichen Wirtschaftsgutes und das Abwicklungsrisiko, das heißt die Gefahr eines fachlichen Versagens der Beteiligten.
Das Standortrisiko spielt in der Risikobewertung in erster Linie für Direktinvestoren im Ausland eine Rolle. Bei der Einschätzung des Standortrisikos liegt das Augenmerk vor allem auf der jeweiligen Rechtsprechung (insbesondere bei häufigen Änderungen), der Infrastruktur, den Kapitalverkehrsbestimmungen und der Lohnentwicklung.
Politische Risiken internationaler Geschäftsbeziehungen umfassen die Möglichkeit, dass ausländische öffentliche Schuldner oder Garanten nicht zahlen oder dass ausländische private Schuldner aufgrund staatlicher oder politischer Maßnahmen an der Zahlung gehindert sind. Ursächlich dafür können zum Beispiel Kriege, Boykotts, staatliche Beschlagnahme, Konvertierungsverbote, Transferverbote, Protektionismus, Zahlungsverbote, Substitutionsrisiken (beispielsweise das Risiko, dass eine Zahlung durch eine Waren- oder Rohstofflieferung ersetzt wird) oder...