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E-Book

Franz Schubert

Große Komponisten

AutorHeinrich Kreissle von Hellborn
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl640 Seiten
ISBN9783849602086
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Eine umfassende Biografie des großen Komponisten aus dem Jahr 1865.

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Leseprobe

II.


 

(1814.)

Schubert's Aufenthalt im Convict währte vom October 1808 bis zu Ende desselben Monats 1813, mithin volle fünf Jahre. In dem Stimmorgan des nun bald siebenzehnjährigen Jünglings war nämlich um diese Zeit jene Wandelung eingetreten, welche man mit "Mutiren" der Stimme zu bezeichnen pflegt, und er konnte demnach als Sängerknabe nicht mehr verwendet werden. Franz hätte zwar seine Studien daselbst noch über die erste Humanitätsclasse hinaus fortsetzen können, denn der Kaiser, welcher von dem Verhalten der Convictszöglinge fortan auf das genaueste unterrichtet war, gestattete sein ferneres Verbleiben darin1; er hatte aber keine Lust noch weiter zu studiren, zumal er sich einer Wiederholungsprüfung hätte unterziehen müssen, und verließ die Anstalt, um zunächst in das väterliche Haus zurückzukehren2.

Nach einer Angabe Ferdinand Schubert's3 war die Aufforderung zum Militärdienst, nach einer anderen Version aber das Bestreben des Vaters, ihn vom Componiren abzuhalten und einer anderen Beschäftigung zuzuführen, die Ursache, daß Franz sich längere Zeit hindurch dem Lehrfach widmen mußte. Während des Schuljahres 1813–1814 studirte er zu diesem Ende bei St. Anna Pädagogik und übernahm sodann in des Vaters Schule das Amt eines Gehülfen in der Vorbereitungsclasse (ABC-Schule), das er nun durch drei Jahre zwar mit innerlichem Widerstreben, aber trotzdem mit Pflichttreue und einem Eifer versah, der sich mitunter, wenn er es mit einem störrigen Kinde zu thun hatte, zu Ungeduld und Jähzorn steigerte4.

Um so erstaunlicher erscheint seine Productivität, namentlich im Jahr 1815. Schon im Beginn des Pädagogenthums fand er Gelegenheit, sich durch eine Kirchencomposition hervorzuthun, die seinen Namen in weiteren Kreisen bekannt machte und ihm die Anerkennung seiner musikalischen Freunde, insbesondere seines Lehrers Salieri, in hohem Grad eintrug. Es war dies die Messe in F, welche er zur Feier des hundertjährigen Jubiläums der Lichtenthaler Pfarrkirche schrieb, und deren Aufführung (am ersten Sonntag nach dem Theresentag) er unter Mitwirkung Josef Mayseder's an der ersten Violine in Person dirigirte. Die Sopranpartie sang Therese Grob5, eine Lieblingssängerin des Componisten und einer Familie angehörend, zu welcher Schubert damals und bis gegen das Jahr 1820 hin in freundschaftlichen Beziehungen stand. Salieri, hoch erfreut über die Arbeit seines Zöglings, umarmte diesen am Schluß der Aufführung, indem er ihm zurief: "Franz, du bist mein Schüler, der mir noch viele Ehre machen wird"6.

Die Messe7 wurde bald darauf in der Augustinerkirche unter Umständen wiederholt, welche die Aufführung zu einem Familienfest gestalteten. Franz stand am Dirigentenpult, sein Bruder Ferdinand spielte die Orgel, den Sopranpart trug wieder Therese Grob vor und in die übrigen Stimmen hatten sich Freunde und Bekannte getheilt. Als regens chori fungirte Michael Holzer. Der Vater beschenkte seinen Sohn Franz nach diesem Fest mit einem fünfoctavigen Clavier8.

Auch ein Salve regina9 für Tenor, ein Lied: "Wer ist wohl groß" mit Chor und Orchesterbegleitung, fünf Menuette und sechs Deutsche, für Streichquartett und Waldhörner gesetzt, drei Streichquartette10 eine mäßige Anzahl Lieder (darunter zehn auf Gedichte von Mathisson) fallen in diese Zeit. Unter den letzteren befindet sich eines: "Auf den Sieg der Deutschen" betitelt, ein tanzartiges unbedeutendes Strofenlied11 mit Begleitung von Saiteninstrumenten, ohne Zweifel eine Gelegenheitscomposition, die auf die glückliche Beendigung des Krieges gegen Frankreich Bezug hatte und vielleicht im Freundeskreis gesungen wurde. Endlich ist noch einer großen vierhändigen Sonate12 in C-Moll zu erwähnen, welche aber unvollendet geblieben ist.

Am 15. Mai 1814 beendete Franz die im Jahre 1813 in Angriff genommene "natürliche Zauberoper": Des Teufels Lustschloß13 in drei Acten von Kotzebue. Das Stück ist, so weit es den musikalischen Theil betrifft, in gereimten Jamben geschrieben, enthält aber viel gesprochenen Dialog.

Der Inhalt desselben ist folgender: Oswald Ritter von Scharfeneck hat Luitgarde, die Nichte des Grafen von Schwarzberg, da dieser die Verbindung beider nicht zugeben wollte, heimlich aus des Oheims Schloß entführt und geheirathet. Nach längerer Abwesenheit kehrt er mit ihr in die Heimat zurück, um sich auf seinem Besitzthume niederzulassen. (Hier beginnt das Stück.) Die Scene stellt eine rauhe Gegend dar; der Wagen des Ritters ist eben auf dem schlechten Wege entzwei gebrochen; Diener sind um Luitgarde beschäftigt, und Robert, Oswald's treuer Begleiter, eilt voraus, um für sie und das Gefolge Unterkunft zu suchen, die er denn auch in einem nahen Wirthshause findet. Oswald und Luitgarde folgen ihm nach. Die Wirthin begrüßt die beiden Fremdlinge und läßt sich mit ihnen in ein Gespräch ein. Bald darauf tritt ein Bauer in die Stube, um dem Ritter kundzuthun, daß die Gegend ringsumher unter dem Banne eines Zauberschlosses leide, welches, dem nächtlichen Spuk nach zu urtheilen, nur des Teufels Schloß sein könne. Oswald beschließt, allen Warnungen zum Trotz, den Bann zu brechen, und eilt mit Robert in das Schloß. Sie treten in einen fantastisch aufgeputzten, mit Statuen und einem Grabdenkmal geschmückten Saal. Alsbald beginnt der Zauberspuk. Eine colossale, aus der Erde herausreichende Hand versetzt Robert einen Schlag und verschwindet, worauf dieser eine der Statuen zu Boden wirst und Oswald das Gleiche mit einer zweiten Statue versuchen will. Diese aber wirst ihm ihren Handschuh zu Füßen, den er aufhebt und mit ihr den Kampf beginnt, an welchem alsbald noch weitere vier Statuen mit gezückten Schwertern theilnehmen. Während des Gefechtes steigt eine schwarzgekleidete Amazone vom Grabdenkmal herab und bietet dem Ritter Herz und Hand, mit dem Bedeuten, daß er sterben müsse, wenn er sie nicht annehme. Oswald, eingedenk seiner Luitgarde, weist das Anerbieten zurück, worauf ein aus dem Boden herauftauchender Käfig ihn umfängt und mit ihm versinkt. – Im zweiten Act finden wir Robert weheklagend auf der Erde liegen und nach seinem Gebieter rufen; zu ihm gesellt sich Luitgarde, die den Gatten sucht. Diesen, der in eine gräßliche Höhle hinabgesunken, erwartet das Blutgericht. Ein türkischer Marsch ertönt, welchem ein Chor der Jungfrauen folgt. Die Amazone sucht den Ritter abermals zu überreden, aber auch diesmal widersteht er ihren Lockungen. Da erschallt der Ruf zur Rache; Oswald soll vom Felsen gestürzt werden. Die Todtenglocke läutet, ein Trauermarsch spielt und die Todtenbahre wird herbeigebracht. Männer und Jungfrauen singen im Chor. Ein Knappe ruft Oswald zu, der Gattin zu vergessen; ein Sclave flüstert ihm in's Ohr, sich zu verstellen und dem Wunsch der Amazone nachzukommen, da er nur so sich retten könne. Der Verrath des Sclaven aber wird entdeckt und dem Ritter befohlen, zum Zeichen seiner Liebe für die Fürstin den Sclaven mit dem Schwerte zu durchbohren. Er weigert sich dessen, und mit der Waffe, die man ihm in die Hand gegeben, bahnt er sich den Weg auf einen Felsen. Dort von allen Seiten angegriffen und nicht mehr im Stande zu widerstehen, wirst er die Waffe von sich und stürzt sich von der Klippe in den Abgrund.

Im dritten Act erscheint Luitgarde, um ihren Gemahl trauernd. Robert tritt zu ihr. Da taucht aus der Erde Oswald's Waffenrüstung heraus. Luitgarde eilt auf diese zu; die Trophäe verschwindet. Verzweifelnd an der Rettung des Gatten, befiehlt sie Robert, in seine Heimat zurückzukehren und sie hier sterben zu lassen. Robert aber erklärt, bei ihr ausharren zu wollen, und um seinen Muth zu zeigen, stürzt er sich auf das in einer alten Mauer im Hintergrunde befindliche große Thor und führt gegen dasselbe gewaltige Stöße. Das Thor springt krachend auf, die Mauer bricht zusammen und man erblickt nun auf einem Felsen den Knappen mit dem Beil, neben ihm den Block. Ein zweiter Knappe verkündet der trostlosen Luitgarde, daß Oswald seit einer Stunde todt sei. Entschlossen, ihrem Gatten in das Grab zu folgen, klimmt sie auf den Felsen, legt ihr Haupt auf den Block und erwartet den Todesstreich.

Da wird Oswald, gefesselt und mit verbundenen Augen, daher gebracht. Man nimmt ihm die Binde weg, und als er Luitgilden erblickt, entwindet er sich den Armen seiner Häscher, eilt auf den Felsen, stürzt den Henker in die Tiefe und schließt sein Weib in die Arme. – Die kaum Geretteten sehen sich neuen Gefahren preisgegeben. Von allen Seiten ergießen sich Wasserströme und drohen, fortan anschwellend, allem Lebenden den Untergang. – Ein Donnerschlag und die Felsen stürzen zusammen, an ihrer Stelle erscheinen Rosenbeete, die Wasser verlaufen sich. Nun erscheint Graf Schwarzberg mit Gefolge und beruhigt das vor seinem Anblick zurückprallende Paar mit der Erklärung, daß er selbst den ganzen Zauberspuk ersonnen und mittelst Maschinerien, unterirdischer Gänge, Vermummungen seiner Leute u.s.f. durchgeführt habe, um Oswald und seiner Gattin Treue auf die Probe zu stellen. Da diese sich so glänzend bewährt habe, so sei ihnen auch ihr Vergehen verziehen.

Der Oper geht eine Ouverture14 voraus, ein rasch dahinbrausendes charakteristisches Tonstück von unverkennbar Schubert'schem Gepräge. Der erste Act beginnt...

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