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FRISCH FROMM FRÖHLICH FREI

Geschichte(n) der christlichen Turn- und Sportbewegung Österreichs Band 1 - von den Anfängen bis 1938

AutorIngolf Wöll
VerlagResidenz Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783701745173
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,00 EUR
Der erste Band dieses zweiteiligen Werks befasst sich mit den Anfängen der christlichen Turn-und Sportbewegung im auslaufenden 19. Jahrhundert und deren wechselhafte Geschichte bis hin zur Auflösung der Christlich-deutschen Turnerschaft im Jahr 1938. Ingolf Wöll widmet u. a. »Turnvater« Friedrich Ludwig Jahn ein ganzes Kapitel, beschreibt die Stellung der Frau innerhalb des Sports und setzt sich mit der politischen Dimension des Turnverbands auseinander. Ingolf Wöll erzählt spannend, fundiert und lebendig über den Beginn des Sportverbandwesens in Österreich.

Ingolf Wöll geboren 1938 (Wien), stieß 1949 zur Österreichischen Turn- und Sport-Union St. Pölten. Als begeisterter Turner, Leichtathlet, Basketball-Spieler und Bergsteiger übernahm er sehr bald Aufgaben im UNION-Vereins- und Verbandswesen. Als Angestellter der UNION-Niederösterreich (1961 -1970) war er fast zehn Jahre als Sportlehrer in verschiedenen Bereichen des Turnens sowie als Landesjugendwart erfolgreich tätig. Danach, über Jahrzehnte hauptberuflich in leitende Positionen eines Handelsunternehmens eingebunden, engagierte er sich ehrenamtlich in der UNION auf Vereins- Landes- und Bundesebene und kann auf eine erfolgreiche Kurslehrertätigkeit im In- und Ausland zurückblicken. Seit seiner Pensionierung beschäftigt er sich als Hobbyhistoriker mit dem Turnwesen in Österreich.

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Leseprobe

GESCHICHTE(N) DER CHRISTLICH-DEUTSCHEN TURNERSCHAFT ÖSTERREICH (CDTÖ)


»Wer sich bemüht, seinen Leib zu straffen und dessen Bewegung zu beherrschen, hat Gelegenheit genug, auch seine Seele und seinen Willen zu meistern.« (Die Schmiede, 282)

Christen müssen artig sein …


In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich die deutschsprachige historische Forschung im Bereich Turnen vorrangig auf die liberale und deutschnationale Turnbewegung. Insofern verständlich, als die »Deutsche Turnerschaft« bis zum Ersten Weltkrieg die größte Leibesübungen treibende Bewegung der Erde war. (Gasch 1920, 101) Dagegen fand die Christliche Turnbewegung wenig wissenschaftliche Aufmerksamkeit.

Große Nachschlagewerke beschäftigen sich erst wesentlich später mit den Zusammenhängen zwischen Religion, Kirche und Sport. Die historischen Wurzeln der fast 2000-jährigen Beziehung zwischen Christentum und Körperübungen analysiert vor allem der Sportwissenschafter Dr. Willi Schwank in der Schriftenreihe »Christentum und Sport« (1999–2005).1

Der Sporthistoriker Prof. Dr. Erwin Mehl hält im »Grundriss des deutschen Turnens«, (1923, 23) einem Leitfaden für Turnwarte und angehende Sportlehrer, fest, »dass das aufkommende und weltentsagende Christentum den Leib (das ›Fleisch‹) als beschwerendes Anhängsel für die Seele und als Mittel der Sünde sah«. So ähnlich lautet 90 Jahre später, witzig formuliert, ein Songtext des hessischen Comedy-Duos »superzwei«: »Christen müssen artig sein, keine Party, keinen Wein. Ein Bein, das sich zum Tanze regt, das wird im Himmel abgesägt.« Auch im 21. Jahrhundert ist die oft zitierte »Leibfeindlichkeit« des Christentums noch ein Gesprächsthema. Dr. Alois Koch, Autor zahlreicher Beiträge zur Geschichte der Leibesübungen, bestätigt, »dass die leibentwertenden Strömungen innerhalb des frühen und frühmittelalterlichen Christentums zweifellos vorhanden und zeitweise sogar sehr stark gewesen sind«, betont aber, »dass die Wurzel dieser Tendenz nicht in der christlichen Lehre liegt, wie sie uns im Neuen Testament (in der Sprache der Griechen geschrieben) begegnet, sondern in der hellenistischen Umwelt, in die das Christentum hineingewachsen ist«. 2

Die Stellungnahmen der Kirche in späteren Epochen bis zur Gegenwart zeigen eine zunehmend positive Einstellung zu Bewegung und Sport, ohne dabei auch auf Gefahren des Sports und bedrohliche Entwicklungen hinzuweisen. (Schwank 1998, 84)

Ursprung und erste Anfänge der Leibesübungen müssen im urgeschichtlichen Zeitraum gesucht werden. So beginnt der bekannte deutsche Sportfunktionär und Sportwissenschafter Carl Diem (1882–1962) seine Aufzeichnungen über die »Weltgeschichte des Sports« mit der Feststellung: »Alle Leibesübung war ursprünglich kultisch«. (Strohmeyer 1999, 169) Ein exaktes Festhalten, wann die christliche Bewegungskultur in Österreich im Sinne von »Leibesübungen« genau ihren Anfang zeigt, ist ein schwieriges Unterfangen und wird von Historikern unterschiedlich gedeutet. Von Volksvergnügungen wie Brauchtum, Jagd, Tanz, Ringen, Klettern, Kegelschieben über verschiedene Spiel- und Wettbewerbsformen der Bauern und Bürger, über Wandern bis hin zu »Turnen und Sport« spannt sich der Bogen jedenfalls über mehrere Jahrhunderte. Bis ins späte 18. Jahrhundert hatte »Sport« als Leibesübung3 keine eigenständige Bedeutung. Die Kirche tolerierte die Körperkultur der höfischen Gesellschaft, wandte sich jedoch gegen die an kirchlichen Festtagen veranstalteten Volksspiele. (Langenfeld, 318)

Eine präzise Abgrenzung zwischen wildem und organisiertem »Turnen« und »Sporttreiben« kann ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts wahrgenommen werden und geht auf Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852) zurück. Er eröffnete 1811 den ersten öffentlichen Turnplatz in Berlin auf der Hasenheide. Jahn griff dabei auch auf das Gedankengut von Guts Muths (1759–1839) und Vieth (1763–1836) zurück. (Mehl 1923, 28–29)

Fest steht, dass nach der Gründung der ersten Turnvereine in Österreich, Mitte des 19. Jahrhunderts, ein beachtlicher Teil der Mitglieder christlichen Religionen angehört haben muss, da es im Jahre 1900 in Österreich, auf das heutige Staatsgebiet bezogen, 91,6 % Katholiken gegeben hat. (Statistik Austria) Genaue Aufzeichnungen, die konfessionelle Gliederung der Vereine betreffend, konnten jedoch nicht gefunden werden. Es darf angenommen werden, dass im 19. Jahrhundert durch aufgeschlossene Priester und christliche Arbeitervereine, durch liberale Turnvereine und nicht zuletzt durch Privatschulen4 und die k. k. Militär-Erziehungs- und Bildungsanstalten Impulse für ein gesundheitsorientiertes Bewegen in christliche Familien hineingetragen wurden.

Vom Kampf gegen die katholische Kirche


Gegen Ende des 19. sowie am Beginn des 20. Jahrhunderts gab es im Habsburgerreich auf politischer Ebene Nationalitätenrivalität zwischen den Deutschen Österreichs (1910: 12 Millionen) und den zahlenmäßig überlegenen Nichtdeutschen (39 Millionen), die auf eine Eigenstaatlichkeit hindrängten. Diese Auseinandersetzung nach politischer Freiheit war begleitet vom Streben nach »Geistesfreiheit«, die auch zu Differenzen mit dem Christentum führen musste. (Jahn, R. Hg. Domesle, 298) Es waren die Deutschnationalen, vor allem Georg Schönerer (1842–1921) und sein ursprünglicher Mitstreiter Karl Hermann Wolf (1862–1941), die als Mittel des Kampfes für das Deutschtum den Kampf gegen die katholische Kirche und den katholischen Glauben proklamierten. »Los von Rom!« und »Hoch die Hohenzoller!« ertönte es im österreichischen Parlament. Die Zeitschrift »Unverfälschte deutsche Worte« Schönerers und die »Ostdeutsche Rundschau« – sie war das Organ des deutschradikalen Abgeordneten Wolf, der in der Studentenschaft über einen großen Anhang verfügte – richteten sich global gegen die katholische Kirche und den österreichischen Staatsgedanken. Eine solche Entwicklung musste zwangsläufig auf Widerstand bei der katholischen Bevölkerung Österreichs stoßen. (zit. n. VTZ 1925, 93–94)

Aus der Gründerzeit der christlichen Turnbewegung


»Wisst ihr denn nicht, dass euer Körper der Tempel des heiligen Geistes ist?«

(Paulus, 1 Kor 6,19)

Weit mehr als 100 Jahre sind vergangen, seit der erste »Christlich-deutsche Turnverein« gegründet wurde. Um zu verstehen, warum es notwendig geworden war, eigene christliche Turnvereine zu gründen, muss auf die politischen Verhältnisse jener Zeit näher eingegangen werden, und es müssen Vergleiche zu den bestehenden Turnvereinigungen hergestellt werden.

Der Politiker Rudolf Solterer (1875–1961) – er war von 1914 bis 1921 Reichsobmann der CDTÖ (Recla, 48) – schildert anschaulich in der Verbandszeitung, warum es zur Gründung der christlichen Turnbewegung in Österreich kommen musste: »Die von Schönerer geprägten katholikenfeindlichen Äußerungen, die sich anfangs nur auf parteipolitischer Ebene abspielten, griffen nach und nach auf die Jugend in den Mittelschulen, auf Studentenkreise und schließlich auch auf die bestehenden Turnvereine über. Einen bedeutenden Agitationsherd bildeten ganz besonders die Vereine des Deutschen Turnerbundes 1889.« (VTZ 1925, 93) – Durch das Hineinzerren der »Los von Rom!«-Bewegung in die Turnvereine und die einseitige katholikenfeindliche Gesinnung, andauerndes Schimpfen auf Klerikale und Geistliche sowie durch Lächerlichmachen der Turner, die ihren religiösen Pflichten nachkamen, wurde vielen Mitgliedern der Aufenthalt in den bestehenden Turnvereinen unmöglich gemacht. (TZ 1910, 96)

In kirchenfeindlichen Turnzeitungen wurden christliche Turner verspottet, und es war zu lesen, dass zu ihren Übungen vor allem das »Beugen« und »Unterducken« gehörte. Vom Aufputz des Turnsaales mit Weihwedel, Palmkatzerln, Rosenkränzen und Opferstöcken wurde gefaselt, und katholische Turner wurden schlichtweg als männliche »Kerzelweiber« bezeichnet. (TZ 1910, 82) Dass eine derartige feindselige Gesinnung zu Unstimmigkeiten und Spannungen führen musste, liegt auf der Hand. Da nützte auch Solterers Frieden stiftende Meinung nichts, wenn er sagte, »dass Jahn nie und nimmer seine Turner für ›Los von Rom‹ [ ] begeistern wollte und dass das Jahnsche Turnen jedem Deutschen, ganz gleich welcher Sippe und Konfession er angehört, zugängig sein müsse«. Solterer,...

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