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E-Book

Führend führen

9 Prinzipien für exzellentes Leadership

AutorBurkhard Radtke
VerlagHaufe Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl259 Seiten
ISBN9783648072844
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis28,99 EUR
Exzellente Führungsqualität ist für den Unternehmenserfolg von herausragender Bedeutung. Spitzenführungskräfte können Mitarbeiter zu Spitzenleistungen motivieren und dadurch die Unternehmensziele bestmöglich erreichen. Das Buch zeigt, wie hervorragende Führung gelingt. Der Autor entwickelt neun praxisnahe Prinzipien in den Bereichen Führungshaltung, Führungskommunikation und Führungshandeln. Damit finden Sie die Balance zwischen Mitarbeitersteuerung und Ermutigung zu eigenverantwortlichem Handeln. Inhalte: - Den Überblick behalten: Wichtiges erkennen und ordnen - Chancen und Risiken von Autorität - Unangenehme Situationen auflösen: Fragen als Fluchthelfer - Wertschätzung und Lenkung - Motivation durch Kritik - Ungerechtigkeitsempfinden und Leistungssteigerung - Veränderung durch Unzufriedenheit: Warum Zufriedenheit lähmt  

Burkhard Radtke Dr. Burkhard Radtke ist Trainer, Coach und Speaker. Der Gründer und Inhaber von efficientia-consulting lehrt darüber hinaus an diversen Hochschulen in den Bereichen Mitarbeiterführung, Kommunikation und Kundendialog.

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Leseprobe

Teil 1: Position


1   Sinn durch Orientierung


Wie Sie für sich und Ihre Mitarbeiter Sinnerfahrungen durch
eine Ausrichtung am Wichtigen ermöglichen

Stellen Sie sich vor: Sie wurden gefangen genommen. Niemand hat Ihnen gesagt weswegen und für wie lange. Am ersten Tag nach Ihrer Gefangennahme werden Sie mit Mitgefangenen in ein Wüstencamp gebracht. Dort werden Sie vor die Wahl gestellt: Entweder Sie verbringen den ganzen Tag in einer Zelle oder Sie helfen mit, einen Graben für einen Bewässerungssystem auszuheben. Sie entscheiden sich für die Schaufel. Eine schweißtreibende Arbeit, doch am Abend verläuft über mehrere hundert Meter ein Graben durch die Wüstenlandschaft. Am nächsten Morgen werden Sie erneut vor eine Wahl gestellt: Entweder Sie bleiben den ganzen Tag über im Gefängnis oder Sie helfen mit, den Graben, den Sie gestern mit ausgehoben haben, wieder zuzuschütten. Auf Ihre verstörte Frage an einen Mitgefangenen, worin der Sinn bestehe, wo doch eine Bewässerungsanlage gebaut werden solle, erfahren Sie, dass die Wärter jedem Neuankömmling die Mär von dieser Anlage erzählen. In Wirklichkeit werde einen Tag lang ein Graben ausgehoben und derselbe am nächsten wieder zugeschüttet, am darauffolgenden Tag werde der Graben wieder ausgehoben usw. Würden Sie unter diesen Bedingungen zur Schaufel greifen? Wenn Sie nicht zu denen gehören, die versessen darauf sind, im Sand schaufeln zu dürfen, dann vermutlich nicht. Denn vermutlich gehören Sie zu denen, die so etwas, was offensichtlich sinnlos ist, bestimmt nicht tun wollen.

Welchen Einfluss hat die Sinnlosigkeit auf Ihre Motivation? Einen verheerenden. Wahrscheinlich hätte Ihre Motivation noch ein wenig Auftrieb erhalten, in dem Glauben, mit dem Bau zu einer Bewässerungsanlage beizutragen, die hungernden Kindern Nahrung und Wasser verspricht. Und Sie hätten vielleicht am Abend mit ein wenig Stolz auf das tagsüber vollbrachte Werk blicken können. Doch die Sinnlosigkeit raubt diesen positiven und kraftspendenden Gefühlen die Grundlage. Und so werden Sie vermutlich am darauf folgenden Morgen, erneut vor die Wahl gestellt, die Zelle wählen.

Losgelöst von diesen Gedankenexperimenten bedeutet dies: Für unsere Motivation und unser Wohlbefinden ist es essenziell, dass wir in dem, was wir tun, einen Sinn sehen. Die Sinnerfahrung ist für Sie als Führungskraft dabei in doppelter Hinsicht relevant: Zum einen in Bezug auf Sie selbst, denn nur wenn Sie das, was Sie tun, als sinnvoll ansehen, können Sie Kräfte aufbringen und sich dabei wohl fühlen. Und zum anderen in Bezug auf die Ihnen anvertrauten Mitarbeiter. Nur wenn diese ihr Tun als sinnvoll erleben, werden sie sich mit vollem Einsatz einbringen und dabei positive Gefühle entwickeln.

Doch die Frage nach dem Sinn birgt einige Schwierigkeiten. Zwar lässt sich die Frage danach, welchen Sinn Ihr Handeln hat, wenn Sie z. B. ein Meeting ansetzen, leicht im Hinblick auf den von Ihnen verfolgten Zweck beantworten. Doch wenn dieser Zweck nicht Selbst-Zweck ist – und das ist praktisch nie der Fall – so stellt sich diese Frage nach dem Sinn, bezogen auf den Zweck, erneut.

In der Erzählung „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral” von Heinrich Böll3 zeigt sich dieses Phänomen in einem amüsanten und zugleich verstörenden Gewand. Der Vorschlag eines Touristen, der Fischer könne, anstatt in der Sonne zu dösen, doch mehrmals hinausfahren und seinen Fang vergrößern, provoziert die Frage nach dem Sinn. Die Antwort liegt für den Touristen auf der Hand: Mehr Geld, noch bessere Möglichkeiten, Effizienz und Gewinne zu maximieren und ein prosperierendes Unternehmen aufzubauen. Doch erneut lässt sich die Frage nach dem Sinn stellen. Der Tourist verweist auf die sich durch die Mehrarbeit ergebende Chance, in der Sonne dösen zu können. Dies kann der Fischer jedoch bereits jetzt, so dass sich die vermeintliche Sinn-Suche als zirkulär entpuppt.

Einfache Antworten auf den Sinn unseres Tuns mögen im Moment befriedigen. Sie spenden Kraft, die uns unser Tun fortsetzen lässt. Wir laufen jedoch Gefahr, dass wir als tragische Figur einem Zweck hinterherlaufen, der sich als Fata Morgana erweist. Denn dieser Zweck steht auf einem Fundament, das hohl und brüchig ist oder mit anderen unserer Überzeugungen kollidiert. Würde der Fischer der Empfehlung des Touristen folgen, wäre er eine solche tragische Figur. Denn er würde mit enormer Kraftanstrengung einem Zustand hinterherjagen, den er zu Beginn ohne diesen Aufwand bereits erreicht hat. Wir sollten also nicht vorschnell bei einfachen Antworten stehen bleiben.

Allerdings weiten sich dann die einfachen Fragen nach dem Sinn seiner Aktivität aus. Man könnte nämlich auch das Handeln des Fischers radikal hinterfragen: Welchen Sinn hat es, in der Sonne zu dösen? Wieso soll es mehr Sinn machen, in der Sonne zu dösen, als sich anzustrengen und den unternehmerischen Erfolg zu vergrößern? Die Frage nach dem Sinn scheint Antworten zu liefern, denen der Boden fehlt oder die sofort weitere Sinnfragen nach sich ziehen. Jede Antwort provoziert die Frage nach dem Sinn erneut, so dass wir letzten Endes zu der Frage nach dem Sinn von allem geführt werden und damit zu der großen Frage nach dem Sinn des Lebens.

Im nächsten Abschnitt werden wir versuchen, dieser großen Frage eine sinnhafte Antwort abzuringen, die uns hinsichtlich des Themas Führung weiterbringt. Wir werden untersuchen, wie ein System aus konsistenten Zielen und Werten Orientierung und Sinn spenden kann. Wir werden prüfen, wie wir gewährleisten können, dass wir nicht durch innere und äußere Mächte von unserem Kurs abgebracht werden. Und schließlich widmen wir uns der Frage, wie Sie als Führungskraft dem Tun Ihrer Mitarbeiter Sinn geben und dadurch Orientierung spenden können.

1.1   Wichtigkeit und Selbstbestimmung: Wegweiser zum Sinn des Lebens


„Wer vom Ziel nicht weiß,
kann den Weg nicht haben,
wird im selben Kreis
all sein Leben traben.“

Christian Morgenstern

Ohne Ziele keine Selbstbestimmung, ohne Selbstbestimmung keine Selbstführung und ohne Selbstführung keine Fremdführung – sondern Fremdgeführtwerden. Wer keine Ziele hat, an denen er sein Handeln ausrichtet, kann weder sich selbst noch andere führen. Mehr noch: Er wird selbst Spielball von Führung – entweder von außen – durch andere Menschen mit Anliegen – oder von innen – durch die eigenen unreflektierten Bedürfnisse. Da diese meist relativ konstant sind und zudem auf geringen Energieeinsatz drängen, ist der Kreis in dem Morgensternschen Vers eine passende Metapher für die unreflektierte menschliche Bewegung – jedenfalls solange sich die äußeren Rahmenbedingungen nicht radikal wandeln.

Dies mag so klingen, als sei es per se negativ, sich unter fremde Führung zu begeben. Dem ist sicher nicht so. Fremdführung hat den Vorteil, dass sie entlastend wirkt. Sie entbindet von der Anstrengung, über sich selbst zu reflektieren, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und sich mit inneren und äußeren Widerständen auseinanderzusetzen. Allerdings birgt diese Entlastung Risiken. Ob es negativ ist, sich von seinen eigenen Leidenschaften oder den Beeinflussungsversuchen anderer Menschen steuern zu lassen, hängt davon ab, in welche Richtung diese weisen. Wenn wir uns fremdbestimmt leiten lassen, besteht die Gefahr, dass die Richtung, die wir dabei einschlagen, derjenigen entgegengesetzt ist, die wir einschlagen würden, wenn wir über uns grundlegend nachdenken würden: über unsere Ziele, unsere Wünsche, unsere Werte, den Sinn unseres Tuns und den Sinn des Ganzen. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass unsere stark auf den Augenblick ausgerichteten inneren Triebkräfte und der von anderen Menschen wohlwollend oder weniger wohlwollend ausgeübte Druck dasselbe Magnetfeld für unsere Lebenskompassnadel hervorbringen würden, wie eine austarierende Reflexion über eigene Ideale, Ziele und Werte. Und selbst wenn dem so wäre, wir würden es gar nicht merken, weil wir uns oft nicht oder kaum mit uns selbst beschäftigen und daher keine Abweichung spüren würden. Daher ist es sinnvoll, Energie aufzuwenden und über den für uns optimalen Kurs nachzusinnen.

Trotzdem widmen wenige Menschen ihre Aufmerksamkeit und Energie auf die bewusste Kursbestimmung ihres Handelns. Und in meinen Führungstrainings ruft dieses Thema anfangs Reaktionen wie Irritation oder Unbehagen hervor. Ein Grund liegt darin, dass wir schnell ins Straucheln geraten, wenn wir die Frage beantworten wollen, was wirklich zählt, wofür wir unsere Energie, ja unser Leben einsetzen wollen. Spätestens dann, wenn wir den Druck oder die Empfehlungen anderer Menschen oder die inneren Stimmen kritisch prüfen, erodiert vieles, was im Gewand eines tragfähigen Fundaments daherkommt. Ob es eine berufliche Karrieremöglichkeit ist, die Beziehung zu einem Partner, die Übernahme eines Projekts, der Urlaub im Gebirge oder der Kauf eines Hauses. Stets lässt sich die Frage aus der Einleitung stellen: Wozu? Welchen Sinn hat es, so und nicht anders zu handeln? Wenn wir dieses Spiel vorantreiben, gelangen wir irgendwann zu der vielleicht grundsätzlichsten Frage. Die Frage nach dem Sinn des Lebens.

Hat das Leben einen Sinn? Und wenn ja, welchen? In einer positiven Antwort auf diese Fragen scheint der Schlüssel zu liegen, Ziele und Werte zu identifizieren und zu priorisieren. Eine positive Antwort auf die Frage, worin der Sinn des Lebens besteht,...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort: Die Fäden des Knäuels11
Teil 1: Position19
1 Sinn durch Orientierung21
1.1 Wichtigkeit und Selbstbestimmung: Wegweiser zum Sinn des Lebens24
1.2 Grenzen unseres Einflusses: Wo die eigene Energie in die Irre läuft30
1.3 Den Überblick behalten: Das Wichtige erkennen und ordnen33
1.4 Die Gefahr droht von innen und außen: Ablenkungen widerstehen38
1.5 Der Mitarbeiter und das Wichtige: Sinn spenden und Orientierung schaffen41
1.6 Das Kapitel kompakt44
2 Autorität durch Integrität47
2.1 Macht und Autorität: Wer Macht einsetzt ist als Autorität gescheitert47
2.2 Chancen und Risiken von Autorität: Wie aus dem Segen ein Fluch werden kann49
2.3 Autorität aufbauen: Integrität als solides Fundament55
2.4 Flugs und flüchtig: Über die Leichtigkeit Integrität zu gewinnen – und zu verlieren57
2.5 Das Kapitel kompakt61
3 Vertrauen durch Zutrauen65
3.1 Henne oder Ei: Unsere Erwartung schafft Realität66
3.2 Unser Bild vom Anderen – Maßstab oder Fessel: Die Magie des Zutrauens67
3.3 Der schale Geschmack von Freiheit: Wie Freiheit demotivieren kann71
3.4 Beliebigkeit oder Geringschätzung: Ohne Kontrolle wird Anerkennung zur Farce74
3.5 Reale und fiktive Dämonen: Die Gefahren der Kontrolle bändigen78
3.6 Das Kapitel kompakt84
Teil 2: Kommunikation87
4 Einvernehmen durch Verstehen89
4.1 Sinn und Unsinn: Die Äußerung eines Sprechers verstehen91
4.2 Entschlüsseln oder Erschließen: Kommunikation als Kunst des Schließens99
4.3 Sprache und Denken: Relevanz als Schlüssel des Verstehens104
4.4 Jenseits des Gesprochenen: Den Sprecher einer Äußerung verstehen111
4.5 Verstehen und Fügsamkeit: Wie aus Verständnis Einverständnis wird118
4.6 Das Kapitel kompakt123
5 Macht durch Freiheit127
5.1 Freiheit oder Widerstand: Mit Fragen aus dem Dilemma129
5.2 Freiheit in Fußfesseln: Die Macht von Fragen135
5.3 Freiheit zum Zwang: Die Freiheit des anderen zu tun, was ich will145
5.4 Unangenehme Situationen auflösen: Fragen als Fluchthelfer148
5.5 Früchte sammeln und schützen: Verständnis, Akzeptanz, Verbindlichkeit150
5.6 Das Kapitel kompakt155
6 Überzeugung durch Akzeptanz159
6.1 Der Heilige Gral der Kommunikation: Wertschätzung und Lenkung159
6.2 Lähmung oder Ausgrenzung: Die Macht von Anliegen165
6.3 Erwartungsspirale und Undankbarkeitsbumerang Wie Erwartungen unser Handeln entwerten169
6.4 Gunst trotz Ablehnung: „Nein“ sagen und dabei ein gutes Gefühl hervorrufen171
6.5 Freiheit durch Reaktionsverschiebung: Der Erwartungsspirale entkommen179
6.6 Das Kapitel kompakt183
Teil 3: Aktion187
7 Motivation durch Kritik189
7.1 Das Spielfeld anlegen: Die Vorbereitung192
7.2 Die Startposition gestalten: Der Einstieg196
7.3 In Vorlage gehen: Die eigentliche Kritik200
7.4 Das Gegenüber ins Boot holen: Verständnis und Einsicht erzielen202
7.5 Bis zum Ziel durchhalten: Motivation und Umsetzung sichern206
7.6 Das Kapitel kompakt210
8 Gerechtigkeit durch Ungleichheit213
8.1 Gerechtigkeit oder Gerechtigkeitsempfinden214
8.2 Ungerechtigkeitsempfinden und Leistungsreduktion216
8.3 Commitment oder Kommt-nicht-mehr220
8.4 Ungerechtigkeitsempfinden und Leistungssteigerung223
8.5 Gerechtigkeit in der Führung224
8.6 Das Kapitel kompakt229
9 Veränderung durch Unzufriedenheit231
9.1 Zufriedenheit als Feind von Motivation und Veränderung232
9.2 Die Gewohnheit als Freund der Effizienz234
9.3 Die Gewohnheit als Feind der Innovation236
9.4 Das Gute als Feind des Besseren238
9.5 Das Andere als Freund des Besseren240
9.6 Das Kapitel kompakt244
Schlusswort: Von den Fäden zum Seil247
Literatur249
Stichwortverzeichnis257

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