Was ist Qigong?
Das Werk Huangdi Neijing Suwen (dt. Titel: Der innere Klassiker des gelben Kaisers) aus dem 2./3. Jahrhundert v. Chr. gilt als die älteste schriftliche Aufzeichnung, in der Qigong im heutigen Verständnis erstmals erwähnt wird, wobei eine Beschreibung bestimmter Qigong-Übungen bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben wurde. Bei Qigong handelt es sich um eine Energiearbeit, die Zugang zu feinstofflichen Energien bietet und bei regelmäßiger Übung ein physisches, emotionales und mentales Wohlergehen herzustellen vermag. Der Körper wird gereinigt und gekräftigt, der Geist zur Ruhe gebracht und der Mensch in seiner Gesamtheit harmonisiert. Viele der großen und bekannten Ärzte in der Geschichte Chinas waren gleichzeitig große Qigong-Meister.
Qigong offenbart ein umfangreiches und detailliertes Wissen über die zentrale Kraft allen Lebens, seine Aktivierung, Stärkung und ausgeglichene Verteilung im physischen Körper. Die Fähigkeit zur Selbstheilung wird dadurch unerschöpflich. Der freie Energiefluss im Körper wird gefördert und gestärkt und Yin- und Yang-Kräfte des Körpers in ein dynamisches Gleichgewicht gebracht. Hierauf weisen auch die Schriftzeichen hin, aus denen der Begriff Qigong besteht. Qi bedeutet Lebenskraft, Gong weist auf Arbeit und regelmäßiges Üben hin. Qigong bedeutet somit frei übersetzt die Fähigkeit, mit der Lebensenergie zu arbeiten.
Beginnt man, ein sensibles Empfinden für feine Energien zu entwickeln, ist es möglich, Krankheiten und Beschwerden bereits im subklinischen Stadium, wenn noch keine messbaren Symptome festgestellt werden können, entgegenzuwirken. Einen Zusammenhang zwischen erkrankten Organen und den jeweiligen Leitbahnen wies unter anderem der Arzt Dr. Ioan Dumitrescu in seinen interessanten Forschungen nach. Einige dieser wichtigen Leitbahnen beginnen und enden an den Füßen. Daher verwundert es nicht, dass in verschiedenen Qigong-Arten stets Übungen für die Füße enthalten waren. Ein besonderes Augenmerk wurde insbesondere auch deshalb auf die Füße gelenkt, weil eine Schwäche in den Füßen Beschwerden, Krankheiten und Alterserscheinungen begünstigen soll. Ebenso stören Blockaden im Fuß das Yin- und Yang-Gleichgewicht des Körpers und können beispielsweise Bluthochdruck begünstigen. Das Fuß-Qigong selbst besteht aus einer Sammlung wichtiger bewegter und sogenannter stiller Übungen aus verschiedenen traditionellen Quellen, mit denen positiv auf die Gesundheit eingewirkt werden kann.
Während der politischen Unruhen des letzten Jahrtausends wurde Qigong in China immer weiter in den Hintergrund gedrängt und zeitweise sogar verboten. Die westliche Medizin gewann bis 1949 immer mehr an Bedeutung und erfuhr ihren Höhepunkt in der Guo-Ming-Dan-Regierung, die die traditionelle chinesische Medizin und damit auch Qigong als Aberglauben abtat. Nach einem Aufruf Mao Zedongs, der die Meinung vertrat, man könne dem Volk besser dienen, wenn sich westliche und chinesische Medizin verbinden, lockerte sich die Situation ein wenig. Ab 1978 begann sich Qigong wieder zu etablieren.
Heutzutage existieren noch einige Hundert Qigong-Stile und ihre Verbreitung im Westen nahm in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu. Auch im deutschsprachigen Raum ist das Interesse an Qigong seit den späten 1980er-Jahren, als die ersten Bücher zum Thema erschienen, sehr groß. Nicht nur Volkshochschulen und Sportvereine bieten Kurse an – Qigong hat sogar seinen Eingang in Therapiekonzepte schulmedizinisch orientierter Rehabilitationseinrichtungen gefunden. Qigong als Bestandteil der jahrtausendealten Medizinkultur Chinas stellt eine wichtige Bereicherung unseres vergleichsweise jungen westlichen Medizinsystems dar. Besonders die hier vorgestellten Übungen des Fuß-Qigong erfreuen sich wie auch das Finger-Qigong immer größerer Beliebtheit. Sie können entweder eigenständig praktiziert oder mit anderen Formen der Energiearbeit kombiniert werden und ohne viel Zeit- und Kraftaufwand mühelos in den Alltag integriert werden.
Die Wirkungen des Fuß-Qigong
Unser ganzer Körper ist ein komplexes Meisterwerk. Unten und oben, innen und außen, Skelett und Organe, alles hängt miteinander zusammen. Selbst kleine Veränderungen an einer Stelle – beispielsweise in der Fußhaltung – können eine nachhaltige Wirkung auf den gesamten Organismus haben – sie können zum Beispiel Kopfschmerzen bewirken. Möglich wäre dies unter anderem über muskuloskeletale Beziehungen: Werden die Füße falsch belastet, wirkt sich dies auf die Knie und in der Folge auf die Hüftgelenke aus. Zum Ausgleich kann das Becken aus seiner natürlichen Haltung herausgeraten, was wiederum Auswirkungen auf die Wirbelsäule und den Nacken hat. Der verspannt sich, wodurch die Kopfschmerzen entstehen. Aber auch auf anderem Wege können die Füße »wirken«, zum Beispiel wenn sie in ihrer Bewegung eingeschränkt werden und damit die Venenpumpe in den Beinen behindert wird. Und nicht zuletzt haben Füße, die schmerzen oder nicht natürlich belastet werden (können), auch Auswirkungen auf die Psyche: Wenn Sie sich den Unterschied zwischen kleinen, langsamen, unsicheren Schritten und einem gesunden, kraftvollen Ausschreiten auf festem Fuß vorstellen, wird dieser Zusammenhang schnell klar.
Wie gut ist es da, dass man die Wechselwirkungen zwischen unseren Füßen, unserem Körper und unserer Psyche auch umgekehrt nutzen kann. Denn die Effekte, die man über die Füße auf den gesamten Organismus ausüben kann, sind ausgesprochen vielfältig und wurden inzwischen durch viele wissenschaftliche Studien bestätigt. Besonders die Fußreflexzonen-Massage erfreut sich auch im Westen großer Beliebtheit. Sie basiert auf dem Wissen, dass über bestimmte Bereiche auf der Fußsohle einzelne Organe positiv beeinflusst werden können.
Zugleich können sich auf der Fußsohle körperliche und seelische Beschwerden und Erkrankungen widerspiegeln, sodass sogar Diagnosen über die Fußsohle möglich sind. Zusätzlich zu diesem System entdeckte Rudolf Siener in den 1980er-Jahren, dass sich an den Beinen und Füßen wirksame Therapiepunkte befinden, so beispielsweise Punkte am Knie, die eine Wirkung auf Kopforgane wie Stirnhöhlen, Augen, Nase, Kiefer oder Ohren haben, sowie Punkte an der Ferse, die bei Beschwerden im unteren Rücken, der Bandscheiben oder im Rektum empfindlich reagieren.
Obwohl die Übungen des Fuß-Qigong unglaublich einfach und sanft sind, ist ihre heilende Kraft bei regelmäßigem Üben enorm. Durch Stimulieren wichtiger Energiepunkte (Akupunkturpunkte) und Energieleitbahnen (Meridiane) ist es möglich, bei Beschwerden gezielt auf die entsprechenden Organe und Körperbereiche einzuwirken und schnell Linderung zu schaffen. Selbst weit entfernte Körperregionen lassen sich auf diese Weise erreichen. Der Qi-Fluss, der Fluss der stärkenden Lebensenergie, wird verstärkt. Dadurch ist es möglich, den Körper allgemein und prophylaktisch zu kräftigen sowie mit bestimmten Übungen gezielt gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen entgegenzuwirken und sie zu lindern. Zugleich beleben die Übungen das Immun- und Kreislaufsystem, fördern die Durchblutung und entspannen – unter anderem über die daraus resultierende Wärmeentwicklung. Sie stärken den Stoffwechsel und aktivieren den Lymphfluss.
Weiterhin trägt das Fuß-Qigong dazu bei, die Beweglichkeit Ihrer Zehen und Füße wiederherzustellen oder gar grundlegend zu entwickeln. Leider ist diese durch unsere Lebensgewohnheiten manchmal gar nicht gegeben, ohne dass wir uns dessen so richtig bewusst sind. Stellen Sie sich einmal vor, man würde Ihre Hände von klein auf täglich kurz nach dem Aufstehen in dünne Fäustlinge einpacken und in dickere, festere hüllen, sobald Sie aus dem Haus gehen. Ich möchte mich natürlich nicht gegen Schuhe aussprechen, denn sie sind in vielerlei Hinsicht nützlich – sei es auch nur, um uns vor Kälte, Nässe oder vor Glassplittern und Dreck von den Straßen zu schützen. Allerdings kann man sie in gewisser Weise mit den oben beschriebenen Fäustlingen für die Hände vergleichen. Wäre es gängige Praxis, seine Hände in Fäustlinge einzupacken, würden wir sehr wahrscheinlich die Armmuskeln und Handgelenke stärker beanspruchen. Dementsprechend werden oft die Bänder und Gelenke der Füße stark belastet, sofern die Fußmuskulatur zu schwach ist. Hier setzt das Fuß-Qigong an. Die Übungen stärken einerseits die Muskeln, andererseits unterstützen sie die Nervenfasern, Sehnen und Bänder und fördern die Beweglichkeit der Gelenke.
Die Muskeln des Fußes werden in sogenannte extrinsische und intrinsische Muskeln unterteilt. Bei den extrinsischen handelt es sich um Muskeln, die ihren Ursprung außerhalb des Fußes haben und über ihre langen Sehnen die Statik des Fußes beeinflussen. Unsere heutigen Lebensgewohnheiten sorgen meist dafür, dass hauptsächlich diese Muskeln beansprucht werden. Die intrinsischen, die kurzen Muskeln, die sich am Fuß selbst befinden, verlieren mehr und mehr an Funktionalität. Ideal ist jedoch ein Zusammenarbeiten beider Muskelarten, was unter anderem auch die Form des Fußgewölbes verbessert. Die Übungen des Fuß-Qigong stimulieren unter anderem die normalerweise wenig in Anspruch genommenen intrinsischen Muskeln, sodass Sie mit der Zeit auch kleinere kontrollierte Bewegungen mit Ihren Zehen machen können, anstatt »nur« den Fuß als Ganzes zu bewegen.
Einige der Übungen des Fuß-Qigong unterstützen zudem dabei, die Ferse beim Gehen richtig aufzusetzen, sodass sie weder nach innen noch nach außen kippt. Wenn die Ferse kippt, wird der Fuß falsch belastet, was nach einiger Zeit zu Schmerzen, Beschwerden und...