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Geborgene Kindheit

Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten

AutorSusanne Mierau
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783641198572
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Geborgen auf der Reise durch die Kindheit
Wenn aus Babys Kleinkinder werden, wachsen auch die Herausforderungen in der Familie. Kinder wollen immer mehr selbst entscheiden und selber machen, gleichzeitig brauchen sie noch bei vielem die Unterstützung ihrer Eltern - und all das fordern sie auch ein. Doch wie werden die Wünsche und Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichtigt? Und wie können Eltern die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen?

Ob schlafen, essen, sprechen, spielen oder sich bewegen - Susanne Mierau erklärt, was dabei für Kinder wirklich wichtig ist und was sie brauchen, um sich zu glücklichen, selbstbestimmten und liebevollen Erwachsenen zu entwickeln.



Susanne Mierau, 1980 geboren, ist eine der hierzulande bekanntesten Expertinnen im Bereich bindungs- und bedürfnisorientiertes Familienleben. Als Diplom-Pädagogin hat sie zunächst an der Freien Universität Berlin in Studium und Lehre gearbeitet, bevor sie eine eigene Praxis für Familienbegleitung eröffnet hat. Ihr Blog »Geborgen Wachsen« ist - wie die dazugehörigen Social-Media-Kanäle und das Geborgen-Wachsen-Forum - seit 2012 Anlaufpunkt für Familien zu allen Fragen rund um den Familienalltag. Susanne Mierau leitet (Online-)Workshops, hält Vorträge für Eltern und Fachpersonen und hat bereits diverse erfolgreiche Elternratgeber veröffentlicht. Sie ist Mutter von drei Kindern.

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Leseprobe

Vertrauen bilden

Die Entwicklung der Bindung des Kindes an die Bindungspersonen steht auf der einen Seite, die der Erwachsenen an das Kind auf der anderen Seite. Dazwischen gibt es viele Verbindungen, die es zu einem Gefüge machen. Ganz besonders wichtig, wenn wir von Bindung sprechen, ist das Vertrauen: Vonseiten des Kindes gibt es, wie schon ausgeführt, das Vertrauen in uns, dass wir es mit all dem versorgen, was es benötigt, dass wir es lieben und respektvoll behandeln. Doch auch auf unserer Seite ist das Vertrauen ein wichtiger Bestandteil der Beziehung.

Wenn wir über Kindheit sprechen, taucht immer wieder der Satz auf: »Wenn die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel.« Wurzeln, das ist das Urvertrauen, die sichere Bindung. Sie kann nicht existieren ohne die Flügel, die wir unseren Kindern auch mitgeben. Nicht erst dann, wenn sie groß sind, sondern von klein auf. Kinder brauchen von Anfang an Wurzeln und Flügel. Sie brauchen Urvertrauen in uns, und sie brauchen von uns das Vertrauen in sie – das Vertrauen, dass sie sich richtig entwickeln, dass sie einem inneren Plan der Entwicklung folgen, nach ihrem Tempo. Sie brauchen die Möglichkeit, von Anfang an selbst erkunden zu dürfen und frei zu sein in ihrer Neugierde und ihrem Wissensdrang. Das Baby braucht die Möglichkeit, sich mit dem eigenen Körper und dann mit der Umwelt vertraut machen zu können, so wie das Kleinkind die Möglichkeit haben muss, sich wegzubewegen und zurückzukehren.

Ohne Freiheit, ohne Flügel, ohne Vertrauen ist keine sichere Bindung möglich. Freiheit und Nähe gehören für eine sichere Bindung und gute Entwicklung zusammen. Je größer die Kinder werden, desto mehr ist unser Vertrauen in sie gefragt.

Warum eine sichere Bindung Freiheit lässt

Für eine gesunde Entwicklung benötigen Kinder den Raum, sich selbst zu erproben, sie dürfen Fehler machen und ungeschickt sein. Sie be-greifen die Welt, indem sie in ihr aktiv sein können und feststellen, was geht und was eher nicht. Kinder fallen und lernen, sich richtig abzurollen, wenn sie mit dem Sitzen und Laufen beginnen. Sie erfahren, dass sie Brennnesseln nicht anfassen sollen, durch Ausprobieren und nicht durch mündliche Verbote. Bindungsorientierte Elternschaft gibt Kindern den Raum für diese Erfahrungen. Auf Basis der sicheren Bindung und des Vertrauens lassen Eltern ihrem Kind die Möglichkeit, Räume selbst zu erkunden. Bindungsorientierte Eltern vertrauen darauf, dass sich Kinder nach einem eigenen Zeitplan im natürlichen Rahmen entwickeln. Sie erfüllen elementare Bedürfnisse nach Liebe, Zuwendung und Pflege und geben dem Kind gleichzeitig die Möglichkeit, auch eigene Wege zu gehen und zu entdecken.

Eine sichere Bindung bedeutet vor allem auch, dem Kind keine Angst vor der Welt zu vermitteln, es nicht ängstlich an sich zu binden oder es in seiner Entwicklung einzuschränken. Wenn wir zu unserem Bild der Elternschaft als gemeinsame Reise zurückkehren, bedeutet bindungsorientierte Elternschaft, dass unsere Kinder auch einfach mal neben dem Weg laufen können, im Gebüsch einen Stock suchen oder einen kleinen Schleichweg entlanglaufen dürfen. Wir als Eltern haben das Fundament dafür gelegt, dass sie sich sicher auf kleine Abenteuer begeben können und zu uns zurückfinden.

Je größer sie werden, desto wichtiger wird das Vertrauen der Erwachsenen in ihre Kinder, denn diese müssen sich gemäß ihrer voranschreitenden Entwicklung mit der Umwelt vertraut machen. Sie beginnen, sich aus dem Nahbereich der Eltern zu lösen, laufen voran, erkunden auf eigene Faust. Sie erproben ihren Körper und lernen das Balancieren, Springen und Klettern. Sie machen Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen, üben das Teilen und das Einstehen für die eigenen Bedürfnisse. All dies sind wichtige Aspekte der kindlichen Entwicklung, die sie erleben müssen. Vieles davon könnten wir ihnen abnehmen, wir könnten einschreiten oder Dinge regulieren. Doch gerade das ist es nicht, was sie brauchen. Das ist es nicht, was eine bindungsorientierte Elternschaft ausmacht. Wir können unsere Wege mit unseren Kindern sehr unterschiedlich gehen, doch wir alle müssen ihnen die Chance geben, auch selbst zu laufen beziehungsweise die Flügel auszubreiten und zu fliegen. Erst dann ist eine geborgene Kindheit möglich.

Worin sich Helikoptereltern und bindungsorientierte Eltern unterscheiden

Wenn wir Kinder haben, werden wir immer wieder mit dem Wort »Verwöhnen« konfrontiert. In unserer Gesellschaft wird dieses Wort jedoch oft überstrapaziert, wenn normales, bindungsorientiertes Verhalten als Verwöhnen bezeichnet wird. Neuere Erkenntnisse der Psychologie und Pädagogik haben gezeigt, dass das Eingehen auf die Bedürfnisse von Babys und Kleinkindern sich positiv auf ihre Entwicklung auswirkt. Das führte zur Rückbesinnung auf ein eigentlich natürliches Verhalten der Eltern gegenüber ihren Kindern, das zwischenzeitlich abhandengekommen war durch die Einflüsse der Gesellschaft. Unser Ziel ist es heute, sicher gebundene Kinder zu haben.

Bindungsorientiertes Verhalten ist kein Verwöhnen – das müssen wir uns und anderen immer wieder sagen. Wenn wir unsere Kinder liebevoll begleiten und ihre Bedürfnisse respektieren und berücksichtigen, ist das zu keiner Zeit negativ. Doch je größer die Kinder werden, desto mehr öffnen sie sich der Welt, kommen mit ihr in Berührung und gehen eigene Wege. Es ist noch recht einfach, einem kleinen Neugeborenen die Bedürfnisse nach Nahrung, Schlaf, Sicherheit und Wärme zu erfüllen. Doch mit der Zeit werden die Bedürfnisse von Kindern komplexer, und die Aufgabe von uns Eltern ist es, mit unseren Kindern gemeinsam zu wachsen und zu erkennen, wie sich Bedürfnisse ausdehnen und verändern. Je älter unsere Kinder werden, desto mehr sind sie nicht nur auf Nähe und Sicherheit bedacht, sondern entwickeln ein Bedürfnis nach Abenteuer, nach Exploration, nach Eigenständigkeit. Dennoch bleiben sie Kinder, und wir dürfen sie auch nicht überfordern – das ist unser persönlicher Balanceakt als Eltern.

Verwöhnen können wir sie mit unserem Verhalten nur dann, wenn wir diese Bedürfnisse nicht wahrnehmen oder aus eigener Angst heraus unterbinden. Wenn wir sie nicht Dinge ausprobieren lassen, sondern ihnen die Aufgaben abnehmen. Wenn wir sie bewachen, anstatt sie sich einfach erproben zu lassen. Wenn wir sie einschränken, anstatt ihnen Raum zu geben. All dies ist nichts, was das Kind braucht. All dies ist keine bindungsorientierte Elternschaft mehr. Das ist es, was wir unter Helikoptereltern verstehen: Eltern, die über ihren Kindern kreisen und besorgte Distanz zu ihnen aufgebaut haben, die überwachen, statt zu begleiten. Vertrauen in die Elternschaft und in die Kinder geht verloren oder wird abgegeben an Maschinen, Dienstleistungen und Programme. Je größer die Kinder werden und je weiter sie sich wegbewegen können und wollen, desto mehr wächst die Angst vor dem, was nicht beeinflusst werden kann. Wie mit einem Schneepflug werden alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Die Kinder werden in ihrer natürlichen Entwicklung gehemmt durch die Absicht der Eltern, sie sicher und bestens gefördert wachsen zu lassen. Doch auf diese Weise finden sie keinen sicheren Weg in die Welt und auch nicht im Miteinander, denn die Welt wird als Ort von Gefahren und Hindernissen erklärt und schließlich wahrgenommen. Eine sichere Bindung ist auf diese Weise nicht möglich. Es entsteht vielmehr eine unsicher-ambivalente Bindung, wenn Kinder in ihrem Erkundungsdrang beschnitten werden und die Gefahren der Erkundungsfreude allzu sehr betont werden.[8]

Eine Kindheit voller Hindernisse

Kinder brauchen Hindernisse und wachsen an Herausforderungen. Neugierde ist der Motor der Entwicklung, den wir ihnen nicht nehmen sollten. Stück für Stück eignen sie sich die Welt an – gemäß ihren aufeinander aufbauenden Fähigkeiten: Im ersten Jahr sind sie noch sehr nah an ihren Bezugspersonen dran und bauen die Fertigkeiten auf, die sie dann für die Entdeckung der Welt benötigen. Jede Entwicklung des Kindes ist dabei sinnvoll und bildet die Grundlage für weitere Entwicklungen. Wunderbar beobachten lässt sich dies an der motorischen Entwicklung der Kinder, bei der nach und nach durch das Drehen, Robben, Krabbeln und Aufsetzen die Muskulatur ausgebildet wird, die schließlich für das freie Laufen benötigt wird. Doch mit dem Laufen ist die Entwicklung nicht abgeschlossen: Kinder erlernen das Schleichen, das Trampeln, das Tanzen und Balancieren und viele andere Sachen. Und sie bringen den Wunsch, all das zu lernen, von sich aus mit. Im ersten Lebensjahr bilden sie die Grundkompetenzen Sprache und Bewegung aus, die es ihnen in den kommenden Jahren ermöglichen, viele weitere Erfahrungen zu machen.

Wie wichtig dabei die Möglichkeit ist, Neues ausprobieren zu können, hat 1987 schon der russische Psychologe Lew Wygotski angemerkt, indem er die »Zone der nächsten Entwicklung« beschrieb: Kinder verfügen zu jeder Zeit über bestimmte Fähigkeiten. Doch darüber hinaus gibt es Dinge, die aufbauend auf diesen Fertigkeiten als Nächstes gelernt werden können. Dinge, die sie aktuell noch nicht können, aber schon bald. Hierfür brauchen sie jedoch den Rahmen, um sich erproben zu können und diese neuen Fertigkeiten auszubilden. Uns Erwachsenen kommt dabei die Aufgabe zu, die Fähigkeiten unserer Kinder einzuschätzen und ihnen das anzubieten, was sie für die weitere Entwicklung benötigen. Es klingt so einfach, dass wir sie eigentlich nur beobachten und ihnen nicht im Weg stehen sollten bei ihrer weiteren Entwicklung.

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