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Gedankensprünge ins Freie. Eine Anthologie zur Existenziellen Euthymiagogik

Eine Anthologie zur Logagogik

AutorKarl-Ernst Bühler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl300 Seiten
ISBN9783656511953
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Psychologie - Grenzgebiete, Hilfswissenschaften, Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Abteilung für Psychotherapie, Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie, Rehabilitationswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Lehren aus dem Menschensein genannt gründen sich nicht auf eine bestimmte und einheitliche philosophische Lehrmeinung. Sie finden ihre Grundlagen in einer praktischen Philosophie, wie beispielsweise in der Lebensphilosophie, der sogenannten Existenzphilosophie und dem Existentialismus, bei denen der einzelne Mensch im Mittelpunkt der Betrachtungen steht. Erfahrungen aus dem Menschensein finden sich nicht nur in wissenschaftlichen Abhandlungen, sondern - möglicherweise sogar tiefschürfender - in großen Dichtungen und Schriften der Weltliteratur aller Zeiten. Die Moralistik zieht ebenso Erfahrungen aus dem Menschensein. Sie erarbeitet jedoch keine systematische Theorie, sondern geht aus von Einzelbeobachtungen und der allgemeinen Lebenserfahrung. Diese Erkenntnisse sind oft fragmentarischen Charakters und lassen sich am besten in Aphorismen ausdrücken. Logagogik ist die Anwendung der Erfahrungen aus dem Menschensein. Logagogik wird daher bestimmt als eine Führung, Anleitung oder Behandlung eines Menschen. Ziel der klinischen Logagogik ist Vorbeugung, Anleitung und Stützung in ausweglos erscheinenden Lebenskrisen oder bei unlösbar erscheinenden Konflikten. Hierher gehören auch Trost bei schweren Schicksalsschlägen und Aufmunterung in verzweifelten Lebenslagen. Logagogik im Allgemeinen dient der Lebensführung und Lebensberatung. Sie ist geeignet für nachdenkliche und für Bildung aufgeschlossene Personen. Inhaltlich greift die Logagogik auch auf Spruchweisheiten zurück, in denen sich philosophische Lehren zur Lebensführung verdichten. Die verwendeten Sprüche gehören in erster Linie der literarischen Gattung des Aphorismus und des Epigramms an, im weiteren Sinne aber auch Apophthegmata, Gnomen, Maximen und Sentenzen. Viele der eigenen Einfälle in dieser Sammlung entstanden in der gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Leben der behandelten Patienten. Im Laufe der Zeit haben sich die folgenden Themenschwerpunkte herausgebildet: Eigenliebe, Stolz, Hochmut, Eitelkeit, Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit, Hybris, Narzissmus; Psycholetheia (sogenanntes Unbewusstes); Psycholethesis (Selbsttäuschung) ; Psychalethesis (Selbsterkennen); Skepsis (Erkenntnis-, Regel-, Moralskepsis); Relationalität von Gut und Böse; Tugend, Untugend, Laster; Individualethik; Mäßigung; Schuld, Gewissen; Tun und Nicht-Tun; Genügsamkeit; Freiheit; Glück, Unglück, Hoffnung; Überwindung von Unglück; Andere Menschen, Macht.

Interessenschwerpunkte betreffen neben philosophischer Psychologie auch die empirische Erforschung psychologischer Ursachen der Depression und persönlicher Lebenskrisen sowie deren Bewältigung. Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Karl-Ernst Bühler ist außerplanmäßiger Professor für Psychotherapie und Psychosomatik an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg, Diplom Psychologie, Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie, sowie Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. 1967 Abitur; 1967 - 1973 Studium der Medizin, Abschluss mit Staatsexamen; 1968 - 1975 Studium der Psychologie, Abschluss mit Diplom; 1974 Promotion zum Doktor der Medizin; 1983 Habilitation für Psychotherapie und Psychosomatik; 1986 Facharzt für Psychiatrie; 1995 Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; 1995 Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie; 2003 außerplanmäßige Professur für Psychosomatik an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Zahlreiche Beiträge in internationalen und nationalen Fachzeitschriften für Psychotherapie, Psychosomatik, Klinische Psychologie und Psychiatrie.

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Leseprobe

Teil I: Fremde Einfälle zur Logagogik


 

Wozu denn Sprüche?

 

Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muss nur versuchen, es noch einmal zu denken.

 

(J. W. Goethe)

 

***

 

Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.

 

(K. Valentin)

 

***

 

Ein Aphorismus ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette.

 

(M. v. Ebner-Eschenbach)

 

***

 

Zu fast jedem weisen Spruch gibt es zum Ausgleich einen anderen, nicht weniger weisen, der das Gegenteil aussagt.

 

(G.Santayana, übers. Bühler)

 

***

 

Ein schöner Spruch im Gedächtnis ist wie ein Stück Geld im Kasten.

 

(Sprichwort)

 

***

 

Gute Sprüche, weise Lehren soll man üben, nicht bloß hören.

 

(W. Busch)

 

***

 

An Sittensprüchen hat der Arge sein Vergnügen,

 

Nicht um danach zu tun, doch um damit zu trügen.

 

(F. Rückert)

 

***

 

Gegen allzu weise Lehren,

 

Musst du dich ganz leise wehren.

 

(unbekannt)

 

***

 

Stolz und Überheblichkeit

 

Selbstironie ist ätzend; sie verätzt auch die Selbstgefälligkeit.

 

(unbekannt)

 

***

 

Der Eigennutz spricht allerhand Sprachen und spielt allerhand Rollen, sogar die des Uneigennützigen.

 

(F. de La Rochefouchuld)

 

***

 

Er war sehr eitel darauf, nicht eitel zu sein.

 

(K. Tucholsky)

 

***

 

Ich bin überzeugt, man liebt sich nicht bloß in anderen, sondern hasst sich auch in anderen.

 

(G. Ch. Lichtenberg)

 

***

 

Die Eigenliebe lässt uns sowohl unsere Tugenden, als auch unsere Fehler viel bedeutender, als sie sind, erscheinen.

 

(J. W. Goethe)

 

***

 

Eigenliebe ist der größte aller Schmeichler.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Wer selber scheinen will, wird nicht erleuchtet.

 

(Lao zi)

 

***

 

Viele Menschen nennen nur diejenigen ihre Freunde, die ihnen schmeicheln.

 

(Sprichwort)

 

***

 

Nichts wie die Schmeichelei ist so gefährlich dir;

 

Du weißt es, dass sie lügt, und dennoch glaubst du ihr.

 

(F. Rückert)

 

***

 

Schmeichelei ist eine falsche Münze, welche nur durch unsere Eitelkeit in Umlauf erhalten wird.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Im Beifall ist immer eine Art Lärm: selbst in dem Beifall, den wir uns selber zollen.

 

(F. Nietzsche)

 

***

 

Wer sich selbst verachtet, achtet sich doch immer noch dabei als Verächter.

 

(F. Nietzsche)

 

***

 

Das Vergnügen, über uns zu reden, und unsere Unzulänglichkeit von derjenigen Seite offenkundig werden zu lassen, von der aus wir sie gerne zeigen wollen, macht einen großen Teil unserer Aufrichtigkeit aus.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Wenn auch die Klugheit ganz verschwindet aus der Welt,

 

So wird dennoch niemand sein, der sich für unklug hält.

 

(A. Olearius)

 

***

 

Wir gestehen kleine Unzulänglichkeiten nur ein, um darzulegen, dass wir keine großen haben.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Welche Entdeckungen man auch immer im Land der Eigenliebe gemacht haben mag, es bleiben dort noch viele unbekannte Flecken.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Ein großer Fehler: Dass man sich mehr dünkt, als man ist, und sich weniger schätzt, als man wert ist.

 

(J. W. Goethe)

 

***

 

Wie klein ist das, was einer ist,

 

Wenn man’s an seinem Dünkel misst.

 

(W. Busch)

 

***

 

Wären wir selbst nicht eitel, könnte uns die Eitelkeit anderer nicht ärgern.

 

(unbekannt)

 

***

 

Schmeicheleien ist man in dem Maße zugänglich, wie man sich selber schmeichelt.

 

(P. Valéry)

 

***

 

Selbsttäuschung

 

Unsere tägliche Selbsttäuschung gib uns heute!

 

(W. Raabe)

 

***

 

Wir betrügen und schmeicheln niemandem durch so feine Kunstgriffe als uns selbst.

 

(A. Schopenhauer)

 

***

 

Je nach unserer Eigenliebe nehmen wir unsere guten und unsere schlechten Seiten wahr.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Es scheint, dass die Natur, die so weise die Organe unseres Körpers eingerichtet hat, um uns glücklich werden zu lassen, uns auch den Stolz gegeben hat, um uns den Schmerz zu ersparen, unsere Unvollkommenheit zu erkennen.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Es ist ebenso leicht, sich selbst zu täuschen, ohne es zu merken, wie es schwer ist, die anderen zu täuschen, ohne dass sie es bemerken.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Wir sind viel zu sehr gewöhnt, uns zu verstellen, als dass wir uns nicht auch vor uns selbst verstellen.

 

(F. de LaRochefouchuld)

 

***

 

Es gehört Charakter dazu, sich keinen Selbsttäuschungen hinzugeben.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Wie gut, dass nicht alle ihre Wünsche kennen.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Wir wissen längst nicht alles, was wir wollen.

 

(F. de LaRochefoucauld)

 

***

 

Wir vergessen leicht unsere Fehler, wenn nur wir sie kennen.

 

(F. de LaRochefoucauld; übers. Bühler)

 

***

 

Es ist gefährlich, anderen etwas vorzumachen; denn es endet damit, dass man sich selbst etwas vormacht.

 

(unbekannt)

 

***

 

Wenn einer sehr lange und hartnäckig etwas scheinen will, so wird es ihm zuletzt schwer, etwas anderes zu sein.

 

(F. Nietzsche)

 

***

 

Lebhafte Naturen lügen nur einen Augenblick; nachher haben sie sich selber belogen und sind überzeugt und rechtschaffen.

 

(F. Nietzsche)

 

***

 

Überall, wo die Verstellung stärker wirkt, wenn sie unbewusst ist, wird sie unbewusst.

 

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