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Gesammelte politische Schriften

Die großen Mächte + Frankreich und Deutschland + Politisches Gespräch + Zum Kriege 1870/71 + Fürst Bismarck + Der Krieg gegen Österreich...

AutorLeopold von Ranke
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl870 Seiten
ISBN9788026843733
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Gesammelte politische Schriften' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Franz Leopold Ranke (1795-1886) war ein deutscher Historiker, Historiograph des preußischen Staates, Hochschullehrer und königlich preußischer Wirklicher Geheimer Rat. Leopold von Ranke gilt als einer der Gründerväter der modernen Geschichtswissenschaft, der sich um eine möglichst große Objektivität bei der Wiedergabe der Geschichte bemühte. Inhalt: Politisches Gespräch Die großen Mächte Frankreich und Deutschland Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen Der Krieg gegen Österreich 1866 Der Krieg gegen Frankreich 1870 Fürst Bismarck. Zum Kriege 1870/71 Die Ablehnung der deutschen Kaiserwürde 1849 Über die Verwandtschaft und den Unterschied der Historie und der Politik Aus dem Buch: 'Man redet viel von der Forderung des Geistes der Zeit. Seltsam wäre es, zu behaupten, sie reiche weiter, als die Gemeinschaftlichkeit unsrer Natur überhaupt. Auch ist der Geist nicht von so groben Fäden, daß er sich einem Volke bloß in den Formen mitteilen ließe, die ein andres erfunden hat, daß man diese von verschiedenen Zuständen auf verschiedene übertragen müßte. Er ist als Prinzipium wirksam und wird sich auf natürlichem Wege aus seiner Gegenwart und seiner Vergangenheit eine neue Zukunft entwickeln. Ein großes Volk, sowie ein selbständiger Staat, wird nicht allein daran erkannt, daß es seine Feinde von den Grenzen abzuwehren wisse. Die Bedingung seiner Existenz ist, daß es dem menschlichen Geiste einen neuen Ausdruck verschaffe, ihn in neuen, eignen Formen ausspreche und ihn neu offenbare. Das ist sein Auftrag von Gott.'

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Leseprobe

Die großen Mächte


Mit Studien und Lektüre verhalt es sich nicht anders als mit den Wahrnehmungen einer Reise, ja mit den Ereignissen des Lebens selbst. So sehr uns das einzelne anziehen und fördern mag, indem wir es genießen, so tritt es doch mit der Zeit in den Hintergrund zurück, verwischt sich, verschwindet; nur die großen Eindrücke, die wir auf einer oder der anderen Stelle empfinden, die Gesamtanschauungen, die sich uns unwillkürlich oder durch besonders aufmerksame Beobachtungen ergaben, bleiben übrig und vermehren die Summe unseres geistigen Besitzes. Die vornehmsten Momente des genossenen Daseins treten in der Erinnerung zusammen und machen ihren lebendigen Inhalt aus.

Gewiß tut man wohl, nach der Lektüre eines bedeutenden Werkes sich die Resultate desselben, soweit man es vermag, abgesondert vorzulegen, die wichtigeren Stellen noch einmal zu übersehen, es ist ratsam, zuweilen die Summe eines mehrere umfassenden Studiums zu ziehen; ich gehe weiter und lade den Leser ein, sich die Ergebnisse einer langen historischen Periode, die nur durch mannigfaltige Bemühungen kennen zu lernen ist – der letzten anderthalb Jahrhunderte –, einmal im Zusammenhange zu vergegenwärtigen.

Ohne Zweifel hat in der Historie auch die Anschauung des einzelnen Momentes in seiner Wahrheit, der besonderen Entwickelung an und für sich einen unschätzbaren Wert; das Besondere trägt ein Allgemeines in sich. Allein niemals läßt sich doch die Forderung abweisen, vom freien Standpunkte aus das Ganze zu überschauen; auch strebt jedermann auf eine oder die andere Weise dahin; aus der Mannigfaltigkeit der einzelnen Wahrnehmungen erhebt sich uns unwillkürlich eine Ansicht ihrer Einheit.

Nur ist es schwer, eine solche auf wenigen Blättern mit gehöriger Rechtfertigung und einiger Hoffnung auf Beistimmung mitzuteilen. Ich will mich jedoch einmal daran wagen.

Denn womit könnte ich einen neuen Band dieser Zeitschrift besser einleiten, als wenn ich einige Irrtümer über den Bildungsgang der modernen Zeiten, die sich fast allgemein verbreitet haben, zu erschüttern vermöchte, wenn es mir einigermaßen gelänge, den Weltmoment, in dem wir uns befinden, deutlicher und unzweifelhafter, als es gewöhnlich geschehen mag, zur Anschauung zu bringen?

Wage ich mich nun an diesen Versuch, so darf ich nicht zu weit zurückgreifen, es wäre sonst notwendig eine Weltgeschichte zu schreiben, auch halte ich mich absichtlich an die großen Begebenheiten, an den Fortgang der auswärtigen Verhältnisse der verschiedenen Staaten; der Aufschluß für die inneren, mit denen jene in der mannigfaltigsten Wirkung und Rückwirkung stehen, wird darin großenteils enthalten sein.

Die Zeit Ludwigs XIV


Gehen wir davon aus, daß man in dem sechzehnten Jahrhundert die Freiheit von Europa in dem Gegensatz und dem Gleichgewichte zwischen Spanien und Frankreich sah. Von dem einen überwältigt, fand man eine Zuflucht bei dem andern. Daß Frankreich eine Zeitlang durch innere Kriege geschwächt und zerrüttet war, erschien als ein allgemeines Unglück; wenn man dann Heinrich IV. so lebhaft begrüßte, so geschah dies nicht allein, weil er der Anarchie in Frankreich ein Ende machte, sondern hauptsächlich weil er eben dadurch der Wiederhersteller einer gesicherten europäischen Ordnung der Dinge wurde.

Es ereignete sich aber, daß Frankreich, indem es dem Nebenbuhler allenthalben, in den Niederlanden, in Italien, auf der Halbinsel, die gefährlichsten Schläge beibrachte und die Verbündeten desselben in Deutschland besiegte, hierdurch selber ein Übergewicht an sich riß, größer als jener es in dem Höhepunkte seiner Macht besessen hatte.

Man vergegenwärtige sich den Zustand von Europa, wie er um das Jahr 1680 war.

Frankreich, so sehr dazu geeignet, so lange schon gewohnt, Europa in Gärung zu erhalten, – unter einem Könige, der es vollkommen verstand, der Fürst dieses Landes zu sein, dem sein Adel, nach langer Widerspenstigkeit endlich unterworfen, mit gleichem Eifer am Hof und in der Armee diente, mit dem sich seine Geistlichkeit wider den Papst verbündet hatte, – einmütiger, mächtiger als jemals vorher.

Um das Machtverhältnis einigermaßen zu überblicken, braucht man sich nur zu erinnern, daß zu der nämlichen Zeit, als der Kaiser seine beiden ersten stehenden Regimenter, Infanterie und Kürassiere, errichtete, Ludwig XIV. im Frieden bereits 100 000 Mann in seinen Garnisonen und 14 000 Mann Garde hielt; daß, während die englische Kriegsmarine in den letzten Jahren Karls II. immer mehr verfiel (sie hatte im Jahre 1678 83 Schiffe gezählt), die französische im Jahre 1681 auf 96 Linienschiffe vom ersten und zweiten Range, 42 Fregatten, 36 Feluken und ebensoviele Brander gebracht ward. Die Truppen Ludwigs XIV. waren die geübtesten, krieggewohntesten, die man kannte, seine Schiffe sehr wohl gebaut, kein anderer Fürst besaß zum Angriff wie zur Verteidigung so wohlbefestigte Grenzen.

Nicht allein aber durch die militärische Macht, sondern noch mehr durch Politik und Bündnisse war es den Franzosen gelungen, die Spanier zu überwältigen. Die Verhältnisse, ln welche sie dadurch gelangt waren, bildeten sie zu einer Art von Oberherrschaft aus.

Betrachten wir zuerst den Norden und Osten. Im Jahre 1674 unternahm Schweden einen gefährlichen Krieg, ohne Vorbereitung, ohne Geld, ohne rechten Anlaß, nur auf das Wort von Frankreich und im Vertrauen auf dessen Subsidien. Die Erhebung Johann Sobieskis zur polnischen Krone ward in einem offiziellen Blatte als ein Triumph Ludwigs XIV. angekündigt; König und Königin waren lange im französischen Interesse. Von Polen aus unterstützte man, wenn es über Wien nicht mehr möglich war, die ungarischen Mißvergnügten; die Franzosen vermittelten die Verbindung derselben mit den Türken; denn auf den Diwan übten sie ihren alten, durch die gewöhnlichen Mittel erhaltenen Einfluß ohne Störung. Es war alles ein System. Eine vorzügliche Rücksicht der französischen Politik bestand darin, den Frieden zwischen Polen und Türken zu erhalten; dazu wurde selbst der Tatarkhan angegangen. Eine andere war, Schweden von den Russen nicht mit Krieg überziehen zu lassen. Kaum machten, sagt Contarini 1681, die Moskowiter Miene, Schweden anzugreifen, das mit Frankreich verbündet ist, so drohten die Türken, mit Heeresmacht in das Land des Zaren einzufallen. Genug, Krieg und Friede dieser entfernten Gegenden hingen von Frankreich ab.

Man weiß, wie unmittelbar, hauptsächlich durch Schweden, das nämliche System Deutschland berührte. Aber auch ohne dies war unser Vaterland entzweit und geschwächt. Bayern und Pfalz waren durch Heiratsverbindungen an den französischen Hof geknüpft, und fast alle übrigen Fürsten nahmen zu einer oder der anderen Zeit Subsidien; der Kurfürst von Köln überlieferte vermöge eines förmlichen Traktates, den er durch verschiedene Scheinverträge verheimlichte, seine Festung Neuß an eine französische Besatzung.

Auch in dem mittleren und dem südlichen Europa war es nicht viel anders. Die Schweizer dienten zuweilen, über 20 000 Mann stark, in den französischen Heeren, und von der Unabhängigkeit ihrer Tagsatzungen war bei so starkem öffentlichen, noch stärkerem geheimen Einfluß nicht mehr viel zu rühmen. Um sich Italien offen zu erhalten, hatte Richelieu Pinarolo genommen; noch wichtiger ist Casale, durch welches Mailand und Genua unmittelbar bedroht werden. Jedermann sah, welche Gefahr es wäre, wenn auch dieser Platz in französische Hände komme; jedoch wagte kein Mensch, sich der Unterhandlung, die Ludwig XIV. mit dem Herzoge von Mantua darüber pflog, obwohl sie lange genug dauerte, ernstlich zu widersetzen, und endlich rückte eine französische Besatzung daselbst ein. Wie der Herzog von Mantua waren auch die übrigen italienischen Fürsten großenteils in der Pflicht von Frankreich. Die Herzogin von Savoyen und, jenseit der Pyrenäen, die Königin von Portugal waren Französinnen. Der Kardinal d’Etrées hatte über die eine wie die andere eine so unzweifelhafte Gewalt, daß man gesagt hat, er beherrsche sie despotisch, durch sie die Länder.

Sollte man aber glauben, daß Frankreich indes selbst auf seine Gegner vom Hause Österreich, im Kampf mit denen es eben seine vorherrschende Gewalt erworben hatte, einen entschiedenen Einfluß erwarb? Es verstand, die spanische und die deutsche Linie zu trennen. Der junge König von Spanien vermählte sich mit einer französischen Prinzessin, und gar bald zeigte sich dann die Wirksamkeit des Botschafters von Frankreich auch in den inneren Angelegenheiten von Spanien. Der bedeutendste Mann, den dies Land damals hatte, der zweite Don Juan d’Austria, ward, soviel ich finde, durch die Franzosen in den Mißkredit gebracht, in welchem er starb. Aber auch zu Wien, selbst mitten im Kriege, wußten sie, wiewohl bloß insgeheim, Fuß zu fassen. Nur unter einer solchen Voraussetzung wenigstens glaubte man die Schwankungen des dortigen Kabinetts begreifen zu können. Die Anordnungen des Hofkriegsrates waren, wie Montecuculi klagte, früher zu Versailles bekannt als in dem eigenen Hauptquartier.

Bei diesem Zustande der Dinge hätte wohl vor allen europäischen Staaten England den Beruf gehabt, wie es auch eigentlich allein die Kraft dazu besaß, sich den Franzosen zu widersetzen. Aber man weiß, durch welche sonderbare Vereinigung der mannigfaltigsten Beweggründe der Politik und der Liebe, des Luxus und der Religion, des Interesses und der Intrige Karl II. an Ludwig XIV. gebunden war. Für den König von Frankreich waren diese Bande jedoch noch nicht fest genug. In dem nämlichen Augenblicke ließ er sich angelegen sein, auch die...

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