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Geschichte des Altertums, Band 5

Vollständige Ausgabe

AutorEduard Meyer
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl614 Seiten
ISBN9783849625207
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Dies ist Band 5 von 5, 'Das Perserreich und die Griechen.' Meyer war einer der letzten Historiker, der allein versuchte, eine Universalgeschichte des Altertums zu schreiben. Er versucht die historische Entwicklung in Vorderasien, Ägypten und Griechenland bis um 366 v. Chr. in einen Gesamtrahmen zu stellen und befreit damit die griechische Geschichte von der bislang üblichen isolierten Betrachtung. 'Die Geschichte des Altertums' gilt bis heute als eines der bedeutendsten Werke der Altertumswissenschaft, wenngleich das Werk freilich durch den modernen Forschungsstand in Teilen überholt ist. Meyer war ein Vertreter der Zyklentheorie, die er aufgrund von Analogien in den äußeren Formen über den Fortschritt der Menschheit setzte (weshalb er auch 1925 in einem Buch entsprechenden Titels Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes guthieß). Über die Atlantis-Geschichte von Platon urteilte er: Atlantis sei eine reine Fiktion ohne zugrunde liegende geschichtliche oder naturwissenschaftliche Kenntnisse. (aus wikipedia.de)

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Leseprobe

 

Die spartanische Herrschaft über Hellas bietet ein eigenartiges Bild. Das numerische Mißverhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten war noch größer als im Perserreich, und die Aufgabe weit schwieriger; aber unangefochten besteht zu Lande wie zur See die Herrschaft einer verschwindenden Minderzahl über ein weit ausgedehntes, vielfach zersplittertes Gebiet, das kein höheres Ideal kannte als die Autonomie jeder einzelnen Gemeinde. Die Zwangsmaßregeln Lysanders erwiesen sich in der Tat zunächst als überflüssig; die Furcht vor dem spartanischen Kriegsheer, die Isolierung der Gegner, die Machtmittel, über die der Staat verfügte und über die er frei verfügen konnte, mochten die Gemeinden, die sie ihm stellten, noch so widerwillig sein, genügten, jedem Befehl der Regierung Gehorsam zu verschaffen. Die strenge Disziplin, die energische Durchführung der Autorität des Befehlshabers, die den Staat daheim zusammenhielt, hielt jetzt die ganze hellenische Welt in Fesseln. So stark überall die Mißstimmung war, nirgends wagte die Opposition sich zu regen. "Wo in einer Stadt auch nur ein Lakedämonier erschien, konnte er durchsetzen, was er wollte" (Xen. Anab. VI 6, 12; Hellen. III 1, 5; vgl. Isokr. 6, 52). Eine zuchtlose Schar von 8000 griechischen Söldnern unterwarf sich im J. 400 an der Küste Bithyniens blindlings dem herrischen Begehren eines spartanischen Harmosten, weil sie wußte, daß sie bei einem Konflikte mit der spartanischen Regierung verloren war. Nicht durch den Widerstand der Griechen ist die spartanische Macht erschüttert worden, sondern durch den Konflikt mit dem persischen Alliierten, dem sie den Sieg verdankte. Hier ist denn auch Sparta gleich nach Lysanders Sturz einen Schritt zurückgewichen. Die Stellung der Griechenstädte auf dem kleinasiatischen Festlande war noch völlig ungeregelt; in vielen schalteten bisher die Harmosten und die Dekarchien. Lysander hatte im Einverständnis mit Kyros überall ein aristokratisches Regiment, mit den berüchtigten Dekarchien an der Spitze, eingerichtet und dann die ionischen und äolischen Städte des Festlands (die Inseln behielt Sparta) dem Kyros übergeben, während sie nach der Reichsorganisation zur karischen Satrapie des Tissaphernes gehörten88. Nur Milet, die südlichste der Städte, gelang es Tissaphernes zu behaupten89; er führte die verjagten Demokraten, denen er schon Schutz gewährt hatte, in die Stadt zurück und tötete und verbannte die bisherigen Machthaber. Diese, d.h. die spartanisch gesinnten Oligarchen, wandten sich an Kyros. Dem Prinzen war der Konflikt sehr willkommen; er warb griechische Söldner und begann die Belagerung zu Lande und zur See90, mit der Absicht, die Truppen alsbald für ein anderes Unternehmen zu verwerten91. – Auf Pharnabazos brauchte Sparta so viel Rücksicht nicht zu nehmen; im hellespontischen Gebiet kommandierte ein spartanischer Nauarch und lagen Harmosten und Garnisonen auch in den Küstenstädten am asiatischen Ufer, ohne daß der Satrap Einspruch erhob. In der troischen Landschaft freilich hat Mania, die Witwe des Zenis von Dardanos, die diesem in der Statthalterschaft über das Binnenland gefolgt war, ein paar Küstenorte (Larisa, Hamaxitos, Kolonä) mit griechischen Söldnern erobert, ohne daß Sparta dagegen einschritt92.

 

In Sparta selbst hat der Gegensatz der herrschenden Vollbürger zu allen anderen Schichten der Bevölkerung eine weit angelegte Verschwörung erzeugt, die leicht den Bestand des Staats hätte umstürzen können. An ihre Spitze trat Kinadon, ein Spartiate minderen Rechts, dessen sich die Ephoren zu Schergendiensten bei Verhaftungen zu bedienen pflegten. Er organisierte einen großen Geheimbund; und in der Tat schien es ja aussichtsvoll genug, an einem Tage die wenigen Bürger in der Stadt und auf dem Lande zu überfallen und umzubringen und dann den Staat auf neuer Grundlage aufzubauen; die gesamte Bevölkerung des Landes mußte den Verschworenen zuströmen. Aber wie so oft bei ähnlichen Versuchen, zögerte Kinadon mit dem Losschlagen, um immer mehr Anhänger zu werben; so wurde er schließlich verraten und mit den Haupträdelsführern verhaftet und hingerichtet (398 v. Chr.)93. – Inzwischen hatte Sparta mit Elis abgerechnet. Unter Zustimmung der Volksversammlung stellten die Ephoren im J. 401 an Elis die Forderung, die untertänigen triphylischen und pisatischen Orte freizugeben. Als die Elier sich weigerten, rückte König Agis von Achaia aus in das Land ein. Diesmal veranlaßte ihn ein Erdbeben umzukehren; aber im nächsten Jahre, 400 v. Chr., durchzog er mit dem Aufgebot aller Bundesgenossen, außer Korinth und den Böotern, das ganze Land von Süden nach Norden. Die Triphylier und Pisaten traten sämtlich zu ihm über, die Arkader94 besetzten das gebirgige Hinterland. (die Akroreia mit dem Ort Lasion) am oberen Peneos, das von den Eliern selbst bewohnte Gebiet wurde von Grund aus verwüstet und große Beute fortgeschleppt. Die Elier hatten sich in die im J. 470 erbaute Hauptstadt geflüchtet und Hilfstruppen aus dem befreundeten Ätolien an sich gezogen. Agis verheerte die Vorstädte; die Stadt selbst anzugreifen unterließ er, obwohl sie nicht befestigt war, offenbar weniger weil er sich vor dem Kampf fürchtete, als weil er sie möglichst verschonen wollte95. Er hoffte auf eine Revolution zugunsten Spartas; und in der Tat machten die Oligarchen, geführt von dem reichen Xenias, den Versuch, durch nächtlichen Überfall der Häupter der Gegenpartei sich der Herrschaft zu bemächtigen. Indessen das Haupt der Demokraten, Thrasydäos (o. S. 37), entkam dem Gemetzel, der Demos raffte sich auf und schlug die Verschworenen zur Stadt hinaus. Aber auch sie sahen ein, daß ein weiterer Widerstand unmöglich war; im nächsten Frühjahr, 399, unterwarf sich Elis den von Sparta diktierten Bedingungen. Es trat das bergige Hinterland an Arkadien ab und gab die Untertanenorte bis über den Alpheos hinaus frei. Nur im Besitz Olympias wurden die Elier belassen, da es unmöglich schien, die Leitung des Nationalfestes den kleinen Dorfgemeinden zu übertragen. Eine Verfassungsänderung wurde auch von Elis nicht verlangt; die Demokratie behauptete sich in der Herrschaft96. – Der Feldzug gegen Elis war das letzte Unternehmen, das König Agis geleitet hat; noch im Sommer desselben Jahres ist er gestorben (o. S. 44)97.

 

Nach der Züchtigung von Elis wurden die Messenier gezwungen, die Ansiedlungen in Naupaktos und auf Kephallenia (Bd. IV 2, 184) zu räumen; sie fanden zum Teil bei Dionys auf Sizilien Aufnahme (u. S. 111); eine andere Abteilung suchte sich in Kyrenaika (vgl. Bd. IV 1, 603) eine neue Heimat, wurde aber in den dortigen Wirren größtenteils aufgerieben98. Naupaktos wurde den Lokrern zurückgegeben. Daran schloß sich vermutlich eine weitere Festigung der Stellung Spartas im Norden. Athen war durchaus botmäßig; die Bürgerschaft leistete die vertragsmäßige Heeresfolge und zahlte die von den Dreißig und den Zehnmännern bei Sparta aufgenommenen Anleihen pünktlich zurück99, obwohl nach dem Versöhnungsvertrage nicht der Staat, sondern nur die städtische Partei dazu verpflichtet war. So duldete Sparta, daß im J. 401 die Athener gegen Eleusis vorrückten, auf die Kunde, daß man hier Truppen anwerbe, die Feldherrn bei einer Unterhandlung überfielen und töteten, den übrigen Bewohnern des aristokratischen Gemeinwesens den Einschluß in die Amnestie zusicherten und so die beiden Teile, in die der attische Staat auseinandergefallen war, wieder vereinigten100. Schon vorher, gleich nach der Wiederherstellung der Demokratie, hat Athen die Verbindung mit den samischen Flüchtlingen auf dem Festland (Bd. IV 2, 366) erneuert und den Beschluß vom J. 405, wonach Samos und Athen einen einzigen Staat bilden sollten (Bd. IV 2, 360), bekräftigt101. Das war jetzt eine Gefühlsdemonstration, die für die Politik nicht mehr bedeutete, als die Aufnahme der Reste der Platäer – die jetzt auch aus Skione hatten weichen müssen – in den attischen Bürgerverband, die Sanktionierung der von den Dreißig aufgehobenen Privilegien der athenischen Parteigänger in den ehemaligen Bundesstädten, z.B. in Thasos, oder die Ehrung der Böoter, welche die Demokratie unterstützt hatten. Weit bedenklicher war die Haltung, die Korinth und der Böotische Bund unter Theben eingenommen hatten, namentlich die zweimalige Verweigerung der Heeresfolge (o. S. 38). Aber auch hier ist Sparta nicht eingeschritten, ja es hat zugelassen, daß Theben im J. 401 die seit 411 selbständige Stadt Oropos (Bd. IV 2, 279), die von innerem Hader zerrissen war, im Namen der einen Partei besetzte und mit dem Böotischen Bunde verband102. Damit hatte es auch das letzte Stück böotischer Erde gewonnen; denn die Graer, die in Oropos saßen, betrachteten die Böoter als zu sich gehörig. Dagegen besetzte Sparta Heraklea Trachinia (Bd. IV 2, 323) aufs neue und stellte seine Autorität über die Nachbarstämme, die Malier, Ötäer, Änianen, Phthioten her, wie sie im J. 413 Agis geübt hatte; selbst die epirotischen Athamanen im Pindos erkannten Spartas Oberhoheit an. Als in Heraklea neue Unruhen ausbrachen, hat der Harmost Herippidas die alten malischen Einwohner erschlagen oder verjagt und die Stadt ganz in die Hände der lakonischen und peloponnesischen Ansiedler gegeben (399 v. Chr.)103.

 

Durch die Suprematie über Phthiotis und die Gebiete am...

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