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Es ist Ostersonntag 1994, und ich sitze hier mit Stift und Notizblock, so wie mir aufgetragen wurde. Ich warte auf Gott. Er hat versprochen, aufzutauchen, wie schon die letzten beiden Osterfeste, um ein weiteres Gespräch zu beginnen. Ein drittes und letztes – vorerst.
Dieser Prozeß – diese außergewöhnliche Unterhaltung – begann 1992 und wird Ostern 1995 beendet werden. Drei Jahre, drei Bücher. Das erste Buch befaßte sich vor allem mit persönlichen Dingen – romantische Liebesbeziehungen, die richtige Arbeit finden, der Umgang mit den machtvollen Energien von Geld, Liebe, Sex und Gott – und deren Integration in unser Alltagsleben. Das zweite erweiterte diese Themen und ging zu größeren geopolitischen Betrachtungen über – das Wesen von Regierungen, das Schaffen einer Welt ohne Krieg, die Grundlage einer geeinten internationalen Gesellschaft. Dieser dritte und letzte Teil der Trilogie wird sich, so wurde mir gesagt, auf die großen Fragen der Menschheit konzentrieren. Es wird sich mit Vorstellungen aus anderen Bereichen, anderen Dimensionen befassen und es wird untersuchen, wie dieses ganze komplexe Gewebe zusammengefügt ist.
So lautet die Reihenfolge:
1. Individuelle Wahrheiten
2. Globale Wahrheiten
3. Universelle Wahrheiten
Und wie schon bei den ersten beiden Manuskripten habe ich keine Ahnung, worauf es hinausläuft. Die Prozedur ist einfach. Ich nehme Notizblock und Stift zur Hand, stelle eine Frage – und warte ab, welche Gedanken mir kommen. Kommt nichts, werden mir keine Worte eingegeben, räume ich alles weg bis zum nächstenmal. Beim ersten Buch dauerte der ganze Prozeß ein Jahr, beim zweiten Buch etwas länger – ich muß es noch abschließen, auch wenn ich jetzt schon mit dem dritten Band beginne. Ich glaube, daß dies hier das wichtigste Buch von allen wird.
Seit ich mit ihm angefangen habe, fühle ich mich sehr befangen. Zwei Monate sind seit diesen ersten vier oder fünf Absätzen vergangen. Zwei Monate seit Ostern und nichts wurde mir eingegeben.
Ich habe Wochen mit der Durchsicht und Korrektur der Fahnen des ersten Bandes verbracht – und in dieser Woche die endgültig korrigierte Fassung erhalten, nur um sie mit dreiundvierzig entdeckten Fehlern wieder zurückschicken zu müssen. Die Niederschrift des zweiten Bandes habe ich letzte Woche beendet – zwei Monate später als vorgesehen. Dieser dritte Teil hier, der trotz der Tatsache, daß der zweite noch nicht beendet war, am Ostersonntag begonnen wurde, hat seither in seinem Ordner herumgelegen und schreit jetzt nach Aufmerksamkeit.
Doch zum erstenmal seit 1992, als alles anfing, scheine ich diesem Prozeß Widerstand entgegenzusetzen, ja ihn fast abzulehnen. Ich habe das Gefühl, durch die eingegangene Verpflichtung unter Zugzwang zu stehen, und ich mochte noch nie etwas tun, was ich tun muß. Dazu kommt, daß ich jetzt, nachdem ich ein paar Leuten die unkorrigierte Fassung des ersten Manuskripts zu lesen gegeben und ihre Reaktionen vernommen habe, davon überzeugt bin, daß alle drei Bände von vielen Menschen gelesen, gründlich überprüft, hinsichtlich ihrer theologischen Relevanz analysiert und leidenschaftliche Diskussionen auslösen werden.
Das hat es mir sehr schwergemacht, bis zu dieser Seite zu kommen und diesen Stift als meinen Freund zu betrachten. Denn während ich weiß, daß ich es schaffen muß, die Worte zu empfangen, ist mir auch klar, daß ich mich verleumderischen Angriffen, dem Spott und vielleicht auch dem Haß vieler Menschen aussetze, weil ich es wage, diese Informationen zu veröffentlichen. Ganz zu schweigen davon, daß ich auch noch verkünde, sie direkt von Gott zu bekommen.
Doch ich glaube, meine größte Angst ist die, daß ich mich in Anbetracht der scheinbar unendlich vielen Fehler, die mein Leben und mein Verhalten prägten, als ungeeignetes Sprachrohr Gottes erweise.
Alle, die mich aus meiner Vergangenheit kennen – meine früheren Ehefrauen und meine Kinder eingeschlossen –, hätten jedes Recht vorzutreten und mit Blick auf mein erbärmliches Benehmen als menschliches Wesen an diesen Texten Kritik zu üben. Ich habe nicht nur als Ehemann und Vater elend versagt, sondern auch in anderen Bereichen meines Lebens, die mit Freundschaft und Integrität, Arbeitseifer und Verantwortungsbewußtsein zu tun haben.
Ich bin mir zutiefst bewußt, daß ich es nicht wert bin, als ein Mann Gottes oder ein Bote der Wahrheit aufzutreten. Ich sollte der letzte Mensch sein, der eine solche Rolle übernimmt oder sie auch nur in Betracht zieht. Ich tue der Wahrheit Unrecht, wenn ich mir anmaße, sie zu verkünden, wo doch mein ganzes Leben nur von meinen Schwächen zeugt.
Aus diesen Gründen bitte ich dich, Gott, mich von meinen Pflichten als dein Schreiber zu entbinden und jemanden zu finden, der sich einer solchen Ehre als würdig erweist.
ICH WÜRDE GERNE beenden, was wir angefangen haben – obwohl du nicht dazu verpflichtet bist. Du hast überhaupt keine Pflichten, weder mir noch irgendeinem anderen gegenüber, doch ich sehe, daß du Schuldgefühle hast, weil du dich verpflichtet fühlst.
Ich habe Menschen, darunter auch meine eigenen Kinder, im Stich gelassen.
ALLES, WAS IN deinem Leben passiert ist, geschah in einer für dich – und auch für alle daran beteiligten Seelen – perfekten Ordnung, damit du genauso wachsen konntest, wie du es brauchtest und wolltest.
Diese perfekte Ausrede basteln sich alle New-Age-Anhänger zurecht, die sich der Verantwortung für ihr Handeln entziehen und unangenehmen Folgen ausweichen wollen.
Ich habe das Gefühl, den Großteil meines Lebens egoistisch gewesen zu sein – unglaublich egoistisch – und nur getan zu haben, was mir gefiel, ohne Rücksicht darauf, wie sich das auf andere auswirkt.
ES IST NICHTS falsch daran, wenn du tust, was dir gefällt…
Aber es sind so viele Menschen verletzt, im Stich gelassen worden …
ES FRAGT SICH nur, was dir am besten gefällt. Du sagst doch, dir gefällt jetzt ein Verhalten am besten, das anderen möglichst wenig oder gar keinen Schaden zufügt.
Das ist milde ausgedrückt.
ABSICHTLICH. DU MUSST lernen, sanft mit dir umzugehen.
Und aufhören, dich selbst zu richten.
Das ist schwer – vor allem, wenn andere mich so bereitwillig verurteilen. Ich habe das Gefühl, daß ich dir und der Wahrheit Schande machen werde; daß ich, wenn ich auf der Vollendung und Veröffentlichung dieser Trilogie bestehe, ein so armseliger Übermittler deiner Botschaft sein werde, daß sie diskreditiert wird.
DU KANNST DIE Wahrheit nicht diskreditieren. Wahrheit ist Wahrheit, und sie kann weder bewiesen noch widerlegt werden. Sie existiert einfach.
Das Wunder und die Schönheit meiner Botschaft kann und wird nicht von dem, was die Leute von dir denken, beeinträchtigt werden.
Tatsächlich bist du einer der besten Botschafter, gerade weil du ein Leben gelebt hast, das nicht unbedingt vollkommen war. Die Menschen können sich mit dir identifizieren – auch wenn sie ein Urteil über dich fällen. Und wenn sie sehen, daß du wirklich aufrichtig bist, werden sie dir auch deine Vergangenheit verzeihen können.
Doch ich sage dir: Solange du dir darüber Sorgen machst, was andere von dir denken, gehörst du ihnen.
Nur wenn du keine Zustimmung von außen brauchst, kannst du dir selbst gehören.
Mir lag mehr an der Botschaft als an mir. Ich hatte Sorge, daß sie besudelt werden könnte.
WENN DIR AN der Botschaft liegt, dann übermittle sie. Mach dir keine Sorgen, daß sie besudelt werden könnte. Sie spricht für sich selbst.
Denk daran, was ich dich gelehrt habe: Es ist bei weitem wichtiger, wie gut eine Botschaft gesendet wird, als wie gut sie aufgenommen wird.
Und vergiß nicht: Du lehrst das, was du lernen mußt.
Du mußt nicht vollkommen sein, um von Vollkommenheit sprechen zu können.
Du mußt kein Meister sein, um von Meisterschaft sprechen zu können.
Du mußt nicht die höchste Evolutionsebene erreicht haben, um von der höchsten Evolutionsebene sprechen zu können.
Bemühe dich nur um Authentizität. Sei bestrebt, ehrlich zu sein. Wenn du all den »Schaden«, den du deiner Vorstellung nach angerichtet hast, wiedergutmachen möchtest, dann demonstriere das durch dein Handeln. Tu, was du tun kannst. Und laß es dann auf sich beruhen.
Das ist leichter gesagt als getan. Manchmal fühle ich mich so schuldig.
SCHULDGEFÜHLE UND ANGST sind die Feinde des Menschen.
Schuldgefühle sind wichtig. Sie sagen uns, wann wir ein Unrecht begangen, etwas falsch gemacht haben.
ES GIBT NICHTS »Falsches«. Es gibt nur das, was dir nicht dienlich ist; was nicht dem entspricht, der du bist und wofür du dich entschieden hast.
Schuldgefühle lassen dich in dem steckenbleiben, was du nicht bist.
Aber Schuldgefühle machen uns zumindest darauf aufmerksam, daß wir einen Fehler gemacht haben.
DU SPRICHST VON Bewußtsein, nicht von Schuldgefühlen. Ich sage dir: Schuldgefühle liegen wie ein Giftschleier auf dem Land – sie sind das Gift, das die Pflanze tötet. Schuldgefühle lassen dich nicht wachsen, sondern schrumpfen und sterben.
Du strebst nach Gewahrsein, nach Bewußtsein. Doch das ist nicht Schuldgefühl, und Liebe ist nicht Angst.
Angst...