2 Baustoffe zur Herstellung gestalteter Zementestriche
Da nach der Europäischen Estrichnorm (DIN EN 13813) keine detaillierten Anforderungen an die Ausgangsstoffe von Estrich gestellt werden, sind auch alle dafür geeigneten Materialien bei der Herstellung von Estrich einsetzbar. Die Eignung der Ausgangsstoffe muss durch eine Erstprüfung untersucht werden, in der die entsprechenden Eigenschaften der Estrichmörtel und Estrichmassen nachgewiesen werden müssen, vgl. Abschnitt 1.1.3 Prüfungen. Bei werksgemischten Estrichen (Werktrocken- bzw. -frischmörtel) ist eine Werkseigene Produktionskontrolle während der Herstellung durchzuführen und zu dokumentieren.
2.1 Ausgangsstoffe
Zur Herstellung von weißen, grauen oder farbigen Zementestrichen werden Zemente, Gesteinskörnungen, Zusatzmittel, Zusatzstoffe und Wasser verwendet.
Eine unbearbeitete Estrichoberfläche zeigt lediglich den Zementstein. Sie wird farblich geprägt durch die Farben des Zements und der Mehlkornanteile des Sands. Durch den Einsatz von Pigmenten als Zusatzstoff kann die Estrichoberfläche farbig gestaltet werden. Insbesondere in Kombination mit Weißzement führt dies zu kräftigen Farben. Typisch für solche gestalteten Estriche ist das wolkige Erscheinungsbild. Je heller die Grundfarbe des Estrichs ist, desto weniger treten diese Wolken in Erscheinung.
Werden farbige Gesteinskörnungen (Marmor, Kalkstein, Granit usw.) verwendet, so können diese ihre farbliche Wirkung nur dann entfalten, wenn die mit ihnen hergestellten Böden geschliffen oder feingeschliffen (keine sichtbaren Poren und Schleifrillen) werden. Dies hat den Vorteil, dass solche Böden einen geringeren Verschleiß aufweisen, da durch das Schleifen der weichere Zementstein entfernt wird , das härtere Gesteinskorn an die Oberfläche gelangt und so der Abrieb nicht mehr nur den Zementstein betrifft. Weiterhin wird durch die Bearbeitung auch die Neigung zu einer Netzrissbildung an der Oberfläche deutlich reduziert. Unterschiedliche Verteilungen der Gesteinskörnungen im Estrich lassen sich durch die Einbautechnik nicht vollkommen vermeiden. Wünscht der Bauherr eine gleichmäßige Kornverteilung bei geschliffenen bzw. feingeschliffenen Oberflächen, so sollte man einen Terrazzoboden vorziehen.
2.1.1 Zement
Für die Herstellung von Zementestrichen [16] werden als Bindemittel Zemente nach DIN EN 197, DIN 1164 oder bauaufsichtlich zugelassene Zemente verwendet. Üblicherweise werden Zemente der Festigkeitsklassen CEM 32,5 R oder CEM 42,5 eingesetzt. Zemente der Festigkeitsklasse CEM 42,5 N oder CEM 42,5 R erzielen höhere Festigkeiten, können aber auch die Dauer der Verarbeitungszeit reduzieren. Insbesondere in der kalten Jahreszeit kann ihr Einsatz allerdings von Vorteil sein.
Tafel 2.1: In Deutschland für die Herstellung von Zementestrichmörteln bevorzugte Zementarten und deren Zusammensetzung [7]
Zemente mit langsamer Festigkeitsentwicklung erfordern in Abhängigkeit von den Umgebungstemperaturen längere Nachbehandlungszeiten.
Neben den Portlandzementen werden heute auch zunehmend Zemente mit anderen Hauptbestandteilen wie Hüttensand, Kalkstein, Puzzolan (z. B. Trass), Flugasche und/ oder Ölschiefer verwendet, vgl. Tafel 2.1.
Normkonforme Zemente einer Art und Festigkeitsklasse können, insbesondere bei CEM II- oder CEM III-Zementen, aufgrund der verwendeten Rohstoffe und Herstellungsverfahren je nach Herstellerwerk Unterschiede in der Zusammensetzung aufweisen. Dies macht sich beim Wasseranspruch, Wasserrückhaltevermögen und Austrocknungsverhalten sowie bei der Farbe bemerkbar. Deshalb sollte man für einen Auftrag nur Zemente einer Art und Festigkeitsklasse aus einem Herstellwerk verwenden.
Es sollten nur Zemente mit Benennung der Zementhauptbestandteile oder mit den notwendigen Konformitätsbescheinigungen bzw. Übereinstimmungszeichen eingesetzt werden.
Übliche Zemente sind bekanntlich grau (Bild 2.1): Portlandzemente (CEM I) mittelgrau, Hochofenzemente (CEM III) hellgrau und Portlandzemente mit hohem Sulfatwiderstand (CEM I-SR, früher CEM I-HS) – aufgrund des sehr dunkel gebrannten Klinkers – dunkelgrau bis nahezu schwarz. Den größten gestalterischen Spielraum eröffnet Weißzement (Bild 2.2). Bei Weißzement handelt es sich um einen Portlandzement nach DIN EN 197, der aufgrund seiner Ausgangsstoffe und eines speziellen Brennverfahrens nahezu frei von Eisen ist. Ausgewählte Roh- und Brennstoffe führen zu einer sehr konstanten Weißfärbung des Zements. Weißzement ist auch als chromatarmer Zement eingestuft und es müssen keine Chromatreduzierer zugegeben werden.
Weißzement kann sowohl die Basis für sehr hellen Estrich als auch in Verbindung mit Pigmenten und/oder farbigen Gesteinskörnungen für farbige Estriche sein. Der helle Zementstein ist einerseits eine ideale Matrix, in der farbige Gesteinskörnungen gut zur Geltung kommen, anderseits ist er bei Einfärbungen so farbneutral, dass die Farbpigmente zu klaren, kräftigen Zementsteinfarben ohne Grauschleier führen. Selbst schwarz einzufärbende Estriche werden mit Weißzement intensiv dunkler und brillanter als mit einem Grauzement.
Die Industrie bietet auch Estrichschnellzemente an, die z. B. bei besonderen Anforderungen an die Verlegereife eingesetzt werden können. Weiterhin werden heute für die Herstellung von schnell erhärtenden und schwindarmen Estrichen auch Calciumsulfoaluminat-Zemente (CSA) eingesetzt.
Der Zementgehalt bei Estrichmörtel sollte bei steifer bis plastischer Konsistenz (vgl. Bilder 5.14 und 5.15) 450 kg/m3 (bei Estrichen auf Dämmschichten 400 kg/m3) nicht überschreiten.
2.1.2 Gesteinskörnung
Es sollten möglichst Gesteinskörnungen entsprechend DIN EN 12620 „Gesteinskörnungen für Beton“ eingesetzt werden oder bei farbigen Gesteinskörnungen nur solche, mit denen entsprechende Praxiserfahrungen vorliegen. Insbesondere im Bereich der Terrazzoböden gibt es jahrzehntelange Erfahrungen mit Gesteinskörnungen aus Marmor und Kalkstein bestimmter Regionen.
Entscheidend für die Eignung von Gesteinskörnungen für Estrichmörtel sind ihre Art, Kornform und Korngrößenverteilung.
Beim Einsatz von saugenden Gesteinskörnungen ist die Wasseraufnahme zu berücksichtigen. Eventuell muss die Gesteinskörnung vorgenässt werden oder es bedarf eines Wechsels auf unproblematischeres (weniger saugendes, dichteres) Material.
Es sollte eine möglichst kubische Kornform verwendet werden und der Gehalt an abschlämmbaren Bestandteilen (< 0,063 mm) maximal 3 M.-% betragen. Das Größtkorn ist in Abhängigkeit von der Estrichdicke möglichst groß zu wählen, jedoch maximal 1/3 der Estrichdicke. Grundsätzlich sollte bei einer Estrichdicke bis zu 40 mm ein Größtkorn von 8 mm und bei einer Estrichdicke von über 40 mm ein Größtkorn von 16 mm verwendet werden. Leider wird diese aus betontechnologischer Sicht wünschenswerte Vorgabe in der Praxis nicht immer eingehalten, übliche Estrichdicken im Wohn- und Geschäftsbereich (i. d. R. > 40 mm) werden auch mit einem Größtkorn von nur 8 mm hergestellt.
Die Kornzusammensetzung sollte so gewählt werden, dass die Sieblinie in der oberen Hälfte des Bereiches A / B der „Regelsieblinien“ liegt, vgl. Bild 2.3.
Bei der Verwendung von Sanden (Bild 2.4) ohne ausreichenden Mehlkorn- und Feinstsandanteil bis 0,25 mm („scharfe“ Sande) kann der Estrichmörtel „bluten“. Sind die Sande allerdings mit einem sehr hohen Feinstanteil belastet, der sehr leicht aufschwimmt (z. B. Grubensande), so kann dies bei zu hohen Wassergehalten zum Absanden der Estrichoberfläche führen.
Bild 2.3: Sieblinien mit einem Größtkorn von 8 mm und 16 mm nach DIN EN 206-1/DIN 1045-2 [7]
Bild 2.4: Verschiedenfarbige Sande
Bei gestalteten Zementestrichen gelten erhöhte Anforderungen an die Gesteinskörnung:
- Die Körnung muss für den gesamten Auftrag im Werk oder auf der Baustelle bevorratet werden.
- Es dürfen keine ungewaschenen Brechsande verwendet werden.
- Die Farbe des Mehlkorns und der Feinstanteile innerhalb der Sandfraktion beeinflusst neben der Zementfarbe auch maßgeblich die Estrichfarbe und muss somit überwacht werden.
- Die Gesteinskörnung muss frei von verfärbenden und reaktiven oder nicht witterungsbeständigen Bestandteilen, wie z. B. Pyrit oder Kohle sein.
- Vorsicht bei der Verwendung von farbigem Glas als Gesteinskörnung. Diese muss alkalibeständig sein. Ansonsten kommt es durch Reaktion im alkalischen Milieu zu einer Volumenvergrößerung und somit zu...