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E-Book

Gestaltung und Förderung von Vertrauensbeziehungen in Unternehmen. Ein Trainingskonzept

AutorAlexander Weishahn
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783961460496
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Im Zustand des permanenten Wandels der modernen Arbeitswelt stehen Organisationen immer mehr vor der Herausforderung, sich in kürzester Zeit an rapid wechselnde Markt- und Umweltbedingungen anpassen zu müssen. Hierbei ist Vertrauen ein oft unterschätzter, aber mächtiger Faktor zur langfristigen Existenzsicherung, der Beziehungsgestaltung und Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Dieses Buch dient der Verinnerlichung und Umsetzung vertrauensvollen Handelns am Arbeitsplatz. Neben Effekten auf die Sicherung der Handlungs- und Überlebensfähigkeit von Organisationen wird im zweitägigen Trainingsprogramm 'Trust in Business' ein werthaltendes und verlässliches Miteinander unter Teams und Kollegen begünstigt und eine ganzheitliche personelle und organisatorische Entwicklung vorangetrieben. Neben einem umfassenden Grundlagenteil zu den Konzepten Vertrauen, Bindung, Kooperation und Unternehmenskultur, erhalten die Leser u.a. ein detailliertes Drehbuch mit zahlreichen Übungen und Methoden, ausformulierte Lehrgespräche, Vorbereitungslisten sowie Material zur Bedarfserhebung, Evaluation und Transfersicherung.

Alexander Weishahn studierte Wirtschaftspsychologie mit den Schwerpunkten Personal und Organisation an der Hochschule Harz in Wernigerode sowie an der ISB Dublin in Irland. Neben einer umfassenden Hochschulausbildung als Trainer und Coach, sammelte er wesentliche Praxiserfahrungen in der Personalauswahl und -entwicklung in einem Hamburger Großunternehmen. Nach seinem Bachelorabschluss erfolgte die Aufnahme des vertiefenden Masterstudiums im Fach Psychologie an der Universität Erfurt. Seinen besonderen Fokus legt er dabei auf die Potenzialentwicklung von Erwachsenen.

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Leseprobe
Kapitel 2.3 Kooperation: Nerdinger (2014) beschreibt Organisationen als soziale, gegenüber der Umwelt offene, zielgerichtet handelnde und zeitlich relativ stabile Systeme, die sich aus Individuen und Gruppen zusammensetzen. Die Beschäftigten einer Organisation arbeiten im Sinne der Leistungserbringung in gemeinsamen Kooperationen. Die Kooperationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie vor allem in krisenhaften Situationen funktionsfähig sind, was eine 'Koordiniertheit in Form von Organigrammen, Stellenbeschreibungen oder definierten Prozessabläufen' (Vollmer, Clases, & Wehner, 2006, S. 175) allein nicht ermöglichen kann. Um die Leistungserbringung 'effizient zu organisieren, wird auf kulturelle Vorleistungen zurückgegriffen: soziale Ressourcen, die weder die Organisation noch der Markt erbringen, sondern voraussetzen' (Priddat, 2010, S. 77). Vertrauen ist eine solche soziale Ressource und gilt oft unhinterfragt als bestehende Grundsätzlichkeit. Vom unsichtbaren Vertrag ist die Rede (Sommerlatte & Fallou, 2012, S. 6ff.), einer mentalen Absicherung. Gerade Unsicherheit führt beim Vertrauenden zur Befolgung einfacher Regeln, der sozialen Norm; spezifischer, der Unternehmenskultur. 'Immer dann, wenn wir uns vertrauen, bestätigen wir die kulturelle Geltung im je konkreten Fall [...]. Jede Inanspruchnahme von Vertrauen [...] reproduziert die kulturelle Voraussetzung innerhalb des [Unternehmens]' (Priddat, 2010, S. 81). Die Beschäftigten stehen demnach vor der Herausforderung, skeptisch abzuwägen, ob die jeweilige Kultur vertrauenswürdig ist. Nach kritischer Entscheidungsbemessung, dass kulturelle Geltung erwartet werden kann, ist die Basis für das Vertrauen selbst geschaffen. Dilemma der Gefangenen: Die evolutionsbiologische Forschung gibt mit ihren Untersuchungen zum sogenannten Gefangenendilemma einen guten Einblick darüber, wann vertrauensvolles Handeln in Form von Kooperation anzuempfehlen ist (nach Münscher & Hormuth, 2013, S. 27ff.). Dabei sitzen zwei Angeklagte in räumlich getrennten Verhörsälen. Ihnen werden folgende Angebote unterbreitet: Die volle Gefängnisstrafe für das begangene Verbrechen liegt bei jeweils sechs Jahren. Bei einem Geständnis reduziert sich die Strafe aufgrund der Zusammenarbeit mit den Behörden auf jeweils vier Jahre. Ohne Geständnis reichen die Indizien für eine Verurteilung von jeweils zwei Jahren aus. Wenn der Komplize im Nebenraum nicht gesteht, der gerade Verhörte aber ein Geständnis ablegt, kommt dieser als Kronzeuge direkt frei und dem Komplizen wird die Höchststrafe von sechs Jahren verhängt. Die Gefangenen stehen nun vor einem Dilemma, hier in einer Übersicht dargestellt: Beide schweigen und werden aufgrund der bestehenden Indizien für zwei Jahre verhaftet (2+2; vier Jahre). Beide verraten sich gegenseitig, werden verurteilt, aber erhalten wegen der Zusammenarbeit mit den Behörden jeweils eine Strafe von vier Jahren (4+4; acht Jahre). Einer schweigt, der andere redet; der 'Verräter' kommt gemäß der Kronzeugenreglung frei, der Schweigende geht sechs Jahre in Haft (0+6; sechs Jahre). Die günstigste Variante für beide wäre, im Vertrauen auf den jeweils anderen zu schweigen (Kooperation). Dies ergibt eine Strafe in Summe von vier Jahren. Jede andere Kombination aus Reden und Schweigen führt in Summe zu einer höheren Strafe. Die sicherste Variante aus ichbezogener Perspektive ist jedoch die, auszusagen (Defektion). Damit erlangt der Einzelne entweder eine Vierjahresstrafe oder schließlich keine und ist unabhängig von der Aussage des anderen. An dieser Stelle entscheiden sich die Gefangenen gegen eine Vertrauenshandlung. Das ist in der Praxis häufig der Fall: 'Wenn zwei Tankstellen an einer Straße im Wettbewerb stehen, machen sie am meisten Profit, wenn sie beide den Preis höher setzen. Jede einzelne für sich hat aber einen Anreiz, den Preis niedriger zu setzen, um mehr Kunden zu sich zu ziehen. Gut für die Kunden: [sie tanken] letztlich bei beiden zu niedrigeren Preisen' (ebd., S. 29f.). Übertragen auf die Gefangenensituation bedeutet das, dass beide eine bessere Ausgangssituation erreichen würden, wenn sie kooperieren, was aber Vertrauen in das Handeln des jeweils anderen voraussetzt. Damit ist noch nicht geklärt, welcher Strategie Kollegen und Geschäftspartner in Hinsicht auf Kooperationen folgen sollten. Aus dem Gefangenendilemma heraus resultierten einige Forschungen, die dies zu klären versuchten. Exemplarisch sei hier die in Münscher & Hormuth (2013) aufgezeigte Studie von Robert Axelrod (1984) genannt, der die Gefangenensituation immer wieder in Computersimulationen durchspielen ließ. Dabei gewann der Spieler, der der 'Tit-for-tat' oder 'Wie-du-mir-so-ich-dir' Strategie folgte. Dieser Spieler merkt sich für Folgespiele, wer zuvor mit ihm kooperiert hat und verhielt sich diesen Kooperationspartnern gegenüber vertrauensvoll. Mit Personen, die ihn anfangs verraten hatten, kooperiert er fortan nicht mehr. In Nachfolgeuntersuchungen wurde demgegenüber festgestellt, dass diese Strategie mit ihrem sehr freundlich-kooperativen Beginn nicht immer funktioniert, vor allem, wenn bestimmte Mitspieler durchwegs nie kooperieren und daraus Vorteile schlagen. Schlussendlich ergibt sich eine wichtige Feststellung aus den Untersuchungen, nämlich die, dass das Vertrauen immer vom jeweiligen Gegenüber abhängig ist. Es gibt keine perfekte Strategie. Im Idealfall sind für den Vertrauenden beim Vertrauenspartner Muster erkennbar, die Vertrauenswürdigkeit, Beständigkeit im Verhalten und Kollektivität auszeichnen; eben kein opportunistisches Verhalten. 'Aus der Perspektive eines Unternehmens ist vertrauensvolles Handeln als Strategie insbesondere unter den Vorzeichen einer 'Vertrauenskultur' von Vorteil: Wenn Vertrauensbeziehungen gelebt werden und Vertrauensbrüche tabu sind, dann lassen sich die beschriebenen vorteilhaften Konsequenzen von Vertrauen realisieren' (Münscher & Hormuth, 2013, S. 30f.). Ein Platz in der Unternehmenskultur: Die kulturellen Begebenheiten im Unternehmen sind geprägt von sozialen und gesellschaftlichen Normen, Erziehungs- und Bindungsprozessen, Glaube und Ritualen und den sich daraus ergebenden Erwartungen (Priddat, 2010, S. 81f.). In einer sich globalisierenden und digitalisierenden Arbeitswelt differenzieren sich die Erwartungen aller Akteure stark aus. Viele Unternehmen kämpfen damit, alte Strukturen aufzubrechen, die nicht konform mit dem modernen Zeitalter sind. Kultur kann nicht mehr als 'gegeben' betrachtet werden, denn sie gilt immer nur in einem definierten gesellschaftlichen Kreis. Unternehmen werden somit immer mehr zu Gestaltern ihrer eigenen Kultur, da sie fortlaufend mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft, Alters und Geschlechts beschäftigen (ebd.). Zudem sind agile Methoden und die Arbeit autonomer Projektteams im Trend, die nur über sehr kurze Zeiträume kooperieren und wenig Zeit für einen stabilen, persönlichen Vertrauensaufbau haben. Deshalb müssen vertrauensvolle Beziehungen in eine ebenso vertrauensvolle und wertschätzende Unternehmenskultur eingebettet sein. Eine zu ausdifferenzierte Kultur ohne Verlässlichkeit weckt in den Mitarbeitern Unsicherheit und führt zur Vermeidung von Kooperation. Sie verhindert personelle und organisationale Bindungsprozesse, verlangsamt Reaktionen auf sich ändernde Umweltbedingungen und verschlechtert auf lange Sicht den Gesamterfolg des Unternehmens. Vertrauen ermöglicht Kooperation innerhalb der Organisation, und geglückte Kooperation hat eine Verstärkerwirkung auf Vertrauen. 2.4 Organisationskultur: Organisations- bzw. Unternehmenskultur beschreibt die Normen und Werte, mit denen ein neuer Mitarbeiter bei Firmeneintritt konfrontiert wird, und die im System von allen weitestgehend akzeptiert und vertreten werden (Nerdinger, 2014, S. 151). Sie ist ein Spiegelbild davon, welche Verhältnisse im Unternehmen vorherrschen. Ein bekanntes Modell zur Erklärung von Kultur in Unternehmen stammt von Schein (2010 in Nerdinger, 2014, S. 153). Dieser unterscheidet auf drei Ebenen: a) Artefakte; die sichtbare Ebene eines Unternehmens: Gestaltung der Büroräume, Sprache, Symbole, Technologien, das Verhalten untereinander/ gegenüber Geschäftspartnern. Artefakte sind für den Außenstehenden erkennbar, jedoch ist schwer zu erfassen, inwiefern die Artefakte das Handeln der Unternehmensmitglieder bedingen. b) Werte; die bewusst nach außen kommunizierten Werte eines Unternehmens. Hier wird dem Außenstehenden erklärt, weshalb die Artefakte die Handlungen der Mitarbeiter beeinflussen. Die nach außen propagierten Werte werden nicht zwangsläufig im Unternehmen gelebt. c) Grundannahmen; die historisch gewachsenen und kulturell geprägten (echten) Überzeugungen eines Unternehmens. Diese sind die seit der Gründung der Organisation ausgeprägten, teils ungeschriebenen Gesetze, die den Mitarbeitern bei Problemlösungen Orientierung geben und deren Denk- und Handlungsmuster beeinflussen. Defensive, schwache und starke Kulturen: Aus den implizit bewussten Kulturstufen resultiert das Unternehmensverhalten nach außen. Zur Erfassung der Kernkultur muss die dritte Ebene der tatsächlich gelebten Grundannahmen analysiert werden. Stellt sich dort heraus, dass eine Kultur der Gleichgültigkeit (Defensivkultur) vorherrscht, in der Arbeit monoton und ohne Willen zur Innovation betrieben wird, werden Veränderungsprozesse am ehesten gehemmt. 'Solche Unternehmen verlieren sich häufig in Selbstgefälligkeit und falscher Zufriedenheit. Man ruht sich auf dem aus, was man in der Vergangenheit erreicht hat' (Abbate, 2014, S. 3). Die Mitarbeiter vertrauen passiv (Möller, 2012). Die Entscheidung wird abgewälzt auf die soziale Norm; die Verantwortung und das Risiko auf die Führungskraft. Ein weniger großes Problem stellt eine schwache Kultur dar, in der zum Beispiel wenig Rücksicht auf Kooperation gelegt wird. Hier ist den Mitarbeitern zumindest bewusst, dass Veränderungen grundliegender Annahmen, wie der Kooperations-bereitschaft, notwendig sind. Diese Organisationen sind wandelbar und bereit, eine stärkere Unternehmenskultur auszuformen. 'Stark' heißt in diesem Sinne, dass die Kultur die Bewältigung der unternehmerischen Kernaufgaben effektiv untermauert, dass 'Wertvorstellungen und Ziele vom Unternehmen und Mitarbeiter zusammenpassen, die Organisation 'alt genug' ist, damit alle die Kultur verinnerlichen können, [und] die sichtbaren Objekte (Artefakte) stimmig zu den [intrinsisch gelebten] Kulturwerten sind' (Eberhardt, 2013, S. 10). Den Mitarbeitern ist bewusst, 'was zählt', was als Chance oder Bedrohung gesehen wird. In solchen Kulturen wird dem sogenannten Sozialkapital eine große Bedeutung zugesprochen. Dieses Kapital zeigt sich in der Würdigung der Leistung der Mitarbeiter, Transparenz durch Kommunikation, Regelgeltung und Beständigkeit kultureller Werte, Prozesssicherheit, faire Behandlung aller Beschäftigten und einer partizipativen Führung. Systeme, die rein finanzielle Anreize bieten, schaffen durch ihren kontrollierenden und misstrauenden Charakter keine Wertschätzung, keine Motivation und kein Vertrauen. Dies gilt ebenso für Organisationen mit großen Machtgefällen und dem Bedürfnis nach Zentralisierung oder solchen, mit einer ausgeprägten Vermeidungshaltung gegenüber Unsicherheit und dem Bedürfnis nach Formalisierung (Gellert & Nowak, 2010, S. 107ff.). Nach Eberhardt (2013) gehört die Organisationskultur zu einem der 'härtesten Faktoren' des Unternehmenserfolgs. Zahlreiche empirische Studien belegen einen Zusammenhang von Kultureigenschaften und Erfolgswirksamkeit der Unternehmung. Starke Kulturen fördern u.a. die Mitarbeiterzufriedenheit und Loyalität, Commitment, Kommunikation, Teamperformance, Konfliktregelung, Produktqualität, Firmenreputation und den ökonomischen Gewinn (s. a. Eberhardt, 2013; Vollmer, Clases, & Wehner, 2006). Die Einbettung vertrauensvoller Beziehungen gestaltet sich durch die motivierende und wertschaffende Funktion in starken Unternehmenskulturen am einfachsten. Unter diesem Aspekt und mit besonderem Fokus auf die Mitarbeiter wird auch von einer Vertrauenskultur gesprochen. Sie beschreibt die Art der Beziehung zwischen Vertrauensgeber und -nehmer in einer Kulturform, in der aktiv gegenseitig vertraut werden kann, die 'von Erfahrungsprozessen sowie der Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Organisationsmitglieder [lebt] [..] [und sich auszeichnet] durch ihr vertrauenswürdiges und glaubwürdiges Handeln' (Blank, 2011, S. 26). Solch eine identitätsstiftende Kultur [...] vereint alle Akteure, gibt Halt und das nötige Verständnis, wie bei Unsicherheit und in unkalkulierbaren Situationen von allen Mitgliedern nach innen und außen agiert wird.
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