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Gott. Vater, Sohn und Heiliger Geist

Was Christen glauben

AutorHerbert Vorgrimler
VerlagTopos
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl126 Seiten
ISBN9783836750172
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Warum sprechen die Christen von einem Gott in drei Personen? Ist die Menschwerdung Gottes ein antiker Mythos? Was genau ist eigentlich gemeint, wenn wir vom Heiligen Geist sprechen? Herbert Vorgrimler versteht es meisterhaft, allgemeinverständlich zu erklären, worum es im christlichen Glauben eigentlich geht und wie man seine Botschaft für moderne, aufgeklärte Menschen übersetzen kann. Die alten Dogmen erhalten plötzlich eine überraschende Frische und treffen die Lebenswirklichkeit heutiger Menschen.

Herbert Vorgrimler, 1929-2014, Dr. theol. Als Schüler Karl Rahners folgte er ihm auf dem Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster nach. Der Theologe mit Weltruf hat zahlreiche Glaubensbücher für einfache Christen verfaßt.

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Leseprobe

Annäherung an das Geheimnis


Ein Buch kann keinen Menschen davon überzeugen, dass Gott existiert, so wenig wie eine Predigt oder wie die Teilnahme am Religionsunterricht. Gott kann weder bewiesen noch anerzogen werden. Im bloßen Nachdenken zeigen sich Gründe für und gegen die Existenz Gottes. Der Unglaube lässt sich nicht zwingend widerlegen. Der Glaube an Gottes Dasein erwächst aus Lebenserfahrungen, die häufig von gegenteiligen Erfahrungen infrage gestellt werden. Auch glaubende Menschen, die in ihrem Alltag nach Gottes Licht und Liebe ausschauen, machen die Erfahrung einer Gottesferne, glaubende Menschen wohl noch eher als Gleichgültige und Gottesleugner. Der Eindruck drängt sich auf, als habe Gott sich von einem abgewendet, als verhalte er sich stumm und abweisend. Dazu kommt auf unserer Seite die Erfahrung, dass unser Herz wegen der vielen unerhört gebliebenen Gebete resigniert, dass unser Geist wegen der vielen ungelösten Rätsel, der unbeantworteten Fragen müde geworden ist. Und noch ein anderer Umstand kann den Glauben immer von Neuem bedrohen: Das eigene fehlgebildete Gewissen oder rigorose Redensarten unerleuchteter Erzieher oder Verkünder können bewirken, dass Menschen sich von Gott überfordert fühlen, in moralischer Hinsicht oder durch religiöse Pflichtübungen, die sie vermeintlich Tag um Tag zu erbringen haben. Bei solchen bedrängten Menschen entsteht ein Überdruss an Gott, ein Widerwille gegenüber demjenigen, der einen vermeintlich ununterbrochen anklagt, fordert und überfordert, ohne Ruhe und Erfüllung zu schenken. Das ist keine neue, heutige, „moderne“ Erfahrung. Sie war den Christen des Altertums schon vor mehr als 1500 Jahren bekannt.

Menschen, die christlich gläubig sein wollen, haben keinen Anlass, voller Hochmut oder Hass auf andere herunterzuschauen, die sich unter Protest oder lautlos vom Gott ihres früheren Glaubens verabschiedet haben. Auch dann nicht, wenn nahe Angehörige, Kinder, Freunde den Gottesglauben aufgegeben haben und der so aufgerissene Graben sehr weh tut. Denn – so will es das Evangelium – Christen dürfen über andere nicht urteilen, geschweige denn sie verurteilen.

Für die Menschen aber, die trotz allem ihren Glauben, ihren Dennoch-Glauben, nicht aufgeben wollen, nennt Karl Rahner zwei Aufgaben:

Die erste Aufgabe besteht darin, sich mit allem Ernst der Frage zu stellen, ob man sich nicht selber Gottesvorstellungen zurecht gemacht habe, enge, verengte, unwahre und vorläufige Gottesbilder, sagt Rahner, „die die Menschen immer bis zu einem gewissen Grad als Götzenbilder aufstellen und so den namenlosen, in Figur und Gestalt, im Bild nicht einfach fangbaren Gott verdrängen“. Diese eigenmächtigen Gottesbilder müssten aus den Köpfen und Herzen der Menschen entfernt werden – so benennt Rahner einen wesentlichen Teil dieser ersten Aufgabe. Er bringt ungeschminkt zur Sprache, was Menschen Gott antun:

„Der Gott eines fixen Begriffs – entschuldigen Sie die harte Formulierung [so sagt Rahner selber an dieser Stelle!] –, der Gott der Pfaffen, ist ein Gott, den es nicht gibt. Aber ist nicht dort zu oft ein Götzenbild, und wird es nicht dort angebetet, wo man die Religion, den Glauben, die Kirche, die Botschaft Jesu Christi […] zum Beruf gemacht hat [wie es bei Ordensleuten und Priestern der Fall ist]? Dann identifiziert man im Grunde sich und die Welt, die man selber aufrechterhalten und verteidigen will, mit Gott. Dann ist Gott im Grunde immer nur das erhabene Wort, hinter dem man sich selbst versteckt. Der Gott des fixen Begriffes gegenüber dem Gott der stets wachsenden Erfahrung als einer lebendigen, unendlichen, unbegreiflichen, unsagbaren Wirklichkeit und Person, dieser Gott des fixen Begriffs ist eines dieser Götzenbilder, das wir vermutlich immer wieder auch bei uns entdecken können.“

Der Gott des fixen Begriffs, den Rahner hier ein Götzenbild nennt, ist weitgehend ein Produkt früherer – nur früherer? – theologischer Anmaßung. Man hat sich einen Katalog von Eigenschaften zurecht gemacht, die Gott zukommen müssten, und man hat so Gott vorgeschrieben, wie er zu sein habe. Ein Beispiel unter vielen ist die Gerechtigkeit: Wenn Gott gerecht ist, so wie Menschen sich Gerechtigkeit vorstellen, dann hat er Sünder unerbittlich zu strafen, Todsünder sogar mit dem ewigen Feuer der Hölle. Wie viel Ängste und Gewissensnöte sind durch einen solchen fixen Gottesbegriff angerichtet worden?

Doch Rahner benennt noch weitere Beispiele menschlicher Götzenbilder:

„Der süße Gott des Kindes – ist ein weiteres. Der enge Gott des bloß gesetzestreuen Menschen – ist ein anderes. Der gewusste Gott im Gegensatz zum Gott der unbegreiflichen Liebe […], der selbstverständliche Gott der sogenannten ‚guten Christen‘, die so tun, als könnten sie die bekümmerten Atheisten nicht begreifen und als seien diese anderen Menschen nur dumm oder böswillig, auch dieser selbstverständliche Gott der guten Christen ist ein Götzenbild, vor dem wir uns hüten müssen. Gott ist nicht – auch nicht der wahre Gott! – ein Sammeltitel für die Religion. In mancher Religiosität sieht man deutlich, wie das ganze priesterliche Tun, die ganze Religion mit ihrem ganzen Apparat sich so aufbläht, so autonom wird, dass endlich die Religion Gott prägt und nicht Gott die Religion.“

Ist das nur ein Seitenblick auf heidnische Religionen in grauer Vorzeit? Rahner zeigt nicht nur auf andere, und wenn er Götzenbilder auch im Christentum findet, dann benennt er gleichzeitig die falschen Meinungen, die zu solchen Götzenbildern führen:

„So etwas kann es im Grunde genommen auch bei uns geben. Fragen wir, wo die Götzenbilder, die falschen Begriffe von Gott in unserer eigenen, persönlichen Religiosität sind. Wenn wir meinen, es müsse alles sinnvoll und begreifbar sein; wenn wir meinen, es müsse uns gut gehen, wir müssten immer Klarheit in unserem Leben haben; wenn wir meinen, wir könnten mit einem Handbuch der Moral oder mit irgendwelchen anderen, noch so wahren, noch so richtigen Begriffen, Normen, Prinzipien unser Dasein so gestalten, dass es reibungslos in sich abläuft; wenn wir meinen, wenn und weil wir Gott dienen, müsse er uns zu Diensten sein, wenn wir es nicht in Ordnung finden, dass es uns schlecht geht – überall steht hinter diesen Täuschungen unseres Lebens unser falsches Gottesbild, dem wir dienen. Wenn diese Bilder zertrümmert werden durch Gott und sein Leben, seine Führung und Fügung selbst, dann sollten wir uns immer von vornherein klar sein: Es verschwindet nicht Gott, sondern ein Götzenbild.“

Zu diesen Götzenbildern zählt Rahner auch die oft quälende, ja verzweifelte Meinung, Gott sei in grauer Ferne verschwunden. Rahner spricht den Menschen direkt und persönlich an, der in Sorge um seinen Glauben ist, und der ihn in seinem vermeintlich leeren Herzen nicht mehr finden kann:

„Welcher Gott ist dir eigentlich in dieser Leere des Herzens fern? Nicht der wahre und lebendige Gott, denn dieser ist ja gerade der Unbegreifliche, der Namenlose, damit er wirklich der Gott deines maßlosen Herzens sein kann. Fern ist dir nur geworden ein Gott, den es nicht gibt: ein begreiflicher Gott, ein Gott der kleinen Gedanken und billig anspruchslosen Gefühle des Menschen, ein Gott der irdischen Sicherheit, ein Gott, der dafür sorgt, dass die Kinder nicht weinen und die Menschenliebe nicht in Enttäuschung mündet, ein sehr ehrwürdiger – Götze. Der ist fern geworden. Soll man solche Gottesferne nicht aushalten? Doch, es gilt wirklich: Lass in diesem Geschehen des Herzens ruhig die Verzweiflung dir scheinbar alles nehmen, lass sie dein Herz zuschütten, dass scheinbar kein Ausgang zum Leben, zur Erfüllung, zur Weite und zu Gott mehr bleibt. Verzweifle in der Verzweiflung nicht: Lass sie dir alles nehmen, es wird dir in Wahrheit nur das Endliche und Nichtige genommen, und mag es noch so groß und wunderbar gewesen sein, und mag es – du selber sein, du selber mit deinen Idealen, du selber mit den Voranschlägen deines Lebens, die sehr klug und genau aufgestellt waren, du mit deinem Bild von Gott, das dir gleicht statt dem Unbegreiflichen selber. Lass dir alle Ausgänge versperren, es werden nur die Ausgänge in die Endlichkeit verschüttet und die Wege ins wirklich Ausweglose. Erschrick nicht über die Einsamkeit und Verlassenheit deines inwendigen Kerkers, der so tot zu sein scheint wie ein Grab. Denn wenn du standhältst, die Verzweiflung nicht fliehst und in der Verzweiflung an deinem bisherigen Götzen, den du Gott nanntest, nicht auch an dem wahren Gott verzweifelst, wenn du also standhältst – o das ist schon ein Wunder der Gnade –, dann wirst du plötzlich inne werden, dass dein Grabeskerker nur sperrt gegen die nichtige Endlichkeit, dass seine tödliche Leere nur die Weite einer Innigkeit Gottes ist, dass das Schweigen erfüllt ist von einem Wort ohne Worte, von dem, der über allen Namen und alles in allem ist. Das Schweigen ist Sein Schweigen. Es sagt dir, dass er da ist.“

Nach der Entfernung aller selbstgezimmerten Gottesbilder, nach dem...

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