Charles Darwin besaß genau die Eigenschaften, die auch heutige gute Forscher auszeichnen: unbändigen Wissensdurst gepaart mit Experimentierlust, Ideenreichtum, Geistesschärfe und großer Hartnäckigkeit. Er verstand es, auf der Grundlage von Beobachtungen Konzepte zu entwickeln, deren Schwachstellen zu erkennen und unermüdlich daran zu arbeiten, sie auszubügeln. Mit seinem enormen Forscherdrang und seinem Bestreben, stets möglichst alle Details zu ergründen und zu durchdenken, hätte er heute vermutlich ein sehr dynamisches und produktives Labor geführt. Damals hielt er Regenwürmer im Schlafzimmer und korrespondierte mit aller Welt, um sich Informationen zu beschaffen. Auch die biologische Forschung unserer Zeit gewinnt oft gerade durch scheinbar abwegige Fragen neugieriger Wissenschaftler verblüffende Einsichten. Ein hohes Maß an Interdisziplinarität, also der Kooperation verschiedenster Richtungen, zählt zu den Markenzeichen sowohl der Evolutionsforschung als auch der Genetik. Bei vielen Fragestellungen arbeiten diese beiden Disziplinen eng verzahnt (siehe etwa den Beitrag über Chorea Huntington ab S. 68). Die fast philosophische Argumentationsweise, mit der Darwin versuchte, die Mechanismen der Evolution und der Vererbung zu erfassen, ohne das Erbsubstrat zu kennen, ist zu bewundern. Ähnlich wie er damals müssen sich moderne Forscher fühlen, wenn sie heute molekulare Finessen etwa der genetischen Regulation aus ihren Daten mehr erahnen als wirklich deutlich ablesen (siehe etwa S. 16). Speziell die Epigenetik, die derzeit rasante Fortschritte macht, ist noch ein zu junges Feld, als dass die bisherigen Befunde Eingang in neue, umfassende Modelle gefunden hätten. Doch auch in der klassischen Evolutionstheorie gibt es selbst nach 150 Jahren noch so manche Überraschung (siehe etwa S. 36 über die Artbildung von Schwertwalen und S. 54 über Evolution ohne Selektion.
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