LEBEN IST RHYTHMUS –
Rhythm is it
Leben ist Rhythmus – Maschinen besitzen einen Takt. So folgen alle Pflanzen, Tiere und Menschen naturgegebenen, lebendigen Rhythmen, alle Maschinen dagegen gehorchen einem immer gleichen, unveränderlichen Takt. In dem Moment, in dem aus dem natürlichen Herzrhythmus ein Takt wird, ist das Leben zu Ende.
Dieser Rhythmus bestimmt uns vom ersten Atemzug an und ist als biologisches Programm tief in unseren Genen verankert. Im Lauf der Evolution entwickelte sich gemeinsam mit dem Stoffwechsel die sogenannte »zirkadiane Periodik« unseres Organismus (lat.: »circa dies«: »ungefähr ein Tag«). Diese innere Uhr regelt 24 Stunden lang den Ablauf einer Vielzahl von Körperfunktionen, die tagesrhythmischen Schwankungen unterliegen. Dazu gehören der Blutdruck, Pulsschlag sowie die Körpertemperatur und die Hormonproduktion. Tatsächlich können Endokrinologen – also Wissenschaftler, die sich mit den Hormondrüsen und Hormonkreisläufen des menschlichen Körpers beschäftigen – bereits im Blut eines Menschen feststellen, um welche Tageszeit es abgenommen worden ist. Unsere Nerven- und Muskelzellen schwingen in Mikrovibrationen mit Frequenzen von Zehntelsekunden, der Herzrhythmus hat eine Frequenz von etwa 70 Hertz, der Atem von 25 Hertz im Minutenrhythmus. Im Schlaf wechseln sich Traum- und Tiefschlafphasen im Stundenrhythmus ab, Wach- und Schlafzeiten wechseln hingegen im Tag-Nachtrhythmus, wie auch Stimmungen und Bewusstseinszustände. Der weibliche Menstruationszyklus orientiert sich am Monatsrhythmus.
Aus sogenannten Bunker-Experimenten, bei denen Probanden von der Außenwelt abgeschottet und fern von Zeitgebern wie Uhr, Tageslicht, festen Essens- oder Schlafenszeiten leben, weiß man, dass unsere biologische Uhr im Gehirn auch für unseren Schlaf-wach-Rhythmus zuständig ist. Chronobiologen versuchen seit vielen Jahren, die Tageszyklen des Körpers aufzuschlüsseln. Sie stellten fest, dass die zirkadiane Periodik mithilfe unserer inneren Uhr nicht nur den zeitlichen Ablauf der Ausschüttung bestimmter Hormone steuert, wie etwa die des Schlafhormons Melatonin, das aus dem tagsüber unter dem Einfluss von Sonnenlicht produzierten Wohlfühlhormon Serotonin gebildet wird, sowie des für Regenerations- und Reparaturprozesse wichtigen Wachstumshormons (HGH/Human Growth Hormone). Dieses wird über Impulse etwa neun- bis zehnmal im Tageslauf freigesetzt. Diese Episoden sind teilweise an den Schlaf gebunden und nehmen in den Tiefschlafphasen (20 bis 30 Minuten nach dem Einschlafen) zu. Die Ausschüttung verändert sich unter verschiedenen Parametern wie etwa Schlafdauer, Alter und Gewicht. HGH ist wichtig für Regenerations- und Reparaturprozesse und damit zum Beispiel für ein frisches Aussehen, glatte Haut und ein gesundes Bindegewebe.
Der Rhythmus unserer inneren Uhr lässt sich auch durch andere Rhythmen beeinflussen: den der Jahreszeiten, des sich verändernden Lichteinfalls wie auch durch unser bewusstes Zutun – wie etwa unsere Tagesroutine aus Aufstehen, Aktivitäten, positivem wie negativem Stress, Mahlzeiten, Essenspausen, Entspannungsphasen und Schlafenszeiten. Diese Gehirnregion reagiert besonders sensibel auf Stoffwechselveränderungen, die mit der Nahrungsaufnahme verbunden sind. Deshalb sind regelmäßige Essenszeiten und Pausen unbedingt empfehlenswert. Einem Rhythmus zu folgen ist so betrachtet auch ein Weg, seine Lebenskraft zu erhalten. Dies wird wiederum an unserer Energie und unserem Aussehen offensichtlich. Wenn wir dann noch den Jahreszeiten Raum in unserem Leben geben und unsere Ernährung beispielsweise vermehrt auf saisonal geerntetes Obst und Gemüse ausrichten, folgen wir dem Rhythmus der Natur.
© Lena Burmann, Berlin
Ganzheitliche Empfehlungen für ein Leben mit den Jahreszeiten
In den großen Heilsystemen Asiens, der Traditionellen chinesischen Medizin oder dem indischen Ayurveda – der »Kunst des schönen Lebens« –, ist das Leben im Kreislauf der Natur ein ganz selbstverständlicher Bestandteil der Gesundheits- und Schönheitspflege. Konkret zeigt der Ayurveda, dass die Natur alles bereitstellt, was wir für ein angenehmes Leben brauchen. Im Ayurveda wird Pflanzen eine besondere Bedeutung zugeschrieben, und sie werden bisweilen sogar als heilig verehrt. Denn in jeder Pflanze und jedem Mineral bündeln sich die Kraft und die Energie der Natur.
© Lena Burmann, Berlin
Die ayurvedische Lehre gibt uns für alle Jahreszeiten Empfehlungen, um innerlich wie äußerlich in der Balance zu bleiben. Man nennt diese Empfehlungen Ritucharya. Hier finden sich jede Menge Ratschläge, welche Lebensweise und welche Nahrungsmittel in der jeweiligen Jahreszeit geeignet sind, um fit zu bleiben und sein inneres Strahlen zu behalten. Insgesamt kann es – so steht es in den alten vedischen Schriften geschrieben – mithilfe der Ritucharya gelingen, seine natürlichen Instinkte für die eigenen körperlich-seelischen Bedürfnisse zu verfeinern. Denn der Wechsel der Jahreszeiten bedeutet immer zugleich einen Umschwung, der sich im körperlichen Befinden wie auch in der Stimmung bemerkbar machen kann. Das hast du sicher wie jeder von uns schon einmal erlebt. Hier eine kleine Inspirationshilfe:
FRÜHLING UND FRÜHSOMMER
Ab Ende Februar wird es allmählich wärmer, und die Tage werden länger, dadurch werden im Körper Reinigungsprozesse angeregt, um die während des Winters angesammelten Schlacken und Gifte wieder loszuwerden. In unseren Breiten wird dieser Ballast kurz als Winterspeck bezeichnet. Jetzt stehen Fastentage und Detoxkuren auf dem Programm. Mein kleiner Alltagsgeheimtrick nach einem langen Winter: Den Stoffwechsel kannst du anregen, indem du über den Tag verteilt immer wieder ein paar Schlucke heißen Wassers zu dir nimmst. Warme Speisen und Getränke mit den Geschmacksrichtungen scharf, bitter und herb sind jetzt wohltuend. Ideal sind jetzt zudem alle Nahrungsmittel, die eine zusammenziehende (adstringierende) Wirkung haben. Dazu gehören Blattgemüse wie Spinat, Kräuter, Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen), aber auch scharfe Gewürze. Auch Yoga-Übungen, gemäßigte sexuelle Aktivitäten sowie trockene Massagen mit einem seidenen Garshan-Handschuh – um die Reinigungsprozesse auch über die Haut anzuregen – sind in dieser Zeit empfehlenswert.
Ende April, wenn der Frühsommer beginnt und es langsam aufhört zu regnen oder zu schneien, ist zum Ausgleich von Wärme und Trockenheit der Genuss von süßen, kalten und öligen Gerichten und Getränken empfehlenswert. Alles, was kühlt, ist nun wohltuend. Auch eine Ruhe- oder Schlafpause ist ausdrücklich erlaubt. Sex und sportliche Betätigungen sind jetzt eher kraftraubend und sollten zu einem anderen Zeitpunkt wieder häufiger auf dem Programm stehen.
© LOOK, München (Martin Kreuzer)
SOMMER UND FRÜHHERBST
Die Sonne wirkt, wenn sie im Norden steht, intensiver und austrocknend auf den Körper und kann zu Energieverlust führen – deshalb fühlen wir uns in der heißen Jahreszeit eher schlapp und müde. Ab Ende Juni beginnt der Hochsommer. Um den Körper zu stärken, sollten jetzt leichte, süße, bittere und herbe Gerichte mit Gemüse, Salaten, Kräutern und Pflanzenölen auf dem Speiseplan stehen. Sauer und salzig sollte man meiden, erlaubt ist hingegen alles, was kühlt. Vielleicht geht es dir in der Hitze auch wie mir: Ich kann an manchen Tagen einfach nicht genug von stark wasserhaltigem Obst wie Melonen, Trauben und Beeren bekommen. Meinem Körper schmeckt das genauso wie mir, denn gerade jetzt ist eine hohe Flüssigkeitszufuhr äußerst wichtig für Körper, Haut und Wohlbefinden. Deshalb solltest du stets auch darauf achten, ausreichend zu trinken. Ab Ende August beginnt dann der Spätsommer beziehungsweise Frühherbst. Zum Ausgleich sind nun süße, leichte, kalte und bittere Lebensmittel ideal.
INFO
So kann dein ayurvedischer Tag aussehen: Es ist ganz einfach, ein paar Weichen zu stellen, damit du dich jeden Tag gut fühlst, leistungsfähig bleibst und eine frische, entspannte Ausstrahlung behältst.
Routine und verlässliche Strukturen sind dafür sehr wichtig. Damit sind ganz simple Dinge gemeint, wie morgens aufstehen, ein bisschen Yoga machen, sich waschen, duschen und eincremen, dann frühstücken und sich erst dann an den Computer zu setzen oder in den Alltag zu starten.
Gerade die Mahlzeiten solltest du ohne Ablenkung, das heißt ohne Fernseher, Zeitung oder Telefon, zu dir nehmen, entweder in Ruhe mit dir allein oder gemeinsam mit deiner Familie. Essenszeiten können so zu echten Ankern im Alltag werden.
Die zweite Säule ist ein aktiver Alltag. Ich bewege mich beim Arbeiten tagsüber kaum, und ähnlich geht es den meisten von uns. Das tut uns und unserem Stoffwechsel aber gar nicht gut – und schadet damit auch unserem Aussehen und unserer Ausstrahlung. Also gehe so viel wie möglich raus in die Natur, nicht nur an den Wochenenden, sondern auch in den Pausen und erledige soviel du kannst zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
Sehr wichtig ist ein erholsamer Schlaf. Oft kann man schon durch feste Mahlzeiten und einen aktiven Tag viel für eine gesunde Nachtruhe tun. Ansonsten sind bewusste Entspannungszeiten in Form von Meditation, Yoga und Atemübungen bewährte Wege, um runterzukommen und am nächsten Tag ausgeruht aufzuwachen.
SPÄTHERBST UND WINTER
Im Spätherbst sind kurze Fastenzeiten oder intermittierendes Fasten – also an einem Tag normal und am nächsten Tag...