2.1 Nicht zu groß und nicht zu klein wählen
Doch woher soll man wissen, was die Bienen wollen? Am besten lässt man sie entscheiden: Tom Seeley tat dies in seinen Experimenten mit Bienenschwärmen und bekam eine eindeutige Antwort: Nicht zu groß und nicht zu klein, am besten um die 30 bis 60 Liter Nestvolumen. Dies überrascht nicht, denn kleine Volumen lassen sich besser kontrollieren und sauber halten. Noch wichtiger aber, sie zwingen die Bienen, sich bald durch Schwärmen zu vermehren.
Gerade das Schwärmen ist für ein Wildvolk lebenswichtig. Nur so besteht die Chance, sich schnell an neue Situationen anzupassen oder ungünstigen auszuweichen. Der Schwarm kann sehr gut beurteilen, ob eine Nisthöhle geeignet ist. Ob der Nistplatz aber eine ausreichende Versorgung das ganze Jahr über bietet, zeigt sich erst, wenn das Volk eine Saison überlebt hat. Deshalb sterben in der Natur viele der neu gegründeten Völker schon im ersten Jahr. Durch schnelles und häufiges Schwärmen wird dieser Nachteil aber wieder ausgeglichen, denn mit jedem neuen Schwarm steigt die Chance, einen „Treffer zu landen“, das heißt einen geeigneten Nistplatz zu finden.
Ein weiterer Vorteil der kleinen Nisthöhle ist, dass das Volk nicht zu groß wird, alles besser kontrollieren kann und weniger Winterfutter braucht. Es ist also schneller mit dem Sammeln fertig und kann sich auf die Grundversorgung konzentrieren. Nebenbei beschleunigt die häufige Vermehrung die natürliche Selektion und Anpassung an neue Lebensbedingungen.
Die Bienenkiste ist kleinvolumig und man kann sie nur von unten öffnen. Die Honigwaben hinter dem Brutnest, hier im Bild oben, haben die Bienen ohne Bauvorgaben selbst gestaltet.
Doch weder das Schwärmen noch die Anlage von kleinen Futtervorräten sind im Sinne der meisten Imker. Das Ziel ist, dem Volk viel Platz in eher größeren Beuten zu bieten, um das Schwärmen möglichst lange hinauszuzögern. Was, wie wir aus der Praxis wissen, jedoch nicht immer gelingt. Auch wird versucht, möglichst große Völker aufzubauen, weil dies höhere Honigerträge verspricht. Die Größe der Beute ist nur begrenzt durch die gewünschte Mobilität beim Wandern und die Bearbeitbarkeit.
IM STABILEN BAU BEOBACHTEN
Logischerweise weist das natürliche Nest immer einen stabilen Bau, also fest verbaute Waben auf. Was sollten die Bienen auch mit Holzträgern oder beweglichen Rähmchen anfangen? Die Wabenentnahme übernehmen im natürlichen Nest die Wachsmotten. Sie fressen bevorzugt bereits bebrütete, alte Waben auf, wenn sie von den Bienen nicht mehr kontrolliert werden. Dann bleiben nur noch Krümel übrig.
Sind neue Waben nötig, werden sie von den Bienen gebaut. Und zwar nur bei Bedarf, denn Energieaufwand und Futterverbrauch sind viel zu groß, um „auf Vorrat“ zu bauen.
Im Stabilbau hat man als Imker kaum eine Chance, die wichtigen Vorgänge im Volk zu erkennen: Legt es Eier, hat es genügend Futter und schwimmen die Maden im Saft, ist das Brutbild lückig oder die Brut gesund? Natürlich kann man auch Völker im Stabilbau auf Krankheiten untersuchen. Meist ist dies aber nur auf Umwegen beispielsweise mit Hilfe von Labordiagnosen möglich. Es gibt also keinen Grund, den Stabilbau deswegen abzulehnen.
Die Top-Bar-Beute eignet sich wegen der Nähe zum natürlichen Nest und dem schonenden Umgang mit den Bienen besonders für Demonstrationen und Lehrveranstaltungen. Im Gegensatz zum Stabilbau bietet sie die Möglichkeit, auch die Vorgänge im Bienenvolk kennenzulernen.
MOBILEN BAU NUTZEN
Bei der Bienenhaltung im Altertum auf Kreta hatte man bereits einen mobilen Bau in Tonkrügen entwickelt. Die genaue Breite der Oberträger und die Schräge der Gefäßwände verhinderten, dass die Waben an- oder zusammengebaut wurden. Dadurch waren sie beweglich und konnten leicht herausgenommen werden. Dieses Prinzip des ersten Mobilbaus wurde später bei den Top-Bar-Hives wieder aufgenommen.
Ein Mobilbau mit echten Rähmchen ist erst seit dem 19. Jahrhundert möglich, seit Dzierzon und Langstroth fast gleichzeitig den Bienenabstand (bee space) von acht Millimetern (+/- zwei Millimeter) entdeckten. Wird dieser Abstand auf allen Seiten der Rähmchen eingehalten, verbauen die Bienen die Zwischenräume weder mit Wachs, noch verkitten sie sie mit Propolis, und man kann die Rahmen samt Waben einzeln entnehmen.
Imkerin oder Imker sind nun in der Lage, jeden Bereich des Nestes zu inspizieren und das Volk in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Allerdings verleitet diese Mobilität auch dazu, den Nestaufbau zu verändern. Im Extremfall werden Rähmchen mit Mittelwänden zwischen die Waben gehängt, um das Brutnest künstlich auseinanderzuziehen. Oder eine Brutwabe wird in den Honigraum gehängt, damit die Bienen diesen leichter annehmen. In beiden Fällen wird die Wärmeordnung der Bienen zerstört. Um dies auszugleichen, müssen die Bienen viel Energie aufbringen. Grundsätzlich sollte, wenn überhaupt, das Brutnest nur sehr behutsam verändert werden.
Im Bienenhaus mit mehreren Bienenstöcken übereinander werden die Völker von hinten bearbeitet.
Schon in der Antike entdeckten die Griechen den Abstand zwischen den Waben und die Schräge zur Wand für einen mobilen Wabenbau.
FÜR BEUTENSYSTEM ENTSCHEIDEN
Neben Volumen und Wabenbau unterscheiden sich die einzelnen Beutensysteme auch in der Art der Bearbeitung: von hinten oder von oben. Früher imkerte man im deutschsprachigen Raum häufig in Bienenhäusern. Dort war von Vorteil, dass die Beuten von hinten über eine Tür zu bearbeiten waren, denn man konnte sie ohne Raumverlust über- und nebeneinander stapeln. Heute sind solche Beutensysteme noch in der Schweiz als Schweizerkasten verbreitet. Sonst findet man in Bienenhäusern eher von oben zu bearbeitende Beuten wie man sie auch im Freien verwendet.
So kann man Bienensitz und Zustand des Volkes schnell erfassen. Das Besondere ist aber, dass man bei diesem System das Volumen der Beuten variabel gestalten kann. Drei Grundformen werden unterschieden: Die Magazinbeute mit einheitlichem Wabenmaß in Brut- und Honigraum, die Dadantbeute mit großem Brutraum und Halbzargen als Honigraum sowie die Lagerbeute, bei der Brut- und Honigraum nicht über-, sondern hintereinander angeordnet sind. Natürlich gibt es von jedem Typ sehr viele Varianten, die meist aber weder für die Bienen noch für die Imker entscheidende Vor- und auch Nachteile bringen.
Im Magazin können die Waben längs (Kaltbau) oder quer (Warmbau) zum Flugloch angeordnet sein.
WABENBAU AUSRICHTEN
Bienen orientieren sich bei der horizontalen Ausrichtung der Waben nach dem Erdmagnetfeld. Sie halten dabei denselben Winkel zu den Feldlinien ein, wie die Brutwabe in der sie aufgewachsen sind. In gängigen Beutensystemen werden nur zwei Varianten verwendet: Die längs (Kaltbau) und die quer (Warmbau) zum Flugloch angeordneten Waben.
Welche Vor- oder Nachteile das bringt, ist sehr umstritten. Im Warmbau muss die Wintertraube auf dem Zehrweg die Wabengassen wechseln. Dadurch soll sie bei Kälteeinbrüchen leichter den Kontakt zum Futter verlieren. In Großraumbeuten wie Dadant und bei zweiräumiger Überwinterung dürfte dies aber kaum ein Problem sein. Die Gründe, weswegen man sich für eine bestimmte Anordnung entscheidet, sind oft aber nur die Gewohnheit oder einfach konstruktive Vorteile.
MIT DEM WABENMASS BEUTE FESTLEGEN
In einer Bienenbeute mit Stabilbau hängt das Wabenmaß von der Bauform und der Größe des Nistraumes ab. Beim Mobilbau entscheidet die Größe der Rähmchen über das Wabenmaß, insbesondere wenn Mittelwände verwendet werden.
Nun gibt es über das richtige Wabenmaß noch mehr unterschiedliche Auffassungen als über den Beutentyp und die Stellung der Waben. Für jede Größe haben sich eingeschworene Gruppen zusammengetan. Und auch hier sollte bei der Entscheidung zwischen den Bedürfnissen des Bienenvolkes und des Imkers abgewogen werden. Für Bienen und erst Recht die Königin ist es sicher nicht normal, über Holzleisten in andere Bereiche des Brutnests zu gelangen. Umstritten ist jedoch, wie sehr das die natürlichen Abläufe stört.
DIE TÜCKEN DER SYSTEME ERKENNEN
Manchmal legt die Königin in solchen Fällen ein nach Bruträumen getrenntes Brutnest an. Bei nicht zu breiten Leisten passiert dies aber selten. Bei geteilten Bruträumen kann es aber bei der Durchschau der Völker passieren, dass man die Waben im unteren und oberen Brutraum nicht mehr genauso wie vorher zusammenstellt und damit die von den Bienen gewählte Anordnung im Brutnest zerstört. In dieser Hinsicht ist das große Wabenmaß auf jeden Fall sicherer. Weiterhin ist bei der größeren Brutwabe in der Regel oben ein Honigkranz angelegt. Damit ist auch nach Abnahme des Honigraums immer noch genügend Futter als Nahrung vorhanden. Dieser Vorteil für die Bienen wird manchmal von den Imkern als Nachteil gesehen, da dieser Honig nicht geerntet werden kann.
Bei kleineren Waben muss man sofort füttern, damit kein Nahrungsmangel entsteht. Aber auch hier muss das richtige Maß gefunden werden: Ist die Wabe zu hoch, wird zu viel Honig im Brutraum eingelagert. Ist sie...