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E-Book

Hazard-Raten-Modelle und ihr Anwendungspotenzial bei der Berechnung des Customer Lifetime Value

AutorMarlene Bleicher
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl53 Seiten
ISBN9783956848971
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Während früher die Ausgestaltung einzelner Transaktionen und die Gewinnung neuer Kunden im Vordergrund von Marketingkonzeptionen standen, wurde die Relevanz des Ausbaus und der Pflege von langfristigen Kundenbeziehungen für den Unternehmenserfolg in den letzten Jahren verstärkt anerkannt. Bedingt durch gesättigte Märkte und hohe Wettbewerbsintensität übersteigen bspw. die Kosten zur Gewinnung neuer Kunden die Kosten zur Bindung oft um ein Vielfaches. Es findet sich in der Literatur eine Fülle an Methoden, die zur Berechnung des Kundenwerts angewandt werden können Besonders im Bereich des Customer Relationship Management (CRM) hat sich das Modell des Customer Lifetime Value (CLV) in Bezug auf die mehrdimensionalen Ansätze als ein dominierendes Konstrukt der Kundenwertberechnung erwiesen. Da der CLV in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewann, soll seine Kalkulation mit Hilfe von Hazard-Raten-Modellen im Rahmen dieser Studie intensiv betrachtet werden.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Anwendungspotenzial von Hazard-Raten-Modellen bei der CLV-Analyse: 3.1, Schätzung der Beziehungsdauer bei vertraglicher Bindung: Sind Käufer und Verkäufer durch einen Vertrag für gewisse Zeit aneinander gebunden, wie es etwa in der Finanzdienstleistungs- oder Telekommunikationsbranche der Fall ist, lässt sich die Kundenbeziehungsdauer gut mit Hilfe von Hazard-Raten- bzw. Survival-Modellen prognostizieren (Krafft/Rutsatz 2006, S. 275). Diese gehören zur Gruppe der Ereignisanalysen (Simon 2005, S. 53). Aufgrund ihrer Verteilungsannahmen erfordern diese Ansätze lediglich Informationen über den ersten und letzten Kauf, die sich bei vertraglichen Geschäftsbeziehungen leicht feststellen lassen (Litfin 2000, S. 64; Simon 2005, S. 57). Bestehen keine vertraglichen Bindungen zwischen Unternehmen und Kunden, wie etwa beim Versandhandel oder auf dem Pharmamarkt, ist die Anwendung von Hazard-Raten-Modellen problematisch, da die einzelnen Kaufepisoden nicht einwandfrei bestimmt werden können. Daher empfiehlt sich insbesondere das NBD/Pareto-Modell als Ansatz zur Bestimmung der Kundenlebenszeit (Englbrecht 2007, S. 114). Dieses ist der Gruppe der Count-Data-Modelle zuzuordnen (Simon 2005, S. 58). Das auf Schmittlein, Morrison und Colombo (1987) zurückgehende Verfahren berechnet auf Basis historischer Transaktionsdaten zunächst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde in der Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen noch aktiv ist. Die kundenindividuelle Wahrscheinlichkeit des 'Überlebens' wird als bezeichnet (Jain/Singh 2002, S. 40). Darauf aufbauend kann dann in einem zweiten Schritt die Kundenlebenszeit geschätzt werden (Krafft 2007, S. 114). 3.2, Kundenbeziehungstypen: Lost-for-good vs. Always-a-share: Parallel zu der Frage nach einer vertraglichen Geschäftsbeziehung findet sich in der Literatur eine weitere Unterscheidung hinsichtlich der Anwendbarkeit verschiedener Modelltypen. Hierbei unterschied Jackson (1985) erstmals zwei Arten von Kundenbeziehungstypen: Die Lost-for-good-Kunden und die Always-a-share-Kunden (Jackson 1985, S. 13ff.). Bei verschiedenen Marktformen lassen sich die beiden Modelle als die beiden Extrema eines Spektrums differenzieren (Jackson 1985, S. 122; Dwyer 1997, S. 8; Berger/Nasr 1998, S. 19; Bruhn et al. 2000, S. 168). Das Lost-for-good-Modell nimmt an, dass ein Kunde entweder total an ein Unternehmen gebunden, oder endgültig ('lost for good') verloren und an einen anderen Anbieter gebunden ist (Jackson 1985, S. 13f.; Berger/Nasr 1998, S. 19). Diese Kunden haben aufgrund hoher Wechselkosten in der Regel langfristige Bindungen (Commitments). Meist suchen derartige Kunden bei ihrem Unternehmen die Lösung eines komplexeren Problems (Dwyer 1997, S. 8). Das Lost-for-good-Modell spiegelt daher eine Kundenbeziehung mit schwer austauschbaren, dif-ferenzierten Leistungen wider (Bruhn et al. 2000, S. 168), wie es z.B. bei einer Versicherung der Fall wäre. Auf der anderen Seite steht das Always-a-share-Modell, das auf Märkte mit leicht austauschbaren Leistungen anwendbar ist. Das Verhältnis zwischen Anbieter und Nachfrager ist nicht auf eine langfristige Kundenbeziehung ausgelegt, sondern bezieht sich hauptsächlich auf die nächste Transaktion (Bruhn et al. 2000, S. 168). Im Gegensatz zum Lost-for-good-Modell kann der Kunde leicht mit neuen Anbietern experimentieren, da die Wechselkosten in der Re-gel sehr gering sind (Jackson 1985, S. 14; Berger/Nasr 1998, S. 19). Der Kunde hat somit die Möglichkeit bei jedem Anbieter einen Teil seines Kaufvolumens zu decken ('always a share') (Jackson 1985, S. 15). Daher ist ein solcher Kunde auch sehr viel preissensibler und empfänglicher im Bezug auf Werbung (Dwyer 1997, S. 8). Ein gutes Beispiel hierfür wäre der Einkauf in einem Supermarkt. Dwyer griff 1997 die Klassifizierung von Jackson auf und entwickelte auf dieser Basis zwei Grundmodelle zur Berechnung des CLV, nämlich das Customer-Retention-Modell und das Customer-Migration-Modell (Dwyer 1997, S. 9ff.; Berger/Nasr 1998, S. 19; Englbrecht 2007, S. 121). Das Customer-Migration-Modell lehnt sich an das Always-a-share-Modell an. Die Anwendungsbereiche umfassen kurzlebige Verbrauchsgüter (z.B. Büromaterial) oder Dienstleistungen ohne lange vertragliche Bindung (Versandhandel, Reisen etc.) (Dwyer 1997, S. 8). Das Migration-Modell verzichtet auf die Dichotomisierung in Kunde und Nicht-Kunde. Die Verwendung von Kaufwahrscheinlichkeiten anstelle von Bindungsraten ermöglicht es, Kun-den auch dann weiterhin im Modell zu erfassen, wenn in einer oder mehreren Perioden keine Erlöse erzielt wurden. Dazu erfolgt eine Segmentaufteilung. Hierzu klassifiziert Dwyer (1997) die Kunden nach dem Zeitpunkt des letzten Kaufs (Recency), der nach empirischen Untersuchungen maßgeblichen Einfluss auf das zukünftige Kaufverhalten hat (Dwyer 1997, S. 11). Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Berücksichtigung des Unternehmens durch den Kunden ist umso geringer, je länger der vorherige Kauf zurückliegt (Bruhn et al. 2000, S. 173f.). Die Kunden wandern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zwischen den sogenannten 'Recency-Cells'. Darauf aufbauend wird ein Wahrscheinlichkeitsbaum aufgestellt, mit dessen Hilfe der Kundenwert in Form eines Erwartungswertes ermittelt wird (Bruhn et al. 2000, S. 174). Im Kontrast dazu steht das Customer-Retention-Modell, welches sich auf die Lost-for-good-Situation bezieht. Typischerweise werden Retention-Modelle bei Kontraktgütern (u.a. Mobilfunk, Banken, Versicherungen, Zeitschriftenabonnement) oder langlebigen Gebrauchsgütern (z.B. Automobil, Computer) angewandt (Englbrecht 2007, S. 123). 3.3, Bestimmung der Retention-Rate im Lost-for-good-Szenario: Wie schon in Unterabschnitt 2.1 erläutert, wird im Retention-Modell die CLV-Formel im Lost-for-good-Szenario mit der Retention-Rate erweitert. Diese Wahrscheinlichkeit kann konstant oder dynamisch sein. Allerdings spiegelt eine Dynamisierung die Entwicklung des Kunden im Beziehungslebenszyklus wider und ist daher vorzuziehen (Wang/Splegel 1994, S. 75). Die Retention-Rate drückt die Wahrscheinlichkeit aus, mit der der Kunde bis zum nächsten Kauf beim Unternehmen bleibt, unter der Voraussetzung dass alle bisherigen Käufe bei diesem Unternehmen stattgefunden haben (Jackson 1985, S. 18). Deshalb kann sie nur Werte zwischen 0 (Beziehungsbeendigung) und 1 (sichere Beziehungsweiterführung) annehmen (Bruhn et al. 2000, S. 174). Um eine dynamische Retention-Rate zu erzeugen, erweisen sich Hazard-Raten-Modelle als besonders effektiv. Denn durch Bestimmung der Survivorfunktion für einen bestimmten Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt erhält man ohne aufwendige Umformungen die Retention-Rate für die jeweilige Periode. Das bedeutet, der Wert der Survivorfunktion zu einem bestimmten Zeitpunkt entspricht der Retention-Rate.
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