WIESEN VOLLER HEILKRAFT
Kürzlich kam ich an einer Wiese vorbei, die voller Heilkräuter stand: Roter Storchenschnabel war da, Johanniskraut, an den Rändern Spitzwegerich und Wermut, ein paar Meter entfernt war ich an Salbei vorbeigekommen, und von der anderen Seite des Weges leuchtete das Gelb der blühenden Goldrute. Eine Pracht, die mich von Herzen freute!
Ein Mann stand dort in seinem Vorgarten und erzählte mir bedrückt, wie viele seiner Nachbarn, darunter auch ein Mädchen und eine junge Frau, schon gestorben waren. Er klagte, wie deprimiert die Stimmung hier sei, wie schwer das Leben – und das alles ganz nah an dieser Wiese voller Heilkräuter, die uns gegen all unsere körperlichen und seelischen Leiden helfen könnten!
Die meisten Menschen heute wissen so wenig von den Kräften der Natur. Oder sie wenden ihr Wissen nicht an, weil sie dem Doktor und seinen Apparaten und Tabletten mehr vertrauen. Die Natur stellt uns seit Jahrtausenden alles zur Verfügung, was wir für ein gesundes Leben brauchen. Es ist unsere Entscheidung, uns darüber zu informieren und es zu nutzen – oder eben nicht. Die Natur ist da und wartet still. Und zum Glück besinnen sich auch immer mehr Menschen auf ihre Kräfte, weil sie merken, dass sie dort eine Unterstützung bekommen, die niemand anderes geben kann.
Dieses Buch habe ich für Menschen geschrieben, die bereit sind, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Für Menschen, die wissen, dass nur sie selbst für sich sorgen können und dass sie alle Möglichkeiten dafür in sich und in der Natur haben. Die Wirtschaftsformen, die die Menschheit auf der ganzen Erde aufgebaut hat, haben nur ein einziges Interesse: den Profit. Dafür sind sie auch bereit, Gesundheit, Mensch und Natur zu zerstören. Es liegt an jedem von uns selbst, andere Wege zu suchen und zu gehen – für sich selbst und für das Ganze.
Ich hatte das große Glück, in engster Verbindung mit der Natur aufzuwachsen. Auf unserem Bergbauernhof im Südtiroler Ultental lebten wir mit den Pflanzen und Tieren und stellten ganz selbstverständlich alles, was wir zum Leben brauchten, aus den Gaben der Natur selbst her. Wir waren eine große Familie, für meine vierzehn Geschwister und mich war es von klein auf ganz normal, bei einer Verletzung oder Beschwerde das passende Kraut zu pflücken und einen Tee oder eine Auflage damit zu machen. Einen Arzt brauchten wir kaum. Wir wussten, dass die Natur alles heilen kann.
Wenn ich so zurückdenke, würde ich sagen: Wir waren auch in der Seele gesünder, als es viele Menschen heute sind. Wir haben hart gearbeitet, doch Stress kannten wir nicht. Schritt um Schritt, Handgriff für Handgriff wurde das Nötige getan. Wir hatten nur wenige Bequemlichkeiten, doch wir vermissten nichts. Wir lebten im Einklang mit der Natur und fühlten uns richtig in unserem Sein – am richtigen Ort, im richtigen Tun. Wir waren eingebunden in den großen Rhythmus der Jahreszeiten und lebten unseren immer gleichen Alltag, Tag für Tag, Woche für Woche. In dieser Gleichmäßigkeit konnte sich die Seele hier auf Erden entfalten.
Auf dem alten Wissensschatz meiner Vorfahren aufbauend habe ich mich mein Leben lang mit der Heilung für Körper, Geist und Seele beschäftigt, mich vielfältig darin weitergebildet und über Jahrzehnte Praxiserfahrungen mit Klienten und Seminarteilnehmern gesammelt. In meinem ersten Buch Wenn Körper und Seele zueinander finden habe ich ausführlich von meiner Kindheit und den Gepflogenheiten unserer natürlichen Lebensart erzählt. Außerdem habe ich dort vielfältige Möglichkeiten beschrieben, wie Menschen sich gesund erhalten oder heilen können – mithilfe von Kräutern, einer gesunden Ernährung, einem passenden Lebensrhythmus, Atemübungen, Meditationen und so weiter.
Das sehr positive Echo auf dieses Buch hat mich bewogen, mich in einem weiteren Buch speziell der Gesundheit unserer Psyche und unserer Seele zu widmen. In unserer Leistungsgesellschaft leiden immer mehr Menschen unter einer chronischen Erschöpfung, vielen kommen nach und nach der Lebensmut und die Zuversicht abhanden. Und das alles, während in der Natur zahlreiche Heilkräuter wachsen und die Überlieferungen so reich an heilsamen Übungen und Methoden sind. Seien wir klug! Machen wir es nicht so wie der eingangs beschriebene Mann, der verzweifelt neben einer Wiese heilsamer Pflanzen stand und sich ihrer Kraft einfach nicht bediente. Nutzen wir die Möglichkeiten, die wir haben! Sie sind reich und vielfältig. Und sie sind wirksam.
Körper, Geist und Seele
Die Heilpflanzen machen keinen Unterschied, ob wir körperlich leiden oder ob es unsere Seele ist, die Hilfe braucht. Sie heilen dort, wo etwas nicht heil ist. Auch wir dürfen wieder lernen, dass sich die drei Ebenen nicht trennen lassen: Körper, Geist und Seele hängen eng und auf ganz natürliche Weise zusammen. Darum wird es in diesem Buch zur seelischen Gesundheit immer auch um die Heilkraft der Kräuter bei körperlichen Beschwerden gehen. Denn seelische Schmerzen können physische Beschwerden auslösen, ebenso wie die Heilung des Körpers der Seele guttut.
Selbst Unfälle passieren aus meiner Beobachtung genau dann, wenn auf der seelischen, psychischen, man könnte auch sagen energetischen Ebene etwas nicht stimmt. Nehmen wir diese feineren Ebenen immer besser wahr, können wir daher auch Unfälle und vor allem aber Krankheiten verhindern. Wir bleiben insgesamt gesünder, weil wir nicht erst zulassen, dass sich kleine Disharmonien zu ernsthaften Beschwerden auswachsen.
Jedes kleine Symptom, jede schlechte Stimmung, jede hochkochende Emotion ist ein Signal der Seele, dass wir von der Achtsamkeit abgewichen sind. Ein simpler Schnupfen fragt: »Was passiert gerade in Ihrem Leben? Was können Sie nicht mehr riechen? Wovon haben Sie die Nase voll? Wo folgen Sie äußerem Druck statt inneren Bedürfnissen?« Mit diesem Blickwinkel ist es nicht schwer, für neue Gesundheit zu sorgen. Wenn es Ihnen nicht gut geht, aus welchem Grund auch immer, dann können Sie innehalten. Nehmen Sie sich etwas Zeit, atmen Sie für einige Minuten ganz bewusst ein und aus. So kommen Sie ganz zu sich und können sich fragen, was Sie jetzt brauchen. Das alles führt Sie in den Moment, in dem Ihnen bereits neue Kraft und auch Inspiration zufließen. Sie befreien sich mit kleinen, aber stetigen Schritten aus dem Unwohlsein oder der Krise.
Der übliche Weg der meisten Menschen ist, dass sie im Falle einer Beschwerde zum Arzt gehen, der alles für sie wieder in Ordnung bringen soll. Sie denken an mögliche schlimme Folgen oder Diagnosen, an volle Wartezimmer … und es stresst sie enorm.
Der Weg, den ich Ihnen in diesem Buch vorschlage, ist vom ersten Moment an konstruktiv. Statt ängstlich auf die Beschwerden zu schauen, kümmern Sie sich mithilfe alten und neuen Heilwissens um Ihre Gesundheit. Sie lernen sich selbst dabei sehr gut kennen und können die Art, wie Sie reagieren und was Ihre wahren Bedürfnisse sind, bald immer besser einschätzen. Ein Arzt kann Sie niemals so gut kennen. Sie aber können spüren, ob Sie sich einen bestimmten Tee machen wollen, ob Sie eine Körperübung oder eine Atemübung praktizieren möchten, ob Sie einfach Ruhe brauchen oder einen Spaziergang. Natürlich können Sie bei ernsthaften Beschwerden trotzdem zum Arzt oder Heilpraktiker gehen. Aber Sie sorgen zusätzlich selbst für sich, indem Sie sich von Moment zu Moment das geben, was Sie gerade brauchen. Sie behalten die Verantwortung bei sich, was Sie auch psychisch enorm stärken kann.
Mut zur Veränderung
An irgendeinem Punkt im Leben ist es wichtig, sich bewusst zu überlegen: »Wo stehe ich? Lebe ich so, wie ich es will? Wo sind meine Baustellen?« Dieser Mut wird immer belohnt. Natürlich finden fast alle Menschen die eine oder andere Schwachstelle und merken, dass doch einiges im Argen liegt. Aber dieses Bemerken ist der erste, entscheidende Schritt, um etwas zum Positiven zu verändern.
Egal, von wo aus Sie starten, ob es Ihnen gut geht oder ob Sie sich zu schwer beladen fühlen: Wenn Sie sich jeden Tag nur zehn Minuten schenken, um bewusst zu atmen oder zu meditieren, wird sich vieles zu ändern beginnen. Dazu einige Kräuteranwendungen und das Dranbleiben an den Themen, die angeschaut werden wollen – so kann sich Ihr Leben zur höchsten Blüte und zur reichen Frucht entfalten.
Spätestens wenn wir erschöpft oder niedergeschlagen sind, sollten wir die Verantwortung für uns selbst wieder in die Hand nehmen. Niemand anders kann das tun. Am Anfang steht die Frage: »Will ich es anpacken oder nicht?« Ist die Bereitschaft spürbar, dann beginnt von diesem Augenblick an Ihr Weg zu neuer Kraft.
Mit meinen Klienten mache ich gern eine simple Rechnung auf: Wenn Sie sich täglich zehn Minuten Zeit für Ihr Wohlbefinden schenken, sind das im Jahr 3650 Minuten. Das sind 61 Stunden oder gut zweieinhalb Tage, die Sie jährlich in Ihre eigene Gesundheit investieren. Und nun rechnen Sie mal gegen, wie viel Zeit Sie brauchen, wenn Sie nicht für sich sorgen und krank werden: Arztbesuche, Apothekenbesuche, vielleicht sogar Krankenhaus, Zeit im Bett, die man sich nicht gut fühlt … Zweieinhalb Tage pro Jahr sind dagegen eine sehr kurze Zeit. Und wahrscheinlich werden Sie bald gern mehr einsetzen, weil diese Zeit Sie mit Freude erfüllt.
Dieses Buch stellt Ihnen jede Menge Möglichkeiten vor, wie Sie sich konstruktiv um Ihr Wohl kümmern können. Ich habe zwölf hochwirksame Heilkräuter ausgewählt, in deren Porträts ich einige Themen der seelischen Gesundheit anspreche und Ihnen zahlreiche praktische Anregungen gebe. Wie sich Tees, Tinkturen,...