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Heiraten! Oder besser doch nicht?

Episoden einer Versklavung nach deutschem Recht

AutorDietmar Krönert
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9783739268767
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
'Heiraten! Oder besser doch nicht?' sind die Aufzeichnungen eines jahrelangen Scheidungskriegs, wie es eine allgemeine Redensart nennt. Im Falle des Autors trifft diese allerdings nicht zu, denn in einem Krieg sind beide Seiten mit Waffen ausgestattet. Der Autor aber ist ein entwaffneter Gegner, der, mit allen Tricks und Winkelzügen in die Ecke des bösen Buben gerückt, weder bei der Justiz noch bei seinem eigenen Anwalt Gehör findet. Ein ungleicher Krieg, der ihn an den Rand des physischen, psychischen und finanziellen Abgrunds bringt. Es sind aber nicht nur sehr persönliche Erfahrungen, die der Autor wiedergibt, sie vermitteln auch einen überraschend realistischen Einblick, wohin der 'schönste Tag im Leben', wie die Hochzeit gern genannt wird, führen kann, wenn dieser unüberlegt eingegangen wird. Zu informieren, bevor man die Entscheidung seines Lebens fällt, ist deshalb auch ein vorrangiges Anliegen des Autors - zu informieren über die eigenen Fehler und Unterlassungen, aber auch über die des Rechtsstaats und des Gesetzgebers. Denn hinterher ist es meist zu spät.

Dietmar Krönert wurde 1949 in Frankenberg in Sachsen geboren und lebt seit 1952 in Baden-Württemberg. Er arbeitete 51 Jahre lang in verschiedenen technischen Berufen, hat weite Teile der Welt bereist und war zeitlebens kulturell und künstlerisch interessiert. Seit seinem Ruhestand widmet sich Dietmar Krönert dem Romanschreiben. Der Science-Fiction-Roman 'Zeitsprünge' ist nach dem Thriller 'Splatterconnection' sein zweiter Roman.

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Leseprobe

DER ANFANG WAR ZUGLEICH DAS ENDE


1993, im Alter von 43 Jahren, habe ich nochmals geheiratet. Meine Frau und ich, wir kannten uns sieben Monate, bevor wir die Ehe eingingen. Sie, lieb und freundlich, mit einem Hang zum Häuslichen und Familiären. Es gab keinen Grund für mich, daran zu denken, dass auf unsere gemeinsame Zukunft irgendein Schatten fallen würde.

Ich war bereit, alles zu tun, damit es uns als Familie – einschließlich ihrem siebzehnjährigen Sohn – in der Zukunft gut gehen würde.

Doch schon der Beginn unserer Ehe war eine Aneinanderkettung von Absurditäten. Ich musste erkennen, dass meine Frau nicht die Gemeinsamkeit suchte. So etwas hatte ich nicht erwartet, es war absolut überraschend und erstaunlich, was dann geschah. Von Anfang an waren die Kosten für mich, als de facto Alleinverdiener, in astronomische Höhen geschossen. Es gab praktisch keine andere Alternative, als meine Familie zum alleinigen Hobby zu machen. Will heißen: Mein gesamtes Nettoeinkommen plus Gelder aus Kapitelanlagen, aus Angespartem, musste ich für Lebensunterhalt und Anschaffungen aufwenden – ein Kraftakt sondergleichen!

Eine Wohnung anmieten und nahezu komplett neu einrichten. Der Sohn wohnte weiterhin in ihrer Eigentumswohnung in Pilsen. Auch hier mussten teils neue Möbel und Geräte angeschafft werden. Doch die wahren Belastungen waren ganz anderer Natur und ließen kaum drei Stunden auf sich warten.

Nach dem Standesamt und einem Essen mit allen Beteiligten fuhren wir in meine Zweizimmerwohnung, die wir noch für einige Wochen bewohnen wollten. Beim Betreten der Wohnung rief meine Frau unvermittelt: »Mein Sohn, mein Sohn, ich will sofort zu meinem Sohn!«

Gut, wir waren ja erst zwei Tage zuvor aus Pilsen zurückgekommen, und der Junge war nie ganz allein auf sich gestellt. Da waren zum einen die Großeltern und eine Nachbarschaft, wie es sie heute, auch in Tschechien, kaum noch geben dürfte. So ein Mehrfamilienhaus war damals 1993 so etwas wie ein kleines Dorf. Die 18 Familien waren 20 Jahre zuvor in den Neubau eingezogen, und an der Struktur der Bewohner hatte sich dann nichts mehr geändert. Man kannte sich und half sich gegenseitig in vielerlei Hinsicht.

Für die Reise nach Pilsen stand mir am Hochzeitstag jedoch kein verkehrssicheres Fahrzeug zur Verfügung. Mein nur zwei Jahre altes Auto war mir einige Monate zuvor gestohlen worden. Damals gab es noch lange Lieferfristen auf dem Neuwagenmarkt, also hatte ich mir für die Zwischenzeit einen gebrauchten, kleinen Fiat gekauft. Immerhin Extrakosten von 3.000,00 DM. Doch der hielt nicht lange durch. Einen Tag vor dem Standesamtstermin benötigte der Kleine eine neue Bereifung. Von unten betrachtet entpuppte der sich dann aber als völlig verkehrsunsicher. Durchrostungen, in die ich meinen Arm legen konnte. Die 800-km-Reise nach Pilsen konnte ich mit diesem Fahrzeug vergessen.

Also, tags darauf, drei Stunden nach unserer Trauung, kaufte ich einen weiteren Gebrauchtwagen. Renault, 800,00 DM, um es kurz zu machen. Aber auch dieser entpuppte sich als Verkehrsrisiko. Nach der Rückkehr aus Pilsen gab ich das Ding dem Händler zurück und kaufte bei ihm aus der Not heraus einen kleinen Fiat Neuwagen. Sieben oder acht Wochen später wurde dann auch der Ersatzwagen für das gestohlene Auto geliefert. Den musste ich dann gleich wieder verkaufen. Zwei Fahrzeuge konnte ich beim besten Willen nicht unterhalten, ich brauchte die Gelder dringend für andere Zwecke.

Es war, alles in allem, tatsächlich ein Jonglieren damals, und daran hat sich im Grunde nie etwas geändert. In 16 Ehejahren hat meine Frau immer nur in die eigene Tasche gewirtschaftet und ließ mich die ganzen Jahre über mit allen Problemen allein. Und so fühlte ich mich denn auch »alleingelassen«.

Der Mensch geht von sich selber aus – ein allgemein bekannter Spruch. Und so dachte ich lange Zeit, dass die Frau, ebenso wie ich, sich ändern würde. Man geht aufeinander zu, macht Zugeständnisse, respektiert den Partner, wie er ist. Doch weit gefehlt. Die Frau ist in dieser Hinsicht wie aus Beton gegossen. Sie hat sich niemals auch nur einen Deut bewegt.

Nach zirka zwei oder drei Wochen der Ehe meinte meine Frau unvermittelt: »Sparen ist verboten!« Mehrmals in der Folge brachte sie so zum Ausdruck, dass es ihr nur ums Geld ging. Das hatte etwas Erschreckendes, denn ich wollte ja schließlich mit meiner Frau alle Dinge besprechen und mit ihr zusammen gestalten; das Leben gestalten. Ich konnte mir zuvor so etwas nicht vorstellen, dass man die Ehe eingeht, ohne sich dann nachher mit dem Partner irgendwie zu verständigen. Das ist ja auch der Sinn einer Ehe und das Schöne daran, dass man jemanden hat, sich gegenseitig hilft, ohne den anderen zu beherrschen, was ja ganz wichtig ist.

So entstanden von Anfang an Zweifel und ein Vertrauensschwund, der jeden zukünftigen Gedanken belastete. Denn das Wichtigste, was jede Ehe und Beziehung trägt, sind ja Vertrauen, Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeitsgefühl.

Nur wenig später hatte sich meine Frau einen 630-Mark-Job gesucht, was dem heutigen 400-Euro-Job entspricht. Wie sie so ist, besprach die Frau auch das nicht mit mir, sie verfolgte stur ihre eigenen Ziele. Andererseits hatte ich nie vor, ihr in irgendeiner Form Vorschriften zu machen. Ich setzte ja stets auf Freiwilligkeit und Vernunft. Zu diesem Zeitpunkt sagte meine Frau wieder unvermittelt, »das geht dich nichts an«, und meinte damit das Einkommen aus ihrem 630-Mark-Job. Wiederum ohne Diskussion, wiederum mehrfach, also sehr nachdrücklich. Ich habe nicht darauf reagiert, wie auch, wenn die Einsicht und der Wille zur Gemeinsamkeit nicht vorhanden sind, würde das nur in Streit und Händel ausufern.

Für mich das Niedrigste innerhalb der Familie: Streit ums Geld und Missgunst untereinander, möglicherweise noch das Bestehlen des Partners. Um solche Entwicklungen zu vermeiden, habe ich auf ihre Anfeindungen viele Jahre lang nie ein böses Wort erwidert. Genutzt hat’s nichts, im Gegenteil. Im Nachhinein, so denke ich, hatte sie meine Bemühungen, die Ehe zu schützen, als Schwäche ausgelegt und ausgenutzt.

Wer so ein Beziehungsdesaster durchlebt, dem bleibt immer ein generelles Misstrauen im Hinterkopf zurück, mehr oder weniger jedenfalls. Der Mensch wird kaum noch unbefangen auf einen anderen zugehen. Und so ziemlich jeder trägt mehr oder weniger negative Erfahrungen, die er mit anderen Menschen gemacht hat, mit sich herum. Kaum jemand ist unbelastet.

Ich kann hier nicht für andere Schicksale schreiben. Für mich wurden aber schon im Alter von 18 Jahren einige Weichen gestellt. Eine persönliche Erfahrung, wie schnell man sich mental verändert: 1968 kaufte ich mein erstes Auto, einen gebrauchten Käfer, was sonst in jener Zeit – und mir begegnete die erste wunderbare Liebe. Ihr Name war Helga, und es war der schönste Name der Welt. Unsere Liebe und Zuneigung war völlig unbelastet, beinahe noch kindlich, es gab nicht den geringsten Zweifel, dass sie für mich die ewige Liebe sein würde. Und so kam es dann auch, noch heute ist sie und die Zeit mit ihr als das Glück an sich in meine Gedanken eingeprägt.

Was damals geschah; beinahe eine Romeo und Julia Story. Es gibt einen französischen Spielfilm, der Titel lautet »Die Regenschirme von Cherbourg«, mit der jungen Catherine Deneuve. Dialoge und Passagen übrigens ausschließlich gesungen. Die Story des Streifens erinnert mich zutiefst an das, was damals mit uns geschah.

Wir waren wohl ein halbes Jahr lang vereint glücklich. Dann wurde ich einberufen zur Armee. Das bedeutete 18 Monate Wehrdienst und die meiste zeit über die Trennung von ihr. Es war gerade die Zeit des sogenannten »Kalten Krieges«, und ein Weideraufflammen des Weltkonflikts stellte für die meisten Menschen damals eine ganz reale Bedrohung dar. Man erinnere sich an Vietnam oder an die 68er Studentenbewegung. Allgemein war die Erinnerung an den großen Krieg noch zu frisch. Der militärische Drill war dementsprechend kompromisslos, und innerhalb der ersten drei Monate durfte sowieso kein Rekrut den Kasernenbereich verlassen.

Der Abschied voneinander war für uns ein Drama, und ich ahnte wahrscheinlich damals schon, dass es nie wieder so sein würde wie zuvor. Geld war sehr knapp, der anfängliche Sold pro Monat war 40,00 DM. Damit und mit Freifahrten konnte ich später ein oder zwei Mal monatlich mit der Bahn nach Hause fahren. Telefonieren war kaum möglich, denn ihre Mutter war wenig begeistert von unserer Verbindung. So etwas wie ein Handy oder Mobile Phone, wie man im Rest der Welt dazu sagt, war pure Utopie.

Also schrieben wir uns – oftmals täglich. Den letzten Brief von ihr erhielt ich sechs Wochen vor dem Ende meiner Dienstzeit. Sie hatte einen anderen, unsere Beziehung war beendet. Und wie war das mit der persönlichen Erfahrung, wie ich eingangs dieses Abschnittes schrieb? Kurz nach meiner Entlassung aus dem Militärdienst haben wir uns noch einmal zu einem Essen in einem Restaurant getroffen. Es war erschütternd. Ich konnte mich ihr innerlich nicht mehr nähern. Ich konnte nicht mehr so unbefangen mit ihr reden wie zuvor, als die Liebe noch so unkompliziert war. Man kann das, was einmal verschüttet wurde, nur schwer wieder aufblühen lassen. Und dann muss man das Ende der Schönheit akzeptieren.

Natürlich musste ich ihr verzeihen, man kann keine Liebe erzwingen, wenn es dazu auch andere Meinungen gibt. Sie war ja so jung und musste das Leben ausprobieren, wie kann man da einer jungen Frau einen Vorwurf machen.

Es geht nun mal nicht anders, als jeder neuen Beziehung immer wieder einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Und es besteht natürlich immer die Gefahr, dass man zum Opfer wird. Darum zurück zu dem, was mich seit 16...

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