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Hochbegabung: Tipps für den Umgang mit fast normalen Kindern

AutorChristiane Alvarez
Verlagdtv Deutscher Taschenbuch Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783423405324
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Kompetente Antworten auf die häufigsten Fragen von Eltern und Lehrern Hochbegabte Kinder sind eigentlich ganz normale Kinder, weder Sonderlinge noch abgehobene Genies. Sie sind eben nur sehr intelligent und stellen deshalb andere Anforderungen an ihr Elternhaus, den Kindergarten oder die Schule. Für Eltern und Lehrer hat Christiane Alvarez einen wissenschaftlich fundierten und zugleich praxisbezogenen Ratgeber verfasst. Auf der Basis ihrer in Forschung und Praxis erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen stellt sie dar, was Hochbegabung ist, wie man sie erkennt und welche Tests dabei angewendet werden. Darüber hinaus fragt sie, inwiefern Hochbegabte anders sind, und zeigt, wie man gut mit ihnen umgehen und sie angemessen fördern kann. Sie nennt die klassischen Schwierigkeiten, die sich für Eltern von Hochbegabten auftun, und gibt Tipps, wie man sie vermeiden oder reduzieren kann.   

Christiane Alvarez, geboren 1973, studierte Psychologie und promovierte über die Interessen hochbegabter Grundschulkinder. Bis 1999 arbeitete sie im Marburger Hochbegabtenprojekt mit und war anschließend bei der Begabungsdiagnostischen Beratungsstelle BRAIN an der Universität Marburg in Diagnostik und Beratung tätig.  

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Leseprobe

Was ist Hochbegabung?


»In seiner allgemeinen Bedeutung bezieht sich das Konstrukt Hochbegabung auf die weit überdurchschnittliche Ausprägung von Personenmerkmalen, die Individuen – verglichen mit Gleichaltrigen – zu reliablen Spitzenleistungen oder zu populationsstatistisch seltenen Handlungserfolgen befähigt.«

Dieses Zitat aus Langfeld & Tent (1999, S. 190) drückt aus, was sich viele unter Hochbegabung vorstellen: Wer hochbegabt ist, sollte ein Merkmal (nämlich die Begabung) besitzen, das im Vergleich zu anderen – in diesem Fall Menschen, die genauso alt sind – deutlich über dem Durchschnitt liegt. Dieses Merkmal, also die Begabung, soll es ihm ermöglichen, Spitzenleistungen oder für die Vergleichsgruppe als selten anzusehende Erfolge zu erreichen. Diese Spitzenleistungen oder Erfolge sollten nicht nur als einmaliger Zufallstreffer, sondern regelmäßig auftreten. Die Zuverlässigkeit, mit der eine Leistung immer wieder in ähnlicher Höhe beobachtet und gemessen werden kann, wird mit dem Fachausdruck Reliabilität bezeichnet.

Die Wissenschaft hat sich nun damit beschäftigt, was dieses Merkmal sein könnte, wie man es messen kann und was mit »selten« bzw. »Spitzenleistungen« gemeint ist. Über die Definition von Hochbegabung herrscht jedoch keine Einigkeit – es gibt Definitionsvorschläge wie Sand am Meer. Neben der gängigen Weise, Hochbegabung über einen hohen Intelligenzquotienten zu bestimmen, ist das Zusammensetzen mehrerer Definitionsvariablen zu einem »Hochbegabungsmodell« beliebt. Auf den folgenden Seiten bespreche ich einige der geläufigsten Definitionen von Hochbegabung sowie spezielle Hochbegabungsmodelle.

Hochbegabungsdefinitionen

Bei meiner Auswahl von Hochbegabungsdefinitionen orientiere ich mich an den Definitionsklassen von Lucito.21 Lucito versuchte die Flut der Definitionen zu ordnen und bildete mehrere Gruppen. Davon möchte ich die wichtigsten vorstellen:

  • IQ-Definitionen

  • Prozentsatzdefinitionen

  • Kreativität

  • Ex-post-facto-Definitionen/Post-hoc-Definitionen

 

IQ-Defintionen und Prozentsatzdefinitionen

Wohl am meisten genutzt – und gleichzeitig höchst umstritten – ist die Definition über den IQ. Hochbegabung als hohe Ausprägung der allgemeinen Intelligenz zu definieren ist im In- und Ausland üblich und hat eine lange Tradition.22 So wird intellektuelle Hochbegabung beispielsweise im Dorsch Psychologischen Wörterbuch23 als »eine sehr hohe Ausprägung der allgemeinen Intelligenz im Sinne einer individuellen Disposition«, also Anlage, definiert (Stapf & Stapf, 1998, S. 358). Üblicherweise wird ein IQ = 130, d. h. ein IQ von zwei Standardabweichungen über dem Mittelwert 100, als Grenzwert für Hochbegabung festgelegt. Ein Wert ab IQ = 130 liegt weit über dem Durchschnitt und tritt sehr selten auf. Dass der Grenzwert bei 130 liegt, ist eine Konvention – es ist nicht erwiesen, dass Menschen ab einem IQ dieser Höhe »anders« denken. Es ist eine reine Vereinbarung, ab diesem Wert von »Hochbegabung« zu sprechen, aber er ist allgemein anerkannt. Solch eine genaue Grenzsetzung ist vor allem in der Forschung wichtig. In der Schule sollte natürlich keinem Kind mit einem weit überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten wie z. B. IQ = 127 eine Förderung verwehrt werden, weil es nicht per definitionem hochbegabt ist.

An dieser Definition über den IQ wird oft die Kritik geübt, man erfasse nur einen Teil der Person, was teilweise zu den (weiter unten besprochenen) mehrfaktoriellen Modellen geführt hat. Auch wurde die Frage gestellt, ob es Sinn macht, »die Psyche zu vermessen«. Um jedoch ein Kind oder einen Erwachsenen fair zu beurteilen (d. h. ihn z. B. nicht aufgrund von Vorurteilen gegenüber seiner Herkunft falsch einzuschätzen), ist der Intelligenztest gut geeignet: Er wurde so entwickelt, dass alle unter gleichen (objektiven) Bedingungen Aufgaben bearbeiten und mit einer sorgfältig ausgewählten Gruppe verglichen werden. Auch wird darauf geachtet, dass der Test zuverlässig ist, also heute, morgen und in mehreren Monaten sehr ähnliche Einschätzungen trifft.

Es stehen eine Reihe guter Tests zur Messung der Intelligenz zur Verfügung. Diese Tests messen, wie oben beschrieben, zuverlässig (= reliabel) und auch das, was sie sollen (sie sind also gültig = valide), d. h., sie können z. B. gut vorhersagen, ob ein Schüler die nötige Begabung aufweist, um das Gymnasium intellektuell zu bewältigen (= prognostisch valide, gute Vorhersagekraft. Dies gilt besonders im Vergleich zu Konzepten bzw. Modellelementen wie »Kreativität«.). Vorteil der Identifikation über den IQ ist also neben der guten Erfassbarkeit und Vergleichbarkeit vor allem die gute Reliabilität (Zuverlässigkeit) und (prognostische) Validität (Gültigkeit) dieses Kennwertes. Man hat bisher außerdem keinen qualitativen Unterschied zwischen dem Denken Nichthochbegabter und Hochbegabter (z. B. im Sinne eines vernetzteren oder ganzheitlicheren Denkens) nachgewiesen, sodass diese quantitative Definition sinnvoll und praktikabel erscheint. So lassen sich viele Kritikpunkte an der Intelligenzmessung entkräften. Der an weitergehenden Informationen interessierte Leser sei auf Eysenck (2004) verwiesen – häufige Kritikpunkte am IQ und entsprechende Gegenargumente werden dort ausführlich besprochen.

Verwandt mit den IQ-Definitionen sind die Prozentsatzdefinitionen, die einen bestimmten Prozentsatz als hochbegabt einstufen. Ein IQ ≥ 130 entspricht nach der Normalverteilung der Zugehörigkeit zu den obersten zwei Prozent der Intelligenzverteilung. In diesem Fall überschneiden sich die beiden oben genannten Definitionen; es gibt jedoch auch Gruppen, die einen anderen Prozentsatz festlegen und z. B. die zehn Prozent Intelligentesten als hochbegabt einstufen. Theoretisch kann das Kriterium der Prozentsatzdefinition aber auch in der Leistung in einem bestimmten (auch nicht-intellektuellen) Bereich liegen. Für einen Klavierwettbewerb würde man beispielsweise die (nach Expertenmeinung) zehn Prozent besten Klavierspieler des Jahrgangs auswählen. Denkbare Auswahlbereiche sind alle, in denen Leistung gemessen/beurteilt werden kann (z. B. durch Noten oder Expertenurteil).

Da, wie bereits erwähnt, keine qualitativen Unterschiede zwischen dem Denken Hochbegabter und Nichthochbegabter gefunden werden konnten, ist es mittlerweile üblich, im Rahmen der Auswahl der Teilnehmer von Förderprogrammen (oder von Forschungsprogrammen) einen quantitativen Grenzwert zu setzen.

Hochbegabung wird in der Regel als weit überdurchschnittliche Ausprägung der allgemeinen Intelligenz definiert, ab einem IQ ≥ 130 wird von »intellektueller Hochbegabung« gesprochen. Dies entspricht einer Zugehörigkeit zu den zwei Prozent Intelligentesten.

 

Kreativität

Vielfach wurde kritisiert, dass die Definition über den IQ zu eng sei und nur schlussfolgerndes Denken umfasse, nicht aber das Produzieren neuer, unkonventioneller Ideen. Die Kreativität wurde daher in einige Hochbegabungsdefinitionen aufgenommen. Demnach ist (auch) derjenige hochbegabt, der originelle neue Dinge schaffen kann. Das Konzept »Kreativität« birgt allerdings verschiedene Probleme, die seine Aufnahme in die Hochbegabungsdefinition wenig sinnvoll erscheinen lassen. Trotz langjähriger, umfangreicher Forschung (zur kreativen Person, zum Entstehungsprozess kreativer Ideen und zum kreativen Produkt) ließen sich die nachfolgend beschriebenen Fragen und Schwierigkeiten nicht klären.24

Ein Problem ist, dass es zu viele verschiedene Vorstellungen und Definitionen davon gibt, was Kreativität eigentlich ist. Bei Kreativität fallen sicher jedem Beispiele von Dingen oder Menschen ein, die man sehr kreativ nennen würde. Doch wie beurteilt man z. B., ob ein Kunstwerk tatsächlich eine kreative Leistung ist, es wirklich originell, die Idee wirklich neu ist und wie gut sie ist? Und wer beurteilt dies? Muss ein kreatives Produkt auch einen gewissen Nutzen haben oder als wertvoll angesehen werden können? Diese Fragen können bisher nicht (einheitlich) beantwortet werden.

Man ist kaum in der Lage, Kreativität zu fassen und zu messen. Es existieren zwar ca. 300 Verfahren zur Messung von Kreativität,25 jedoch sind diese aus verschiedenen Gründen oft nur eingeschränkt brauchbar. Entsprechende Tests messen z. B. nicht immer denselben Aspekt von Kreativität. Daher ist es fraglich, ob derjenige, der in einem Test gut abschneidet, in einem anderen Kreativitätstest ebenfalls gut wäre. Vor allem ist fraglich, ob er solch kreative Leistungen, wie sie uns vorschweben, bei einem hohen Testergebnis wirklich häufiger und auch in Zukunft zeigen würde.26 Denn die Testergebnisse hängen nicht unbedingt mit zukünftigen kreativen Leistungen zusammen. Auch ein Rückschluss von Produkten (Bildern etc.) auf kreative Fähigkeiten ist kaum möglich, sodass dies keine Alternative darstellt, um kreative Personen auszusuchen. Die Ergebnisse in Kreativitätstests hängen darüber hinaus oft so stark mit der allgemeinen Intelligenz zusammen, dass sie kaum etwas Eigenes messen. Wer im Intelligenztest gut ist, wird im Kreativitätstest kaum schlecht abschneiden.

Umgekehrt heißt das: Wer sehr kreativ ist, ist meist ebenfalls intellektuell mindestens gut begabt. Daher ist es korrekter, statt eines fehlerbehafteten Kreativitätstests...

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