Die Evolution des Menschen
Evolution bedeutet Entwicklung. Wir haben uns von haarigen gekrümmten Wesen zum heutigen aufrechten Menschen entwickelt. In einzelnen Blogs, Foren und Diskussionsrunden beschäftigen dabei Fragen rund um unser Erbgut. Unser Erbgut, fachsprachlich Genom, sitzt tief in uns drin. Unser Körper besteht aus Organen, jedes Organ aus Milliarden von Zellen. Und jede Zelle wechselt Stoffe um, damit sie Energie zum Leben gewinnt. In jeder Zelle hat es einen Zellkern. Darin lagern Chromosomen. Auf dieser fadenartigen Struktur sitzen Gene in Reih und Glied. In jedem Gen ist eine kleine Teilinformation, ein kleiner Teilplan, gespeichert. Alle Gene zusammen in einer Zelle bezeichnen wir als Genom, oder eben Erbgut. In den Genen sind alle Informationen codiert abgespeichert, was jede Zelle zu tun hat. Wie im Bausektor ein Bauplan den Bau eines Hauses mit all seinen Leitungen, Pumpen und Softwaresteuerungen ermöglicht.
Ein Genom geben wir von Generation zu Generation weiter. Und beim Genom setzen Kernfragen an: Ist unser Erbgut optimal an unsere heutige Industrieernährung angepasst? Kann es mit Lebensmitteln richtig umgehen, die so nicht in der Natur wachsen, beispielsweise Pasta, Ravioli, Fertigmenüs? Wissen die Zellen, was mit den industriellen Zusatzstoffen zu tun ist? Hat die Evolution Schritt halten können mit der rasanten Entwicklung der Zivilisation?
… Sauerstoff, freie Radikale und Antioxidantien
Die Evolution der Lebewesen ist ein erster wesentlicher Ansatzpunkt auf unserer Indiziensuche. Dazu müssen wir ein paar „Jährchen“ zurückblicken. Nach der Urknalltheorie entstand unser Universum vor über 13.5 Milliarden Jahren. 9 Milliarden Jahre später, also 4.5 Milliarden Jahre vor Heute, soll das Sonnensystem als Überbleibsel einer Sternenexplosion entstanden sein, und damit auch unser Planet Erde. Setzt man die Entstehung der Erde im Zeitraffer auf den 1. Januar und das Heute als 31. Dezember, Mitternacht, so werden die unglaublichen Dimensionen der Evolution fassbar. Ein Tag dieses beispielhaften Kalenderjahres entspricht dann etwas mehr als 12 Millionen Jahre Evolutionsgeschichte. In diesem Zeitraffer entstand gegen Ende Februar erstes primitives Leben, urtümliche Bakterien. Viele Milliarden Jahre lang herrschten Bakterien und erste Wassertierchen über unseren Planeten. Einige Arten „erfanden“ die Photosynthese. Diesen Prozess haben Bakterien aber nicht patentieren lassen, sondern der planetarischen Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. So konnte die Evolution alle erdenklichen Pflanzenarten mit der Photosynthese ausstatten. Mit Hilfe der Lichtenergie produzierten nun Pflanzen fortan aus dem Wasser der Erde und Kohlenstoffdioxid der Luft den lebensnotwendigen Zucker, vor allem Glucose. Glucose wird dann zu sehr langen Polysacchariden, der Stärke, zusammengebaut. So speichert die Pflanze die Energie aus dem Licht in Form von Stärke. Als „Nebenprodukt“ scheiden die Pflanzen Sauerstoff aus. Eine Voraussetzung für das Leben auf unserer Erde. Sauerstoff ist aber ein sehr reaktives Molekül. Es kann als freies Radikal äusserst aggressiv sein. Das wissen wir spätestens dann, wenn wir ein feuchtes Metallstück an der Luft rosten sehen. Und weil wir nur mit Sauerstoff funktionieren, „rosten“ wir quasi von innen heraus. In unseren Zellen kann eine Horde von „wilden“ Sauerstoffmolekülen zwar unseren Stoffwechsel unterstützen, aber auch unser Erbgut, ja ganze Zellverbände schädigen. Was sind denn freie Radikale eigentlich? Und wie bändigt man sie?
Freie Radikale fackeln nicht lange. Sie handeln sehr schnell. In Bruchteilen einer Sekunde vermögen sie eine chemische Reaktion auszulösen. Sie sind darum in wichtigen biochemischen Vorgängen in unseren Zellen involviert. Man benötigt sie dort. Beispielsweise macht sich das Immunsystem das schnelle Handeln der freien Sauerstoffradikale bei der Bekämpfung von Eindringlingen zunutze. Oder das Radikal Stickstoffmonoxid (NO) funktioniert als zelleigenes Signalmolekül auch im Nervensystem, wo es schnell gehen muss. Die freien Radikale sind also nicht von Grund auf „böse“. Sie sind nur schnell, „scheinbar unüberlegt“ und manchmal „gereizt“. Darum bewirken sie in den Zellen neben erwünschten chemischen Reaktionen mitunter auch unerwünschte.
Schauen wir uns doch mal die Hooligans an einem Fussballmatch an. Das sind eigentlich ganz normale Kerle, deren Arbeitsleistung wir in unserer Wirtschaft benötigen. So gibt es einige, die Büroarbeiten verrichten, ein Handwerk ausüben, im Sicherheitsdienst arbeiten oder unsere Strassen sauber machen. Also übliche Arbeiten verrichten. Wie die freien Radikale, die unserem Immunsystem helfen, unkontrolliert wuchernde Zellen zu bändigen oder die den Müll in unseren Körperzellen beseitigen. Diese schnell handelnden Substanzen bergen aber etwas Radikales in sich, so wie die Hooligans zwischendurch auch Radikalität versprühen. Sind diese beispielsweise an einem Fussballmatch, reagieren sie mitunter sehr gereizt und agitiert. Da geht es manchmal sehr schnell, dass sie den nächstbesten gegnerischen Fan schlagen. Dabei verliert der Hooligan etwas an Energie (Elektronenabgabe) und der andere gewinnt an Ärgerenergie (Elektronenaufnahme). Dies führt nun aber zu einer Kettenreaktion, denn derjenige, der die Energie des Schlägers abbekommen hat, gibt diese unvermittelt weiter. Schon kommt es zu einer Massenschlägerei. In Zellen finden solche „Massenschlägereien“ dauernd statt. In Pflanzenzellen unter anderem dort, wo die Photosynthese abgeht. In Tier und Mensch bei der Energiegewinnung in den Kraftwerken jeder Zelle (Mitochondrien).
Früh in der Evolution entwickelten sich also Lebewesen, die fortan vom Sauerstoff der Pflanzen lebten. Biochemische Reaktionen mit dem Sauerstoff in den Zellen liessen aber die Hooligans entstehen. Die damaligen Lebewesen überlebten die Hooligans nur, weil ihnen die Pflanzen auch gerade eine Verteidigungseinheit gegen randalierende Sauerstoffradikale über die Nahrung mitlieferten. Und das konnten die Pflanzen tun, weil eine evolutive Erfindung sie selbst vor ihrem eigenen Sauerstoff aus der Photosynthese zu schützen imstande war: Antioxidantien in Form von Vitaminen und Pflanzenstoffen. Solche Radikalfänger sind zum Beispiel Vitamin E, Vitamin C und Vitamin A. Auch Pflanzenstoffe wie Carotinoide, die gehäuft in Karotten vorkommen wirken antioxidativ. Oder Flavonoide, die man konzentriert in Äpfeln, Brokkoli, Grünkohl und Zwiebeln findet. Diese Antioxidantien neutralisieren einen Teil der Hooligans. Den anderen Teil benötigen die Zellen für ihre regulären Arbeiten.
Findet also nach einem Fussballmatch eine Massenschlägerei statt, rücken Polizisten den Hooligans auf die Pelle. Sie stoppen und neutralisieren die Randalierer unter den Fussballfans, um deren Zerstörungskraft zu verhindern. Hat es zu viele Hooligans oder zu wenig Polizisten, entsteht ein Ungleichgewicht. Das ist purer Stress. Auf eine Zelle bezogen spricht man dann von oxidativem Stress, also Stress verursacht durch eine Überzahl an Sauerstoffradikalen.
Bei erhöhter körperlicher Anstrengung oder psychischem Stress entstehen beispielsweise mehr Hooligans in uns drin. Radikale entstehen aber nicht nur durch unseren Stoffwechsel. Sie werden auch durch Fremdeinwirkung gebildet, so z.B. UV-Strahlung, Ozon, Röntgenstrahlen, Zigarettenrauch oder Industriechemikalien. Unser Körper mobilisiert dann seine Reservepolizisten, um ein Ungleichgewicht zwischen Polizisten (Antioxidantien, Radikalfängern) und Hooligans (freien Radikalen) zu vermeiden. Das kann er aber nur, wenn genügend Antioxidantien zur Verfügung stehen. Fehlen diese dauerhaft, summieren sich im Verlaufe von Jahren oder Jahrzehnten Zellschäden. Ein lang andauerndes Ungleichgewicht gefährdet in letzter Konsequenz den ganzen Menschen. Das Risiko für Arteriosklerose, Tumore oder Autoimmunkrankheiten steigt. Daher ist es für uns lebenswichtig, dass wir genügend Antioxidantien aus der natürlichen Nahrung aufnehmen, quasi ein adäquates Heer von Polizisten in uns pflegen. Nicht zu viele, aber auch nicht zu wenige.
Alle Lebewesen, die Sauerstoff verbrauchen, erhalten also von den Pflanzen nicht nur den Sauerstoff, sondern auch gerade die Antioxidantien durch die pflanzliche Nahrung mitgeliefert. Dank diesem Umstand konnten sich im Verlaufe der Evolution nach und nach höher entwickelte Kreaturen entwickeln und am 7. Dezember bevölkerten Reptilien, Vögel und Saurier den Planeten, später Säugetiere. Am 24. Dezember war aber damit „bereits wieder“ Schluss. Katastrophen wie Asteroideneinschläge und Eiszeiten machten den Dinosauriern den Garaus. Sie überlebten aber immerhin etwa 200 Millionen Jahre. Danach hiess es in die Hände spuken und neu anfangen. Unsere Vorfahren entwickelten sich. Am 31. Dezember um 20:15 erhoben sie sich auf zwei Beine, und um 23:30 betrat der anatomisch moderne Mensch die Bühne des Lebens. Der Homo sapiens („homo“ bedeutet Mensch, „sapiens“ wissend) war entstanden.
Gerade mal...