Nachgeschenkt ...
Lob ist Lob
Nachdem vor vielen Jahren mein drittes Buch, „Eines Jägers Fahrten und Fährten“, veröffentlicht worden war, hatte ich für meine nächste geplante Publikation große Schwierigkeiten, einen deutschen Verleger zu finden. Als ich das Manuskript das zweite Mal mit der höflichen Absage eines Verlegers zurückbekommen hatte, schickte ich es an ein bekanntes Verlagshaus in Österreich. Drei Tage, nachdem ich es zur Post gebracht hatte, rief ich ungeduldig den Lektor an, um ihm mitzuteilen, was ihn erwarte.
„Ihre Arbeit gefällt uns ausgezeichnet, Ihr Stil ist einmalig. Ihre Schilderungen sind äußerst interessant. Gewiss können die Leser von Ihrem reichen Erfahrungsschatz profitieren usw., usw. … Am Ende des Gespräches beglückwünschte mich der Herr am anderen Ende der Leitung noch einmal ausdrücklich zu meinem Buch. Leider sähe er aber zurzeit leider keine Möglichkeit für eine verlege-rische Betreuung. Er habe in den letzten Monaten viele Buchmanuskripte bekommen – nicht im Entferntesten mit so viel Einfühlungsvermögen geschrieben wie meins, betonte er noch – und anderen Autoren bereits voreilig Zusagen gegeben, sodass er mir das Material daher zu seinem allertiefsten Bedauern unveröffentlicht zurücksenden müsse. Auch sei sein Etat erschöpft, das Verlagsprogramm und die finanziellen Mittel erlaubten ihm höchstens zwei größere jagdliche Publikationen im Jahr und ich möge bitte Verständnis dafür haben.
Trotz meiner Enttäuschung tat mir das Lob aus berufenem Munde gut.
Am nächsten Tag händigte mir der Postbote meine Sendung ungeöffnet wieder aus. Auf dem Umschlag klebte ein offizieller Notizzettel der österreichischen Post mit dem Vermerk: „Wegen ungenügender Frankierung Annahme vom Adressaten verweigert.“
Der Herr der Bücher hatte mein Manuskript gar nicht gelesen.
Die Sollbruchstelle
Als wir noch jünger waren, zogen mein Bruder und ich oft und gern mit unseren Hunden hinaus, um in den kleinen Feldgehölzen des elterlichen Reviers Kaninchen oder Hasen zu buschieren. Mitunter begleitete uns dabei der Freund meines Bruders, Herr von L., ein frühzeitig in den Ruhestand gegangener Offizier. Er hatte großes Interesse und viel Verständnis für Jagd und Natur, war sportlich und „noch sehr läufig“, wie er es ausdrückte.
In Dreierreihe gingen wir durch das Jagen 30, eine damals frisch angelegte Kultur, in der die Kiefern gerade einmal knöchelhoch standen. Zwischendurch gab es natürliche Freistellen, auf denen die kleinen Bäumchen nicht angewachsen waren und der helle, armselige Heidesand hindurchschimmerte. Die Kaninchen schätzten diesen Revierteil sehr.
Als wir so in einer Front aufmerksam dahinzogen und unsere beiden Hunde gehorsam unter der Flinte suchten, ging direkt vor meinem Bruder plötzlich ein Kanin hoch. Bevor einer von uns reagieren konnte, sprang sein Weimaraner Rüde Caesar ein und erwischte gerade noch das Hinterteil des Karnickels. Der Lapuz konnte sich aber aus dem Fang des Hundes befreien und weiterflüchten. Caesar verhielt kurz und schüttelte sich verblüfft und angewidert die Blume aus dem Fang. Im gleichen Moment schoss mein Bruder. Das Kanin zuckte im Schuss zusammen und ging schwer krank ab, Caesar folgte sofort.
Der alte Herr von L. hatte zwar gesehen, wie der Lapin schwer angeschossen flüchtete, aber nicht beobachtet, was vorher geschehen war. Daher winkte mein Bruder ihn heran, und gemeinsam gingen wir zu der Sasse, wo Caesar das Kanin beinahe gegriffen hatte.
„Ich dachte es mir fast“, murmelte mein Bruder leise vor sich hin und fuhr gedankenverloren fort: „Das ist jetzt das dritte Mal, dass ich so etwas erlebe.“
Verständnislos schaut v. L. ihn an.
„Hier, die Blume“, meinte mein Bruder, hob die am Boden liegenden Überreste auf und zeigte sie unserem Freund. „Sie ist dem Rammler vor Schreck abgebrochen. Man liest darüber öfter in den Jagdzeitschriften, aber wie gesagt, ich erlebe es erst das dritte Mal, obwohl ich schon verdammt viele Kaninchen geschossen habe.“
Ich merkte es an seiner Mimik, dass von L. nicht wusste, ob er lachen oder weinen sollte, Misstrauen und Unglaube stritten in ihm miteinander.
Da kam der Hund mit dem verendeten Kanin im Fang zurück. Wir eilten ihm entgegen. Den grauen Flitzer zierte nur noch der Torso einer Blume, der Hauptteil war ja schon vorher Opfer von Caesars Fängen geworden.
Mein Bruder nahm seinem Hund die Beute ab und besah sie sich scheinbar verdutzt und kopfschüttelnd. Da konnte von L. nicht mehr an sich halten, seine Physiognomie verlängerte sich um das Doppelte ihrer vorschriftsmäßigen Länge, als er das Karnickel ohne Blume betrachtete, und es platzte aus ihm heraus: „Also, wenn ich nicht dabei gewesen wäre und es mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich es für Jägerlatein halten!“
Ein Hut als Hasenretter
Als Gesa, meine Kleine Münsterländer Hündin, erst ein knappes Dreivierteljahr alt war, wurden meine Tochter Trixi mit der Hündin und ich zu einer Treibjagd in den noch mit Niederwild gesegneten Gemüseanbaugebieten von Bardowick vor den Toren Lüneburgs eingeladen.
Die Stimmung war fröhlich. Einige Hunde tobten ausgelassen weit voraus über die Felder, es wurde viel gerufen und laut gepfiffen, aber kaum geschossen.
So fest, wie der Glaube mancher Zeitgenossen an die Treue des Hundes ist, so unerschütterlich ist mitunter auch die Überzeugung, dass der beste Freund des Menschen stocktaub sei. Tucholsky sagte ja bereits: „Der eigene Hund macht keinen Lärm, er bellt nur.“ Gesa verhielt sich unter der konsequenten Führung meiner Tochter als einer der wenigen Hunde fast vorschriftsmäßig.
In breiter Front stapften wir über die verschneiten Felder. Links von mir ging meine Tochter mit der Hündin am Riemen, rechts ein älterer Jäger, der die junge Dame und ihren tadellos abgeführten Hund bereits bei der Begrüßung auffällig bewundernd umbalzt und sich mir gegenüber lobend über das hübsche Gespann geäußert hatte.
Eben dieser Jäger verhoffte plötzlich und rief Trixi mit Gesa herbei. „Ungewöhnlich – nicht korrekt“, so mag es meiner Tochter durch den Sinn gegangen sein, aber dann folgte sie doch, zumal auch noch andere Schützen zu dem Rufenden eilten.
Der Grund war ein Hase, den der Mann vor sich in der Sasse entdeckt hatte, und den sollte Trixi nun erlegen.
Flink rückten die Jäger von allen Seiten mit schussbereiten Flinten dem sich drückenden Meister Lampe auf den „Leib“, und der verängstigte Mümmelmann drückte sich im Vertrauen auf seine Tarnfärbung, die ihm bei der Schneelage jedoch nichts nützte, noch tiefer in sein Lager.
Weil man einen Hasen, zumindest wenn Zuschauer dabei sind, nicht im „Pott“ schießt, standen sich die vier Jäger für einen Augenblick ratlos gegenüber, bis einer von ihnen seinen Hut nach dem „Krummen“ warf. Daraufhin überstürzten sich die Ereignisse ...
Später wurde behauptet, der Hut hätte den Hasen getroffen. Der wäre mit der Kopfbedeckung über den Löffeln davongeflüchtet, hätte nicht mehr sehen können und einen der Jäger fast umgerannt. Weil Meister Lampe zu nah gewesen wäre, hätte dieser Jäger nicht schießen und die anderen nicht in Anschlag gehen können, ohne ihre Jagdgenossen zu gefährden.
Ich habe alles aus nächster Nähe beobachtet und weiß, dass die kleine Privatjagd anders verlief.
Als nämlich der Hut durch die Luft segelte, verstand Gesa dies als Aufforderung zum Spiel. Sie befreite sich rückwärts zerrend aus ihrer Halsung, stürmte auf den Jagdfilz los und brachte ihn der verdutzten Trixi.
Der Hase hatte sich bis dahin nicht geregt und nutzte die Ablenkung der erstaunten Jäger, deren Aufmerksamkeit sich kurz, aber voll auf die apportierende Hündin konzentrierte, um unbeschossen zu entkommen und seinen Balg in Sicherheit zu bringen.
Aphrodisiakum mit Langzeiteffekt
Ich verbrachte mehrere Jahre in Neuseeland und lebte dort überwiegend von der Jagd. Das Wildbret, das ich im Auftrag der Regierung erbeutete – meistens Rotwild – trug ich von den Bergen herab und verkaufte es.
Ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, schoss ich auch Basthirsche. Es war um die Wende des vorletzten Jahrhunderts schließlich auch in unseren Breiten noch üblich, Kolbenhirsche zu erlegen. Berühmte Jäger wie Kaiser Franz Josef bewerteten das Jagderlebnis höher als einen toten Knochen, die Trophäenbeute, und ich konnte vom Verkauf der Bastgeweihe gut leben.
Vor allem chinesische Aufkäufer – und es gab deren viele – boten beträchtliche Summen für das „velvet“. Für die getrockneten und zu feinem Granulat zermahlenen Baststangen erzielte man auf asiatischen Märkten Höchstpreise. Aus dem Pulver wird nämlich ein Aphrodisiakum hergestellt, ein Wundermittel, das angeblich auch müden alten Männern wieder jugendliche Frische und Ansehen bei den Damen verleihen soll.
Ich zweifelte schon damals an der Wirkung dieser traditionellen chinesischen Medizin, würgte aus lauter Neugierde aber trotzdem einmal die ganze Augsprosse eines Kolbenhirsches herunter. Sie schmeckte widerlich, aber welche Strapazen nimmt man nicht mitunter in der Erwartung angenehmer Überraschungen auf sich!
Auf die Wirkung warte ich noch heute – vergeblich.
Der ordinäre Papagei – „selbst ausgedenkt“
Bei meinem Jagdfreund Zitzewitz geht es sehr vornehm und förmlich zu. Der Hausherr ist zwar...