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E-Book

Identität und Internet: Die Schattenseiten von Kommunikation und Identitätsbildung im Internet

AutorJan-Christian Hansen
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl58 Seiten
ISBN9783956845642
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Das Internet bestimmt wie kein anderes Medium unseren Alltag und unser Leben. Die (Langzeit-)Folgen sind nicht abschätzbar, dennoch zeigen sich in puncto Kommunikation und Identitätsbildung im Internet erste besorgniserregende Tendenzen, die vor allem auf die Veränderung unserer Kommunikationsart zurückzuführen sind. Wir reden nicht mehr von Angesicht zu Angesicht mit unseren Mitmenschen, sondern wir kommunizieren im Internet vorwiegend durch Schriftsprache miteinander. Diese Ausklammerung der physischen Präsenz aus dem Kommunikationsprozess hat jedoch schwerwiegende Folgen auf die Gesellschaft, unser Zusammenleben und auf unser Ich. Kommunikation und Identität werden im Internet zu beliebig manipulierbaren Größen. Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen des Internets als dominantes Kommunikationsmedium sowie deren Einfluss auf unsere Identität mit Hilfe von Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns und versucht Antworten darauf zu geben, wie wir die nötige Internet- und Identitätskompetenz aufbringen können, ohne unser Ich, unsere Identität und die lebensnotwendige Kommunikation mit unseren Mitmenschen aufzugeben.

Jan-Christian Hansen ist ein deutscher Schriftsteller und Autor, der in den Genres Roman, Krimi, Sachbuch, Science-Fiction und Fantasy schreibt. Basierend auf seinen wissenschaftlichen Arbeiten, die er im Rahmen seines Studiums der Fächer Deutsch und Phil

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 1.3.2, Kommunikation und kommunikatives Handeln offline vs. Kommunikation und kommunikatives Handeln online: In der bisherigen Forschungsliteratur liegt das Hauptaugenmerk auf einem Vergleich zwischen 'Face-to-face'-Kommunikation und digitaler Kommunikation (bzw. 'Font-to-font'-Kommunikation). Ausgehend von der digitalen Kommunikation werden die Unterschiede zur normalen 'Face-to-face'-Kommunikation untersucht, so dass zwei Defizite bzw. Hauptprobleme bei der digitalen Kommunikation besonders hervorstechen: Erstens sind vor allem die beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten zu nennen, die die digitale Kommunikation im Vergleich zur Offline-Kommunikation ganz offensichtlich auf irgendeine Weise kompensieren muss. In den gängigen Kommunikationsformen online - wie z.B. in E-Mails, Chats, Social Communities oder all den anderen Formen, in denen 'Font-to-font'-Kommunikation zur Anwendung kommt - fehlen Tonfall, Gestik, Mimik so wie andere Bedeutungsträger der Interaktionsteilnehmer, die den Sinn der sprachlichen Äußerungen zusätzlich kontextualisieren. Bei der 'Font-to-font'-Kommunikation müssen diese fehlenden Bedeutungs- und Kontextvermittler also 'über den eigenen Sprachraum und eigene Sprachkompetenz hinweg [...] ergänzt werden und erfordern einen erhöhten Explikationsgrad sowie entsprechende sprachliche und technische Kompetenzen der Nutzer/-innen'. Was nicht von allen Nutzern geleistet werden kann, da es ihnen schlichtweg an besagter Kompetenz fehlt oder es zu viel Zeit kostet, diese Verständlichkeit und Vielschichtigkeit einer 'Face-to-face'-Kommunikation auch online zu erreichen. Zweites stellt die Anonymität und Pseudonymität der Kommunikationsteilnehmer im Netz ein weiteres Problem dar: Es besteht die Möglichkeit, seine eigene Identität zu erweitern, zu verschleiern oder in eine sogenannte multiple Identität zu verwandeln. 'Anders als in der face-to-face Kommunikation entfallen die klassischen Statusmerkmale (Alter, Geschlecht, Klasse, ethnische Zugehörigkeit), nach denen Interaktionspartner unmittelbar sozial klassifiziert werden können. Weiterhin fehlen in der digitalen Kommunikation aufgrund der Körperlosigkeit in der Regel gestische, mimische, prosodische und andere Merkmale wie Aussehen, Kleidung, etc., die Hinweise auf Emotionen, Glaubwürdigkeit und Engagement der Interaktionspartner liefern'. Problematisch wird dieser Aspekt jedoch nur, wenn die Anonymität von Interaktionsteilnehmern gezielt dazu eingesetzt wird, eine Grenze zu übertreten, bei der es zu einem Bruch von sozialen, gesellschaftlichen sowie kommunikativen Regeln kommt, was gemeinhin auch als Flaming bezeichnet wird - oder wenn die Anonymität einfach dazu dient, kriminell aktiv zu werden und andere Menschen zu täuschen, indem man ihnen die wahre und eigene Identität vorenthält. Auf Habermas Theorie bezogen, ergeben sich zwischen der Offline- und Online-Kommunikation im Sinne eines kommunikativen Handelns wesentlich weitreichendere Probleme und Folgen. Für den Fall, dass sich die Interaktionsteilnehmer online auf einen gemeinsamen Konsens einigen wollen oder diesen überhaupt erst durch ihr kommunikatives Handeln und ihren Austausch untereinander auszuhandeln versuchen, wirkt sich vor allem die Abwesenheit der klassischen Statusmerkmale Alter, Geschlecht, Klasse, ethnische Zugehörigkeit negativ auf das Erreichen einer Gemeinsamkeit bzw. eines gemeinsamen Konsens aus. Ausgehend jeweils von der eigenen subjektiven Lebenswelt kann sich online keiner der beiden Aktoren mehr sicher sein, ob einerseits die subjektive Lebenswelt des Gegenübers wahr und real ist, noch ob andererseits überhaupt der gemeinsame in der objektiven Welt erzielte und angesiedelte Konsens Bestand hat, zumal die Darstellung der subjektiven Lebenswelt des Gegenübers im Online genauso verschleiert sein kann wie dessen ganze Identität - selbst wenn es nur ein Teil seiner Identität ist, der nicht der Realität entspricht. Der inhaltliche Konsens, den beide Aktoren ausgehandelt haben, hat in diesem Fall keinerlei Bestand, da kommunikatives Handeln in der Regel fehlschlägt, sobald die Aktoren nicht ihr ganzes Rationalitätspotential ausschöpfen. Es fehlt online das Verständnis sowie die Nachvollziehbarkeit des intersubjektiven Sinnes der jeweiligen Handlungsweise des Gegenübers, der sich hinter Schriftsprache und vermeintlich falschen Identitäten im Internet verstecken kann, ohne selbst real in Erscheinung zu treten. Das digitale Erscheinungsbild, auch wenn sich ein Aktor noch so sehr bemüht, sich online durch Schriftsprache ähnlich wie im Offline auszudrücken, zu beschreiben und zu erklären, erreicht bei seinem Versuch dennoch nie das Rationalitätspotential, so wie es in einer 'Face-to-face'-Kommunikation in dem Bruchteil einer Sekunde möglich wird, wenn wir unser Gegenüber sehen und wie in einem automatisierten Prozess durch sein äußeres Erscheinungsbild einen ersten Eindruck gewinnen - welcher online komplett entfällt, sofern wir allein über Schriftsprache im Internet kommunizieren. Die beidseitige Offenheit als primäres Ziel des kommunikativen Handels wird online zu einer möglichen Geschlossenheit beider Beteiligten. Die Rationalität der Handlungen, gemessen an Vernunft und den Normen sowie Konventionen der objektiven Welt, in der der gemeinsame Konsens erzielt werden soll, scheitern an der (möglich gewordenen) Verschlossenheit der subjektiven Lebenswelt eines oder beider Aktoren im Online. Der transsubjektive Geltungsanspruch der eigenen Handlungen zur unmittelbar objektiven Welt scheitert letztendlich daran, dass man nicht mehr gezwungen ist, sich der Intersubjektivität des eigenen Lebenszusammenhanges zu vergewissern, sondern das Internet die Möglichkeit offeriert, jene Intersubjektivität zugunsten der eigenen Subjektivität aufzugeben. Ebenso entfällt die Dezentrierung des eigenen Weltbildes durch die Weltbilder der anderen, durch die ich gezwungen werde, in einem Lernprozess die Handlungen, Meinungen und das jeweilige Weltbild meines Gegenübers anzuerkennen und mit meinem eigenen Weltbild abzugleichen. Das Internet bietet mir in diesem Fall die Möglichkeit, mein Weltbild so in der digitalen Welt zu zentrieren, dass ich nur noch auf Gleichgesinnte treffe, mich online von konträren Weltbildern abschotten kann und somit nicht mehr in den Lernprozess gezwungen werde, mein Weltbild durch die anderen Weltbilder kritisch zu reflektieren oder gar zu dezentrieren, was sich zwangsläufig auf mein Leben im Offline und auf mein Auftreten gegenüber anderen auswirkt. Dies vermindert einerseits die Kraft und andererseits den Zwang, mich gegenüber meiner eigenen Subjektivität und gegenüber meinem eigenen Weltbild rational zu verhalten. Ich verliere in meinen eigenen Handlungen den Bezug zur objektiven Welt, was dazu führen kann, dass ich mich selbst der Begründungbarkeit meiner Äußerungen und des Tatsachenbezugs in der objektiven Welt beraube und mein Handeln sich nicht mehr nach intersubjektiv anerkannten Geltungsansprüchen richtet, weil nun meine neuen Geltungsansprüche keiner Stellungnahme eines Gegenübers mehr bedürfen bzw. ich fortan selbst entscheide, wer mein Gegenüber ist. Es kommt online quasi zu einer Umkehrung des Verhältnisses von Innen- und Außenwelt. Während bei Habermas noch die Außenwelt die Innenwelt konstituiert bzw. maßgeblich beeinflusst hat, ist es online nun umgekehrt die Innenwelt, die die Außenwelt konstituiert bzw. ich selbst entscheide nun, was von der Außenwelt für meine Innenwelt relevant ist, d.h. ich muss mich nicht mehr der Kritik der Außenwelt aussetzen, die meine Innenwelt (mit)geprägt hat - ob ich nun wollte oder nicht und ob es mir gefiel oder nicht - sondern ich entscheide selbst darüber, wie ich in der Außenwelt gesehen werden will, womit sich zwangsläufig die Verhältnisse umkehren.
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