Das Risiko von der Steuerfahndung erwischt zu werden wird aufgrund der Menge an aufgekauften Steuer-CDs immer größer. Trotzdem gibt es immer noch zahlreiche Steuerflüchtige, die versuchen dem deutschen Fiskus zu entkommen. Etlichen Anderen hingegen wird das Versteckspiel zu gefährlich und entscheiden sich für die strafbefreiende Selbstanzeige. Dieser Schritt ist im Moment der einzig selbst wählbare Weg für Steuerhinterzieher wieder in die Legalität zurückzukehren, ohne dabei mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen zu müssen.
Ab 2013 soll es für Steuerhinterzieher mit Schweizer Bankkonten noch eine weitere Möglichkeit zur Regularisierung ihres Schwarzgeldes geben. Am
21. September 2011 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen Eidgenossenschaft ein Abkommen unterzeichnet, dass sowohl für die Vergangenheit, als auch für die Zukunft Regelungen vorsehen. Wie diese genau aussehen, wird in Kapitel 4.2 Steuerabkommen zwischen Deutschland und Schweiz genauer erläutert und beurteilt.
Seit 2005 ist es den Finanzbehörden möglich, Kontodaten von Banken in Deutschland abzufragen, wodurch die gern verheimlichten inländischen Kapitaleinkünfte offengelegt werden müssen. Ausländisches Kapitalvermögen hingegen blieb dem Fiskus weiter verschlossen. Erst seit 2008, als sogenannte Datendiebe anfingen Steuer-CDs dem Fiskus anzubieten, wurde es der Steuerfahndung möglich Steuerflüchtigen mit ausländischen Bankkonten auf die Schliche zu kommen.[47]
Im Jahr 2010 gaben die Medien dann erneute Datenträgerkäufe von Finanzämtern bekannt, in denen zahlreiche Schweizer Bankkonten betroffen sein sollen. Dieser Information folgte eine Flut an Selbstanzeigen von verängstigten Steuerflüchtigen. Laut der Zeitschrift „Welt“ gingen allein in dem betroffenen Jahr 26.000 Selbstanzeigen deutscher Steuerpflichtiger beim Fiskus ein, was ungefähr zwei Milliarden Euro an steuerlichen Mehreinnahmen ausmachte.[48]
Derzeit ist die strafbefreiende Selbstanzeige die einzige Möglichkeit die illegale Steuerflucht aus eigenem Willen heraus zu bereinigen und in die Legalität zurückzukehren. Deshalb ist es wichtig zu wissen, was eine Selbstanzeige darstellt und welche Inhalte angegeben werden müssen, damit diese ihre strafbefreiende Wirkung entfalten kann. Um die Thematik Selbstanzeige abzurunden, wird zusätzlich auf die steuerliche Belastung für den Steuerhinterzieher eingegangen.
Bestehen erst einmal Schwarzgeldkonten im Ausland, so gibt es für Steuerhinterzieher nur einen Weg wieder straffrei in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Die meisten Steuerflüchtlinge wählen dennoch diese Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige nur, wenn die Angst entdeckt zu werden zu groß wird. Aus reinen moralischen Gründen würde wohl kaum jemand sein Vergehen am deutschen Staat zugeben. Die Höhe der Einkommensteuer wird besonders von Besserverdienern als sehr hoch empfunden, obwohl sie objektiv betrachtet im internationalen Vergleich eher im Mittelfeld liegt. So steht der Einkommensteuerspitzensatz, inklusive Solidaritätszuschlag, in Deutschland bei 47,46 Prozent, in Österreich dagegen bereits bei 50 Prozent. Den höchsten maximal möglichen Einkommensteuersatz der Zentralstaaten hat Schweden mit 56,60 Prozent (siehe Abbildung 6). Demnach könnte Besserverdienern eine weitaus höhere Besteuerung treffen, würden sie in einem anderen Staat leben als Deutschland.
Abbildung 4: ESt-Spitzensätze und sonstige Zuschläge der Zentralstaaten und der Gebietskörperschaften 2010 in Prozent (Quelle: in Anlehnung an [BMF Wichtigste Steuern im internationalen Vergleich 2010])
Trotz den verschärften Voraussetzungen zur Selbstanzeige, durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, ist gerade diese Möglichkeit zur Strafbefreiung dem deutschen Staat besonders anzurechnen, denn nicht jedes Land und jedes Gesetz bietet diese einmalige Chance. Im deutschen Strafrecht beispielsweise wird eine Strafe bei Vollendung der Tat unabwendbar. Nur in bestimmten Sonderfällen besteht die Möglichkeit einer Strafbefreiung. Im Steuerstrafrecht hingegen ebnet § 371 AO die Möglichkeit auch nach Vollendung der Steuerstraftat straffrei zu werden.[49]
Der Zweck der Selbstanzeige besteht für den deutschen Fiskus einzig und allein darin, verheimlichte Steuerquellen vereinnahmen zu können.[50]„Dafür verzichtet der Staat auf seinen Strafanspruch.“[51]
Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige besteht jedoch nur für Steuerhinterzieher nach § 370 AO, solange vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung noch kein Finanzbeamter zur steuerlichen Prüfung oder Ermittlung einer Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a AO). Sonst kann die Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung entfalten. Das Gleiche gilt, wenn dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben wurde (§ 371 Abs. 2 Nr. 1b AO) oder die Tat zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder hätte damit rechnen müssen (§ 371 Abs. 2 Nr. 2 AO).
Blieb die Steuerhinterziehung bislang unentdeckt, so ist die strafbefreiende Selbstanzeige nur rechtlich wirksam, wenn der Steuerflüchtige seine unrichtigen oder unvollständigen Angaben bei dem zuständigen Finanzamt berichtigt, ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt (§ 371 Abs. 1 AO).
Wichtig ist dabei, dass der Flüchtling alle seine verheimlichten Einkünfte nachträglich offenlegt und nicht nur die eines bestimmten Staates, in dem er Gefahr läuft entdeckt zu werden. Grund dafür ist die Entscheidung des BGH vom 20.05.2010 (DSTR 2010, 1133=HFR2010, 988) die seitdem eine Teilselbstanzeige untersagt.[52] So hatte der Steuerflüchtige früher die Möglichkeit seine Schweizer Bankkonten dem Fiskus durch eine Selbstanzeige offenzulegen, die angelegten Kapitalvermögen im Fürstentum Liechtenstein hingegen konnte er weiter verheimlichen. Mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wird dies nun verhindert. Wer dennoch in einer Selbstanzeige nur einen Teil seiner hinterzogenen Einkünfte dem Fiskus offenbart, kann trotz der Selbstanzeige nicht mit der Straffreiheit rechnen. Stück für Stück zurück in die Legalität ist demzufolge nicht mehr möglich.
Den Finanzbehörden sind dabei die bisherigen fehlenden Angaben so zu erklären, dass diese ohne weiteren erheblichen Aufwand die festzusetzende Steuer ermitteln können.[53] „Inhaltlich muss die Selbstanzeige denselben Anforderungen genügen wie eine Steuererklärung, so dass Zahlenangaben in der Regel erforderlich sind.“[54] Der Steuerflüchtige muss somit seine zurückgehaltenen Einkünfte für jedes einzelne Jahr genau ermitteln und diese in seiner Selbstanzeige angeben. Wie eine inhaltlich korrekte Selbstanzeige aussehen kann, zeigt Abbildung 5.
Abbildung 5: Muster einer strafbefreienden Selbstanzeige (Quelle: in Anlehnung an [Webel Karsten 2009] Anhang Seiten 324/325)
„Wer seine Einkünfte nicht genau beziffern kann, kann eine Stufenselbstanzeige erwägen. Dabei schätzt der Steuersünder in einem ersten Schritt seine unversteuerten Kapitalerträge und bildet einen ausreichend hohen Sicherheitsaufschlag. Zahlt er auf dieser Basis seine Steuern nach, ist er straffrei. Die exakte Höhe wird dann in einem zweiten Schritt ermittelt.“[55]
Neben den genau ermittelten hinterzogenen Einkünften, möchte der Fiskus zusätzlich erläutert bekommen, woher genau das Geld stammt. Die Nennung der alleinigen Einkunftsart reicht nicht aus. Deshalb ist es Steuerflüchtigen, mit Absicht zur strafbefreienden Selbstanzeige, oft ratsam, einen Anwalt hinzu zu ziehen. Denn laut Anwalt Gerd Kostrzewa können die Finanzsachbearbeiter allen sich neu ergebenden Beweisen zu weiteren Steuerhinterziehungen nachgehen. So werden beispielsweise die Großeltern durch die Nennung des Schweizer Schwarzgeldkontos ebenfalls zur Steuerehrlichkeit gezwungen, oder müssen mit einem Besuch bzw. Brief der Steuerfahndung rechnen.[56]
Die Form, in der die strafbefreiende Selbstanzeige gestellt werden muss, ist nicht bestimmt. Sie kann sowohl schriftlich, mündlich als auch mit elektronischen Mitteln,...