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Im Armani zum Aldi!

Das Sparbuch für Lebenskünstler und Genießer

AutorChristine Lüders, Harald Lüders
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783105601549
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Kein Geld? Kein Spaß? Ganz Deutschland ein Jammertal? Lassen Sie sich nicht hängen und stattdessen beraten, wie man Spaß und Sparen konstruktiv verbindet. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, war zuvor PR-Koordinatorin im Pressereferat des Hessischen Kultusministeriums und viele Jahre im Medienmanagement der Lufthansa tätig. Als freie Journalistin hat sie außerdem fürs Fernsehen gearbeitet.

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Leseprobe

1 Einleitung oder:


Eins auf die Eichel

Ich trinke für mein Leben gerne Champagner. Eiskalt muss er sein, dann ist der erste Schluck ein Genuss. Sie wissen, was ich meine.

Zwei Dinge habe ich im letzten Jahr entschieden: Erstens, ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich gerne Champagner trinke. Und zweitens, ich werde mir das nötige Kleingeld für meine Gläschen von keinem Finanzminister der Welt wegnehmen lassen.

Als ich zum ersten Mal im Autoradio das Wort »Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung« hörte, da war mir nicht klar, dass ich gerade ausgeraubt wurde. Ich hatte, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wovon der Nachrichtensprecher redete, außerdem suchte ich gerade einen Parkplatz. Beim rückwärts Einparken hatte ich glatt überhört, dass ich soeben 30 verdammt gute Flaschen im Jahr losgeworden war. Oder anders gerechnet, das Geld für eine Woche zu zweit in den Bergen. Gut 1000 Euro im Jahr, einfach weg, einfach so, verschwunden im Niemandsland zwischen Brutto und Netto. Bürger aller Länder vereinigt euch, wir haben nichts zu verlieren als unser Geld.

 

Es geht gegen mächtige Gegner: Da gibt es den Kanzler, der vor der Wahl ’98 die neue Mitte erfand, nur um sie nach der Wahl 2002 wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. Ende 2002 kam der Kanzler erstmals auf den ersten Platz der Charts, nicht Gerhard Schröder, sondern sein Alter Ego, Elmar Brand. Der Erfinder der Gerd Show brachte die Lage der Nation auf den Punkt: »Ich erhöh euch die Steuern, gewählt ist gewählt.« Hilflose Häme, millionenfach verkauft. Da gibt es Banker wie Rolf Breuer, den Ex-Chef der Deutschen Bank, der erklärt, dringend benötigte Zinssenkungen leider nicht an die werten Kunden weitergeben zu können, da man gerade selber etwas klamm sei. Schließlich habe man gerade ein Paar Milliarden beim Investment-Banking verzockt. Dann gibt es profilierungssüchtige Gewerkschaftsbosse, die mit dem Beharrungsvermögen alter Kämpen gegen bankrotte Städte ins Feld ziehen. Nicht zu vergessen Luigi, der nette Restaurantbesitzer von nebenan, der Euro und Mark eins zu eins umrechnete und damit den Teuro erfand.

 

Und dann gibt es ihn: Hans Eichel, unseren Liebling des Jahres, den Mann, der jede Woche eine neue Steuer und fünf dazugehörige Paragraphen aus dem Hut zaubert. Durch die neuen Sparbeschlüsse der Bundesregierung müssen die Verbraucher, also wir alle, zehn Milliarden zusätzlich an Herrn Eichel zahlen. Wir müssen uns wehren, denn wir haben viel zu verlieren.

Diese Gelder – und das ist der deutsche Irrsinn – stehen damit nicht mehr für den privaten Konsum zur Verfügung. Hier wird nicht nur Lebensqualität vernichtet, dieser Kurs ist auch volkswirtschaftlich Unsinn. Denn die Hälfte bis zwei Drittel dieser zehn Milliarden wären sonst in den Handel geflossen, wären ausgeben worden, hätten sich in Möbel, in Spielzeug, in Klamotten, in Reisen, okay, auch in Champagner verwandelt und hätten damit Nachfrage und Arbeitsplätze geschaffen.

Niemand weiß genau, wo die Schmerzgrenze der Bundesbürger liegt, vieles spricht dafür, dass sie im Chaos der Nachwahlmonate überschritten wurde. Die Stimmung der Verbraucher ist im Keller, die Leistungsbereiten resignieren nach dem Motto: Hier lohnt es sich eh nicht mehr zu arbeiten, Kapital wird vertrieben. Die Folgen sind gefährlich für uns, fatal aber für unsere Kinder. Die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller. Denn auch für Eichelland gilt die volkswirtschaftliche Binsenweisheit, dass Steuererhöhungen mitnichten zu Steuermehreinnahmen führen. Im Gegenteil: Sie würgen die Konjunktur ab, vernichten weiter Arbeitsplätze und erhöhen dadurch wieder den Finanzbedarf der Sozialkassen.

 

Apropos Eichel: Haben Sie schon mal auf seine Krawatte geachtet? Glauben Sie mir, der Mann trägt häufig reinstes Gelsenkirchener Barock am Hals, 100 Prozent Seide? Warum bindet Deutschlands Sparminister wilde Ornamente statt der vorgeschriebenen Streifen von Ralph Lauren? Was will uns der Mann mit der Hemdbeflaggung sagen?

Hans Eichel hat einen Berater und ein Problem. Hans Eichel muss etwa dreimal die Woche erklären, warum er wieder mal weniger Geld hat, aber ganz dringend mehr braucht. Im Klartext: »Geld her, Patte rüber, Gürtel enger.« Der Mann will Geld, viel Geld, mein Geld, Ihr Geld. Er erklärt sich auf neun Fernsehkanälen, er verkündet neue Löcher und strahlt dabei. Er versucht uns, den lieben Zuschauern, verständnisvoll den Rücken zu kraulen, während er uns die Brieftasche klaut. Eigentlich sagt Hans Eichel, das alles geschehe nur zu unserem Besten. Die Leute sind nicht blöd, also glaubt ihm keiner. Da wahrscheinlich hatte der Berater die Idee mit der Krawatte.

Auf den Bildschirmen der Presseabteilung des Bundesministeriums der Finanzen erschien das magische Dreieck einer kommunikativen Situation der dritten Art. Eichel im TV: »… schließen wir auch weitere Erhöhungen nicht aus …« Er, im Sessel, öffnet den Mund, um zu schreien: »Ich weiß genau, was das heißt«, doch sie, auf der Couch, ist schneller: »Hey Mann, hast du die Krawatte gesehen, ist ja wohl nicht wahr, echt irre.« »The tie is the message«, oder: »Besondere Lagen erfordern besondere Binder.« Die Krawatte zieht den Hass auf sich. Nach einem etwaigen Rücktritt bräuchte Eichel nur die Krawatte zu wechseln und könnte sofort weitermachen. Finanzpolitik zwischen Voodoo und Versace. Je größer die Löcher, desto greller die Eichel’sche Seide. Ehrlicher wären Strickkrawatten, grobmaschige.

Es kann noch schlimmer kommen. Setzt sich die Eichel’sche Krawattenlogik in Berlin durch, dann wird Ulla Schmidt bald ihre Zahlen in Netzstrümpfen verkünden. Sie kennen doch Frau Schmidt, die Dame mit der öligen Stimme im rheinischen Singsang. Mit ihr will der Kanzler die Pharmabranche schrecken. Achten Sie mal darauf: Schon bald wird sie Sonntagabend bei Sabine Christiansen mit dem ihr eigenen Esprit verkünden, dass Norbert Blüm Recht hatte und die Rente immer noch sicher ist. Außerdem wird sie darauf hinweisen, dass leider und völlig überraschend die Krankenkassen die Beiträge erhöhen müssten. Und sie wird Netzstrümpfe tragen. Wetten? Um eine Flasche Schampus natürlich.

 

Wenn der alte Satz gilt, jedes Land hat die politische Klasse, die es verdient, dann haben wir echt ein Problem. Ansonsten ist die Stimmung schlechter als die Lage. »Wir liegen planmäßig hinter unserer Planung zurück«, verkündet MAN-Vorstand Anton Weinmann, und spricht mit diesem Unsinn Millionen Deutschen aus der Seele. Und der Genosse Müntefering ist so lieb und erklärt, um was es wirklich geht: »Weniger für den privaten Konsum – und dem Staat das Geld geben.« Danke, Herr Müntefering, das war wenigstens einmal Klartext.

 

Aber, wir haben in 16 langen Kohl-Jahren gelernt: Auf den Kanzler kommt es an. Nur, wo ist der? Oder besser: Wofür steht er? Gerd Schröder ist der erste Kanzler mit einer eigenen Nummer-eins-CD, aber das war es dann auch schon. Wo blieb nach gewonnener Wahl der Durchmarsch der Reformer? Statt klarer Linie gab es Zick-Zack pur. Erst mutierte der Cohiba paffende Genosse der Bosse zum großen Gewerkschaftsfreund, dann folgt unter dem schicken Kürzel Agenda 2010 die halbherzige Kehrtwende. Die gewerkschaftlichen Besitzstandswahrer rüsten unter der Führung der Mutter aller Betonköpfe Ursula Engelen-Kefer zum letzten Gefecht. Schröder wirft sein Brioni-Jacket hinter sich und kämpft als Großer Vorsitzender um die Mehrheit in der SPD.

Apropos Großer Vorsitzender: Ist das Land wirklich so schlecht wie sein Personal? Es scheint so, denn wie sonst wäre zu erklären, dass die Union mit Edmund Stoiber in den Wahlkampf ging. Jemand, der jeden morgen vor Millionen Hörern in der Gerd Show mit »Na, Edi, alte Kalkleiste!« begrüßt wurde, der hatte nie eine Chance. Nach 16 Jahren Helmut Kohl waren die Deutschen noch nicht reif für den nächsten Großvater im Kanzleramt. Überhaupt ist es Teil des deutschen Dilemmas, dass eine vernünftige Wirtschaftspolitik scheinbar nur im kulturellen Schlagschatten bayerischer Kirchtürme zu haben ist. Das aber ist für viele nördlich von Unterhaching immer noch ein zu hoher Preis. Die Union muss deutlich mehr als nur Angela Merkels Frisur verändern.

 

Wir hatten im vergangenen Jahr 37700 Firmenpleiten und leisten uns trotzdem eine Arbeitsstättenverordnung mit 8990 Einzelbestimmungen. Bei uns regeln immer noch Flächentarifverträge zentral die Temperatur der gefilterten Umluft von Betriebstoiletten. Das ist die Lage im Land, alle wissen Bescheid. Und keiner tut was.

Es geschah im zweiten Teil der Ära Schröder/Eichel, etwa drei Monate nach deren Wiederwahl. Eine Blondine bekennt öffentlich, was sie geil macht: Geiz ist geil! Der Werbespruch sitzt, genauso wie der rappende Kanzler aus der Gerd Show, auf die Generation Golf folgt die Generation Geiz. Geil.

Der Werber, der die geile Geizige erfand, wischt sich den Angstschweiß von der Stirn. Zwar hat er jetzt die scharfe Saturn-Brünette mit den stahlblauen Augen, dafür aber hat er zehn andere Etats verloren. Deutschland 2003, die Einschläge kommen näher. Noch sind die Wall-Street-Cafés und Star-Bucks-Filialen im Frankfurter Bankenviertel gut gefüllt, aber einige der jungen Herren im dunkelblauen Vierknopfeinreiher sind ihren Job schon los oder werden ihn bald...

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