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E-Book

Immer Ärger mit dem Cello

Liebeserklärung eines irrenden Waldhornisten an die streichenden Kollegen

AutorKlaus Wallendorf
VerlagVerlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783462305838
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Liebeserklärung eines irrenden Waldhornisten an die streichenden Kollegen. Wenn Klaus Wallendorf zum Waldhorn greift, schmilzt die Zuhörerschaft dahin - greift er zur Feder, liegt sie ihm schmunzelnd zu Füßen. Kein Wunder, dass er zum Würdigungsexperten der Philharmoniker wurde, denn wenn er laudatiert, dann klingt es ungefähr so: »Als ich im Sommer 1970 die Untiefen der Notenmeere mit Taktstock und Hornmundstück durchschnorchelte, waren die 12 Cellisten als Ensemble noch ungegründet. Das Cello aber war in seiner Entwicklungsgeschichte auf einem technischen Höhepunkt angelangt. Rostropowitschs Einspielung von Dvoráks Cellokonzert war zum Niederknien, und Evelyn schwärmte mir - in den kurzen Pausen des Schnürlregens - bei geöffneter Dachluke und himmelweit aufgedrehter Stereoanlage von der neuartigen Spieltechnik vor, deren äußerliches Merkmal die fast liegende Position des Instrumentes war. Sie erklärte mir die kleine Welt des großen Stachels, den Frosch, die Schnecke, die Zarge, die Bogenbehaarung, die Saitenbespannung, die historische Entwicklung des Cellos und die Abwicklung von Versicherungsschäden im Tourneebetrieb, während ich mich im Gegenzug durch die Erläuterung und Anwendung des eben erst erlernten Lippentrillers nützlich machte.« Schon in jungen Jahren entflammte Wallendorf in Liebe zu einer Cellistin, und wenn sich auch die Liebe - und die Frau - inzwischen verflüchtigt haben - eine tiefe Zuneigung zum Instrument an sich ist geblieben. So ist ihm das sich anbahnende 40-jährige Bestehen der »12 Cellisten« willkommener Anlass, dem Cello im Allgemeinen und den 12 Cellisten im Besonderen ein Buch zu widmen - und mit ihnen allen Cellospielern und -liebhabern dieses Erdenrunds.

Klaus Wallendorf wurde just am Tag der Hausmusik 1948 in Elgersburg im Thüringer Wald geboren und lebt seit seinem 1. Preis im Bundeswettbewerb 'Jugend musiziert' (Sommer 1965) vom Hornspiel. Seit 1980 gehört er den Berliner Philharmonikern und seit 1985 German Brass an. Er ist als Gelegenheitsliterat und Gebrauchslyriker der Berliner Philharmoniker bei Ehrungen aller Art, als Conférencier u.a. bei der Präsentation live übertragener Kinokonzerte gefragt und tritt als MusiKabarettist zusammen mit Andreas Kowalewitz im Dienste der konzertanten Heiterkeit in Erscheinung. 2012 erschien Immer Ärger mit dem Cello, 2020 folgte Zwischen Mundstück und Mikrofon.

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Leseprobe

Entsprechend der Reihenfolge ihres Auftretens im Orchesterverzeichnis beginnen wir mit dem ersten Solocellisten Ludwig Quandt, dessen Persönlichkeit so wenig Ungereimtheiten enthält, dass sich hier eine lyrische Annäherungsform anbot:

Der Mensch in Form von LUDWIG QUANDT –

beseelt, beherzt und spielgewandt –

ist auch als Primus inter pares

aus Dichtersicht ein ziemlich rares,

erhaltenswertes Exemplar

der stolzen Gattung Jubilar,

von dem man sagen kann: Er wird sich

in Anbetracht der letzten 40

verstrich’nen Jahre kaum enthalten,

auch ohne Lorbeer zu entfalten

und demutsvoll, doch kompetent

das Zwölf-Cellisten-Firmament

noch bis in unerhörte Fernen

im Sinn der Gründer zu besternen.

Gewiss schon bald in aller Munde:

sein »Handbuch der Insektenkunde«.

Darin kann der Musikfreund lesen,

wie sich auch kleinste Krabbelwesen,

so sie im Quandt’schen Garten reifen,

als Teil des Schöpfungsplans begreifen.

Wie wir erst jetzt erfahren haben,

hat Ludwig auch noch and’re Gaben:

Er ist von Reichenhall bis Texel

der schnellste Mann im Saitenwechsel!

Hinter seinem Notenständer begrüßen wir Solocellisten Georg Faust, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt seine Stellung bereits zugunsten einer aus seiner Sicht weiseren Lebensführung aufgegeben hat. Weil er aus dem Werdegang der Zwölf Cellisten der zweiten Generation nicht wegzudenken ist, blieb er natürlich in dieser Auswahl erhalten.

Georg Faust, Ausnahmecellist und lebende Legende seiner selbst, ist auf seinem langen Weg von Feng nach Shui an so manchen tiefen Einsichten vorbeigekommen. Eine davon hat ihn nun dazu bewogen, den Orchesterdienst zu quittieren und sich auf anderen Vervollkommnungsebenen den bisher zu kurz gekommenen Formen eines gedeihlichen Werdegangs zuzuwenden. Durchaus im Bewusstsein seines exzeptionellen künstlerischen Ranges, ist Georg von tiefer Bescheidenheit und fortwährend hinterfragendem Wesen geprägt und wird wohl auch weiterhin – als durch rastlose Lebensführung und scharfe Wanderungen schlank gebliebener Asket – sein gewichtsloses Auftreten durch die Bedeutung seiner Leistungen kompensieren.

Seine suchenden Bemühungen, dem Künstlerleben auch etwas anderes abzugewinnen als immer nur Erfolg und Leistung mitsamt dem Druck, der sie ermöglicht, hat er nun also in andere Bahnen gelenkt, und die Wanderer unter uns freuen sich schon auf erhellende Seeumrundungen, in deren Verlauf uns Georg Faust vielleicht ein paar nützliche Reiseeindrücke und Ratschläge vermitteln wird, aus denen hervorgeht, wie man auf dem schmalen Grat zwischen Scheitern und Gelingen auch ohne instrumentale Abhängigkeiten zurechtkommt.

Wenn Gruppennestor GEORG FAUST

gelassen übers Griffbrett saust,

so steh’n auch für den Tagesrest

Bereitschaft, Ziel und Neigung fest,

dem Cello, sollte es auch bocken,

das Optimale zu entlocken.

Freund Georg hat vom Geist des Faust,

der ja in seinem Namen haust,

das rechte Quantum abbekommen

und in sein Wesen übernommen

in dem Sinn, dass er philosophisch

gleich einem meergrundweisen Zoofisch

das Dasein samt der Tiefe liebt,

die sich beim Cellospiel ergibt.

So möge ihm in allen Dingen

das Optimum der Kunst gelingen,

die ihn samt seinen Neigungen

entlang des Lebens Steigungen

und Talpassagen dorthin führt,

wo ihm der Abschlussvers gebührt,

mit dem wir nun am Schluss der Zeilen

ihm Glück zu wünschen uns beeilen.

Martin Löhr (»l’Heure Magique«) trägt ebenfalls den Marschallsstachel der Führungsriegen in seinem ultraleichten Flightcase mit sich herum. Dieser Stachel ist Zauberstab und Cellobogen in einem.

Seit bekannt ist, dass Martin Löhr als Mitglied des Großverbandes der Kleinmagier auch dann zaubert, wenn er nicht Cello spielt, ist die allgemeine Bewunderung für die zwölf Verschworenen ein wenig auf ein normales Maß zurückgegangen. Die magischen Momente in ihren Konzerten, der allumfassende Zauber, der ja nicht nur über ihrem märchenhaften Musizierverhalten, sondern in allen ihren Auftritten liegt und jedes Publikum wie verwandelt zurücklässt, all das ist also offenbar auf Martin Löhrs übersinnliche Bogentechnik zurückzuführen.

Tatsächlich will ihn ja – laut Berichten der Rheinischen Post – ein aufmerksamer Abonnent in den frühen Abendstunden des 26. Februar 2011 rittlings auf dem Cellobogen sitzend beim Überfliegen der Düsseldorfer Tonhalle beobachtet haben. Auffällig erscheint uns inzwischen auch, dass sich Löhr seit Beginn seiner Orchesterzugehörigkeit die Abende des 30. April konsequent freihält – keine leichte Aufgabe für die Diensteinteiler am Vorabend des traditionellen Orchesterkonzertes am Vormittag des 1. Mai! Aber die Walpurgisnacht ist ja so etwas wie der Heilige Abend der Magier und damit terminliche Tabuzone für Tätigkeiten, die von sich aus keinen Zauber entfalten. Seine Stelle bei den Berliner Philharmonikern soll er aber durch ein ganz normales, gelungenes Probespiel bekommen haben.

Begeistert nicht an MARTIN LÖHR,

wie er dank Murmeltiergehör

und mit besonnenem Gemüt

auch Saitenpfade noch durchglüht?

Die Besoldungsverträge der Berliner Philharmoniker gemeinverständlich erläutern zu wollen, kann schon aus Platzgründen nicht das Anliegen dieser Würdigungsinitiative sein, aber es stellt sich doch die Frage, worin sich erste Solocellisten von normalen Solocellisten unterscheiden und ob man ihren Leistungen die unterschiedlichen Funktionszulagen eigentlich anhört. Ein Teil des Erfolgsgeheimnisses der Zwölf Cellisten dürfte die Tatsache sein, dass alle zwölf eine Soloposition ausfüllen könnten, es aber nur eine begrenzte Anzahl Planstellen für herausgehobene Funktionen gibt.

Olaf Maninger ist mehrfacher Funktionsträger:

Erst seit ich ihn eines Nachts auf dem Flughafen Berlin-Tegel gemeinsam mit einigen Finanz- und Wirtschaftsministern der EU aus dem Learjet des IMF habe steigen sehen, weiß ich um das geheime Doppelleben des Solocellisten Olaf Maninger. Einmal auf diese zufällige Fährte gebracht, fielen weitere Recherchen allerdings nicht mehr schwer. Um es vorwegzunehmen: Olaf Maninger ist im Hauptberuf Fund Managing Director bei Global Brains, deren verzweigte Finanzströme er seit Mitte der 90erJahre mit kontinuierlichem Erfolg in den weltweiten Kapitalfluss einspeist. Was Olaf seinerzeit bewogen haben mag, die hochkarätige, aber strapaziöse Tätigkeit des international gefragten Anlagenexperten vom Arbeitsplatz des tariflich angestellten Orchestermusikers aus weiterzuführen, bleibt weitgehend im Brutkasten hinter seiner Lenkerstirn verborgen.

Kurz nach Gründung des Mineralölkonzerns Violonshell entdeckte Maninger durch Anregung aus dem Familienkreis auch seine musikalischen Anlagen und begann, zwischen interkontinentalen Geschäftsterminen Unterricht auf stillgelegten Ölbohrplattformen zu nehmen. Es dauerte nicht lange, da trug er zur Verblüffung des Aufsichtsrates am Rande eines Führungstreffens im Golfklub von Cap d’Antibes erste heitere Spielstücke von Cesar Bresgen vor. Die Eröffnung der Weltwährungskonferenz 1996 umrahmte Olaf bereits mit Tschaikowskys RokokoVariationen, und so kam sein Engagement bei den Berliner Philharmonikern auch für die internationale Bankerszene nicht mehr ganz so überraschend. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass seiner Holding inzwischen nicht nur die Berliner, sondern auch die Wiener Philharmoniker und eine stolze Reihe renommiertester Klangkörper gehören, um die er sich in seiner immer kostbarer werdenden Freizeit mit der gebotenen Effizienz kümmert. Die im Vorbeigehen mitgegründete Verwertungsplattform DCH – die Digital Concert Hall – wäre ohne das großherzige Engagement der Geberinstitute nicht denkbar. Am besten erholt sich Maninger von den kräftezehrenden Golfturnieren und den zunehmend unerfreulichen Geschäftsverhandlungen nach eigenem Bekunden beim Cellospiel. Sein wunderbar inniges Solo im Adagio des zweiten Klavierkonzertes von Johannes Brahms half ihm – und dem verzauberten Publikum in der ausverkauften Philharmonie – noch im März 2011 über die Enttäuschungen bei den festgefahrenen Bemühungen hinweg, Griechenlands Finanzlage zu stabilisieren.

Dass weltenweit Konzernchefs raunen

und OLAF MANINGER umstaunen,

beweist, dass er auch als Cellist

mit Ton und Tun im Einklang ist.

Wünscht sich nicht jeder von uns ein heiter-gelassenes Naturell, eine sympathische Aura von unangreifbarem Durchsetzungsvermögen und eine tiefe, ruhige Stimme, mit der man harten Wahrheiten eine weiche Hülle geben kann? Richard Duven, so ist man sich nicht nur in in Cellistenkreisen ungewohnt einig, versammelt diese beneidenswerten Ausstattungsmerkmale in sich, setzt sie aber nur in einem Notfall ein, der zum Beispiel darin bestehen kann, dass sich die angestaute Spannung im Verlaufe einer unter Zeitnot stehenden Probe durch ein versehentliches Lippengeräusch, einen im leisesten Adagio herabfallenden Dämpfer oder einen aus dem Magenbereich heraufgurgelnden Zwergjodler von einer kleinen Sekunde zur...

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