1. Das Kontraktverhältnis
1.1 Die Beziehung Coach – Klient
Aus Studien zu Coaching- und Therapieprozessen geht fast immer eines hervor: Eine gute Arbeitsbeziehung zwischen Klient und Coach bzw. Klient und Therapeut ist immens wichtig. So stellen z. B. Asay und Lambert (1999) fest, dass eine vertrauensvolle, wertschätzende und empathische Beziehung ein zentraler Wirkfaktor für den Erfolg von persönlichen Entwicklungsprozessen ist. Der Beziehungsaufbau zwischen Coach und Klient spielt deshalb eine zentrale Rolle. Im Interesse eines fruchtbaren Arbeitsbündnisses muss es dem Coach gelingen, einen persönlichen Kontakt zu seinem Klienten aufzubauen – und das geht auch ganz ohne Methodenfeuerwerk.
Wo zwei Parteien beteiligt sind, lässt sich die gewünschte Qualität vielleicht herstellen. Doch wer ist an einem Job-Coaching beteiligt? Hier rühren in der Regel viele Köche in der Suppe. Direkt am Prozess beteiligt sind: die auftragsgebende Behörde, die durchführende Einrichtung, der Klient und der Job-Coach. Auf mehreren Ebenen werden miteinander und untereinander Verträge geschlossen. Diese regeln nicht nur die Rechte und die Pflichten der einzelnen Parteien, sondern werfen auch eine Reihe logistischer und ethischer Fragen hinsichtlich der Kommunikation und des Vertrauensverhältnisses zwischen Coach und Klienten auf. Für einen gelungenen Beziehungsaufbau zwischen Klient und Job-Coach stellt sich hier vor allem die Frage: Wer kommuniziert mit wem welche Inhalte? Im geförderten Job-Coaching ist es eher schwierig, eine gemeinsame, einheitliche und transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu gewährleisten.
Im Idealfall ziehen Behörde, Klient und Job-Coach an einem Strang, doch birgt gerade die spezielle Konstellation im Job-Coaching die größten Fallstricke. Da wäre einmal die Frage nach der Vertraulichkeit. Welche Inhalte im Coaching erarbeitet und wie sie umgesetzt werden, hängt maßgeblich von der Kooperationsbereitschaft des zuständigen Sachbearbeiters ab. Trotzdem ist der Job-Coach nicht grundsätzlich verpflichtet, der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter im Detail zu offenbaren, was konkret an zum Teil privaten Inhalten im Coaching bearbeitet wurde. Fragt ein Sachbearbeiter entsprechend nach, sollte der Job-Coach diesem Ansinnen eine diplomatische, aber klare Absage erteilen und die direkte Kommunikation mit dem Klienten empfehlen.
Jobcenter und Arbeitsagentur werden lediglich relevante Ergebnisse des Prozesses, etwa die Anzahl der versandten Bewerbungen oder das Ergebnis eines Vorstellungsgespräches, mitgeteilt, was mitunter sogar zu einer verbesserten Kommunikation zwischen Klient und Behörde führt. Vermittlungsvorschläge des Sachbearbeiters an den Klienten können beispielsweise aufgrund der Ergebnisse des Coaching-Prozesses angepasst werden. Auch eine ins Auge gefasste Weiterbildung ist ein möglicher und willkommener Gesprächsanlass zwischen Klient und dem behördlichen Auftraggeber. Deshalb sind ein regelmäßiger Abgleich und Informationsaustausch unerlässlich.
Das besondere Geflecht von bilateralen Vereinbarungen im Job-Coaching lässt sich nach folgenden Beziehungen strukturieren:
1.2 Die Beziehungs-Tetrade im Job-Coaching
- Beziehung zwischen Coach und Auftraggeber (Behörde): Für den Job-Coach gilt es zu klären, welche Ziele der Auftraggeber hat und an welchen Kriterien er den Erfolg des Coachings messen wird. Eventuell hat der Auftraggeber klare Vorgaben für den Job-Coach, was gemacht werden soll. Das ist eine erste Stolperfalle für den Job-Coach, der zwar diplomatisch auf die Vorstellungen des Sachbearbeiters eingehen, diese aber im Anschluss mit den Wünschen des Klienten abgleichen sollte. Der Job-Coach muss im Austausch mit der Behörde stets die Prozessoffenheit betonen und das Wie in seinem Verantwortungsbereich belassen.
- Beziehung zwischen Coach und Weiterbildungseinrichtung: Die Weiterbildungseinrichtung stellt in der Regel die Räumlichkeiten und das Arbeitsmaterial zur Verfügung und beauftragt den Job-Coach mit der Durchführung des geförderten Einzelcoachings. Hier gilt es, die vertraglichen Konditionen zu besprechen, denn Job-Coachs können sowohl freiberuflich als auch fest angestellt arbeiten.
Der Träger hat sich für bestimmte Maßnahmen zertifizieren lassen. Entsprechend gibt es inhaltliche Vorgaben und feste Zeitintervalle für die Sitzungen. Die Rahmenbedingungen und Vorgaben variieren je nach Einrichtung und auch die finanzielle Vergütung ist unterschiedlich geregelt. Wie der Job-Coach durch den Prozess führt, bleibt in der Regel ihm überlassen. Die Weiterbildungseinrichtung freut sich immer über handfeste Ergebnisse, z. B. über einen unterschriebenen Arbeitsvertrag.
- Beziehung zwischen Coach und Klient: Welche Ziele und Erwartungen hat der Klient? Diese Frage steht hier im Vordergrund, genauso wie der Kontrakt über das gemeinsame Arbeitsbündnis, beispielsweise zu Punkten wie Vertraulichkeit, Offenheit, Selbstverantwortung usw.
Der Job-Coach ist ein Mittler zwischen allen Parteien und deshalb manchmal in einer misslichen Lage. Er arbeitet in erster Linie in einem Vertrauensverhältnis mit dem Klienten, doch auch die Vertreter der Jobcenter / Arbeitsagenturen möchten Informationen zum Verlauf des Prozesses und wollen eingebunden sein. Auch der Träger, der den Job-Coach beschäftigt, möchte seine Interessen vertreten. Als offizieller Auftragnehmer will er sich bei den Behörden mit erfolgreichen Prozessen nachhaltig auf dem Job-Coaching-Markt platzieren und sein Auftragsvolumen sichern. Es gibt also durchaus unterschiedliche Interessen und Ansprüche, die für den Job-Coach manchmal schwer auszubalancieren sind. Gerade im Hinblick auf das geforderte Berichtswesen oder die vorgeschriebene Dokumentation der Einzeltermine braucht der Job-Coach Fingerspitzengefühl im Umgang mit allen Beteiligten.
Hilfreich für den Job-Coach ist es hier vor allem, diese komplexe Situation mit dem Klienten zu thematisieren und ihn mit einzubeziehen. Coach und Klient können also ihr Vorgehen gemeinsam besprechen und abstimmen. Wenn geklärt ist, wer wem welche Inhalte kommuniziert, sorgt der Job-Coach für die nötige Transparenz im Prozess und sichert so das Vertrauensverhältnis zu seinem Klienten ab. Erleichternd kommt hinzu, dass die Sachbearbeiter sich in der Regel gar nicht für die persönlichen Belange der Klienten interessieren. Ihr Fokus liegt vor allem auf den im Hinblick auf eine Vermittlung erzielten Ergebnissen des Prozesses und den daraus resultierenden Folgen für das weitere Vorgehen. Ermutigen Sie als Job-Coach durchaus Ihren Klienten zu einem direkten Austausch mit seinem Sachbearbeiter und unterstützen Sie ihn, sich und seine Anliegen gut zu vertreten. Sollte es zu Konflikten kommen, dann ist der Job-Coach mitunter auch gefragt, diese zwischen den Parteien mit seinem Klienten lösungsorientiert zu bearbeiten.
Exkurs: Dokumentation und Berichtswesen
Sie sind als freier oder fest angestellter Job-Coach bei vielen Trägern für die Dokumentation der Arbeitsprozesse und das Berichtswesen verantwortlich. Wie groß der Umfang dieser Tätigkeit ist, variiert von Anbieter zu Anbieter. So verlangen einige von Ihnen, dass Sie kontinuierlich die Teilnehmer im Rahmen des Berichtswesens beurteilen und den Maßnahmenverlauf dokumentieren. Andere lassen Ihnen weitestgehend „freie Hand“ und verlangen nur am Ende des Job-Coachings einen Informations- oder Empfehlungsbogen.
Es gibt Träger, die der Behörde im Detail „beweisen“ möchten, dass ihre Job-Coachs die Prozesse gut führen. Sie verlangen von ihnen deshalb Transparenz und wollen den Prozess mit Fotos der Flipcharts aus den Coaching-Sitzungen dokumentiert wissen und schreiben ihren Mitarbeitern vor, diese Fotos in die Berichte an die Behörde mit einzufügen. Aus unserer Sicht wird hier die Privatsphäre des Klienten verletzt. Diese Form der Berichterstattung verstößt sowohl gegen Coaching-Grundwerte als auch gegen Datenschutzbestimmungen. Der Job-Coach kann hier leicht zwischen die Fronten geraten.
Aufgrund unserer Erfahrungen empfehlen wir, nach Möglichkeit die Dokumentation und das Berichtswesen in den Job-Coaching-Prozess zu integrieren. Fassen Sie mit Ihrem Klienten gemeinsam zusammen, was sie „bewegt“ haben, welche Ergebnisse sie erarbeitet haben und welche Informationen davon an die Behörde kommuniziert werden sollen. Manche Informationen werden die Kommunikation des Klienten mit dem Jobcenter oder der Arbeitsagentur erleichtern. Andere Inhalte sind Ihrem Klienten vielleicht zu intim und privat. Gemeinsam können Sie das Für und Wider abwägen und entscheiden, was weitergegeben wird.
Vermeiden Sie, in Ihren Berichten zu Ihrem Klienten „Diagnosen“ über mögliche psychische Erkrankungen abzugeben – auch wenn der Auftraggeber gern wissen möchte, „was mit dem Kunden los ist“. Wenn Sie den Prozess aus der Rolle des Beobachters heraus dokumentieren, geben Sie sich durch diese Perspektive selbst Sicherheit. Wenn Ihr Klient alle Termine eingehalten hat und auch zwischen den Sitzungen für den Job-Coaching-Prozess aktiv war, bescheinigen Sie ihm Pünktlichkeit und eine hohe Motivation. Besprechen Sie mit ihm, wie Sie ggf. schwierige Prozesspunkte kommunizieren wollen.
Ihr Ziel könnte es sein, die Kommunikation zwischen Klient und Behörde zu verbessern oder in Gang zu bringen, denn oft sitzt dort z. B. ein Sachbearbeiter, der Ihrem Klienten durchaus wohlgesonnen ist. Gern wird er bereit sein, ihn bei seinen Bemühungen zu unterstützen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wenn Sie zu...