Im Folgenden werden die baulichen Aspekte dargestellt. Es empfiehlt sich, die Nutzer von Beginn an eng in die Planungen, Gestaltungen und Grundsatzfragen mit einzubeziehen. Planungsfehler, die die spätere Funktionstüchtigkeit einschränken, können so minimiert werden. Zudem finden gemeinsam getroffene Entscheidungen und Planungen später eine höhere Akzeptanz.
Für größere Baumaßnahmen im Kindertagesstättenbereich kann es unterschiedliche Ursachen geben. Diese könnten sein:
- Eine Deckung des Bedarfes ist nur durch An- oder Neubaumaßnahmen möglich. Dieses ist in der Bedarfsplanung festgehalten.
- Ein Gebäude bedarf einer Generalsanierung oder Modernisierung.
- Der Standort einer Einrichtung wird verlegt.
Eine Baumaßnahme bedarf einer gründlichen Vorbereitung. Die Grundlage hierbei ist ein ausdifferenziertes und funktionstüchtiges Raumprogramm, welches die pädagogischen Konzepte wiederspiegelt. Die notwendigen Außenflächen sollten dabei von Beginn an mit eingeplant werden.
Im folgenden Kapitel wird daher auf folgende Aspekte näher eingegangen:
- Mindestanforderungen1 an Quadratmeter pro Kind,
- Funktionsbereiche einer Einrichtung,
- Auswirkungen einer Konzeption auf das Raumprogramm,
- Ausstattungsbedarfe,
- Raumprogrammgestaltung.
Eine Einrichtung, die sich in allen Bereichen an den Mindestquadratmeterzahlen orientiert, wird im Betrieb später massive Schwierigkeiten haben. In verschiedenen Funktionsräumen werden Abstandsflächen und Bewegungsradien von Personen nicht ausreichend bedacht. Als Beispiel soll hier die Ausgabeküche benannt werden. Das Umfüllen der Lebensmittel von großen Behältern in kleinere ist oft nicht möglich, da die Arbeitsfläche zu klein ist, um alle Behälter auf die Arbeitsfläche zu stellen. Es empfiehlt sich, grundsätzlich Fachplanungen für die Gestaltung von Raumprogrammen erstellen zu lassen.
Sollten Wohn- und Gewerbeflächen für die Unterbringung einer Kindertageseinrichtung angedacht werden, müssen die Bebauungspläne temporär oder dauerhaft auf die Nutzung hin verändert werden. Je nach Verfahren können hier zwischen drei und 24 Monaten veranschlagt werden. Die Baurechts- und Planungsbehörde ist frühzeitig zu beteiligen.
Auch eine feuerpolizeiliche Bewertung des Objektes, ein Rettungs- und Fluchtwegeplan sind im Vorfeld zum Betrieb beizuholen. Häufigster „Knackpunkt“ in Bestandsgebäuden sind die zweiten Rettungswege sowie die Brandlasten in Fluren. Vielen Kindertagesstätten fehlt es an ausreichend Stauraum, sodass Flure und Wege genutzt werden. Fluchtrutschen und -treppen müssen vielfach nachgerüstet werden.
Ein eigenes Brandschutzkonzept, welches mindestens einmal jährlich mit den Kindern geübt wird, ohne bei diesen Panik auszulösen, sollte in jeder Einrichtung vorhanden sein. Bei U3-Kindern muss man davon ausgehen, dass sie sich selbst nicht retten können; sie müssen daher in Notsituationen intensiver betreut werden. Aus diesem Grund sollte mit der örtlichen Feuerwehr ein gemeinsames Konzept entwickelt werden.
Darüber hinaus ist der Bring- und Holdienst der Eltern und dessen Auswirkungen auf den ruhenden sowie fließenden Verkehr zu berücksichtigen. Die Verkehrsbehörde ist daher frühzeitig mit einzubinden.
Mit der Abnahme eines Gebäudes als Kindertageseinrichtung werden immer auch die feuerpolizeilichen Auflagen zum Schutz der Nutzer sichergestellt.
Vielfach wird direkt mit der Einrichtungsleitung oder dem zuständigen Fachamt geklärt, wo mögliche Sammelpunkte im Falle einer Evakuierung eingerichtet werden können.
Darüber hinaus muss jede Kindertageseinrichtung den organisatorischen Brandschutz unter Beratung der Feuerwehr oder anderer Experten selbst organisieren.
Dabei ist ein/e Brandschutzhelfer/in aus dem Team der Nutzergruppe zu benennen, die/der darauf achtet, dass keine Brandlasten in Fluren liegen, ob die Batterien der Melder getauscht werden müssen und ob Schließmechanismen funktionieren.
Auch müssen Evakuierungsübungen regelmäßig im laufenden Betrieb erfolgen, damit die Abläufe, Hürden und Schwierigkeiten allen Verantwortlichen bekannt sind und im Echtfall eine Evakuierung reibungslos verläuft.
Alle in der Einrichtung Arbeitenden tragen Sorge dafür, dass die Verkehrssicherheit gewährt ist. Sollten beispielsweise irgendwo in der Einrichtung oder auf dem Gelände Scherben liegen, hat die Person, die dieses wahrnimmt, den potentiellen Verletzungspunkt zu entfernen oder den Ort abzusperren. Ursachenforschung ist erst im Nachgang relevant. Die Sicherheit der Kinder steht im Vordergrund. Neben Verletzungsgefahren sind auch das Freihalten von Fluchtwegen und das Entfernen von Stolperfallen wichtige Punkte.
Die Sichtkontrolle von Spielgeräten, die Kinder nutzen, oder das Fernhalten der Kinder von Gefahrenquellen, z. B. kochend heißem Wasser, gehören ebenfalls zu diesen Pflichten.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Kinder nicht mehr auf Bäume klettern dürfen, nicht mehr Plätzchen backen usw. Sie sollen bewusst und nach ihren Möglichkeiten genau hier ihre Kompetenzen entwickeln, jedoch pädagogisch begleitet.
Dennoch stellt sich die Frage, ob Notfallpläne auch in Kindertageseinrichtungen eingeführt werden sollten.
Zu folgenden Themen könnten Ablaufschemata und Kontaktdaten hinterlegt werden:
- Gewalt in der Einrichtung
- Brand
- Hochwasser (falls die Kindertageseinrichtung im Hochwassergebiet liegt)
- Sturm
- Unfall in der Einrichtung
- Hitze
Mit der Erteilung der Betriebserlaubnis ist der Träger einer Kindertageseinrichtung in der Lage, auch die Vorgaben der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW) einzuhalten. Im Fokus stehen dabei die Abstände von Treppen, Bedarfe über Geländer, Warnhinweise, Sichtbarmachung oder Abmilderung von Kanten und sonstige Unfallgefährdungen. Es ist zu empfehlen, die Unfallkasse bei baulichen Maßnahmen ggf. schon in der Planungsphase mit einzubeziehen.
Ein Ortstermin vor der Inbetriebnahme der Einrichtung sollte standardisiert erfolgen. Die UKBW verfügt je nach Bezirk über eigene Ansprechpersonen, die fachkundig vor Ort beraten und begleiten.2
Mit der Betriebserlaubnis wird auch gefordert, dass die Auflagen durch das Gesundheits- und Veterinäramt eingehalten werden. Eine jährliche Schulungspflicht für alle mit offenen Lebensmitteln arbeitenden Kräfte, ob Ehrenamtliche, Aushilfskräfte, hauswirtschaftliche oder pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen ist hier verpflichtend.
Nach Feststellung der Bedarfslage und der Anerkennung durch die gemeinderätlichen Gremien bedarf es einer Erstellung eines Raumprogramms. Um dieses zusammenzustellen, müssen einige Grundaussagen geklärt werden:
Die jeweilige pädagogische Ausrichtung führt zu unterschiedlichen Raumzuschnitten. Hierbei lässt sich eine Unterteilung in die Bereiche offene, gruppenbezogene oder gruppenübergreifende Konzepte vornehmen. Regiopädagogische Einrichtungen bedürfen bspw. großer Lagerflächen, da das Bewahren und Archivieren zum pädagogischen Alltag gehört. Naturkindergärten bedürfen entsprechendem Naturraums, während Waldkindergärten mit einem Wetterschutz am Gebäude auskommen. Im späteren Verlauf wird auf die unterschiedlichen pädagogischen Ausrichtungen3 kurz eingegangen.
Für wen sind die Angebote notwendig? Die Frage zielt nicht nur auf die Altersgruppen Krippe und Kinder ab 3 Jahren ab, sondern auch darauf, inwieweit eine Einrichtung besonderen Anforderungen entsprechen soll:
- Inklusion, sodass sonderpädagogische Bedarfe wie Rückzugsräume, Pflegeräume, Sanitärbedarf vorhanden sind
- Pädagogische Anforderungen, z. B. Sporteinrichtung, die Bewegungsräume benötigt, einen besonders großen Außenbereich oder eine anthroposophische Einrichtung, die besonders Naturmaterialien verwendet.
Um weitsichtig zu planen, bedarf es einer Zukunftsprognose, die auch noch Änderungen zulässt. Daher ist eine Orientierung ausschließlich an den Mindestgrößen des KVJS nach den heutigen Bedarfen zu kurz gegriffen. Es empfiehlt sich, Einrichtungen ausreichend mit Flächen zu versehen, um künftigen Bedarfen gerecht zu werden.
Auch bedarf es einer klaren Zielvorstellung über die Größe einer Einrichtung. So sind vielerorts noch eingruppige Einrichtungen vorhanden. Gleichzeitig haben sich große Einrichtungen etabliert, die über mehr als fünf Gruppen verfügen. Bei der Bedarfsklärung muss geprüft werden, wie stark sich der Bedarf und die Nachfrage der Eltern in Zukunft entwickeln werden, dementsprechend müssen Lösungen gesucht werden.
Grundsätzlich gilt jedoch zu sagen, dass eingruppige Einrichtungen besonders personalintensiv sind. Sie bedürfen in der Regel zusätzlicher Personalressourcen, da Hintergrunddienste durch das Personal anderer Gruppen nicht möglich sind. Bei eingruppigen Einrichtungen besteht zudem kaum die Möglichkeit, unterschiedliche...