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E-Book

Kleine Geschichte des christlichen Gottesdienstes

AutorJürgen Bärsch
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783791760636
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Jürgen Bärsch bietet mit seiner Geschichte der christlichen Liturgie einen kompakten Überblick zu den großen Etappen und Entwicklungen des gottesdienstlichen Lebens. Ebenso vermittelt er die kulturhistorischen Einflüsse auf die und durch die Liturgie mit all ihren Facetten. In kurzen, überschaubaren Kapiteln zeigt er die zahlreichen und zum Teil massiven Veränderungen des Gottesdienstes in der Geschichte des Christentums auf. Denn in Wechselwirkung mit kirchlichen und gesellschaftlichen Umbrüchen und beeinflusst von Veränderungen in Kultur und Mentalität hat sich die konkrete Gestalt der liturgischen Feier vielfach und nachhaltig gewandelt. Aus dem Inhalt: Jüdische Wurzeln / Konstantinisches Zeitalter und Spätantike / Mittelalter / Reformation / Barock und Aufklärung / 20. Jahrhundert.

Jürgen Bärsch, Dr. theol., geb. 1959, ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

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Leseprobe

Einführung oder: Warum sollte man sich mit der Geschichte des Gottesdienstes befassen?


Schaut man in die Schriften des Neuen Testaments, sucht man vergebens nach einem ausdrücklichen Wort Jesu, mit dem er in einem formalen Sinn die Kirche gegründet hätte. Allerdings hat er einen konkreten Auftrag hinterlassen: Seine Jüngerinnen und Jünger sollen sich in seinem Namen versammeln, über Brot und Wein den Segen sprechen und von den Mahlgaben essen und trinken. Darin erfüllen sie, was er ihnen geboten hat: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19; 1 Kor 11,24). Indem die Jüngergemeinde diesem Auftrag folgt und sich zur Feier des Herrenmahles versammelt, wird die Kirche sichtbar und erfahrbar. Kirche ereignet sich darum vorzüglich dort, wo Christen Eucharistie feiern. Deshalb stehen Kirche-Sein und Eucharistie in so engem Verhältnis, dass Papst Johannes Paul II. zu Recht formulieren konnte: „Die Kirche lebt von der Eucharistie“ (Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, 2003, 1).

Der Gottesdienst ist also nicht „frommer Zierat“, den sich die Kirche neben anderem leistet; er bildet ihr Herz und ihre Mitte. Dabei kommt vorrangig der Messfeier eine zentrale Bedeutung zu. Aber auch andere gottesdienstliche Feiern wie die Sakramente und Sakramentalien, die Wort-Gottes-Feiern oder die Feier der Tagzeiten (auch Stundenliturgie oder Stundengebet genannt) bauen die Kirche auf und prägen das Leben der Gemeinschaft wie der einzelnen Christen. Selbstverständlich erschöpft sich das Leben der Kirche nicht in der Feier des Gottesdienstes. Ebenso gehören die Verkündigung der Frohen Botschaft und die tätige Nächstenliebe zum Auftrag der Kirche und machen Wesentliches von ihr sichtbar. Dennoch bildet der Gottesdienst – nach einem Wort des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) – den „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“ (Liturgiekonstitution 10). Wer sich für den Gottesdienst interessiert und sich mit seiner historischen Entwicklung, seinen theologischen Grundlagen und seiner heutigen Gestalt befasst, hat es darum mit dem Zentrum der Kirche und des christlichen Glaubens zu tun.

Deshalb können Kenntnisse über den Gottesdienst gläubigen Christen helfen, bewusster und fruchtbarer den Gottesdienst mitzufeiern und sich und anderen Rechenschaft über den Glauben zu geben. So liegt es nahe, dass zunächst Christen ein besonderes Interesse daran haben sollten, etwas mehr über die Feier des Gottesdienstes zu erfahren. Aber auch für Nichtchristen können Kenntnisse über den Gottesdienst hilfreich sein. Denn selbst wer aufgrund seiner weltanschaulichen und religiösen Prägung in der Regel keinen christlichen Gottesdienst besucht, wird in einer von christentümlichen Elementen durchsetzten Gesellschaft gelegentlich mit ihm in Berührung kommen, etwa bei Hochzeiten, Begräbnissen, bei Katastrophen und Großschadensereignissen.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass viele Ausdrucksformen der Kultur und Kunst in unserer Gesellschaft gar nicht recht zu verstehen sind ohne eine gewisse Kenntnis des Christentums und seiner gottesdienstlichen Feiern. Das gilt für viele Bereiche der Literatur, der Musik und der bildenden Kunst. So sind die bedeutenden Exponate kirchlicher Goldschmiede- und Textilkunst ja keineswegs als Schaustücke für eine Museumsausstellung geschaffen worden, sie dienten und dienen zu einem nicht geringen Teil noch heute dem Gebrauch im Gottesdienst. Die Kantaten Johann Sebastian Bachs, die Requiemvertonungen Mozarts oder Verdis und die geistlichen Werke von Palestrina bis zu den Komponisten der Gegenwart sind ohne ihren gottesdienstlichen Zusammenhang kaum zu verstehen. Und schließlich lassen sich die vielen von Touristenscharen besuchten Kirchen mit ihrer Ausstattung nur von dem Geschehen her deuten, für das sie vorrangig gebaut wurden, eben die Feier des Gottesdienstes. Wer sich also für die Kultur und Kulturgeschichte interessiert, stößt immer wieder auf Formen und Lebensäußerungen, die ihre Wurzeln im christlichen Gottesdienst haben oder in enger Verbindung damit stehen. Insofern dienen gewisse Grundkenntnisse über den Gottesdienst der Allgemeinbildung und sind Teil der Religionskunde.

Zwischen dem Auftrag Jesu, „tut dies zu meinem Gedächtnis“, und der gegenwärtigen Gestalt des Gottesdienstes liegen inzwischen 2000 Jahre. Weil die Kirche und mit ihr der Gottesdienst, trotz seines bleibend gültigen Kerns, immer auch an eine bestimmte Zeit, Kultur und Gesellschaft gebunden ist, kann es nicht verwundern, dass der Gottesdienst über die Jahrhunderte immer wieder Wandlungen und mehr oder weniger umfangreichen Veränderungen unterworfen war. Dabei gab es Fortentwicklungen, die allmählich aus den Wurzeln der Stiftung Jesu und dem Wirken der Apostelgeneration erwachsen sind. So liegt etwa das Sakrament der Krankensalbung in der Sorge Jesu und der Apostel um die Kranken und Leidenden begründet. In der langen Geschichte gab es aber auch immer wieder Umbrüche und massive Einschnitte. Dies geschah dort, wo die Einsicht gewachsen war, die bestehende Gestalt des Gottesdienstes verdunkle die alte Tradition oder gewährleiste nicht mehr die Klarheit des Glaubens und die Einheit der Kirche. Hier kam es immer wieder zu durchaus einschneidenden Reformen.

Den Sinn für diese geschichtlichen Entwicklungen zu wecken und verständlich zu machen, welche Kräfte und Einflüsse den Gottesdienst in den verschiedenen Epochen prägten, ist das vorrangige Ziel dieses Buches. Es kann daher nicht mehr sein als ein knapper Überblick, der versucht, in kurzen, überschaubaren Kapiteln einige wichtige historische Entwicklungslinien nachzuzeichnen und nachvollziehbar zu machen. Wer mehr wissen will, findet am Ende eines jeden Kapitels einige weiterführende, durchaus subjektiv ausgewählte Literaturhinweise. Sie sind zumeist knapp kommentiert, um auch den Nicht-Fachleuten eine Hilfe zu geben, die genannten Werke und Beiträge einordnen zu können.

Das Buch konzentriert sich auf den Gottesdienst der römisch-katholischen Kirche, weitgehend im deutschen Sprachgebiet. Dabei ist zu beachten, dass die westkirchliche Geschichte bis zur Reformation die gemeinsame Gottesdienstgeschichte der katholischen wie protestantischen Tradition ist. Ein eigenes Kapitel deutet wenigstens die wichtigen Entwicklungen in den Kirchen der Reformation an. Damit ist vornehmlich die Darstellung der neuzeitlichen Entwicklung bis zur Gegenwart stärker konfessionell geprägt. Aber eine eingehendere Berücksichtigung der protestantischen Gottesdienstgeschichte hätte den Umfang des Buches deutlich gesprengt. Darüber hinaus macht ein weiteres Kapitel mit der Entstehung und dem Geist der ostkirchlichen Liturgie und ihrer Traditionen bekannt, um anzudeuten, dass das gottesdienstliche Leben in der Kirche bedeutend reicher ist, als dies ein einseitiger Blick auf die römisch-katholische Liturgiegeschichte vermuten lässt. Ein Glossar am Ende des Buches hilft, die nicht immer vermeidbaren Fachbegriffe kurz zu erklären.

1. Liturgie, Gottesdienst, Messe … – eine kurze Verständigung über wichtige Begriffe


Wenn heute katholische Christen sagen, „ich gehe zum Gottesdienst“, dann meinen sie oft, dass sie an der Feier der Messe teilnehmen. Allerdings sind „Gottesdienst“ und „Messe“ keineswegs gleichbedeutende Bezeichnungen. „Gottesdienst“ ist vielmehr ein Sammelbegriff für verschiedene Formen gottesdienstlicher Feiern, wozu auch – und zwar zentral – die Messfeier gehört. Daneben ist auch der Fachbegriff „Liturgie“ bekannt. Das Wort „Liturgie“ stammt aus dem Griechischen (leiton ergon = Dienst am Volk, im Sinn einer öffentlichen Dienstleistung) und bezeichnet im engeren Sinne die von der Kirche amtlich geordneten Gottesdienste. Heute werden die Begriffe „Gottesdienst“ und „Liturgie“ allerdings zumeist synonym gebraucht, dem schließt sich auch dieses Buch an.

„Gottesdienst“ oder „Liturgie“ sind also Oberbegriffe für eine Fülle von einzelnen Feiern, zu denen sich die Kirche um ihren Herrn Jesus Christus versammelt. Wie angeklungen, steht im Zentrum als wichtigste Feier des Gottesdienstes die Messfeier (auch als Eucharistie oder im protestantischen Sprachgebrauch als Abendmahl bezeichnet), denn hier wird die Gemeinschaft mit Christus am intensivsten verwirklicht.

Um die Messe herum gruppieren sich die Feiern der übrigen Sakramente. Dazu zählen zunächst die Sakramente des Christwerdens, die Feiern der Taufe und der Firmung (sowie die Eucharistie), sodann die Sakramente, die dem Gläubigen in schwierigen Lebenssituationen die Zuwendung Gottes vermitteln, die Feiern der Buße (Umkehr und Versöhnung) und der Krankensalbung, schließlich die Sakramente, die zu einem besonderen Dienst in der Kirche befähigen, die Weihe zum Bischof, Priester und Diakon (Ordination) und die Feier der Trauung. Hinzu treten Segnungsfeiern, die in gewisser Beziehung zu den Sakramenten stehen und deshalb Sakramentalien genannt werden. Dazu zählt auch die Begräbnisfeier.

Eine eigene Bedeutung haben Feiern, in denen die selbstständige Verkündigung des Wortes Gottes den Mittelpunkt bildet (Wort-Gottes-Feiern) sowie die über den Tag verteilte Feier des Gotteslobes, die Tagzeitenliturgie (auch Stundenliturgie oder Stundengebet genannt) mit ihren beiden Angelpunkten am Morgen (Laudes = Lobgesänge) und am Abend (Vesper = Abendstern).

Über diese Bereiche hinaus sind schließlich stärker regional geprägte Feiern zu nennen wie die Feier von Andachten und Prozessionen sowie weitere von bestimmten Anlässen, Bräuchen oder spirituellen Motiven bestimmte Feiern.

2. Gefeierter Glaube – oder: Was will die Liturgiegeschichte erforschen?


Wer sich auf die historischen Spuren des...

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