Vorwort des Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Landrat Thomas Reumann: „Unser Gesundheitswesen findet weltweit hohe Anerkennung. Die rund 2.000 Krankenhäuser bundesweit tragen dazu maßgeblich bei. Sie stehen rund um die Uhr an 365 Tagen für alle Notfälle bereit und sie sind nah bei den Menschen, im städtischen wie im ländlichen Raum. 1,2 Mio. qualifizierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichern die medizinische Leistungsfähigkeit und die hohe Qualität der Versorgung von 40 Mio. Patientinnen und Patienten im Jahr. Die Krankenhäuser stehen vor großen Herausforderungen und Problemen. Der demografische Wandel, der medizinische Fortschritt und die steigenden Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger auf der einen, zunehmende Personalengpässe, hohe Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und anhaltende finanzielle Nöte auf der anderen Seite gefährden den Fortbestand des Erreichten und eine positive Weiterentwicklung zum Wohle der Patientinnen und Patienten. ... Nach zahlreichen Reformansätzen in den vergangenen Jahren brauchen wir jetzt endlich eine Krankenhaus-Reform aus einem Guss, die die Probleme dauerhaft löst. Wir brauchen eine tatsächlich am Wohl des Patienten orientierte Krankenhaus-Reform, die diesen Namen verdient, und damit eine Reform, die insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Krankenhäuser die Luft zum Atmen gibt.“ *[7])
Wenn nun, wie der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft formuliert, Krankenhäuserwieder „die Luft zum Atmen“ brauchen, stellt sich die Frage:
Wie viel Luft fehlt den Krankenhäusern zum Atmen?
Wer nimmt ihnen die Luft?
Ist es vielleicht sogar „System“, dass manchen Krankenhäusern „die Luft zum Atmen“ fehlt?
Wie viele Krankenhäuser braucht Deutschland, wenn man, wie in Kap. 1 beschrieben, einen Strukturfonds nach § 12 Krankenhausfinanzierungsgesetz zur „Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinrichtungen“ benötigt? *[8])
Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu den reichen Ländern der Welt. Gemäß einem Bericht der Bundeszentrale für politische Bildung belegte sie im Jahr 2012 Rang 9 der europäischen Staaten.
Abb. 2: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den europäischen Staaten *[9]
Umso mehr erstaunt es, dass sich dieses reiche Deutschland offenbar keine Krankenhäuser leisten kann, und wie § 12 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes formuliert, offenbar auch nicht will (vgl. Kap 1). Es gilt entsprechend der Gesetzesformulierung folgende Umstrukturierungen zu fördern:
Reduktion von akutstationären Betten innerhalb eines Krankenhauses (Abbau von Überkapazitäten)
Schließung ganzer akutstationärer Fachabteilungen bzw. diagnostischer Abteilungen mit entsprechender Verlagerung an andere Krankenhäuser (Konzentration von stationären Versorgungsangeboten)
Verringerung bestimmter Leistungsangebote in Kliniken der Grund- und Regelversorgung bei nicht erfüllten Mindestmengen innerhalb eines Geschäftsjahres und damit Verlust dieses Angebots an größere Kliniken mit vermeintlich besserer Qualität (Konzentration von stationären Versorgungsangeboten)
Schließung ganzer Krankenhäuser und Nutzung der Gebäude für andere Zwecke (Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinrichtungen; palliative Versorgungsstrukturen).
Investive Fonds werden nicht vorrangig eingesetzt, um knappe Investitionsmittel der bundesdeutschen Krankenhäuser aufzufüllen, sondern um defizitäre Kliniken vom ökonomisch strukturierten Gesundheitsmarkt zu nehmen. Dabei sind genau die fehlenden finanziellen Mittel bundesdeutscher Krankenhäuser und insbesondere Kliniken in ländlichen Regionen ausschlaggebend dafür, dass diese in eine finanzielle Schieflage geraten, die für sie existenzgefährdend wird.
„Berlin - Im Jahr 2012 ist die Mehrheit der Krankenhäuser in Deutschland in die roten Zahlen gerutscht. 51 Prozent der Kliniken haben einer neuen Studie zufolge im vergangenen Jahr Verluste geschrieben. In fast 60 Prozent der Fälle sei das Geschäftsergebnis der Kliniken schlechter gewesen als im Vorjahr, heißt es im Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts. Nur noch 13 Prozent der Einrichtungen schätzten ihre Lage demnach als gut ein. ... Besonders betroffen von Verlusten sind der Studie zufolge kleine Einrichtungen mit weniger als 300 Betten. 57 Prozent von ihnen gaben mehr Geld aus als sie einnahmen, nur 37 Prozent konnten einen Überschuss erwirtschaften.“ *[10]) Im Jahr 2013 entspannte sich die Lage mit durchschnittlich 42,2% defizitärer Krankenhäuser geringfügig.
Abb. 3: Deutsches Krankenhaus Institut, Jahresergebnisse 2013 der Krankenhäuser*[11]
Gut 42% der bundesdeutschen Krankenhäuser mit defizitärem Jahresergebnis, das bedeutet gleichzeitig:
Der Fortbestand von 42% der bundesdeutschen Krankenhäuser ist gefährdet!
Denn:
Anhaltende Jahresfehlbeträge verschlechtern das Eigenkapital der Krankenhäuser.
Negative Eigenkapitale führen zur Überschuldung und vielfach zur Schließung der Krankenhäuser.
Schwieriger war die wirtschaftliche Lage in den Krankenhäusern mit einer Kapazität unter 300 Betten, von denen nur 43,8 % im Jahr 2013 ein positives Jahresergebnis schrieben. Genauso viele Krankenhäuser wiesen einen Jahresfehlbetrag aus.
Abb. 4: Deutsches Krankenhaus Institut, Jahresergebnisse 2013 nach Bettengröße der Krankenhäuser *[12]
Defizite der bundesdeutschen Kliniken gefährden also die stationäre klinische Versorgung.
Bedenklich ist die Tatsache, dass sich die Defizite der Kliniken tendenziell vergrößern:
Abb. 5: Entwicklung der Jahresergebnisse der Allgemeinkrankenhäuser ab 50 Betten (in %) *[13]
Dass kleine Kliniken einer höheren Defizitgefährdung unterliegen, zeichnet sich bereits seit Jahren ab.
Die stationären Fallzahlen in Millionen steigen stetig.
Abb. 6: Entwicklung der Jahresergebnisse der Allgemeinkrankenhäuser ab 50 Betten (in %) *[14]
Woran aber liegt diese bundesweite Entwicklung mit nicht absehbaren Folgen für die Bevölkerung?
Abb.7 : Fallzahl (rot) bzw. Fallzahl pro 100 Einwohner (blau) in den Jahren 1975 bis 2010 *[15]
Trotzdem gewährt das Bundesministerium für Gesundheit den deutschen Kliniken nur jährliche Veränderungsraten im Erlösbudget, die allenfalls die Inflation ausgleichen, nicht aber die höheren Tarifsteigerungsraten der Mitarbeiter oder gar die gestiegen Behandlungsfälle.
Steigende Behandlungsfälle - wie ober dargestellt - müssen ohne zusätzliche Einnahmen der Kliniken bewältigt werden.
Offenbar halten viele bundesdeutsche Krankenhäuser diesem wirtschaftlichen Druck nicht Stand. Innerhalb von 22 Jahren verringerte sich der Bestand von 2.411 auf 1.996 Krankenhäuser (-17%), im Zeitraum 2003 bis 2013 von 2.197 auf 1.996 (-10,5%).
Abb. 8: Grunddaten der Krankenhäuser*[16])
Das Deutsche Krankenhausinstitut führt dazu aus: „Mit der Einführung des DRG-Systems ist die größte Strukturreform im Krankenhausbereich der letzten Jahrzehnte vollzogen worden. Die damit verbundenen Herausforderungen, etwa hinsichtlich der Personal- und Ablauforganisation, haben die Krankenhäuser in weiten Teilen gemeistert. ... Damit hat aber auch der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser in den letzten Jahren merklich zugenommen.“ ... Allerdings sind die öffentlichen Fördermittel seit langem völlig unzureichend für die Vorhaltung der Krankenhäuser. Über das DRG-System hinaus erhöht die Unterfinanzierung mit öffentlichen Investitionsmitteln den wirtschaftlichen Druck auf die Krankenhäuser zusätzlich.“ *[17]
Die Folge der defizitären...