3 Verursacher dingfest machen
Glutenhaltige Getreide ganz zu meiden, ist natürlich der sicherste Weg, um beschwerdefrei durchs Leben zu gehen. Aber diese Einschränkung ist in der Regel gar nicht nötig. So finden Sie heraus, welches Getreide Sie in welchen Mengen noch gut vertragen.
Wer von einer Weizen- oder Glutensensitivität betroffen ist, verträgt in der Regel problemlos eine gewisse Menge an Gluten. In Fachkreisen geht man davon aus, dass eine Reduzierung der gewohnten Glutenaufnahme um 90% in jedem Fall ausreichend ist, um symptomfrei zu bleiben. 10% Gluten dürfen also sein, ohne dass der Darm grummelt, der Kopf schmerzt oder man benommen durch den Tag taumelt. Das klingt erst mal nicht nach besonders viel, ist im Alltag aber eine deutliche Verbesserung!
3.1 Individuelle Unterschiede
Es ist aber individuell sehr unterschiedlich, wie viel Gluten vertragen wird, und durchaus möglich, dass Sie einen höheren Prozentsatz an Gluten gut vertragen und bei manchen Getreiden sogar gar keine Symptome entwickeln. Um das herauszufinden, ist eine Suchdiät hervorragend geeignet, denn damit erkennen Sie nicht nur, auf welche Getreide Sie reagieren, sondern auch, in welchen Mengen Sie damit zurechtkommen.
Auf dieser Basis stellen Sie sich Ihren täglichen Speiseplan zusammen. Mit der Zeit lernen Sie Ihre persönliche Verträglichkeitsschwelle für Gluten und ATIs immer besser kennen. Wenn es dann doch mal wieder zwickt und zwackt, dann wissen Sie, dass der Glutengehalt zu hoch war und für Sie das Rezept oder das Gericht nicht geeignet ist. Beim nächsten Mal müssen Sie die Glutenmenge reduzieren oder auf das Rezept verzichten.
3.2 Besserung in Sicht?
Es lohnt sich aber auch, hin und wieder einmal über das gewohnte Maß hinauszugehen, um zu testen, ob sich die Unverträglichkeit nicht sogar verbessert hat. Wenn Sie sich mit den dann vielleicht doch auftretenden Symptomen arrangieren können, dann essen Sie nach ein paar Monaten der Diät mal bewusst eine etwas größere Glutenladung und beobachten Sie sich. Haben Sie vorher starke Symptome gehabt, dann machen Sie diesen Test lieber erst nach etwa einem Jahr der Abstinenz. Wenn Sie feststellen, dass die bekannten Symptome ausbleiben, können Sie nach und nach wieder mehr Gluten einführen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich eine Weizen- oder Glutensensitivität wieder zurückzieht, wenn Sie sich eine Zeit lang an Ihre individuelle Diät gehalten haben. Untersuchungen dazu gibt es allerdings noch nicht. Sollten Sie bemerken, dass sich nach Wiedereinführung der glutenhaltigen Nahrungsmittel die Symptome wieder einschleichen, dann wissen Sie ja jetzt sehr gut, wie Sie Ihre Weizen- oder Glutensensitivität in den Griff bekommen.
3.3 Positive Einflüsse
Die Inhaltsstoffe bestimmter Nahrungsmittel können eine hemmende Wirkung auf Gluten bzw. ATIs ausüben und diese damit besser verträglich machen. Ballaststoffe aus Vollkornprodukten zum Beispiel können nicht nur den Blutzucker- und Cholesterinspiegel niedrig halten, sondern auch die schädliche Wirkung der ATIs etwas dämpfen. Auch Gemüse und Gewürze sind dazu in der Lage. Werden Lebensmittel gut fermentiert, so sinkt ebenfalls ihr ATI-Gehalt. Roggensauerteigbrot wird daher besser vertragen als Brot mit Hefe. Es hat weniger Gluten als Hefebrot und auch etwas wenige ATIs.
3.4 Andere Übeltäter im Brot
Wenn Sie nach dem Verzehr von Brot Verdauungsprobleme bekommen, muss nicht zwingend eine Weizen- oder Glutensensitivität dahinterstecken – selbst wenn Sie die Beschwerden eindeutig mit dem Brotgenuss in Verbindung bringen können. Auch eine Zöliakie oder Weizenallergie müssen es nicht sein.
3.4.1 Bio ist besser
Probieren Sie einmal Bio-Brot, das nach alter handwerklicher Tradition, mit viel Zeit und Getreide aus organischem Anbau gebacken wurde. Vielleicht sind gar nicht die natürlichen Inhaltstoffe des Brotes verantwortlich für Ihr Unwohlsein, sondern ein Cocktail aus den etwa 200 erlaubten Zusatzstoffen, die ins Brot dürfen. Konservierungsstoffe, Verdickungsmittel und Emulgatoren können ähnliche Symptome hervorrufen. Treten Sie dann den Gegenbeweis mit anderem konventionell hergestelltem Backwerk an, das glutenfrei ist, oder mit Reiswaffeln. Wenn die Symptome auch damit auftauchen, dann sind Zusatzstoffe als Übeltäter stark verdächtig.
3.5 Geht es ohne Getreide?
Getreide gilt ernährungsphysiologisch als ein wertvolles Nahrungsmittel mit vielen wichtigen Nährstoffen. Es enthält sättigende Kohlenhydrate, darmgesunde Ballaststoffe, viele Vitamine, darunter besonders B-Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Es enthält aber nichts, was in anderen Lebensmitteln nicht auch enthalten wäre – bis auf das Gluten und die ATIs. Auch, wenn Sie auf Weizen weitgehend verzichten und selbst wenn Sie andere glutenhaltige Getreidearten reduzieren, haben Sie keine gesundheitlichen Folgen zu befürchten. Nicht nur Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen, sondern auch glutenfreie Getreidesorten und Pseudogetreide sorgen dafür, dass Sie alle Nährstoffe in ausreichenden Mengen bekommen, die Sie brauchen.
3.6 Suchdiät: Glutensensitivität aufspüren
Bisher gibt es keine labordiagnostischen Methoden, um die Verursacher einer Weizen- oder Glutensensitivität ausfindig zu machen. Momentan gibt es nur einen Weg, um den Auslösern der Unverträglichkeitsreaktionen auf die Schliche zu kommen, und zwar die Suchdiät. Dabei testen Sie die Verträglichkeit verschiedener Getreide systematisch und schrittweise in Ihrer Ernährung. Sie protokollieren alle gegessenen Nahrungsmittel akribisch und führen gleichzeitig ein Symptomtagebuch. Nach und nach finden Sie so heraus, was für Sie verträglich ist und was nicht. Dabei gehen Sie nach einem Stufenkonzept vor.
3.6.1 Zu Beginn
Bevor Sie mit dem Test beginnen, machen Sie eine genaue Bestandsaufnahme Ihrer Essgewohnheiten. Sie schreiben dabei nicht nur auf, was Sie wann essen, sondern protokollieren auch auftretende Beschwerden mit ihrer Intensität. Schreiben Sie wirklich alles auf, was Sie gegessen haben, und halten Sie auch die Mengen fest. Notieren Sie sich dazu die Uhrzeiten, auch die von auftretenden Symptomen. Denken Sie während der Testphase immer wieder an das Protokoll!
3.7 1. Stufe: glutenfrei
Nun beginnt die erste Stufe, in der Sie sich mindestens 2 Wochen absolut glutenfrei ernähren. Meiden Sie dabei auch das versteckte Gluten in fertigen Produkten. Verwenden Sie in dieser Zeit nur unverarbeitete Lebensmittel, die natürlicherweise glutenfrei sind (Gemüse, Obst, Kartoffeln, Milchprodukte, Fleisch, Eier etc.) sowie die Rezepte in diesem Buch, die als »glutenfrei« gelabelt sind. Eine sehr ausführliche Beschreibung dieser Suchdiät finden Sie in dem Buch von Dr. Astrid Laimighofer »Böser Weizen – kranker Darm«, das 2016 ebenfalls im TRIAS-Verlag erschienen ist.
Wenn Sie eine deutliche Verbesserung Ihrer Symptome beobachten, dann haben Sie vermutlich tatsächlich eine Weizen- bzw. Glutensensitivität.
3.8 2. Stufe: Suchdiät
Als Nächstes geht es darum, herauszufinden, welche Getreidearten Sie nicht vertragen und welches für Sie noch tolerierbare Mengen sind. Natürlich könnten Sie mit der absolut glutenfreien Ernährung weitermachen, aber vermutlich ist es gar nicht nötig, sämtliches glutenhaltiges Getreide komplett zu meiden. Es lohnt sich, die Suchdiät durchzuführen, damit Sie sich am Ende so wenig wie nötig einschränken müssen – auch wenn diese Phase etwas länger dauern wird. Machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie sich einige Wochen oder vielleicht sogar Monate auf die Suche begeben müssen.
3.8.1 Hafer
In der Suchphase gehen Sie Schritt für Schritt vor. Dabei fangen Sie mit einer Sorte an, die erfahrungsgemäß von den meisten Glutensensitiven noch gut vertragen wird: dem Hafer. Die ersten 1 bis 2 Tage essen Sie 1 EL davon einmal täglich, zum Beispiel als Haferflocken im Müsli, als Bindemittel einer Suppe oder von Bratlingen. Wenn Sie diese Menge gut vertragen, steigern Sie auf 1 EL 2- bis 3-mal täglich und halten dies ebenfalls 1 bis 2 Tage durch. Wenn auch das gut gegangen ist, dann erhöhen Sie die Mengen weiter, wenn Sie möchten immer noch schrittweise, bis Sie eine normale Portionsmenge, zum Beispiel als Müsli oder Porridge zum Frühstück erreicht haben. Notieren Sie, ab welcher Menge Sie Beschwerden bekommen. Geeignete Rezepte mit geringen Hafermengen sind z. B.:
3.8.2 Roggen
In gleicher Weise können Sie mit Roggen vorgehen, gleichzeitig bleiben Sie bei der Hafermenge, die Sie vertragen. Reines Roggenbrot eignet sich dafür am besten, denn in dieser Form wird das Getreide hauptsächlich verarbeitet. Beginnen Sie am ersten Tag mit ¼ Scheibe zum Frühstück und in den nächsten 1 bis 2 Tagen zusätzlich ¼ Scheibe zum Mittag- oder Abendessen. Steigern Sie danach allmählich bis zu der normalen Brotmenge, die...