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E-Book

König der Seestadt

King of Seestadt

AutorBriant Rokyta
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783741236204
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
König der Seestadt ist ein multimediales Spektakel in Text, Zeichnung, Fotografie, Skulptur und Performance. Das Buch ist, wie das Leben selbst, ein Spiel und ein Abenteuer. Gut gelaunte Kunst entwickelt ein multimediales Spektakel aus Text, Zeichnung, Fotografie, Skulptur, Malerei und Performance. Humorvolle, poetische und freche Bilder begleiten den Leser/die Leserin auf einer berührenden Reise zu sich selbst. Dabei geht es um die Sehnsucht nach Freiheit und nach einem Leben, das wir uns immer schon gewünscht haben. King of Seestadt, a multimedia show in text, drawing, photography, sculpture and performance. King of Seestadt is like life, itself, a game and adventure. Well humored art develops a multimedia spectacle of text, drawing, photography, sculpture, painting and performance. Humorous, poetic and naughty impressions accompany the reader on a touching journey to oneself. The book is about the desire for freedom and the quest to create a life that we always dreamed about.

Briant Rokyta ist Künstler und Kunsttherapeut und sagt so Dinge wie: Eigentlich müsste jeder Mensch ein Atelier haben. Er widmet sich dem Bildhauern, Malen, Schreiben und der Performance in Theorie und Praxis. Dabei wird er inspiriert von Fragen wie: Was will ich wirklich und wie ist es, etwas mit ganzem Herzen zu tun? Wie steht es um die Integrität meiner Suche? Die Kunst - wie das Leben - verlangt von uns nur Bereitschaft. Briant Rokyta lebt als freischaffender Künstler und Kunsttherapeut mit seiner Familie in Wien Seestadt. Briant Rokyta is an artist and art therapist and says things like, actually every person should have a studio. He is dedicated to sculpting, painting, writing and performance in theory and practice. His inspiration comes with questions such as: What do I really want and what it is like to do something wholeheartedly? What about the integrity of my search? The art - like life - requires us only willingness. Briant Rokyta lives as a freelance artist and art therapist with his family in Vienna Seestadt.

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Leseprobe

AKT 2


gnadenlos

Ruf mich bei meinem wahren Namen

Sag nicht ich würde morgen abreisen, weil ich sogar heute immer noch ankomme. Schaue tiefer: Ich komme in jeder Sekunde an, um eine Knospe auf einem Frühlingszweig zu sein, um ein winziger Vogel zu sein, mit Flügeln, die noch zerbrechlich ruhen, zu lernen, in meinem neuem Nest zu singen, um eine Raupe im Herzen von einer Blume zu sein, um ein Juwel zu sein, das sich in einem Stein versteckt. Ich komme immer noch an, um zu lachen und zu weinen, um zu fürchten und zu hoffen.

Der Rhythmus meines Herzens ist die Geburt und Tod aller, die noch am Leben sind. Ich bin die Eintagsfliege, die sich verwandelt auf der Oberfläche des Flusses, und ich bin der Vogel, der, wenn der Frühling naht, gerade noch rechtzeitig kommt, um die Eintagsfliege zu essen. Ich bin der Frosch, der glücklich im klaren Teich schwimmt, und ich bin auch die Ringelnatter, die sich in der Stille nähert, um den Frosch zu verspeisen. Ich bin das Kind in Uganda, Haut und Knochen, meine Beine so dünn wie Bambussticks, und ich bin der Waffenhändler, der tödliche Waffen nach Uganda verkauft. Ich bin das zwölfjährige Mädchen, Flüchtling auf einem kleinen Boot, die sich ins Meer wirft, nachdem sie von einem Piraten vergewaltigt wurde, und ich bin der Pirat, mein Herz ist noch nicht in der Lage zu sehen und zu lieben.

Ich bin ein Mitglied des Politbüros, mit viel Macht in meinen Händen, und ich bin derjenige, der seine "Blutschuld" zu bezahlen hat, mein Volk stirbt langsam in einem Zwangsarbeitslager. Meine Freude ist wie der Frühling, so warm, sie lässt die Blumen blühen in allen Wegen des Lebens. Mein Schmerz ist wie ein Fluss aus Tränen, so voll, dass er die vier Ozeane füllt.

Bitte ruf mich bei meinem wahren Namen, so kann ich meine Schreie und mein Lachen auf einmal hören, so kann ich sehen, dass meine Freude und mein Schmerz eins sind. Bitte ruf mich bei meinem wahren Namen, so kann ich aufwachen, und die Tür meines Herzens kann offenbleiben, die Tür des Mitgefühls.

Thich Nhat Hanh

Das Zentrum des Schattenreichs war bei Aspern und Essling. Die Veränderten lebten dort und sie griffen an, unvorhersehbar und apokalyptisch. Sie waren früher Menschen, wobei sich bei ihnen das geschlossen hatte, was ihre bisherige Persönlichkeit war und eine neue begann, eine die niemand kannte.

Du konntest ihnen voll nicht trauen auch den Kindern nicht, das war vielleicht sogar das unheimlichste, Kinder, denen alles zuzutrauen war. Ich weiß das nur deshalb, weil ich mal eine Nacht lang mit einer Bande Veränderter unterwegs war, ich war nicht verändert, aber ich tat so, um nicht aufzufallen. Wohin wir kamen, war Ausnahmezustand. Ihr Anführer war Kali Blau. Er regierte in der Hölle, die er selbst erschaffen hatte.

Es war eisig im Schattenreich, der Frost feierte in der Landschaft. Die Kälte bewegte sich wie die Melodie eines Straßenmusikers und Schneeflocken, so groß wie Federbälle, trieben im lichten Nebel über die Felder. Kali Blau wuchs als Kind einer Arbeiterfamilie in Aspern auf. Eigentlich hieß er Karli, aber da er schon sehr früh einen Hang zur Zerstörung zeigte, nannten ihn seine Eltern Kali. Er war ein unauffälliges, strebsames Kind, das die schulischen Anforderungen ohne große Mühen meisterte. Er war immer bemüht nach außen hin ein perfektes Bild abzugeben, seine wahre Natur kannten nur seine Eltern. Zu Hause hatten sie ihm ein Zimmer eingerichtet, in dem er alles kaputtmachen durfte. Sobald er sich in seinem geliebten Zimmerchen einschloss, war er glücklich, hier brauchte er sich nicht zu verstellen. Er absolvierte die Berufsschule und begann bald als selbstständiger Zahntechniker zu arbeiten, später als Gesellschafter einer Werbeagentur. Als seine Eltern unter ungeklärten Umständen zu Tode kamen, übernahm er das Haus in Aspern und hatte nun mehr Platz für seine Neigungen.

skrupellos

Eines Nachts hatte er einen, für ihn richtungsweisenden Traum, in dem Menschen äußerst gefühllos miteinander umgingen. Sie verletzten sich gegenseitig auf unterschiedliche Art und Weise, schienen das jedoch kaum zu bemerken. Das Zufügen der Verletzungen geschah mit allen möglichen Waffen, aber auch mit beißen, treten, schlagen, etc. Die Verletzungen passierten scheinbar gewohnheitsmäßig, nebenbei, ohne viel Aufhebens, weder vonseiten der Opfer noch vonseiten der Täter. Die Menschen in seinem Traum waren sowohl Opfer als auch Täter, manchmal sogar beides gleichzeitig. Niemand reagierte wirklich mehr darauf. Für Blau hatte dieser Traum etwas Befreiendes, er machte sichtbar, was sowieso allgegenwärtig passierte - die Menschen verletzten sich ständig, ganz nebenbei, ohne es wirklich zu bemerken. Eine Art innerer Auftrag entstand wie von selbst. In ihm keimte das Gefühl oder die Vorahnung auf, dass er bestimmt war, die Menschheit zu retten. Zuerst war es nur ein kleines Pflänzchen, etwas das sich einfach nur endlich richtig anspürte, etwas das ihn faszinierte. Gleichzeitig fühlte er in sich die Fähigkeit wachsen, seine Ideen auch umzusetzen.

Sein Blick auf die Gesellschaft in Aspern und Essling wurde auch zunehmend klarer. Er sah, dass die Menschen Angst hatten. Sie waren wild wuchernden Bedrohungen ausgesetzt. Immer mehr Ausländer siedelten sich an und nahmen ihnen die Arbeitsplätze weg. Es wurde ihnen klar, dass Terrorismus und Amokschützen keine vorübergehenden Phänomene waren. Einbrüche häuften sich, sie fühlten sich von einer Regierung im Stich gelassen, die sie für dumm verkaufte und immer mehr dem Diktat des Geldes diente, anstatt dem Menschen.

Kali Blau ging in die Politik, zuerst nur als Mitglied der Bezirksvertretung doch schon bald avancierte er zum Klubobmann der BEFREIER, einer Partei, die alles ins rechte Lot bringen wollte. Ihr Programm war einfach: Sie waren die Heilung der Menschen von der Angst, sie versprachen sie davon zu befreien, ihnen die ersehnte Sicherheit zu bieten. Ihre Strategie ging auf, von Jahr zu Jahr bekamen sie mehr Zulauf, sie brauchten nur die Angst zu schüren, einige wohlkalkulierte Falschmeldungen in den Tratsch quotengeiler Medien einzustreuen und alles nahm seinen Lauf.

Ein Krieg in Persien gab dann den Ausschlag. Ein Flüchtlingsstrom ergoss sich nach Aspern und Essling. Man sprach von einer Flüchtlingskrise, die Medien hatten geeignetes Futter. Blau und seine Gesinnungsgenossinnen mussten sich nur zurücklehnen und wurden förmlich an die Macht gespült.

Blau nahm seinen Regierungsauftrag sehr ernst. Er konnte seine Versprechen Sicherheit zu bieten nur durch absolute Kontrolle einlösen. Er kannte die menschliche Natur und deren größte Schwäche, die Gefühle, sehr genau. Gefühle hatten einen großen Einfluss auf die Menschen, sie kamen wie das Wetter, waren einfach nicht zu kontrollieren. Wollte er die Angst besiegen, musste er das Übel an der Wurzel packen. Ein Artikel von Maus Grau - einer der führenden Wissenschaftlerinnen ihrer Zeit - in welchem von einer bahnbrechenden Methode der Gefühlskontrolle berichtet wurde, war das letzte fehlende Puzzlestück für Kali. Er wusste, was zu tun war.

Maus Grau - selbst auch eine Meisterin im Unterdrücken ihrer Gefühle - erkannte die Verbindung von Gedanken zu Gefühlen und deren Einfluss auf den Körper. Dachte man an ein bedrohliches Ereignis, reagierte der Körper als wäre es eine reale Situation und das entsprechende Gefühl stellte sich ein. Ein kleiner chirurgischer Eingriff unterbrach diese unselige Verbindung und alles war wieder gut. Die Einwohner von Aspern und Essling mussten sich per Gesetz dieser Operation unterziehen, bei Kindern wurde sie sogar gratis angeboten. Man kam auch sehr gut ohne Gefühle aus. Die direkte Verbindung von Gedanken zu Körperhandlungen erlaubte weit mehr Effizienz und Manipulation. Das kam Blau natürlich entgegen, er erkannte seine Chance eine Gesellschaft nach seinen Vorstellungen zu schaffen und nutzte sie. Es war einfacher als er dachte, eigentlich ging es fast wie von selbst. Die natürliche Evolution der Gehirnentwicklung, die seit Anbeginn der menschlichen Existenz bestrebt war, alles Lebendige zugunsten der Sicherheit aufzugeben bereitete den idealen Boden für Karlis Zwecke. Die Bewohner von Aspern und Essling waren direkt froh, als man ihnen die Möglichkeit anbot sie von ihren Gefühlen zu befreien. Von den Gefühlen ging seit jeher eine große Unsicherheit aus. Könnte man sie kontrollieren, müsste man zum Beispiel nie mehr Unsicherheit oder Trauer erfahren. Natürlich wussten die BEFREIER ihre neue Strategie sehr gut zu verkaufen. Sie wurde als evolutionär notwendiger Schritt angepriesen.

Den Einwohnern von Aspern und Essling wurde in Aussicht gestellt, dass sie nun bald ihre Gefühle von Angst, Wut, Ekel und Depression beherrschen konnten und als das Gesetz erlassen wurde, gab es vonseiten der Bevölkerung kaum Gegenstimmen. Sie bemerkten auch gar nicht, dass bald nicht mehr nur vom Beherrschen der Gefühle die Rede war, sondern von deren Auslöschung. Die Bevölkerung hieß ihre Veränderung willkommen, die Angst vor der Unkontrollierbarkeit des Lebens war zu groß geworden - nicht mehr zu ertragen, sie wünschten sich endlich Befreiung.

Die Arbeit unter der Leitung von Grau ging zügig voran und die Gefühle verschwanden aus der Bevölkerung, das Schattenreich erstand. Selbst das Gefühl des Widerstands - eine der hartnäckigsten Emotionen, war bald verschwunden, die Veränderten waren geboren. Das Schattenreich brauchte nicht einmal mehr die Medien zur Manipulation, die Veränderten waren fortan mittels Gedankenprogrammierung einfach einzustellen.

namenlos

Der Alltag im Schattenreich ging seinen Lauf....

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