Grundlagen unserer Kommunikation
Unsere Kommunikation findet auf drei Ebenen statt. Die allererste, die uns in unserem Leben zur Verfügung steht, ist die Ebene der Körpersprache. Auf der nonverbalen Ebene wird miteinander geschmust, geschmatzt, gezankt und versöhnt.
Im Laufe der ersten drei Lebensjahre kommt dann die sprachliche Ebene dazu, auch verbale Ebene genannt. Dies ist die Ebene, die wir im Laufe unseres Lebens mehr oder weniger gut zu beherrschen lernen. Am Anfang dieses Sprachmarathons werden Sätze verdreht und verfälscht und es werden sprachliche Satzkonstruktionen erdacht und ausprobiert, die den Eltern die Freude, aber auch die Schamröte ins Gesicht treiben. Denken Sie nur an die berühmte Analphase, wo jeder zweite Satz mit „Pipikaka“ anfängt und aus der so manch ein erwachsener Mensch bis heute nicht herausgekommen ist.
Durch diese zwei Ebenen entsteht noch eine dritte Ebene, die mit den anderen in ständigem Kontakt steht: die tonliche Ebene. Der Ausspruch „Der Ton macht die Musik“ ist jedem bekannt und jeder kann davon ein Lied singen. Ein unpassender Ton kann einem Gespräch eine Richtung geben, in die zu steuern man gar nicht beabsichtigt hatte: „Ups, eigentlich wollten wir uns aussprechen und jetzt ist sie fort!”
Versuchen Sie einmal, mit einem Schlagzeug eine Dankesrede an einen lieben Verstorbenen zu halten oder mit einer Blockflöte einen Kampfjet zum Kurswechsel zu bewegen! Der Ton macht die Musik!
Sie haben immer die Möglichkeit, „Gesprochenes“ in unterschiedlichen Gemütsverfassungen auszusprechen: neutral, angewidert, vorwurfsvoll, freundlich, affig, belustigt, bösartig und vieles mehr. Sagen Sie den folgenden Satz einmal in diesen verschiedenen Gemütsverfassungen: „Herr Petersen, haben Sie die Dokumente von der Firma ‚Schlucker‘ schon bearbeitet?”
Sie können an sich selbst im Spiegel beobachten, wie sich der Ton, aber auch die Körpersprache bei diesen Varianten voneinander unterscheiden.
Diese drei Ebenen gehören zusammen und wirken auf den Betrachter als eine Einheit. Wird eine Ebene stark unterdrückt (so wie bei Freddy), übernehmen die anderen die Artikulation. Trotzdem benötigen wir in der Kommunikation alle drei Ebenen, denn sie gehören nun einmal zusammen. Benutzen Sie eine Ebene nur wenig, ist es dasselbe, als wenn Sie ohne Lenkrad oder Räder Autofahren wollen. Das funktioniert nicht!
In diesem Buch werden weder die sprachliche noch die tonliche Ebene explizit behandelt, sondern ausschließlich die körpersprachliche Ebene. Körpersprache ist unsere Muttersprache. Durch sie nehmen wir Kontakt mit unseren Eltern auf, und das nicht erst, wenn wir auf der Welt sind, sondern schon viel früher: schon, wenn wir im Mutterleib herumplantschen. Wir geben unsere Saltos und Boxübungen als Signale an Mama ab, die dann plötzlich eine belebende Unruhe in ihrem Bauch verspürt. Mama holt dann Papa und legt ihm die Hand auf den runden Bauch, damit auch er in den Genuss kommt, die kleinen Füßlein oder Ellenbogen seines Sprösslings zu spüren. Das ist interne Körpersprache!
Wenn wir dann auf der Welt gelandet sind, schreien wir meist ganz fürchterlich, strampeln mit heftigen Bewegungen im Rhythmus unserer Schreie, um kurze Zeit später genüsslich an Mamas Brust zu saugen. Köstlich! Schon in diesem frühen Moment haben sich alle drei Ebenen vereint und werden in Zukunft nur noch im Dreierpack auftreten – allerdings mit unterschiedlicher Gewichtung.
Wie Kinder von den Erwachsenen lernen, so lernen auch die Eltern von der Körpersprache der Kinder. Sie lernen, was die Kleinen wollen oder auch gerade nicht wollen, was ihnen gerade missfällt und was ihnen beliebt – und das alles ohne Sprache.
Wenn die verbale Sprache dann dazukommt, wird so mancherlei lustige Satzkonstruktion mit der einen oder anderen Geste begleitet oder unterstützt. Das macht Kindern riesigen Spaß. So quakte ein kleiner Bengel jedes Mal, wenn er seinen Löffel zum 87. Mal vom Hochstuhl auf den Fußboden geworfen hatte, um das „Ursache-Wirkung-Prinzip“ zu testen: „Is’ futsch, näh?”
Dann kommt die Pubertät. Für die Eltern eine aufregende und aufreibende Zeit. Hier fragt sich so manch einer: „Wie bekomme ich mich und das Kind möglichst lebend dort hindurch?“ In dieser Zeit ist das Leben eine einzige Baustelle. Bis in die Körpersprache hinein wird der ganzen Welt gezeigt, dass alles, aber auch alles, was bisher an Regeln und Gesetzen aufgestellt wurde, ab jetzt infrage gestellt wird. Ab dem Moment wird alles anders gemacht – vor allem anders, als die Eltern es wollen. Darin liegt das größte Entzücken der kleinen Süßen, und es gibt Momente, in denen sie den Eltern das Gefühl vermitteln, dass sie es nur darauf abgesehen haben, die Eltern möglichst schnell und effektiv fertig zu machen. Auch die Körpersprache offenbart eine Menge:
Annabelle knallt schon einmal die eine oder andere Tür zu, während sie ihr Gesicht zu einer grässlichen Grimasse verzieht, den Kopf mit einem „Pöh!“ in die Höhe schmeißt und zielstrebig von dannen rauscht. Fridolin verlässt etwas weniger theatralisch den Raum, aber auch hier wird in der Mimik einer gewisse abfällige Nuance mit eingespielt, die wiederum möglichst cool rüberkommen soll. Na, benahmen Sie sich auch so? Natürlich nicht, bei Ihnen war das alles ganz anders. Fragen Sie einmal Ihre Mutter!
Die Jungen fangen in diesem Alter an, mit allen Körperteilen gleichzeitig zu wachsen, und dies oft mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten an verschiedenen Körperpartien. Der gesamte Hormonhaushalt gerät aus den Fugen und die Schuhgröße verändert sich in rasantem Tempo von Größe 36 auf 43. Der Rest befindet sich im Stillstand. Vielleicht wächst aber auch nur die Nase, sodass man zeitweise das Gefühl bekommt, eine Nase kommt zur Tür herein und nicht der eigene Junge! Da ist es doch kein Wunder, dass Fridolin etwas unbeholfen aussieht, obwohl er denkt: „Mann, bin ich cool, Mann!“
Die Mädchen verlieren den schlanken und athletischen Körperbau, der dann durch gerundete Berge und Täler verschiedenster Couleur ersetzt wird, sodass die Heranwachsende von der Umwelt plötzlich mit anderen Augen wahrgenommen wird. Aus einer Anna wird dann eine Annabella und die Körpersprache wird um weitere Signale erweitert, nämlich um die sexuellen.
Mädchen und Jungen fangen dann an, in direkten Austausch miteinander zu treten, ab jetzt aber auch auf sexueller Ebene. Was vorher nur als zartes Gefühl vorhanden war, entfaltet sich jetzt zu einer wahren Signalschlacht. Es wird wie wild kokettiert und imponiert – Erotik und Machtkitzel –, um auch diesen speziellen Bereich der körpersprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten zu erkunden, der bis dato noch am Schlummern war. Körpersprache wird erkundet und entdeckt. Das Ursache-Wirkung-Prinzip wird aufmerksam beobachtet. Das, was schon der kleine Bengel vom Hochstuhl aus erkundete, wird fortgeführt, und es wird neugierig experimentiert. Wenn Annabelle sich schminkt, ist sie neugierig auf die Wirkung, die sie dadurch hinterlässt. Steckt sich Fridolin „’ne Zippe in den Mundwinkel“, beobachtet auch er neugierig die Reaktion seiner Mitmenschen.
Während die Körpersprache bisher eher androgyn war, wird in dieser Zeit deutlich, dass Frauen und Männer verschieden sind und auch jeweils eine andere Körpersprache benutzen.
Aber nicht nur die geschlechtlichen Unterschiede werden in der Körpersprache des jungen Menschen sichtbar. Auch mit welchen Voraussetzungen man ins Leben startet und wie sich daraus eine eigene Einstellung zur Umwelt entwickelt, ist durch die Körpersprache eines Menschen erkennbar.
Was prägt unsere Körpersprache? Sie wird geprägt von der:
- Genetik,
- der Erziehung und der
- Persönlichkeit.
Diese drei Faktoren beeinflussen im Wesentlichen unsere Einstellung und somit auch unsere Körpersprache, denn alles, was wir denken, fühlen und tun, wird von uns in Bewegung umgesetzt. Es manifestiert sich im Äußeren und wird somit für andere sichtbar. Wenn ein Mensch beispielsweise durch einen gewissen melancholischen Wesenszug gekennzeichnet ist, sind seine Bewegungen eher verhalten und zurückhaltend. Er wird sich durch die Körpersprache anders ausdrücken als der Torero, der...