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E-Book

Kopfzerbrechen

Wenn das Grübeln zur Belastung wird

AutorOlle Wadström
VerlagJunfermann
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783955718831
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Warum können wir nicht aufhören zu grübeln? Unnötiges Kopfzerbrechen und schlaflose Nächte - ständiges Grübeln zermürbt. Wir quälen uns mit immer wiederkehrenden Gedanken, ohne zu einem Schlusspunkt zu gelangen, suchen Antworten auf Fragen, für die es keine (eindeutigen) Antworten gibt, oder Erklärungen für Unfassbares. Oft wird Ablenkung als Maßnahme gegen das Grübeln empfohlen. Doch tatsächlich macht diese Strategie es nur schlimmer. Die grüblerischen Gedanken schleichen sich immer wieder in unsere Köpfe. Wie bei einem Tennisspiel - bei dem die beunruhigenden Gedanken und die innere Unruhe, die sie mit sich bringen, stets gewinnen. In diesem Buch analysiert Olle Wadström die Dynamik des Grübelns. Er erklärt, warum wir grübeln, was das Grübeln antreibt und warum es so schwerfällt, es zu stoppen. Er stellt eine Methode vor, die darauf abzielt, das Gehirn zu 'trainieren', sodass es beunruhigende Gedanken und Sorgen gar nicht erst produziert und das Grübeln auf diese Weise fortdauernd unterbunden wird.

Olle Wadström ist Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt KVT. Zu seinen Klienten gehören vor allem Menschen mit Angststörungen. Er schaut bereits auf eine 40-jährige Berufslaufbahn zurück.

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Leseprobe

2. Was genau ist denn nun Grübeln?


Grübeln ist eine Form des Verhaltens, und zwar des kognitiven Verhaltens. Klassischerweise ist Grübeln eine Art innerer Dialog, eine innere Debatte, bei der man in Gedanken abwägt, welche Möglichkeiten man hat, um etwas zu beeinflussen, zu verändern, vorauszusehen, zu verstehen oder sich auf etwas vorzubereiten. Mitunter ist die Thematik, über die man grübelt, weder in Gedanken noch in der Praxis zu lösen.

Man kann Gedanken kontrollieren und beeinflussen, was schwer zu glauben sein mag, wenn man unter ausgeprägten Grübeleien leidet. Es fühlt sich eher an, als könnte man nie mehr mit dem Grübeln aufhören, sosehr man es auch wollte. Die negativen Gedanken neigen dazu, den Grübler immer wieder heimzusuchen. Und doch ist es nun mal so, dass wir sowohl unsere äußerlich sichtbaren Handlungen (das motorische Verhalten) als auch unsere Gedanken (das kognitive Verhalten) steuern können. Ich will Ihnen den Unterschied zwischen der Steuerung von Handlungen und dem Steuern von Gedanken erläutern.

Wir können ganz bewusst beschließen, den rechten Arm zu heben oder aber ihn keinen Millimeter zu bewegen. Wir können außerdem beschließen, etwas zu sagen oder zu schweigen. Motorische Verhaltensweisen unterliegen – von Reflexen und Tics einmal abgesehen – völlig unserer Kontrolle.

Mit den Gedanken liegt die Sache ein wenig anders. Wir können ganz bewusst beschließen, an eine bestimmte Sache zu denken, aber wir können nicht beschließen, nicht zu denken. Sosehr wir davon Abstand nehmen wollen, denken wir in einem fort. Wir können also nicht auf die gleiche Art und Weise beschließen, nicht zu denken, wie wir etwa von einer Bewegung absehen können. Genau hier liegt hinsichtlich der Grübelei der Hund begraben: Wir denken, sobald wir wach sind. Und es fällt uns schwer, an bestimmte Dinge nicht zu denken, weil wir nun mal die ganze Zeit denken und die Gedanken dabei von einer Sache zur nächsten springen.

Es ist beispielsweise unendlich schwer – wenn nicht unmöglich –, den bewussten Beschluss zu fassen, nicht an einen blauen Elefanten zu denken. Sobald man versucht, nicht an einen blauen Elefanten zu denken, sieht man ihn förmlich vor sich. Indem wir versuchen, all diejenigen Dinge, an die wir nicht denken wollen, unter Kontrolle zu halten, denken wir automatisch daran.

2.1 Grübeln ist eine Verhaltensreihung


Genau genommen stellt Grübeln kein singuläres Verhalten dar, sondern ist eine Reihung mehrerer Aktivitäten; man spricht auch vom Gedankenstrom. Ein „Grübelstrom“ besteht indes mitnichten aus dem immer selben, sich wiederholenden Gedanken. Es reihen sich verschiedene Gedanken aneinander – zwei Arten, um genau zu sein, die jede für sich eine eigene Funktion innehat.

In der Verhaltensanalyse wollen wir verstehen, welche Funktion dieses oder jenes Verhalten hat. In verschiedenen Kontexten kann ein und dasselbe Verhalten unterschiedliche Funktionen übernehmen; dann wiederum können auch unterschiedliche Verhaltensweisen ein und dieselbe Funktion haben. Um die Funktion oder Aufgabe eines Verhaltens zu ergründen, muss man sie im jeweiligen Kontext betrachten. Wenn man die Funktion des Verhaltens nicht hinreichend versteht, kann es ansonsten dazu führen, dass man falsch damit umgeht. Wie bereits geschrieben, sind auch Gedanken Verhaltensformen, die entsprechend unterschiedliche Funktionen erfüllen.

Unsere Gefühlswelt wird von äußeren ebenso wie inneren Faktoren beeinflusst. Wir geraten in Erregung, Rage oder Panik, wenn wir bestimmte Dinge hören oder sehen, aber auch, wenn wir an gewisse Dinge denken. Im gleichen Maße werden wir ruhiger, wenn wir bestimmte Dinge sehen, hören oder an sie denken.

2.1.1 Gedanken als Auslöser für Angst und Trost


Auch die Gedanken, die wir uns beim Grübeln machen, haben zwei unterschiedliche Funktionen. Typ eins macht uns nervös, verunsichert uns oder schlägt uns aufs Gemüt, fungiert insofern als „Aufrüttler“ oder „Trigger“. Typ zwei fungiert als „Beruhiger“, „Rückversicherer“ oder „Tröster“. Daher wird Letzterer auch als eine Form von Sicherheitsverhalten betrachtet.

Gedanken, die uns erschrecken, die uns Angst machen, Unbehagen oder Unwohlsein bereiten oder Panik auslösen, fasse ich in der Folge mit dem Ausdruck beunruhigende Gedanken zusammen. Gedanken, die eine Sicherheitsfunktion einnehmen und Unsicherheiten, Ungewissheiten, Besorgnisse, Unbehagen und Zweifel ausräumen sollen, werden im Umkehrschluss beruhigende Gedanken oder Trostgedanken genannt.

2.1.2 Unangenehme oder beunruhigende Gedanken


Beunruhigende Gedanken können in den unterschiedlichsten Gewändern auftreten und jedwedes Thema berühren. Sie beunruhigen, indem sie uns erschrecken, nervös machen, Furcht einflößen, irritieren, provozieren, verwirren, verunsichern, und sie können dazu führen, dass wir uns zutiefst verletzt, beleidigt oder gekränkt fühlen. Beunruhigende Gedanken können mitunter die Gestalt von Bildern oder Bildsequenzen annehmen, die vor dem inneren Auge eines beunruhigten Betrachters ablaufen; in welcher Form genau sich diese Gedanken manifestieren, spielt jedoch keine Rolle.

Wie bereits erwähnt, können beunruhigende Gedanken auch inhaltlich ganz grundverschieden sein; allen gemein ist allerdings, dass sie mehr oder weniger unmittelbar zu Unbehagen und Unwohlsein führen. Im Zusammenhang mit Zwangserkrankungen nennen wir sie auch „Gefühlsgedanken“.

Hier ein paar Beispiele für beunruhigende Gedanken:

Katastrophierende Gedanken

  • Was, wenn ich die Prüfung nicht bestehe?
  • Werde ich langsam verrückt?
  • Vielleicht stirbt Mama.
  • Bestimmt entlassen sie mich!
  • Wenn die Kinder zur Schule laufen, werden sie womöglich überfahren.
  • Als ich meinen Einwand vorgebracht habe, hat sie Nils einen vielsagenden Blick zugeworfen!
  • Was, wenn ich Krebs habe?
  • Garantiert will er nicht, dass ich etwas sage, so, wie er mich immer anguckt!
  • Die sehen doch, dass ich nervös bin.
  • Und wenn ich niemanden kennenlerne, mit dem ich mein Leben teilen kann?

Gedanken des Zweifels und der Unsicherheit

  • Was denkt er sich wohl dabei, wenn er ausgerechnet mich fragt?
  • Habe ich irgendjemanden überfahren, als ich durch die Dunkelheit gefahren bin?
  • Hat sie nicht hämisch gegrinst, als ich meinen Vortrag gehalten habe?
  • Was, wenn ich die Tür nicht abgeschlossen habe?
  • Habe ich etwas Falsches gemacht, als …?
  • Und wenn sie mich nicht riechen kann?
  • Vielleicht liebt er mich nicht mehr?

Existenzielle Fragen

  • Gibt es einen Sinn im Leben?
  • Gibt es einen Gott?
  • Habe ich mein Leben vergeudet?
  • Wird es denn nie besser werden?
  • Was passiert, wenn ich tot bin?
  • Vertrödele ich mein Leben?

Selbstanklage

  • Habe ich sie verletzt, als ich Nein gesagt habe?
  • Sie haben einfach nicht verstanden, was ich meinte. Was, wenn sie meinetwegen jetzt einen Fehler machen und sich wehtun?
  • Hat er wirklich begriffen, was ich ihm sagen wollte?
  • Was, wenn sie jetzt glaubt, dass ich negativ bin oder sie kritisieren wollte, als ich gesagt habe …?
  • Ist er jetzt beleidigt?
  • Ist Pelle traurig, weil ich dies und das gesagt habe?
  • Wie konnte ich nur so dumm sein und …?
  • Ich bin eine schlechte Mutter, und meine Arbeit schaffe ich auch nicht mehr.

Vergleichsgedanken (und Eifersuchtsgedanken)

  • Welcher Wagen ist denn nun der beste? Welchen soll ich mir kaufen?
  • Soll ich wirklich den Job wechseln?
  • Garantiert halten die mich für einen Trottel. Sie blicken auf mich herab.
  • Ich bin nicht annähernd so gut wie die anderen.
  • Sie liebt mich nicht so sehr, wie ich sie liebe.
  • Immer kann sie etwas besser als ich.
  • Er ist so viel klüger als ich!
  • Immer kriegen die anderen was Besseres und ich das Schlechteste.
  • Warum starrt er sie denn so an?

Für beunruhigende Gedanken ist kennzeichnend, dass sie ein Gefühl der Sorge, des Unbehagens, Zweifels oder irgendein anderes unangenehmes Empfinden heraufbeschwören.

2.1.3 Trostgedanken


Typ zwei – der Trostgedanke – beruhigt, versichert, gibt Klarheit, Gewissheit und der Bezeichnung entsprechend Trost. Sowohl hinsichtlich seines Inhalts als auch der Funktion ist er dem beunruhigenden Gedanken komplementär entgegengesetzt. Er vertreibt vorübergehend das unangenehme Gefühl. Anstatt zu verschrecken, verhelfen Trostgedanken zu Erklärungen, zu Auswegen, Gegenmaßnahmen, Schutz vor Gefahren, zu überzeugenden Argumenten oder Möglichkeiten, um ein Problem zu beheben. Derlei Gedanken sind angenehm und spenden Trost.

Trostgedanken fallen in die Kategorie „Sicherheitsverhalten“. Ein solches Verhalten führt zumindest für eine Weile zu einem Gefühl der Besänftigung oder Erleichterung. Trostgedanken sind äußerlich nicht wahrnehmbare Sicherheitsmaßnahmen, die vorübergehend für Wohlergehen und ein beruhigendes Gefühl sorgen.

Hier ein paar Beispiele für Trostgedanken:

Trostgedanken, die Ruhe, Erklärungen und Gewissheiten vermitteln

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