2. Angriffe/Bedrohungen mit Waffen
Allgemein sollte beachtet werden, dass auch bereits eigentlich abgeschlossene Konflikte, in denen noch keine Waffen im Spiel waren, eine überraschende Wendung nehmen können. Insbesondere Türsteher wurden in der Vergangenheit immer wieder mit diesem Phänomen konfrontiert. Abgewiesene "Problemfälle" kamen nach einer erledigten Auseinandersetzung noch einmal zurück, nachdem sie sich aus ihrem Auto, einer nahen Wohnung oder von einem Freund eine Waffe besorgt hatten. Wenn sie also nicht gerade aus dienstlichen Gründen wie die Türsteher am Ort des Geschehens verweilen müssen, entfernen Sie sich unverzüglich von dort. Bringen Sie sich in Sicherheit und verständigen Sie von dort aus die Polizei. Und seien Sie bei "Rückkehrern" immer besonders auf der Hut und rechnen mit Waffenangriffen!
Behalten Sie bei einem Streit grundsätzlich die Hände des Aggressors im Auge, denn von ihnen geht die größte Gefahr aus. Befindet sich eine Hand hinter dem Rücken, in einer Tasche oder sonst wie verdeckt, so müssen wir das als Hinweis auf einen möglichen Angriff mit einer Waffe deuten. Selbst ein offen gezücktes Messer kann bei schlechten Lichtverhältnissen oder entsprechendem Hintergrund von uns übersehen werden. Drehen Sie den Gegnern auch nach Beendigung der Auseinandersetzung nie den Rücken zu.
2.1. Angriffe mit dem Messer
Wenn wir denn mit einer Waffe angegriffen werden sollten, so ist die Wahrscheinlichkeit zumindest in Deutschland am größten, dass es sich dabei um ein Messer handelt. Diese sind frei verkäuflich, leicht zu beschaffen und aufgrund der Größe auch problemlos mitzuführen. Die Handhabung ist einfacher als die einer Schusswaffe. Ein Messer hat keine Ladehemmung, muss nicht nachgeladen werden und ist treffgenauer als ein Geschoss. Viele Opfer eines Messerangriffes berichten, dass sie zunächst noch nicht einmal bemerkt hatten, mit einem Messer angegriffen worden zu sein. Dieses wurde verdeckt getragen und als der Angriff erfolgte, spürten sie zunächst nur einen dumpfen Schlag. Erst später wurde aufgrund der Blutung festgestellt, dass eine Stichwaffe im Spiel gewesen sein musste.
Also selbst, wenn wir zunächst keine Waffe sehen, müssen wir dennoch immer davon ausgehen, dass z.B. ein Messer Verwendung finden könnte. Dies macht für unsere Abwehr aber keinen Unterschied. Ob der Angreifer letztendlich ein Messer in Händen hält oder "nur" mit der bloßen Hand angreift, ändert nichts an unseren Verteidigungsprinzipien und Abwehrschritten:
- Ausweichen
Wir müssen dort sein, wo das Messer nicht ist und bewegen uns aus der Angriffslinie. - Blocken
Der angreifende Arm muss durch einen Block in seiner Bewegung gestoppt oder durch eine Fege-Technik in seiner Richtung umgeleitet werden. - Kontern
Wir starten schnellstmöglich den Gegenangriff. Die ersten 3 Abwehrschritte sollten in der Regel möglichst zeitgleich erfolgen. Danach folgen im fließenden Übergang die weiteren Schritte: - Lücke schließen/Aktionsspielraum des Gegners einschränken
Wir bewegen uns auf den Angreifer zu und schließen damit den Raum, in dem er weitere Angriffe auf uns entwickeln könnte. Seine Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. - Fixierung des Angriffsarmes in Verbindung mit weiteren Kontertechniken
Wir versuchen den angreifenden Arm mit der Waffe zu fixieren, indem wir ihn einwickeln, festhalten oder einfach nach unten und auf den Gegner zu drücken, um weitere Angriffe zu verhindern. Gleichzeitig platzieren wir weitere Kontertechniken, um den Gegner immer mehr zu schwächen und letztendlich auszuschalten. - Flucht
Sobald die unmittelbare Gefahr beseitigt wurde, ergreifen wir die erstmögliche Gelegenheit zur Flucht.
Für uns Zivilpersonen steht die Festnahme und Entwaffnung des Angreifers nicht im Vordergrund. Beides ist mit weiteren Risiken verbunden, denen wir uns nicht aussetzen müssen.
Es muss jedem klar sein, dass ein Messerangriff trotz einer erfolgreichen Abwehr mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Verletzung verbunden ist. Die Frage ist nicht, ob wir verletzt werden sondern wie schwer. Das Motto heißt also "Schadensbegrenzung" und Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit. Wir müssen lebensgefährliche Verletzungen im Körperbereich, Hals, Kopf usw. unbedingt verhindern. Dabei werden wir höchstwahrscheinlich eine Verletzung unseres abwehrenden Armes nicht vermeiden können und müssen diese in Kauf nehmen. Deswegen blocken wir grundsätzlich nur mit dem einen Arm und kontern gleichzeitig mit dem anderen Arm. Wir setzen nur eine Seite der Gefahr aus und erhalten uns so die Handlungsfähigkeit mit der anderen Seite. Ein gleichzeitiger Konter gegen den Kopf erhöht aber auch unsere Abwehrchance. Der Gegner wird in seiner Vorwärtsbewegung gestoppt (physikalischer Zusammenhang mit der gegensätzlichen Bewegung) und weitere Angriffshandlungen werden bereits im Ansatz empfindlich gestört (auf neurologischer und psychologischer Ebene des Angreifers werden die Angriffssignale für weitere Handlungen zwischen Gehirn und Körper behindert oder gar unterbrochen). Auch wenn wir bereits durch Treffer verletzt worden sind, kämpfen wir bis zum bitteren Ende weiter und geben niemals auf. Opfer von derartigen Attacken haben trotz erheblicher Verletzungen solche Angriffe überlebt, weil sie nicht aufgaben und weiter kämpften!
Hat der blockende Arm einmal Kontakt mit dem Messerarm aufgenommen, muss dieser unter allen Umständen gehalten werden. Selbst wenn wir den Arm des Gegners nicht sofort ergreifen können, so müssen wir an diesem "kleben" bleiben. Zieht er seinen Arm zurück, so bleiben wir dran, rücken notfalls nach und blockieren ihn so für weitere Attacken. Auf gar keinen Fall dürfen wir jedoch in die zurückziehende Klinge greifen! Zieht der Angreifer seinen Arm zurück, kontern wir mit einem Beugehebel. Streckt er dagegen seinen Arm, gehen wir mit ihm in einen Streckhebel. Wir müssen stets flexibel reagieren, die Bewegung des anderen ausnutzen und dürfen nie einfach nur „dagegen halten“.
Im Gegensatz zu den anderen Waffen, die wir aufgrund ihrer Auffälligkeit (z.B. Größe des Stockes) eher wahrnehmen, müssen wir beim Messer davon ausgehen, dass uns der Angriff in der "unvorbereiteten Position" überrascht. Daher wurde bei den nachfolgend demonstrierten Verteidigungshandlungen in der Regel keine Kampfhaltung mit erhobener Deckung eingenommen. Auf der anderen Seite mag es dann wiederum den Angreifer überraschen, dass wir dennoch mit einer strukturierten Verteidigung reagieren.
Sollten wir selber in irgendeiner Form bewaffnet sein und die Waffe nicht gerader zufällig in der Hand halten, so müssen wir beachten, dass die Erstabwehr meist nur waffenlos erfolgen kann. Erfahrungen aus den USA haben ergeben, dass selbst mit Schusswaffen bewaffnete und entsprechend trainierte Polizisten in einer Angriffsdistanz von unter 7 Metern gegen einen plötzlichen Messerangriff keine Chance hatten, ihre Waffe rechtzeitig zu ziehen und einzusetzen. Das hängt mit der Informationsverarbeitung und der erforderlichen Zeit für die Erfassung der Lage, die Entscheidung, die eigene Waffe einzusetzen sowie letztendlich die Waffe zu ziehen und anzuwenden zusammen.
Mögliche Griffhaltungen des Messers
1: Messerstiche von oben, von innen, div. Schnitte mögl.
2: Messerstiche von unten, von außen, div. Schnitte
3 Widerlager Handteller für…
Bei der Florett-Haltung liegt der Griff im Handteller als Widerlager, damit bei geraden Stichen die Finger nicht über die Klinge rutschen.
Beispiele verdecktes Führen des Messers
6 hinter dem Oberschenkel
7 hinter dem verschränktem Arm
8 in einer gefalteten Zeitung
9 hinter dem Rücken Variante 2
Beispiele für Stich- und Schnittwaffen
2.1.1. Messerstiche
2.1.1.1. von oben
Verteidigungsvariante 1
11 Unterarmblock + Handb.-Stoß
Wir machen aus der unvorbereiteten Position startend einen Ausfallschritt nach vorne-links in den Angriff hinein. Mit unserem linken Unterarm blocken wir den angreifenden Unterarm und platzieren gleichzeitig einen rechten Handballenstoß gegen das Kinn.
Mit der linken Hand ergreifen wir den messerführenden Arm und drücken ihn nach unten zum Angreifer hin. Mit rechts erfassen wir die Schulter des Aggressors, bewegen uns auf ihn zu und ziehen ihn gleichzeitig nach unten in einen Knieschlag, den wir bei...