Die Führung von Marken stellt aufgrund der zahlreichen in Wissenschaft und Praxis diskutierten Einflussfaktoren auf die Markenwirkung ein äußerst komplexes Thema dar. Es belegen jedoch zahlreiche Erfolgsbeispiele sowohl etablierter als auch junger Marken, dass die Markenführung ein zentraler Gestaltungsparameter von Unternehmen ist und somit zu nachhaltigem und langfristigem Unternehmenserfolg beitragen kann (Meffert/Burmann/Koers 2002 zitiert in Echterling/Fischer/Kranz, 2002, S. 4). Unabhängig von der Problematik der genauen Quantifizierung des Wertbeitrags der Marke (Wyner 2001, Kranz 2002) herrscht demnach Einigkeit darüber, dass die Marke einen erheblichen Anteil am Unternehmenswert ausmacht. Unternehmen sollten daher bestrebt sein, einen so bedeutenden Wertbestandteil nicht unkoordiniert den Marktkräften zu überlassen, sondern die Marke auf Basis adäquater Informationen zu führen.
Eine starke Marke zu errichten, stellt somit ein zentrales Ziel vieler Organisationen dar. Eine starke Marke mit bedeutendem Marktwert zu etablieren, wird als Quelle für diverse Benefits für das Unternehmen, einschließlich größerer Kundenloyalität und weniger Verwundbarkeit gegenüber konkurrierenden Marketing-Tätigkeiten und Marketing-Krisen angesehen. Des Weiteren haben Marken einen positiven Einfluss auf die Preisakzeptanz bei den Kunden, werden vom Handel mehr unterstützt als No-Name-Produkte, sind in der Marketingkommunikation effizienter und tragen schlussendlich somit zu größeren Gewinnen bei.
Augrund des hohen Interesses an Markenbildung, stellen sich in der Praxis oft zwei zentrale Fragen: (1.) Was macht eine Marke stark? und (2.) Wie baut man eine starke Marke auf? Um diese Fragen zu beantworten, hat Keller ein Modell zur Markenbildung entwickelt: Das Customer-Based Brand Equity Modell (Vgl. Keller, K. L., 2003, S. 41 ff). Diesem Modell zu folge verläuft die Markenbildung anhand einer Sequenz von mehreren Maßnahmen und Ablaufschritten. Im ersten Schritt muss eine Identifikation des Konsumenten mit dem Produkt gewährleistet werden. Der Konsument muss das Produkt mit einer Produktgattung oder einem seiner Bedürfnisse verbinden. Darauf folgend muss die Bedeutung der Marke im Bewusstsein des Konsumenten verankert werden. Dies erfolgt durch die strategische Verknüpfung von greifbaren und nichtgreifbaren Assoziationen. Im dritten Schritt bedarf es, eine Reaktion des Konsumenten zur Markenidentität und –bedeutung hervor zu rufen. Im vierten und letzten Schritt wird das Konsumenten-Feedback in eine intensive, aktiv loyale Beziehung zwischen Kunde und Marke konvertiert. Diese Schritte stehen in einer logischen Sequenz zueinander und können nur chronologisch ausgeführt werden.
Aus Kundensicht repräsentieren diese Schritte eine Reihe von Fragen, die der Kunde hinsichtlich der Marke – stillschweigend oder ausdrücklich – stellt:
Wer bist du? (Markenidentität)
Was bist du? (Markenbedeutung)
Was denke oder fühle ich dir gegenüber? (Markenresonanz)
Welche Assoziationen habe ich dir gegenüber und welche Beziehung möchte ich mit dir haben? (Markenbeziehung und -resonanz)
(Vgl. Keller, K., 2003, Kapitel 2)
Die exakte Ausführung der vier Schritte, mit denen eine richtige Markenidentität, -bedeutung, -resonanz und –beziehung kreiert werden soll, ist ein komplizierter und diffiziler Prozess. Um diesen zu strukturieren, entwickelte Keller (2003, S. 77 ff) sechs „Brand-building Blocks“ zur Schaffung einer starken Marke, welche zu einer Pyramide zusammengefasst werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Brand-Building Block (Quelle: Keller, K. L., 2001, S. 7)
Einen signifikanten Markenwert zu schaffen, bedeutet dem Modell zu folge, die Spitze der Pyramide zu erreichen. Dieser wird nur dann zu Stande kommen, wenn die passenden Brand-builing Blocks vorhanden sind. Abbildung 2 behandelt jeder dieser Blöcke im Detail.
Abbildung 2: Subdimensionen der Brand-building Blocks (Quelle: Keller, K. L., 2001, S. 8)
Eine angemessene Markenidentität zu erzielen, involviert Abhebung von anderen Marken. Brand Salience (Abhebung) bezieht sich auf das Markenbewusstsein beim Konsumenten. Wie oft und leicht werden beim Kunden Erinnerungen an das Produkt hervorgerufen. Unter welchen Bedingungen geschieht dies? Wie einfach wird das Produkt wieder erkannt? Welche Signale sind dafür nötig?
Markenbewusstsein bezieht sich einerseits auf die Befähigung beim Konsumenten, sich an das Produkt zu erinnern und wieder zu erkennen, beinhaltet aber auch die Verlinkung der Marke mit einer bestimmten Assoziation im Gedächtnis des Konsumenten. Um Markenidentität zu schaffen, muss sichergestellt werden, dass der (potentielle) Kunde weiß, welche Bedürfnisse das Produkt zu befriedigen vermag. Mit anderen Worten – welche grundsätzlichen Funktionen bietet das Produkt an.
Dieser Block erfüllt somit drei wichtige Funktionen:
1. Die Abhebung von anderen Produkten beeinflusst die Bildung und Stärke der Markenassoziation, die das Markenimage ausmacht und der Marke Bedeutung verleiht.
2. Eine hohe Abhebung der Marke im Sinne von Identifizierung mit einer Kategorie und damit verbundener Assoziation der Bedürfnisbefriedigung ist bei der Kaufsituation von größter Bedeutung.
3. Haben Kunden ein „low-involvement“ hinsichtlich einer Produktkategorie, so tendieren sie dazu, ausschließlich jene Marken mit der größten Hervorhebung zu wählen.
Abhebung stellt einen wichtigen ersten Schritt zur Schaffung eines Markenwertes dar, ist allein aber nicht ausreichend. In vielen Kaufsituationen stehen für Konsumenten andere Überlegungen im Vordergrund – wie beispielsweise die Bedeutung, das Image einer Marke. Marken-Image heißt, welche Rolle das Produkt aus Kundenperspektive hat. Wofür steht das Produkt aus Sicht des Kunden? Die Assoziationen können dabei zum einen durch die eigenen Erfahrungen mit dem Produkt und zum anderen durch die Darstellung (Kommunikation) beeinflusst werden.
Hierbei wird zwischen zwei Gesichtspunkten differenziert:
1. funktionaler, performance-orientierter Aspekt
2. abstrakter, bildlicher Aspekt - Markensymbolik
Ad 1) funktionaler, performance-orientierter Aspekt:
Das Produkt selbst ist das Herzstück einer Marke. Um Markenloyalität zu erzielen, müssen die Erwartungen des Kunden hinsichtlich der Funktion des Produktes übertroffen, oder zumindest erfüllt werden. Die Charakteristika eines Produktes sind hierfür ausschlaggebend. Die spezifischen Performance-Attribute, welche Funktionalität begründen, variieren stark zwischen Produktgruppen, lassen sich aber zu fünf Kategorien zusammenfassen.[6] Gemein ist allen Attributen, dass sie zur Differenzierung und in weiterer Folge zum Image beitragen (können). Keller sieht eine gute Performance als absolute Notwendigkeit an, da schwerwiegende Mängel in diesem Bereich schwer kompensiert werden können.
Ad 2) Der zweite Einflussfaktor auf die Markenbedeutung stellt die Metaphorik des Produktes dar. Diese Kategorie umfasst die immateriellen Aspekte einer Marke. Welche psychologischen und sozialen Bedürfnisse werden durch das Produkt befriedigt? Die immateriellen Werte einer Marke können vielschichtig sein, lassen sich aber zu vier Hauptgruppen zusammenfassen: „User Profiles“ umfasst alle Aspekte in Zusammenhang mit den Personen, welche die Marke verwenden. Einen weiteren Einflussfaktor stellt die Kauf- und Verwendungssituation dar. Werte und Persönlichkeit der Marke schließt alle immateriellen Attribute ein, die eine Marke innehaben kann. Schlussendlich haben noch geschichtliche Aspekte – wie die Markenhistorie, aber auch die persönliche Geschichte des Konsumenten im Zusammenhang mit der Marke – entscheidenden Einfluss auf die Metaphorik.
Markenresponse bezieht sich auf die Reaktion des Kunden hinsichtlich der Marketingaktionen und der Marke selbst. Hierbei unterscheidet Keller zwischen Markenurteil und Markenempfindung. Bei Markenurteil liegt der Fokus auf der persönlichen Meinung und Bewertung der Marke durch den Kunden. Die Bewertung erfolgt hinsichtlich Qualität, Glaubwürdigkeit und Überlegenheit der Marke, sowie hinsichtlich Erwägungen, ob das Produkt gekauft wird oder nicht. Markenempfindung...