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Kundenintegration im Key Account Management

AutorUwe Schindler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl97 Seiten
ISBN9783638830225
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Offline-Marketing und Online-Marketing, Note: 1,3, FOM Hochschule für Oekonomie und Management gemeinnützige GmbH, Hochschulstudienzentrum Hamburg (FOM Fachhochschule für Oekonomie & Management Hamburg), 94 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Vorstellungen vieler Unternehmen hinsichtlich der absatzorientierten Ausrichtung ihrer Unternehmensziele haben sich in der Vergangenheit dahingehend gewandelt, dass nicht mehr ausschließlich das Gewinnen neuer Kunden im Vordergrund des Handelns steht, sondern vielmehr die langfristige Bindung vorhandener Kunden in das Zentrum der marketingpolitischen Überlegungen rückt. Key Account Management (KAM) als Mittel langfristiger Kundenbindung ist bereits in vielen Unternehmen verbreitet, bietet jedoch nicht ausreichend Sicherheit gegen alternative Beschaffung des Kunden, letztlich dessen Wechsel zum Wettbewerb und die Beendigung der Geschäftsbeziehung. Somit ist es notwendig nach Möglichkeiten zu suchen, die die Abwanderung des Kunden zum Wettbewerb zugunsten einer langfristig orientierten Geschäftsbeziehung verhindern. Ein mögliches Mittel stellt dabei die Integration des Kunden in die Leistungserstellung des Anbieters sowie eine damit verbundene Betreuung des Kunden über das Instrument des KAM dar. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Möglichkeiten der Kundenintegration im KAM des B2B-Sektors aufzuzeigen und darzustellen wie eine Integration des Kunden in die Leistungserstellung des Anbieterunternehmens im Rahmen des KAM vorgenommen werden kann. Die Arbeit zieht daher eine Verbindung von KAM und Kundenintegration im B2B-Sektor, betrachtet Möglichkeiten der Kundenintegration im KAM, beleuchtet die Unterstützung durch das Management beteiligter Unternehmen, die Auswahl integrierbarer Key Accounts und geht auf die mögliche organisatorische Verankerung im Unternehmen, auf wesentliche Beziehungsvariablen als Basis der Integration sowie auf eine Erfolgskontrolle und entsprechende Anforderungen an die Vergütung des Integrationserfolges ein. Die Arbeit schließt mit einer Betrachtung der Chancen und Risiken der Kundenintegration im KAM sowie einem Ausblick auf die weitere mögliche Gestaltung.

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Leseprobe

3. Kundenintegration


 

Die Voraussetzung zur Herstellung erfolgreicher Produkte ist die Ausrichtung der Unternehmensprozesse an den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden (Kundenorientierung).[76] Bei Investitionsgütern verlangt der Kunde zunehmend nach Problemlösungen, die über Standardprodukte hinausgehen.[77] Um entscheidende Wettbewerbsvorteile zu erzielen, nutzen Unternehmen oft den Kunden als Innovationsressource, indem sie ihm eine aktive Rolle im  Produktentstehungsprozess übertragen.[78] Dies wird dadurch erreicht, dass der Kunde bei der Definition der Leistungen oder ihrer Erstellung konkret, aktiv beratend oder durch aktive Zusammenarbeit mit dem anbietenden Unternehmen mitwirkt.[79] An diesem Punkt setzt die Kundenintegration an.[80] Daher wird im Folgenden eine Einordnung der Kundenintegration vorgenommen, bei der auf ihre Bedeutung, ihre Historie, den Begriff als solchen sowie ihr Grundprinzip eingegangen wird. Eine Darstellung der Besonderheiten der Kundenintegration, eine Betrachtung der Leistungsdimensionen, der Prozesstypen, Integrationspunkte und Formen der Kundenintegration schließt sich an. Im weiteren Verlauf werden sowohl die ein- und die mehrstufige Kundenintegration angeführt, theoretische Gestaltungsansätze, wie der Lead User-Ansatz und die Transaktionskostentheorie in ihren Grundzügen, folgen. Dem schließen sich die Beschreibung der Leitlinien als Erfolgsfaktoren der Kundenintegration im Produktentwicklungsprozess an, wobei im Besonderen auf die Prozessorientierung, die Vermeidung von Verschwendung und Blindleistung, die Vorverlagerung von Erkenntnisprozessen, die Erhöhung deterministischer Prozessanteile, die Steigerung der Prozessevidenz und die Integrativität eingegangen wird. Zum Abschluss des Abschnitts folgt ein Vergleich der Kundenintegration mit anderen Formen der Kundeneinbindung.

 

3.1 Einordnung


3.1.1.  Begriff


 

Kundenintegration, Customer Integration und Integrativität sind Begriffe, die synonym in der Literatur verwendet werden und den Sachverhalt bezeichnen, dass der Kunde, der Nachfrager einer Sach- oder Dienstleistung, an der Leistungserstellung des Anbieters mitwirkt.[81] Kundenintegration in Innovationsprozessen schließt eine konsequente Ausrichtung sämtlicher relevanter Innovationsaktivitäten eines Unternehmens auf die Bedürfnisse seiner (potenziellen) Kunden ein, bei der der Kunde eine pro-aktive Rolle im Sinne einer Wertschöpfungspartnerschaft einnimmt, die durch eine gemeinsame System- und Problemlösungskapazität zwischen Unternehmen und Kunde gekennzeichnet ist.[82] Enke / Poznanski definieren Kundenintegration wie folgt: „Kundenintegration ist die Mitwirkung des Kunden bei der Leistungserstellung und die zielgerichtete Transformation der gewonnenen Informationen im Hinblick auf das gewünschte individuelle Leistungsergebnis“[83].

 

3.1.2. Bedeutung


 

Immer mehr Unternehmen sind von der Einbeziehung des Kunden in die Erstellung von Leistungen und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten betroffen. Bedenkt man, dass etwa 70 % bis 80 % der Gesamtkosten eines Produktes im Prozess der Produktentstehung begründet sind, wird die Bedeutung der Gewinnung von Informationen vom Kunden und die Beteiligung des Kunden an der Leistungserstellung klar.[84] Weil heute kaum noch fertige Produkte als Problemlösungen verkauft werden können, verfügen Anbieter im B2B-Bereich über sehr gute Voraussetzungen kundenorientiert zu arbeiten, denn bei jeder Anfrage, jedem Auftrag, jedem Projekt und jeder Lieferung steht der Anbieter mit seinem Kunden in Kontakt und arbeitet mit ihm mehr oder weniger stark zusammen.[85] Die angebotenen Leistungen sind im Kern Produktions- oder Investitionsgüter und weisen einen mehr oder weniger starken Dienstleistungscharakter auf, der sich an der Besonderheit erkennen lässt, dass eine Dienstleistung nicht ohne die Mitwirkung des Kunden stattfinden kann.[86] Auch Engelhardt stellt heraus, dass Sachleistungen niemals allein und ohne Dienstleistungsanteil abgesetzt werden, sondern immer ein Verbund aus Sach- und Dienstleistungsbündeln vorliegt.[87] Damit beinhaltet jeder Dienstleistungsprozess zumindest die Integration von einzelkundenbezogenen Informationen, die wie Produktionsfaktoren in den Prozess der Leistungserstellung des Anbieters eingehen.[88] Somit betrifft Kundenintegration die Bereiche der produktübergreifenden Dienstleistungen (z.B. die Anwendungsberatung), reine Dienstleistungen (z.B. Reinigung von Gebäuden) sowie die auftragsbezogene Fertigung (z.B. Herstellung von Sondermaschinen).[89] Bei individualisierten Leistungen ist die Mitwirkung des Kunden von großer Bedeutung, denn um Leistungen direkt auf Kunden zuschneiden zu können, müssen diese dem Anbieter zumindest Informationen über ihre Nutzung mitteilen bzw. diese zwischen Anbieter und Kunde gemeinsam erarbeitet werden,[90] wobei Kundenintegrationsprozesse dabei dem Prinzip der Einzelfertigung bzw. Auftragsfertigung folgen und für z.B. den Sondermaschinenbau oder den Anlagenbau charakteristisch sind.[91] Wenn ein Unternehmen somit zu wesentlichen Anteilen auch Dienstleistungen verkauft, so laufen in ihm auch Dienstleistungsprozesse ab – an diesem Punkt setzt dann das Konzept der Kundenintegration an.[92]

 

Auch in anderen Bereichen, die der Massenfertigung zuzurechnen sind, gewinnt die Individualisierung standardisierter Leistungen an Bedeutung, da durch flexible Fertigungstechnologien Kunden in alle Branchen zunehmend an der Erstellung der Leistung beteiligt werden können, was wiederum unter Begriffen wie „Mass Customizing“ (kundenindividuelle Massenproduktion[93]) oder auch „Maßgeschneiderter Massenfertigung“ bekannt wurde und welches sich von der in dieser Arbeit behandelten Kundenintegration unterscheidet. Mass Customizing, dessen Grundprinzip die Modularisierung ist,[94] bezeichnet die Produktion von Gütern und Leistungen für einen relativ großen Absatzmarkt, wobei die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte getroffen werden.[95] Die Unterscheidung zur Kundenintegration im B2B-Bereich ist dahingehend vorzunehmen, dass es sich bei Mass Customizing um einen Strategieansatz handelt, der strategische Elemente des Kosten- und Differenzierungswettbewerbs zeitgleich realisieren möchte und der es mit Hilfe moderner Informations- und Produktionstechnologien erlaubt sowohl eine kostengünstige Fertigung als auch den Absatz individualisierter Güter für Massenmärkte (z.B. im B2C) miteinander zu verbinden.[96] Dort wird der Kunde zwar an der Erstellung der Leistung, jedoch nicht an der Produktentwicklung beteiligt.[97] Mass Customizing wird im weiteren Verlauf nur der Vollständigkeit und des besseren Verständnisses der Zusammenhänge wegen angesprochen und ist nicht hauptsächlicher Gegenstand der weiteren Betrachtungen. Nach Fließ ist Kundenintegration somit „…zwischen Präferenzstrategie und Preis-Mengen-Strategie bzw. zwischen Qualitäts- und Kostenführerschaft anzusiedeln und nimmt Ausprägungen zwischen Individualisierung und Standardisierung an“[98].

 

3.1.3. Historie


 

Bereits 1936 stellte Schumpeter die große Bedeutung von Innovationen und des Managements technischer Innovationen für die Innovationsfähigkeit und die Innovationsbereitschaft von Unternehmen heraus.[99] Die Nähe zum Kunden definierten Peters /

Waterman im Jahre 1982 als wesentlichen Erfolgsfaktor für Unternehmen auf der Suche nach Spitzenleistungen und Innovationen.[100] In diesem Zusammenhang waren die empirischen Studien durch von Hippel über die Zusammenarbeit mit Lead Usern richtungsweisend, wonach Kunden indirekt (z.B. durch Publikation von Anwendungsinformationen oder Verbesserungsvorschlägen) oder direkt (z.B. durch Eigenentwicklung und

-herstellung) Einfluss auf die Entwicklung neuer Leistungen nehmen. Ausgehend von seinen Ergebnissen entwickelte von Hippel eine Vorgehensweise zur systematischen Einbindung der Lead User in die Produktentwicklung und Produkteinführung zur Umsetzung des Ziels, bereits dort die Bedürfnisse der Kunden zu erfassen.[101] Im Marketing wurde das Konzept, Kunden in den Erstellungsprozess von Leistungen einzubinden, ursprünglich für den Dienstleistungsbereich diskutiert, da hier die Mitwirkung des Kunden als externer Faktor Voraussetzung ist.[102] Aufgrund des beschleunigten technologischen Wandels, der steigenden Arbeitsteilung und der Integration von Technologie und Branchen auf einer Vielzahl von B2B-Märkten, gewinnt das Konzept der Kundenintegration immer mehr an Bedeutung.[103]

 

Kundenintegration findet heute in modernen Managementansätzen, wie z.B. Total Quality Management, Quality Funktion Deployment oder dem Business Re-Engineering Anwendung,[104] denn alle genannten Ansätze können unter der  gemeinsamen Aufgabe eingeordnet werden, Informationen vom Kunden zu beschaffen und in die betriebliche Wertschöpfung zu integrieren.

 

3.1.4.Grundprinzip


 

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