Der Magnetismus ist ein physikalisches Phänomen, das alle Lebewesen und die gesamte Materie auf der Erde umgibt, ohne dass die Menschen dieses Phänomen in irgendeiner Weise wahrnehmen. Wer aber einen Kompass in der Hand hält, stellt fest, dass sich die Kompassnadel ohne äußere Einflüsse stets in eine Richtung, in Richtung des Nordpols, genauer gesagt des magnetischen Nordpols bewegt, wenn er sich auf der Nordhalbkugel befindet. Diese Bewegung einer Magnetnadel ist nur denkbar, wenn auf die Nadel ein Magnetfeld einwirkt. Beim Kompass ist schon das schwache Magnetfeld der Erde ausreichend, um die Orientierung in eine Vorzugsrichtung anzunehmen. Das uns ständig umgebende Magnetfeld der Erde mit einer Stärke von 24 bis 40 ?T ist glücklicherweise so gering, dass konkrete Einflüsse auf den Lebensrhythmus nicht erkennbar sind. Andererseits ist der Kompass ein gutes Beispiel dafür, dass das schwache Magnetfeld tatsächlich existiert und schon früh zu einer nützlichen Anwendung geführt hat. Da es sich bei der Erde um einen „Dauermagneten“ handelt, besitzt die Erde wie alle Magnete auch einen physikalischen Nord- und Südpol. Diese Pole sind aber nicht deckungsgleich mit dem geografischen Nord- und Südpol. Wenn sich zum Beispiel der Nordpol einer Magnetnadel ausrichtet, dann muss in der angezeigten Richtung der Südpol des Erdmagneten liegen. Wenn sich ein Kompass in Richtung des geografischen Nordpols ausrichtet, dann handelt es sich um den Südpol der Magnetnadel, denn nur ungleiche Pole ziehen sich an. Entsprechend existiert am geografischen Südpol der physikalische Nordpol. Genau genommen richtet sich die Kompassnadel nicht zu dem Pol aus, der allgemein als Nordpol bezeichnet wird, sondern zu einem Punkt (Pol), der sich von Deutschland aus betrachtet 1600 km vom geografischen Nordpol entfernt befindet. Der Winkel zwischen geografischem und magnetischem Nordpol ist vom Standort auf der Nordhalbkugel abhängig. Den gleichen Effekt gibt es auch auf der Südhalbkugel.
Da das Magnetfeld der Erde von den Konzentrationen der magnetischen Elemente wie Eisen, Chrom, Nickel und anderen Metallen im Erdinneren und in der Erdkruste abhängt und die Verteilung dieser Elemente nicht überall gleich groß ist, schwanken auch die Magnetfelder auf der Erde. Das bedeutet, eine Kompassnadel wird mehr oder weniger schnell je nach Standort ausgerichtet.
Sobald der Magnetismus verstärkt wird, also ein künstlicher Magnetismus zum Beispiel durch die Anreicherung magnetischer oder magnetisierbarer Stoffe erzielt wird, ergeben sich Effekte, die im Maschinenbau, der Messgerätetechnik, der Transport- und Antriebstechnik, der Medizintechnik und vielen anderen Bereichen genutzt werden. Neben den vielen anderen Bereichen hat sich auch die Verbindungstechnik neue Anwendungsbereiche mit der Magnettechnik erschlossen. Ziel war es, entweder Bauteile dauerhaft zu verbinden oder wieder lösbare Verbindungen herzustellen. Am Anfang der Nutzung magnetischer Felder in Verbindungssystemen wurden vor allem magnetische Metalle und Metalllegierungen verwendet, später kamen die kunststoffgebundenen magnetischen Legierungen hinzu. In diesem Bereich war eine enge Zusammenarbeit zwischen den Werkstofffachleuten, Metallurgen, Maschinenbauern und Kunststofftechnikern erforderlich, um kunststoffgebundene Magnete oder magnetisierbare Bauteile herzustellen.
Die Kenntnisse über den Magnetismus waren eng verbunden mit der Entdeckung der chemischen Elemente und der Erforschung ihres Aufbaus in den vergangenen Jahrhunderten, denn ob ein chemisches Element magnetisch oder magnetisierbar ist oder wie stark und stabil die Magnete sind, lässt sich über den Aufbau der Elemente erklären. Die Grundlagen des Magnetismus werden in diesem Buch nur soweit behandelt, wie es für die Darstellung charakteristischer Anwendungen in lösbaren Verbindungen und für die Auswahl geeigneter Magnete erforderlich ist.
Da die Europäische Union vorschreibt, in Spezifikationen, Sicherheitsdatenblättern, Angeboten u. ä., für physikalische Größen die Dimensionen des SI-Systems zu verwenden, aber immer noch die Dimensionen des älteren CGS-Systems verwendet werden, enthält Tabelle 1.1 eine Gegenüberstellung wichtiger Dimensionen beider Systeme.
Tabelle 1.1 Umrechnung magnetischer Größen
Physikalische Größe | Zeichen | SI-Einheit | CGS-Einheit | Umrechnung |
Magnetische Flussdichte | B | T | G | 1 T = 104 G |
Magnetische Polarisation | J | T | G | 1 T = 104 G |
Magnetische Feldstärke | H | A/m | Oe | 1 A/m = 0,01257 Oe |
Remanenz | Br | T | G | 1 T = 10?4? G = 1 N/(A m) |
Magnetische Energiedichte | (B · H)max | J/m3 | G · Oe | 1 kJ/m3 = 0,1257 MG · Oe |
T = Tesla, G = Gauß, A/m = Ampere/Meter, Oe = Oersted, MG · Oe = Megagauß · Oersted
Oersted (Oe) ist die Einheit der magnetischen Feldstärke im CGS-Einheitensystem und gilt seit 1970 nicht mehr als offizielle Einheit.
1.1 | Grundprinzip und Physik des Magnetismus |
Die chemischen Elemente des Periodensystems bestehen aus verschiedenen Teilchen, so auch aus negativ oder positiv geladenen Teilchen (Elektronen und Protonen), aber auch aus den neutralen Neutronen. Die positiv geladenen Protonen und die Neutronen bilden den Atomkern. Die negativ geladenen Elektronen befinden sich auf verschiedenen Energieniveaus, sehr vereinfacht gesagt, auf verschiedenen „Schalen“, die sich bei der Anordnung der Elektronen um den Atomkern ergeben. Die Energiemenge nimmt dabei von innen nach außen zu, gleichzeitig steigt aber auch die Möglichkeit, dass die Elektronen bei bestimmten Randbedingungen ihre Energieniveaus verlassen, das heißt, es gibt chemische Elemente mit mehr oder weniger energetischer Stabilität. Gleichzeitig bestimmen die Energieniveaus und die Anzahl der Elektronen, besonders die Zahl der Außenelektronen, die physikalischen Eigenschaften, wie zum Beispiel die Dichte, Schmelztemperatur, Härte, den Glanz, die elektrische Leitfähigkeit und den Aggregatzustand bei Raumtemperatur oder bei höheren und niedrigeren Temperaturen. Aus dem Aufbau der Elemente konnten viele Rückschlüsse auf das Reaktionsverhalten der Elemente getroffen werden. Gerade aufgrund der physikalischen Eigenschaften war es möglich, die Elemente in Gruppen zusammenzufassen, wenn sie sehr ähnliche oder vergleichbare charakteristische Eigenschaften besaßen. So gibt es zum Beispiel die Gruppe der reaktionsträgen Edelgase mit sieben Außenelektronen (mit Helium als Sonderfall), die Gruppe der Erdalkalimetalle mit einem Außenelektron, die Gruppe der Metalle oder auch die Gruppe der Seltenerdmetalle. Um die Übersichtlichkeit zu verbessern war es notwendig geworden, auch eine Einteilung in Haupt- und Nebengruppen vorzunehmen, in denen wieder Elemente mit ähnlichen Eigenschaften zusammengefasst wurden. Bei der systematischen Anordnung stellte man fest, dass zwischen der Elektronenanordnung (die immer auch ein bestimmtes Energieniveau bedeutet) und den Stoffeigenschaften ein direkter Zusammenhang besteht. Das gilt auch für das magnetische Verhalten der chemischen Elemente, wobei man zwischen dem permanenten magnetischen Verhalten und der Magnetisierbarkeit unterscheiden muss. Beide Erscheinungen lassen sich aber aus dem Elektronenaufbau und aus dem Verhalten der Elektronen aufgrund dieses Aufbaus erklären. Die eindeutige Erklärung des Magnetismus war erst möglich, als der Atomaufbau quantenmechanisch betrachtet wurde und sich herausstellte, dass es im Periodensystem Elemente gibt, die Energieniveaus besitzen, bei denen sich magnetische Momente mit Nord- und Südpol im Atom ergeben, die relativ stabil existieren. Diese für Magnete typischen Energieniveaus können auch durch äußere Anregung erreicht werden. Wenn sehr viele magnetische Momente eines Festkörpers in gleicher Weise ausgerichtet sind, ergibt sich eine makroskopisch messbare Größe, die man als Magnetkraft bezeichnet hat. Mit zunehmender Erforschung des Atomaufbaus konnte man festlegen, welche Elemente dauerhaft magnetisch oder durch andere Magnete magnetisierbar sind. In jedem Fall handelt es sich immer um die Beeinflussung der magnetischen Momente in Atomen, die sich unter Normalbedingungen in Kristallstrukturen relativ geordnet zu Festkörpern aufbauen und die dann als Metalle zur Verfügung stehen. Da es nur wenige Metalle gibt, die die quantenmechanischen Voraussetzungen für magnetische Dipole besitzen, gibt es nur eine begrenzte Anzahl von intrinsisch magnetischen Metallen oder Metallen, die extern magnetisierbar sind. Wenn die magnetischen Momente der Atome einen Nord- und Südpol haben, also einen Dipolcharakter besitzen, entstehen beim Trennen eines Dauermagneten immer zwei kleinere Dauermagnete, da auch in jedem neuen Magneten die Ausrichtung der Dipole erhalten bleibt.
Bei der Systematisierung der chemischen Elemente mit metallischem Charakter oder der Legierungen, die daraus hergestellt wurden, ergab sich unter Berücksichtigung der Werkstoffeigenschaften sehr früh eine Einteilung in magnetische und nicht magnetische Stoffe, obwohl der Magnetismus noch nicht erklärt werden konnte. Die magnetischen Stoffe wurden dann weiter unterteilt in weich- und hartmagnetische Materialien. Die Einteilung war anfangs willkürlich. Als hartmagnetisch...