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E-Book

Lass deine Tigerin aus dem Käfig

Wie du mutig sein kannst, obwohl du Angst hast

AutorHeike M. Cobaugh
VerlagTWENTYSIX
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783740795559
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,49 EUR
In diesem Buch geht es um Mut. Wie insbesondere Frauen mutiger werden können. Und das, obwohl sie Angst haben. Mut ist wie ein Muskel, der sich aufbauen lässt. Mit über zwanzigjähriger Erfahrung als Coach und Trainerin, hilft die Autorin den Leserinnen mit praxisnahen Übungen, Fallbeispielen, Anregungen und Tipps, ihren ganz persönlichen Mutmuskel aufzubauen. Mit mehr Selbstvertrauen berufliche und private Situationen zu meistern. Mutig das eigene Leben zu leben.

Heike M. Cobaugh ist seit über 20 Jahren selbstständig als Mediatorin, Coach und Trainerin für Unternehmen im Gesundheitswesen tätig. Zuvor arbeitete sie 10 Jahre im Bereich Marketing in den USA und Deutschland. Als Vortragende begeistert sie auf Symposien, Tagungen und anderen Events, ist immer praxisbezogen und bringt die Dinge auf den Punkt. Sie ist Autorin mehrerer Bücher und schreibt regelmäßig Fachartikel zu unterschiedlichen Themen. www.cobaugh.de

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Leseprobe

Mut, sich von den Eltern
freizuschwimmen


Wir haben vieles von unseren Eltern übernommen, manchmal mehr, als uns lieb ist. Trotzdem ist es wichtig, dass wir mutig unseren Weg gehen. Dass wir uns von ihnen unterscheiden und unsere eigene Persönlichkeit entwickeln.

Doch für viele junge Frauen ist dies besonders schwer, denn schon als kleines Mädchen haben sie fast seismografische Fähigkeiten entwickelt: immer auf Empfang, wenn es um das Wohlbefinden und auch das Wohlwollen der Eltern geht. Manche haben eine beinahe symbiotische Beziehung zu einem Elternteil oder zu beiden, was unbewusst auch von vielen Eltern forciert wird. Das behindert eine eigenständige, selbstbewusste Entwicklung.

Wer mehr zu dem Thema lesen möchte, dem empfehle ich die Bücher von Dr. Michael Winterhoff. Er ist Kinder- und Jugendpsychiater sowie Psychotherapeut mit eigener Praxis in München. Er befasst sich vorrangig mit psychischen Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter aus tiefenpsychologischer Sicht. Seine Bücher sind zum Teil polarisierend, aber immer auf den Punkt.

Anmerkung:

„Das Wort Symbiose beschreibt in der Psychologie bestimmte Formen von Abhängigkeit. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Biologie und beschreibt hier evolutionär entstandene Formen des funktionalen Zusammenlebens artfremder Individuen zum wechselseitigen Nutzen.

Bezogen auf menschliche Beziehungen haftet dem Begriff meist eine negative Bedeutung an, sofern gelingendes Leben am Maß entwickelter Selbständigkeit und persönlicher Individuation gemessen wird. Symbiotische Beziehungen gelten als minderwertige, entwicklungshemmende oder geradezu schädigende Lebensformen, in der erwachsene Unabhängigkeit und Reife zugunsten der Befriedigung infantiler Bedürfnisse verfehlt werden.“ Quelle: Wikipedia

Kleine Mädchen sollen meistens
funktionieren

Letztendlich erfahren auch heute noch viele kleine Mädchen und weibliche Jugendliche, dass sie am meisten Anerkennung und auch Liebe erfahren, wenn sie funktionieren. Und „funktionieren“ heißt in diesen Fällen, so wie die Eltern es brauchen, um sich selbst wohlzufühlen.

Bei Jungen wird eher mal ausbrechendes Verhalten, Ausprobieren und Abnabelung akzeptiert. Schließlich sollen auch heute noch Jungen zu selbstbewussten, eigenständigen und erfolgreichen Männern heranwachsen. Und wozu sollen Mädchen werden?

Ich glaube, dass viele Eltern keine wirklich klare Vorstellung davon haben oder oftmals auch noch einem eher traditionellen weiblichen Bild nacheifern.

Mädchen sollen fürsorglich, höflich, zuvorkommend, nicht zu dominant sein. Sich auf keinen Fall in den Vordergrund spielen und auch wenig Risiken eingehen und so weiter. Letztendlich geht es um eine gewisse Angepasstheit und die lernen Mädchen erst einmal im eigenen Elternhaus.

Das macht nicht unbedingt mutig, fördert selten die Risikobereitschaft und im Extremfall lässt es eine Sucht nach Anerkennung und Liebe erwachsen, die viele Frauen ein ganzes Leben lang begleitet. Zum Teil auch behindert.

Die Anerkennungsfalle

Was die Anerkennungsfalle angeht, so brauche ich gar nicht bei anderen Frauen zu schauen, sondern kann gleich bei mir bleiben.

Mein Vater war für mich bis Ende dreißig die zentrale Person in meinem Leben (emotional gesehen, und das, obwohl ich verheiratet war). Er war brillant. War fast sein ganzes Leben selbstständig tätig, dominant und oftmals auch cholerisch. Ich bin Einzelkind und hatte dementsprechend, wie es oft bei Mädchen ist, eine enge Beziehung zu meinem Vater.

Ich hatte meistens Angst vor seinen cholerischen Ausbrüchen. Nicht dass er jemals handgreiflich geworden wäre, aber seine Wut konnte schon beängstigend sein. Und letztendlich wusste ich auch nie, wann sie ausbrechen würde. Sie galt auch sehr oft gar nicht mir, sondern manchmal ganz alltäglichen Situationen oder anderen Menschen, über die mein Vater sich ärgerte. Letztendlich führte sie aber dazu, dass ich mir zunehmend so vorkam, als würde ich mich auf rohen Eiern bewegen. Jederzeit konnte eins zerbrechen.

Die Folge war, dass ich meistens versucht habe zu funktionieren und immer darüber nachgedacht habe, welche Auswirkungen mein Verhalten auf meinen Vater oder meine Eltern haben würde. Natürlich habe ich mit zunehmendem Alter das getan, was ich für richtig hielt, und bin auch das eine oder andere Mal über das Ziel hinausgeschossen oder habe mich selbst in schwierige Situationen gebracht. Und obwohl ich nach außen hin schon fast draufgängerisch war, hatte ich immer ein schlechtes Gewissen. Ich fühlte mich lange schuldig. Oder vielleicht sollte ich sagen, ich fühlte mich, als wäre ich nicht ok für meine Eltern, so, wie ich bin.

Gleichzeitig habe ich meinen Vater sehr geliebt und habe Jahrzehnte nach seiner Anerkennung gesucht.

Beziehungsweise habe stark darunter gelitten, wenn er mir offen seine Kritik kundtat oder Dinge, die mir wichtig waren, ablehnte. Das waren für mich Verletzungen, die ich letztendlich nur durch zahlreiche Therapiesitzungen auflösen konnte.

Es geht mir hier nicht darum, meinen Vater schlecht dastehen zu lassen oder immer den Eltern die Schuld zu geben. Natürlich weiß ich jetzt, dass mein Vater auch nur ein Produkt seiner eigenen Herkunft war und ich vielleicht auch Dinge von ihm wollte, die er einfach nie gelernt hatte zu geben. Gleichzeitig habe ich aber auch viele Dinge von ihm gelernt und witzigerweise habe ich durch die Reibung an ihm, die wiederholten bitteren Auseinandersetzungen und seine fordernde Art mein heute starkes Selbstbewusstsein und sicherlich auch meine Dominanz gelernt. Heute weiß ich vieles zu schätzen, was viele Jahre nur schmerzlich war. Andere Dinge habe ich einfach losgelassen. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass vieles anders gelaufen wäre. Doch wie der Kölner sagt: „Et küt, wie et küt.“

Ich weiß, dass mein Vater auch mich sehr geliebt hat und dass ich mich in Notsituationen immer auf ihn verlassen konnte. Und ich weiß auch, dass viele Themen eher in meinem Kopf waren und weniger sein Thema. Auch wenn ich ihn oftmals dessen bezichtigte.

Er war privat und beruflich ein mutiger Mann. Das habe ich mir von ihm abgeschaut. Im Gegensatz zu vielen ängstlichen Eltern hat er mir auch immer gesagt, dass ich alles tun kann, was auch Männer tun (auch wenn er es dann nicht immer so gut fand, wenn es ihn selbst betraf …). Weil er für mich so wichtig war, war seine Anerkennung für mich so elementar und seine Kritik so niederschmetternd. Doch ich konnte mich innerlich später davon freimachen und mutig meinen eigenen Weg gehen. Ohne Schuldgefühle.

Das wünsche ich auch dir. Lass dich nicht von deinem Bedürfnis nach Anerkennung bestimmen. Egal ob es dabei um deine Eltern, deinen Partner oder deine Bekannten und Freunde geht. Finde deinen Weg und geh ihn, auch wenn es anderen nicht immer gefällt. Nur durch Ausprobieren werden wir zu eigenständigen und auch mutigen Frauen, die dafür einstehen, wer sie sind, und Verantwortung übernehmen, wenn etwas mal nicht klappt. Und das wird passieren. Wir machen Fehler und wir wachsen daran. Wir sind auch nicht dazu da, das Leben unserer Eltern zu leben oder deren verpasste Chancen nachzuholen.

Übung: Die Eltern ehren und das eigene Leben leben

Die folgende Übung stammt aus der Systemischen Aufstellungsarbeit. Sie funktioniert am besten im Stehen. Nimm dir eine halbe Stunde Zeit und such dir einen Raum, in dem du ungestört arbeiten kannst.

Stell dich im Raum auf und stell dir vor, deine Eltern oder der für dich problematische Elternteil steht vor Dir. Schau ihnen oder ihm in die Augen. Jetzt verbeug dich tief und bedank dich bei ihnen für alles, was sie für dich getan haben.

„Lieber Papa, ich danke dir für …“

Liebe Mama, ich danke dir für …“

Benutz den Namen, mit dem du sie ansprichst, sei es Papa, Papi, Mama, Mami oder etwas anderes. Sprich ihn am besten laut aus und nicht nur in Gedanken.

Bedank dich dafür, dass sie dir das Leben geschenkt haben. Ohne sie wärst du nicht hier. Auch wenn du ein sehr problematisches Verhältnis zu ihnen hast/hattest oder viel Negatives vorgefallen ist, so gebührt ihnen trotzdem Dank.

Dann überleg dir alle Verhaltensweisen, Eigenschaften oder anderen Dinge, die du von ihnen übernommen hast, aber nicht mehr haben willst. Gib sie ihnen dankend zurück. Zum Beispiel: „Ich danke dir für deine Sorgen und deine Ratschläge um und für mein Leben, doch ich brauche sie nicht mehr und gebe sie dir dankend zurück. Das sind deine Emotionen und ich gebe sie dir dankend zurück.“ Und so weiter.

Stell dir vor, wie du ihnen all das wie ein Paket überreichst und sie es dir abnehmen. Wenn du spürst, dass du alles gesagt hast, verbeuge dich noch einmal tief vor ihnen, schau ihnen in die Augen und sag:

„Lieber Papa, ich gebe dir die Ehre.“

„Liebe Mama, ich gebe dir die Ehre,“

Die Ehre geben bedeutet,...

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