1. Gottes Zweck für den Menschen
Gott hat den Menschen nicht erschaffen, weil er einen Diener brauchte. Er hatte bereits Millionen von Engeln, die ihm dienten. Er schuf den Menschen, weil er seinen Charakter und seine Natur offenbaren wollte.
Wenn wir diese Wahrheit vergessen, ist es leicht, abgelenkt zu werden und sich vorzustellen, dass der Dienst für Gott der hauptsächliche Zweck unseres Heils in Christus ist. Das ist der Fehler, den viele Gläubige gemacht haben.
Bei der Erschaffung Adams sagte Gott: „Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei“ (1Mo 1,26; Lutherbibel 1984).
Als Adam sündigte, hatte Gott in seiner Vorsehung bereits Vorsorge dafür getroffen, den Menschen aus der Grube der Sünde zu ziehen, in die er gefallen war. Die Menschwerdung Christi und sein Tod am Kreuz waren in Gottes Gedanken, bevor Adam überhaupt erschaffen wurde.
Gottes Absicht bei der Erlösung, die er uns in Christus anbietet, besteht darin, dass wir zurück an den Ort gebracht werden mögen, wo er den ursprünglichen Zweck für den Menschen erfüllen kann – um seine Natur zu offenbaren.
Unser Heil kommt durch den Glauben an Christus. Aber Glaube kann nur auf eine göttliche Offenbarung der Person Christi gegründet werden. Nur ein solcher Glaube wird dem Heiligen Geist erlauben, uns in das Ebenbild Christi zu verwandeln.
Eine intellektuelle oder teilweise Erkenntnis Christi, getrennt von göttlicher Offenbarung, kann uns so blind zurücklassen wie es die Bibelgelehrten in den Tagen Jesu waren. Ihr Verständnis der Heiligen Schrift brachte sie dazu, nach einem anderen Christus Ausschau zu halten, der im Vergleich mit Jesus von Nazareth andere Eigenschaften hatte.
Der Jesus, den wir auf den Seiten der Bibel finden, ist Einer, der sich, obwohl er Gott und mit dem Vater wesensgleich war, „selbst entäußerte“ und ein Mensch wurde (Phil 2,6-7).
An diesem Punkt müssen wir die Wahrheit sorgfältig verstehen. In seiner Person war Jesus nach wie vor Gott, als er ins Fleisch kam, denn Gott kann niemals aufhören, Gott zu sein. Der klarste Beweis für die Göttlichkeit Jesu in den Tagen seines Fleisches wird in der Tatsache offenbar, dass er Anbetung entgegennahm. In den Evangelien wird uns siebenmal berichtet, dass er Anbetung akzeptierte, die Menschen ihm erwiesen (Mt 8,2; 9,18; 14,33; 15,25; 20,20; Mk 5,6; Joh 9,38). Engel und gottesfürchtige Menschen akzeptieren keine Anbetung (Apg 10,25-26; Offb 22,8-9). Aber Jesus akzeptierte sie – weil er der Sohn Gottes war.
Wovon hat er sich dann selbst entäußert? Von seinen Privilegien als Gott.
Betrachte zwei Beispiele: Wir wissen, dass „Gott nicht versucht werden kann“ (Jak 1,13). Doch die Heilige Schrift berichtet, dass Jesus versucht wurde (Mt 4,1-11).
Wir wissen auch, dass Jesus allwissend ist (er weiß alles). Doch die Heilige Schrift sagt, dass Jesus sich einmal einem Feigenbaum nähern musste, bevor er feststellen konnte, ob er irgendwelche Früchte trug (Mk 11,13). Einmal sagte Jesus, dass er nicht einmal den Zeitpunkt seines eigenen zweiten Kommens auf die Erde wüsste (Mk 13,32).
Daher ist es kristallklar, dass Jesus sich der göttlichen Privilegien entäußert hatte, als er auf dieser Erde in unserem Fleisch wandelte.
„Das Wort war Gott … und das Wort wurde Fleisch“ (Joh 1,1.14).
Aber diese Wahrheiten in Bezug auf die Person Christi – seine Göttlichkeit und seine Menschlichkeit – müssen gleichberechtigt geglaubt werden, wenn wir Irrlehre vermeiden wollen.
Keine Wahrheit in der Heiligen Schrift kann ignoriert werden, ohne geistlichen Schaden zu erleiden. Wenn daher in unserem Verständnis und in unserem Dienst der Göttlichkeit und der Menschlichkeit Christi keine ebenbürtige Betonung verliehen wird, werden wir schließlich an einen unvollständigen Christus glauben – an „einen anderen Jesus“ als den, den die Heilige Schrift uns offenbart. Das wird zu entsprechendem Schaden in unserem christlichen Leben und Dienst führen. Wir sind nicht nur berufen, Christus als Gott anzubeten, sondern ihm auch als Mensch nachzufolgen.
Jesus hat uns nicht nur durch seinen Tod erlöst, sondern uns auch durch sein Leben auf Erden gezeigt, wie der Mensch nach Gottes Absicht leben sollte. Er ist nicht nur unser Erlöser, sondern auch unser Vorläufer (Hebr 6,20). Er hat uns ein Vorbild gegeben, wie man allezeit und in allen Situationen in vollkommenem Gehorsam gegenüber Gott leben soll.
Die Vergebung der Sünden, die Fülle des Heiligen Geistes und all die Mittel der Gnade, die Gott uns zur Verfügung gestellt hat, sind alle von ihm dazu bestimmt, uns an ein endgültiges Ziel zu bringen – dass wir dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet werden mögen. In der Tat, jede Doktrin im Wort Gottes kann nur dann aus ihrer richtigen Perspektive verstanden werden, wenn sie im Lichte von Gottes ewigem Zweck für den Menschen gesehen wird – um ihn wie Jesus zu machen.
Der hauptsächliche Dienst des Heiligen Geistes ist zweifach und wird wie folgt beschrieben: „Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur anderen von dem Herrn, der Geist ist“ (2Kor 3,18).
Der Heilige Geist trachtet ständig danach, uns die Herrlichkeit Jesu in der Heiligen Schrift (dem Spiegel) zu zeigen – und dann trachtet er danach, uns in dieses Ebenbild zu verwandeln.
In seiner Souveränität ordnet Gott der Vater alle unsere Umstände ebenfalls auf dasselbe Ziel hin aus. „Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen … denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes“ (Röm 8,28-29).
Jedes Ereignis und alle Umstände in unserem Leben sind dazu bestimmt, uns ein wenig mehr in das Ebenbild Jesu zu verwandeln.
So sehen wir, dass unser Vater im Himmel und der Heilige Geist in unserem Herzen auf dieses eine Ziel hinarbeiten – dass wir wie Jesus werden mögen.
Je mehr wir an der Natur unseres Herrn teilhaben, desto mehr werden wir auf Erden so leben wie er lebte. Das ist das geisterfüllte Leben.
Jesus kam nicht als ein Engel auf die Erde, sondern wie wir. Die Bibel sagt: „Daher musste er in allem seinen Brüdern gleich werden …“ (Hebr 2,17). (Seine Brüder sind seine Jünger – Mt 12,50). Wenn er nicht „in allem“ uns (seinen Brüdern) gleich geworden wäre, hätte er nicht unser Vorbild werden können. Er hätte uns auch nicht befehlen können, „Folget mir nach“, denn wir können offensichtlich nicht jemandem nachfolgen, der nicht unsere Begrenzungen hatte, ebenso so wie ein Engel uns nicht Schwimmen beibringen kann, da er nicht den Abwärtssog der Schwerkraft spürt, so wie wir das tun.
Dann wäre die Ermahnung des Paulus in 1. Korinther 11,1, ihm nachzufolgen, so wie er Christus nachfolgte, bedeutungslos gewesen, denn Paulus hätte unmöglich so wie Jesus leben können. Dann wird das Leben Christi für uns zu einem Leben, das wir nur bewundern, dem wir aber niemals nachfolgen können.
Aber preisen wir Gott dafür, dass Christus in unser Fleisch gekommen ist. Und nachdem er die Begrenzungen unseres Fleisches angenommen hatte, hat er uns ein Beispiel zum Nachfolgen gegeben.
Da Jesus als ein Mensch ein heiliges, reines Leben führte, gibt es jetzt keinen Grund, warum nicht auch wir „leben können wie er gelebt hat“ (1Joh 2,6).
Weil wir als Menschen schwach sind, bietet uns Gott dieselbe Kraft des Heiligen Geistes an, die auch Jesus gegeben wurde, als er als ein Mensch auf Erden lebte.
Was Gott für Jesus tat, wird er auch gerne für uns tun, denn „er liebt uns so, wie er Jesus...