ERNÄHRUNGS-REVOLUTION.
Die Welt wird immer runder. Die Menschen werden immer dicker. Schlanke Erwachsene sind heutzutage schon seltene Exemplare, mollige die Regel und richtig dicke ganz alltägliche Erscheinungen.1 Und das in einer Zeit, da die ganze Welt vom Schlankheits- und Fitnesswahn besessen scheint. Was läuft schief?
Ob schlank oder dick wird zu einem kleinen Teil durch die Erbanlagen festgelegt. Aber letztendlich entscheidet die selbst gewählte Lebens- und Ernährungsweise, ob und wie stark die Erbanlagen zum Tragen kommen. Klar ist: Der Körper legt nur dann Fettdepots als Energiereserve für magere Zeiten an, wenn mehr Kalorien zugeführt als verbraucht werden! Theoretisch hat jeder ähnlich gute Chancen, etwas aus seinem Körper zu machen. Ihn durch gute Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität in Form zu halten. Doch das gelingt immer weniger Menschen.
Die Ursachen sind hausgemacht: Wir haben uns im Laufe der letzen Jahrhunderte eine Umwelt geschaffen, in der wir immer weniger Energie verbrauchen. Das, was wir als Fortschritt und hohe Lebensqualität bezeichnen, macht uns dicke Probleme. Die wenigsten gehen heute noch einer körperlich betonten Arbeit nach. Die Maloche moderner Arbeiter besteht im Bedienen der Maus oder Tastendrücken am Computer. Selbst die Hausarbeit erfordert dank modernster technischer und chemischer Helfer kaum noch Körpereinsatz. Die umso reichlicher bemessene Freizeit wird dann mit Fernsehen und Surfen im Internet ausgefüllt.2,3 Das bequeme Leben ist ja so schön und erstrebenswert. Klar, wer figurbewusst ist, treibt so oft wie möglich Sport. Doch Fitnessstudio, Sportclub, Tennis oder Golf verlangen hohe Mitgliedsbeiträge. Und diese Freizeitsportarten sind zeitaufwendig – Grund für viele, nicht mehr als ein bis zwei Trainingseinheiten pro Woche zu absolvieren.
Obendrein essen wir mehr als nötig. Und das Falsche. Denn trotz wachsenden Gesundheitsbewusstseins soll gesunde Ernährung unkompliziert sein und günstig: Daraus resultiert eine stetig wachsende Vorliebe für Nahrungsmittel, die schnell und mit geringem Aufwand und Wissen zuzubereiten sind – Instant und Convenience machen das Kochen überflüssig.
Da vor allem Getreideprodukte und die daraus gewonnenen pflanzlichen Fette immer kostengünstiger zu produzieren sind, besteht die moderne Ernährungsweise vor allem aus hohen Anteilen von Zucker, Weißmehl beziehungsweise Stärke und zugesetztem Pflanzenfett. Sie liefert eine sehr hohe Energiedichte.4 Was nichts anderes bedeutet, als dass sie verhältnismäßig viele Kalorien pro Volumeneinheit Nahrung aufweist, viel mehr als die meisten natürlichen Nahrungsmittel: Sie macht uns fett und krank. Denn auch ihr Anteil wertvoller Vitalstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe ist oft verschwindend gering.
Es ist offensichtlich, dass wir mit einem ökonomischen Paradox leben: Nennenswerter Energieverbrauch kostet extra Zeit und extra Geld, während die lebenserhaltende Energie- beziehungsweise Kalorienaufnahme durch Essen weder Zeit noch nennenswert viel Geld kostet. Gegen diese widrigen Umweltbedingungen ist mit unseren Genen kaum anzukommen: Wir haben in Millionen Jahren der Evolution ein Gen-Programm entwickelt, das wirtschaftlich goldene Zeiten zu nutzen weiß, um möglich viel von gebotenem Überschuss für schlechte Zeiten zu bunkern. So gesehen sind dicke Bäuche ein Ausdruck unseres grandiosen Fortschritts und sinnvollen Wirtschaftens.
Fehler im System. Aber dicke Bäuche sind alles andere als erstrebenswert – vor allem aus gesundheitlichen Gründen.
Um die epidemische Verbreitung von Übergewicht und Fettleibigkeit zu stoppen, suchen Wissenschaftler in aller Welt nunmehr schon seit Jahrzehnten nach einer Lösung. Nach einer Zauberformel, mit deren Hilfe die Übergewichtigen nicht noch weiter zunehmen. Nach einem Patentrezept, gesund und schlank alt zu werden. Dabei kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Ernährungsempfehlungen der letzten 40 Jahre vielleicht völlig falsch waren: So lange schon verbreiten Ernährungsexperten das Dogma, dass fettreiche Kost ursächlich für die zunehmende Zahl Übergewichtiger in der Bevölkerung verantwortlich ist.5 Kohlenhydrate hingegen halten angeblich schlank und auch fit.6 Von dieser fest gefügten Sichtweise einer gesunden Ernährung überzeugt, empfehlen die Experten, bis zu 60, manche sogar bis zu 70 Prozent der Kalorien in Form von Kohlenhydraten zu verzehren.7 Das solle sogar helfen, Zivilisationskrankheiten vorzubeugen.
Die Argumente, mit denen diese Wissenschaftler ihre These untermauern, klingen plausibel. Sie konnten allerdings nie wissenschaftlich belegt werden!
Eine in den 1990er-Jahren entwickelte, anschauliche Ernährungspyramide hat dazu beigetragen, diese Empfehlungen in allen Winkeln der Welt bekannt zu machen. Ihre Botschaft ist klar: Zurückhaltung beim Konsum tierischer Nahrungsmittel wie Fleisch, Geflügel, Fisch und Eier. Satt essen an den vermeintlichen Schlankmachern, den kohlenhydratreichen Getreideprodukten, Kartoffeln und Reis.
Der Ernährungs-GAU. Mittlerweile fürchtet sich alle Welt vor Braten und Speck, Sahne, Butter und Käse.
Stattdessen essen Millionen Menschen große Mengen Müsli, Brot, Kartoffeln, Reis und Zucker. Und aus allem macht man Baguette und Brezeln, Cola und Cookies, Pizza und Pommes. Raffinierte Kohlenhydrate und Stärke satt. Doch jetzt werden Warnungen laut: Es scheint, als hätte uns ausgerechnet die Kohlenhydratvöllerei den Zivilisationsleiden noch näher gebracht!
Denn obwohl wir wie geheißen immer mehr Kohlenhydrate essen, steigt die Zahl der Fettleibigen stetig und unaufhaltsam an. Gepaart mit einem Mangel an Bewegung, Schlaf und Sonnenlicht erkranken immer mehr Menschen an Störungen des Zucker- und Insulinhaushalts. Im Laufe der Zeit entwickelt sich daraus eine Fettleber und daraus wiederum ein Diabetes mellitus – die »Zuckerkrankheit«.4,8 Bis vor wenigen Jahren erkrankten an Typ-2-Diabetes vor allem Menschen, die älter als 50 Jahre waren. Heute entwickeln immer mehr Jugendliche schon mit 14, 15 oder 16 diesen sogenannten »Altersdiabetes«.3
Aktuelle Studien identifizieren den üppigen Kohlenhydratverzehr als eine der wichtigsten Ursachen für diese Stoffwechselentgleisung. Und es wird immer klarer, dass die als gesund gepriesene Kohlenhydratmast auch das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und bestimmte Krebsformen erhöht.9,10 Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in Form komplexer Stärke, wie in Brot oder Nudeln, oder als einfache Kohlenhydrate, also in Form von Zucker, daherkommen. Entscheidend ist vor allem die Menge!
Einfach besser essen – die LOGI-Methode. Entsprechend dieser Erkenntnisse aus der Ernährungsforschung hat die Stoffwechselabteilung der Harvard Universitätskinderklinik in Boston (USA) eine alternative Ernährungsempfehlung formuliert: die LOGI-Pyramide.11–13
Die ursprüngliche LOGI-Pyramide wurde modifiziert, und der Begriff LOGI steht nunmehr für »Low Glycemic and Insulinemic Diet«. Was auf Deutsch so viel heißt wie »Ernährungsmethode zur Förderung eines niedrigen Blutzucker- und Insulinwertes«. Im Klartext: Die Mahlzeiten nach der LOGI-Methode lassen den Blutzuckerspiegel und die Insulinausschüttung nur in geringem Maße ansteigen.
Die LOGI-Methode erweist sich fast als Umkehrung der bislang gültigen Ernährungsempfehlungen: Auf dem Speiseplan stehen vor allem viel Gemüse, Salate, frische Früchte sowie reichlich eiweißhaltige Nahrung wie Fleisch, Geflügel und Fisch, Milchprodukte und Nüsse sowie Hülsenfrüchte. Ebenfalls von wichtiger Bedeutung sind hochwertige Fette und Öle. Dagegen gibt es Vollkornprodukte und festkochende Salzkartoffeln – die lange Zeit als Ernährungsbasis empfohlen wurden – bewusst nur in kleinen Portionen. Nicht verboten, aber auch nicht empfohlen sind Getreideprodukte aus raffiniertem Mehl (Weißmehl) und Süßwaren. Je weniger man davon isst, desto besser wirkt sich das auf die Figur und eine lange Gesundheit aus.
Erwünschte Nebenwirkungen. Die LOGI-Methode ist eine ideale Ernährungsform, um dauerhaft fit und gesund sowie auch schlank zu bleiben. Oder wieder schlanker zu werden! Essen nach LOGI schmeckt und überflüssige (Fett-)Pfunde purzeln stetig. Und nicht nur das.
Übergewicht geht häufig aber nicht immer mit Risikofaktoren wie einem entgleisten Zucker- und Insulinhaushalt (Insulinresistenz), gestörtem Fettstoffwechsel und erhöhtem Blutdruck einher. Das Zusammentreffen dieser gesundheitlichen Risikofaktoren bezeichnet man als »metabolisches Syndrom« beziehungsweise Syndrom X oder auch »Tödliches...