1 Das Low-Carb-Prinzip
Low Carb wird seit Jahrzehnten erfolgreich gelebt. Unzählige Abnehmwillige haben mit einer kohlenhydratreduzierten Ernährung viele überschüssige Pfunde verloren. Längst ist Low Carb erfolgreicher, als es fettreduzierte Diäten jemals waren.
Low Carb – dieser salopp verkürzende Ausdruck bedeutet »wenig Kohlenhydrate« und bezeichnet eine Ernährung mit einem niedrigen Kohlenhydratanteil. Die erste Low-Carb-Diät gab es bereits in den frühen 1970er-Jahren. Damals erlebte der amerikanische Kardiologe Robert Atkins in einem Selbstversuch, wie er durch eine Ernährung mit nur minimalem Kohlenhydratgehalt rasch abnahm. Seine streng kohlenhydratarme und stark geregelte Diät hat noch heute, mehr als 30 Jahre später, viele Anhänger.
Inzwischen gibt es zahlreiche Low-Carb-Richtungen. Extreme, nahezu kohlenhydratfreie Diäten wie auch moderatere mit Fokus auf der Insulinwirkung der verschiedenen kohlenhydrathaltigen Lebensmittel.
In diesem Buch folgen wir – wie in den vorhergehenden Bänden dieser Reihe – dem Konzept einer mäßigen bis starken Reduktion von Kohlenhydraten im Vergleich zur Normalkost. Diese ▶ Normalkost gemäß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht pro Tag eine Menge von mehr als 250 g Kohlenhydraten als angemessen.
1.1 Was sind eigentlich Kohlenhydrate?
Neben Fett und Eiweiß gehören Kohlenhydrate zu den drei Nährstoffen, aus denen unser Körper Energie gewinnen kann. Doch was genau sind eigentlich Kohlenhydrate, und in welchen Lebensmitteln sind sie enthalten? »Kohlenhydrate« ist der Oberbegriff für eine große Gruppe an Stoffen. Die in unserer Nahrung wichtigsten Kohlenhydrate sind verschiedene Zuckerarten und Stärke.
1.1.1 Einfach- und Zweifachzucker
»Zucker« bezeichnet in diesem Zusammenhang den Sammelbegriff für alle süß schmeckenden Kohlenhydrate. Diese kommen natürlicherweise in Obst, Honig, Milch und auch in süßlich schmeckendem Gemüse vor. Als industriell hergestellte Zucker findet sich in verarbeiteten Lebensmitteln vor allem Glukose(-sirup) und Haushaltszucker (fachsprachlich Saccharose). Zucker sind chemisch gesehen nur ganz kleine Einheiten. Sie bestehen entweder nur aus einem (Einfachzucker) oder aus zwei aneinandergekoppelten Bausteinen (Zweifachzucker). Die in unserer Ernährung häufigsten Einfachzucker sind Fruktose und Glukose, die häufigsten Zweifachzucker sind Saccharose und Milchzucker (Laktose).
1.1.2 Stärke ist der Hauptbestandteil von Getreide
Das Kohlenhydrat »Stärke« dagegen ist ein aus vielen Glukose-Bausteinen zusammengesetzter, komplexer sogenannter Mehrfachzucker. Stärke schmeckt – obwohl aus Zuckerbausteinen zusammengesetzt – nicht süß. Stärke ist der Hauptbestandteil von Getreide und Getreideprodukten (Mehl, Grütze, Grieß, Teigwaren, Brot und Kuchen). Natürlicherweise stärkehaltig sind außerdem Kartoffeln und reife Hülsenfrüchte.
In industriell hergestellten Lebensmitteln ist Stärke eine häufig verwendete Zutat nicht nur in Süß- und Backwaren, sondern auch in Saucen, Fertiggerichten und Dessertzubereitungen.
1.2 Und was machen Kohlenhydrate im Körper?
Kohlenhydrate dienen in unserem Körper dazu, dass schnell viel Energie bereitsteht für Muskeln und Nerven, für die geistigen und körperlichen Aktivitäten des Alltags. So ist unser genetisches Programm angelegt.
Und gleichzeitig ist Low Carb, also eine Ernährung mit einem nur geringen Anteil an Kohlenhydraten, gut und gesund? Eindeutig ja! Um das nachvollziehen zu können, sehen wir uns noch kurz den Weg der Kohlenhydrate aus dem Verdauungstrakt bis in die Zellen an.
1.2.1 Kohlenhydrate als Blutzuckerdompteure
Ausschließlich Einfachzucker können durch die Darmwand in die Blutbahn gelangen. Das bedeutet, dass alle Zweifachzucker und auch die langen, komplexen Mehrfachzucker erst in das Blut gelangen können, nachdem sie im Darm in ihre kleinsten Bestandteile zerlegt worden sind. Am schnellsten kommen daher die bereits als Einfachzucker (Glukose, Fruktose) über die Nahrung aufgenommenen Zucker im Blut an. Kurz danach strömen die zerlegten Zweifachzucker ein, die wiederum unter anderem Glukose mitbringen.
Erst eine Weile später und über längere Zeit hinweg in mäßigen Mengen tritt dann die Glukose aus der Stärkespaltung in den Blutkreislauf ein, so lange, bis auch das letzte Stärkemolekül im Darm in seine Glukosebausteine zerlegt ist.
Süß schmeckende Lebensmittel erhöhen also fast unmittelbar den Blutzucker und das je nach Menge gegebenenfalls stark. Lebensmittel, die Stärke enthalten, erhöhen den Blutzucker immer erst zeitverzögert und immer nur moderat.
1.2.2 Blutzucker als Zellbrennstoff
Doch auf welche Weise wird nun der Blutzucker zu Energie für unsere Zellen? Denn das ist sein einziger Zweck! Hier kommt das Hormon Insulin ins Spiel: Es hat die Funktion, die Zellen auf Energieeinstrom zu polen. Entsprechend der Menge an Zucker im Blut schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus. Wenig Blutzucker, wenig Insulin. Viel Blutzucker, viel Insulin. Ein Ansturm von Glukose aus einer großen Portion eines zuckerreichen Lebensmittels, etwa süßem Gebäck mit Schokoglasur, bewirkt eine richtige Insulinflutwelle.
1.3 Fettzellen werden gemästet
Energie aus Kohlenhydraten, die vom Körper zeitnah verbraucht wird – sei es durch geistige und körperliche Alltagsarbeit oder durch Sport, wird in den Muskeln und in der Leber gespeichert. Dazu stehen aber nur sehr begrenzte Kapazitäten zur Verfügung. Sind diese Speicher aufgefüllt, wird die überschüssige Energie aus dem Essen in Form von Fett gespeichert. Und das zielsicher an unseren Problemzonen. Gemein, aber wahr. Dort, wo bereits Fettzellen sind, genau dorthin wandert auch jede weitere überschüssige Energie aus unserer Nahrung – und mästet so die Fettzellen an Bauch, Po, Beinen, Brust, Oberarmen.
1.3.1 Wenn das Insulinkarussell überdreht
Eine betont süße und kohlenhydratreiche Ernährung strapaziert auch die insulinproduzierende Bauchspeicheldrüse: Sie ist zu ständig wiederkehrenden starken Insulinausschüttungen aufgrund rasch anflutender Zuckerbausteine im Blut gezwungen. Und das hat kurzfristig unangenehme Auswirkungen auf Ihr Wohlbefinden und langfristig fatale Folgen für den Stoffwechsel und Ihre Gesundheit.
Kurzfristige Folgen:
starker Einstrom von Nährstoffen in die Zellen, auch in die Fettzellen
Hohe Insulinspitzen führen zu nachfolgenden tiefen Insulintälern, die sich mit allen unangenehmen Symptomen einer Unterzuckerung bemerkbar machen: Schwäche, Zittern, Heißhunger auf Süßes.
Langfristige Folgen:
Gewichtszunahme durch hohe Mengen an Zucker pro Mahlzeit und durch häufige süße Zwischenmahlzeiten
Abstumpfen der Zellen gegenüber Insulin (fachsprachlich: Insulinresistenz), der Blutzucker kann nicht mehr in die Zellen, die Zellen leiden Energiemangel, obwohl Nahrungsenergie im Blut kreist. Die Zellen »verhungern«. Die überschüssige Energie wird in den Fettzellen eingelagert.
Funktionseinschränkung der insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse mit denselben Folgen für die Zellen wie im vorhergehenden Punkt
weitere Gewichtszunahme, die zahlreiche Folgeerkankungen begünstigen kann, etwa Schäden an Knochen, Gelenken und Organen, aber auch Diabetes
1.4 Low Carb als Insulindompteur
Art und Menge der Kohlenhydrate, respektive der kohlenhydrathaltigen Lebensmittel, die wir verzehren, können Auswirkungen haben auf unser Wohlbefinden, unser Gewicht und unsere Gesundheit ganz allgemein. Zuckersüßes wirkt ungünstig auf den Stoffwechsel ebenso wie zu viele Kohlenhydrate ganz allgemein, gleich ob Zucker oder Stärke.
Denn Kohlenhydrate sind untrennbar mit dem Insulin verbunden. Und dieses Hormon fördert unter anderem den Aufbau von Körperfett. Wer Fettpolster einschmelzen möchte oder auch einfach nur sein Gewicht ohne Kalorienzählen halten will, sollte seinen Insulinspiegel niedrig halten. Wie das funktioniert? Ganz einfach, indem man auf die Kohlenhydrate in der Nahrung achtgibt, vergleichsweise wenig Kohlenhydratreiches isst und vor allem wenig Zuckerreiches – kurz gesagt, indem man Low Carb lebt.
1.4.1 Natürlich, gesund, Low Carb
Dabei ist Low Carb ganz und gar keine neue Erfindung unseres bewegungsarmen modernen Zeitalters. Diese Ernährungsform wurde schon in Urzeiten über Jahrtausende hinweg praktiziert: Kohlenhydratarm zu essen war in der Altsteinzeit die einzig...