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E-Book

Luft nach oben

Wie richtiges Atmen uns stärker macht

AutorMichael Barczok
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783732560745
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Wussten Sie, dass wir regelmäßig einen Heißluftballon voller Luft ein- und ausatmen? Ob wir Marathon laufen oder schlafen, unsere Lunge versorgt uns permanent mit der optimalen Menge an Sauerstoff. Wir spüren unser Atemorgan bloß, wenn etwas nicht stimmt. Was passiert, wenn wir husten, kurzatmig sind oder schnarchen? Was steckt hinter Allergie, Asthma und COPD? Was können wir gegen all die Atembeschwerden tun? Wie fit ist eigentlich die eigene Lunge? Darüber hinaus stellt sich Barczok den Fragen der aktuellen Debatte: Wie sinnvoll sind Grenzwerte für Dieselabgase und Fahrverbote? Wie gefährlich ist die Feinstaubbelastung in unsere Atemluft? Alle Antworten und die besten Tipps für eine lebenslang gesunde Lunge finden sich in diesem Buch.



<p>Dr. Michael Barczok ist Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie sowie Sozial-, Schlaf- und Umweltmedizin. Er praktiziert und lehrt am Lungenzentrum Ulm. Als gern gesehener Experte hält er Vorträge und gibt Interviews in überregionalen Zeitungen wie Die Welt und Der Tagesspiegel. Barczok ist Vater von fünf Söhnen und verheiratet mit der Atemtherapeutin Susanne Menrad-Barczok. Mehr über Dr. Barczok und Aktuelles zum Thema Lunge findet sich auf seinem Blog: www.lungenexperte.info<br></p>

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Leseprobe

Powerorgan Lunge


Falls Sie sich jetzt fragen, wie groß eigentlich ein Heißluftballon ist: Zwischen 15.000 und 20.000 Kubikmeter Luft pumpen wir durch unsere Lunge, um unseren täglichen Bedarf an Sauerstoff zu decken. Und wo wir schon bei erstaunlichen Größenvergleichen sind: Unserer Lunge steht – würde man sie auseinanderfalten – die Oberfläche eines Fußballfeldes zur Verfügung, um für unseren Körper genügend Sauerstoff bereitzustellen. Sie merken schon, die Lunge wird leicht unterschätzt, dabei ist sie ein wahrlich faszinierendes Powerorgan, das Tag und Nacht arbeitet und dabei Unvorstellbares für uns leistet.

Wir können Wochen ohne Nahrung überleben (ich sogar Monate, wenn ich meinen Bauchumfang betrachte), Tage ohne Wasser, aber nur Minuten, ohne zu atmen, bevor als Erstes das Gehirn und dann alle anderen Organe unwiderruflich ihre Funktion einstellen. Wie ein Computer stoppt, dem plötzlich der Stecker gezogen wird, so schnell und endgültig erlischt das Leben in uns, wenn unsere Lunge den Dienst quittiert. Es ist daher kein Wunder, dass alle Funktionsstörungen, die bei der Atmung auftreten, von unserem Gehirn sofort als bedrohlich und alarmierend erlebt werden – ob es uns direkt bewusst ist oder auch nicht.

Die Atmung ist alles, Anfang und Ende unseres Lebens. Einatmen, ausatmen, kurze Pause – ein ewig gleicher Kreislauf, vom ersten Schrei nach der Geburt bis zum letzten Atemzug. Wenn wir achtzig Jahre alt sind, wird die Atempumpe etwa 600 bis 700 Millionen Mal den lebensnotwendigen Sauerstoff in unseren Körper befördert haben. Ohne Pause, ohne Urlaub, dynamisch angepasst an den Bedarf zwischen Schlaf und körperlicher Belastung.

Die Menge an Luft, die täglich durch unsere Lungen fließt,
würde einen Heißluftballon füllen

Auch wenn das Bild der Pumpe den Anschein erweckt, als handele es sich beim Atmen um einen rein mechanischen Vorgang, dem Atmen und dem Atem wohnt eine zutiefst mystische Bedeutung inne. Lungenärzte wie ich nennen sich Pneumologen. Das griechische Wort Pneuma steht dabei für den Atem ebenso wie für den Geist und die Seele. Gott haucht Adam den »Lebensodem« ein, und der erste Schrei eines Neugeborenen, das erste »Atemholen«, ist gleichsam eine ewig sich wiederholende Erneuerung dieses Schöpfungsaktes. Wir »schöpfen Atem« und befeuern damit »für einen Atemzug« die Energiegewinnung in unserem Körper. Archaische Ängste kommen sofort hoch, wenn wir »um Atem ringen« müssen, und ja, irgendwann werden wir »den letzten Atemzug tun«. Dann ist uns für immer »die Luft ausgegangen«.

Noch heute gilt der Spiegeltest als einer der wichtigsten Lebensbeweise: Man prüft, ob ein vor den Mund gehaltener Spiegel durch Atmen beschlägt. Bleibt dieses Zeichen aus, ist klar, dass die Atempumpe stillsteht und das Leben schwindet, wenn dem Körper nicht sofort neuer Atem gespendet wird.

Das Motto der amerikanischen Atemwegsliga (American Lung Association) bringt es auf den Punkt:

When you can’t breathe, nothing else matters.

Höchste Zeit also, sich einmal näher mit allem rund um unsere Atemwege zu beschäftigen. Starten wir unsere Expedition …

Die Reise ins Innere unserer Lunge


Als Kind habe ich einen Film gesehen, der mich enorm beeindruckt hat: Er hieß »Die phantastische Reise«, und vielleicht erinnert sich der eine oder die andere von Ihnen auch so lebhaft an ihn wie ich. Im Mittelpunkt des Film steht ein kleines Forschungsteam, das mit radioaktiven Strahlen samt U-Boot auf die Größe einer Mikrobe geschrumpft und so in den Körper beziehungsweise das Gehirn eines Wissenschaftlers eingeschleust wurde. Diese fiktive Reise war vermutlich das Spannendste, was mir in meinem sonst eher nüchternen Biologieunterricht in der Schule unter die Augen gekommen ist.

Plötzlich ist da ein ungeheurer Sog, ein Luftstrudel erfasst die Forscher mit ihrem U-Boot, und sie werden in eines von zwei riesigen Löchern gerissen, in denen unvermittelt ein zerklüftetes Gebirge vor ihnen auftaucht. Auf den Bergen wuchert ein wilder Dschungel, beinahe verfangen sie sich im undurchdringlichen Dickicht. Auch die Luft erinnert an die Tropen, ist heiß und feucht, die Felswände sind bedeckt mit einer schleimig-glasigen Schicht, darunter wogen Felder biegsamer Halme. Ein faszinierender Anblick.

Ungefähr so wie dem U-Boot im Film muss es Bakterien oder Viren ergehen, die wir durch die Nase einatmen. Unsere Nase erfüllt – gewissermaßen als das erste Tor zur Lunge – eine Vielzahl von Aufgaben. Der dreistöckige Verbindungsgang führt von den Nasenlöchern zum harten Gaumen und lässt dabei einen Vorraum zu unserer Lunge entstehen, in dem die Luft von Schadstoffen vorgereinigt, angefeuchtet und auf Körpertemperatur angewärmt wird. Dieser Filter mit Klimafunktion ermöglicht es der Atemluft, den reibungslosen Flug in das Innere unseres Körpers anzutreten.

Wie so oft bei Körperfunktionen merken wir, wie ausgeklügelt das ganze System ist, erst dann, wenn etwas nicht wie gewohnt funktioniert. Ist zum Beispiel unsere Nase verstopft, müssen wir durch den Mund atmen und bemerken schnell, wie unser Mund austrocknet und die Luft kalt und reizend in unseren Bronchien brennt: eine Situation, in der wir uns schnell unwohl fühlen und Bakterien oder andere Eindringlinge leichtes Spiel haben, das lahme, »erkältete« Immunsystem zu überwältigen.

Nun fliegt das Forscherteam als Nächstes an der Zunge vorbei, in der ganz hinten eine Reihe kleiner Vertiefungen sichtbar wird, die für wichtige Geschmackseindrücke wie »sauer«, »salzig« oder »süß« verantwortlich sind. Gleich dahinter ragen rechts und links gewaltige zerklüftete und mit allerlei Zellen bewachsene Felsbrocken auf: unsere Mandeln. Meist sind sie klein und zurückgezogen, bei manchen Menschen aber sind sie vom jahrelangen Kampf zerfurcht und vernarbt und ragen wie alte Felsabbrüche in den Luftkanal hinein, immer bereit, Feinde noch schnell abzufangen und zu vernichten. Die Mandeln bewachen sozusagen den Zugang zu unseren empfindlichen, komplizierten und gegenüber Feinden weitgehend wehrlosen inneren Organen.

Plötzlich beschleunigt sich der Flug des Forschungsteams fulminant. Zwischen zwei glatten Staumauern, die sich dauernd verengen oder erweitern, unseren Stimmbändern, fallen sie in einen riesigen, breiten Schacht hinein, an dessen Rändern wuchtige rundliche Knorpelspangen wie Rohrelemente durchschimmern. Willkommen in der Luftröhre. Die Innenseite der Röhre schimmert feucht, und wenn wir genau hinsehen, dann sehen wir in der Tiefe kleine peitschenförmige Flimmerhärchen, die laufend von unten nach oben schlagen. Doch die feinen Härchen schlängeln nicht irgendwie durcheinander, sie arbeiten koordiniert und transportieren eine Vielzahl unterschiedlich großer Steine und Brocken wie auf einem gigantischen Förderband von unten nach oben – eines der vielen Müllabfuhrsysteme unseres Körpers. Ja, mit jedem Atemzug atmen wir Staubpartikel unterschiedlicher Größe, Bakterien, Viren, aber auch Pollen und viele andere Strukturen ein, mit denen unser Körper nicht wirklich etwas anfangen kann. Unter ihnen sind immer wieder auch Erreger, die ihn vielleicht sogar bedrohen und deshalb so schnell wie möglich aus der Lunge herausgeschafft werden müssen. Dafür haben wir Flimmerhärchen überall auf unseren Schleimhäuten, egal ob in der Nase oder in den Bronchien, die in der Lage sind, schnell und effektiv Fremdkörper, die im Schleim hängen geblieben sind, gezielt nach oben zu transportieren. Die haarige Mischung aus Türstehern und Müllabfuhr arbeitet klaglos Tag und Nacht und ist ein hoch effektiver, wichtiger Bestandteil unseres Abwehrsystems.

Das Bild erinnert mich an meine ersten Bronchoskopien als junger Assistenzarzt in einer Lungenfachklinik nahe Regensburg. Nach örtlicher Betäubung habe ich das dünne, biegsame Bronchoskop über Nase oder Mund in die Luftröhre eingeführt, um damit in das Innere der Bronchien schauen zu können. Das Bronchoskop verfügt nicht nur über eine Lampe, es kann auch Flüssigkeit absaugen und mit Hilfe einer kleinen Zange Gewebeproben entnehmen. Auf der Suche nach Entzündungsherden oder Tumoren ist dieses Instrument ein unverzichtbarer Helfer. Damals ist mir aufgefallen, wie bei einem starken Raucher im kalten Licht des Bronchoskops die Schleimhaut der großen Bronchien zu leben schien. Eine Vielzahl unterschiedlich großer schwarzer Körnchen wurde im Zickzackkurs von unten nach oben transportiert und sammelte sich vor dem Hindernis des Untersuchungsgerätes. Auf den erstaunten Blick zu meinem Oberarzt bekam ich die Antwort: »Tja, Michael, so sieht es in den Bronchien einer Raucherlunge aus. Verzweifelt versucht die Lunge, ein bisschen Dreck loszuwerden, aber leider bringt das nicht viel, weil die meisten Flimmerhärchen hier schon am Ende sind.« Ich habe damals noch geraucht und nahm mir wieder mal fest vor, das Rauchen zu lassen. Leider wieder umsonst. Erst Jahre später habe ich es dann wirklich geschafft, den Schalter in meinem Kopf umzulegen.

Flug durch das Kanalsystem

Aber kehren wir wieder zurück zu unserem Forscherteam, dessen Reise in die Tiefe nun an eine Verzweigung gelangt, die rechts und links in die zwei großen Lungenlappen führt. Gleich danach verzweigt sich das System schon wieder und noch mal und noch mal. In Windeseile schießen unsere Entdecker in ein Labyrinth immer kleiner und dünner werdender Röhrchen, die auch immer beweglicher scheinen. Die großen Knorpelspangen der Luftröhre haben sie hinter sich gelassen, in steigender Geschwindigkeit jagen sie durch ein immer engeres Gangsystem, das sich pulsierend erweitert und verengt....

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