1 Einführung
Die Informationstechnologie (IT) zählt zu den tragenden Säulen einer modernen Industriegesellschaft und wird in Zukunft weiter in den beruflichen und privaten Bereich des Menschen vordringen. Das Schlagwort »Informationsgesellschaft« drückt diese Entwicklung treffend aus.
Damit die IT diese Rolle übernehmen kann, muss gewährleistet sein, dass die geforderte Funktionalität mit einer vorhersagbaren und garantierten Qualität erbracht wird. Erst durch eine die Qualitätseigenschaften überwachende Bereitstellung der Funktionalität im Rahmen sogenannter IT-Services wird sichergestellt, dass der Servicenehmer (also der Abnehmer der IT-Services und damit indirekt der Anwender oder Nutzer der dahinter stehenden IT-Systeme) die gewünschte Servicequalität erhält bzw. nutzen kann. Um einen IT-Betrieb qualitätsgesichert zu steuern und IT-Services bereitzustellen, sind die Methoden und Modelle von COBIT, ISO 20000 und ITIL geeignet (www.icaca.com, www.iso20000.ch, www.itil-officialsite.com). Auf sie wird deshalb im Folgenden intensiv eingegangen.
1.1 Einsatzfeld des Service-Level-Managements
Wie und wo wirkt Service-Level-Management?
Wenn Sie, liebe Leser, heute ein Produkt kaufen möchten und im Supermarkt zu einem Regal gehen, dann erwarten Sie, dass dieses Produkt dort steht. Wie viele Dienstleister, Netzwerke, Server und Anwendungen ineinandergreifen, um genau dieses Ziel zu erreichen, bleibt dem Endkunden verborgen. Die dahinter liegende Lieferkette enthält eine Vielzahl von Technologien zur Beherrschung der Logistik. Es bedarf eines hohen Expertenwissens, um die Komplexität und Abhängigkeiten zu verstehen. Die Logistik, die im Hintergrund wirkt, muss durchgängig korrekt und ausfallsicher konzipiert werden. Hierfür sind die Systeme entsprechend zusammenzuschalten, um den Weg für Ihr Produkt zu bahnen. Wenn Sie dann das Produkt in der Hand halten, damit zur Kasse gehen, und es würde in diesem Moment beispielsweise das Netzwerk, das die Kassen mit dem zentralen Waren-wirtschaftssystem verbindet, nicht funktionieren, könnten Sie Ihr Produkt nicht kaufen.
Sie müssen sich in der Lieferkette also u.a. auf die IT verlassen können. Welche Technologien auch verwendet werden, dahinter verbirgt sich eine Vielzahl von Dienstleistern, die diese Technologien bereitstellen und betreiben. Zu deren Koordination leisten Service-Level-Manager einen Beitrag. Sie entwerfen Regelungen (Service-Level-Agreements), wie das Zusammenspiel funktionieren muss, damit in unserem Beispiel die gesamte Lieferkette, allgemein die Wertschöpfungskette, zum Endkunden steht, wenn dieser eine Dienstleistung oder ein Produkt nachfragt. Der Service-Level-Manager stimmt somit im Rahmen des Service-Level-Managements die für Ihre Dienstleistung oder Ihr Produkt notwendigen, auf IT-Systemen basierenden Einzelleistungen ab, die in der Wertschöpfungskette benötigt werden. Bei diesen Einzelleistungen handelt es sich um die Bereitstellung von sogenannten IT-Services, die stets aus Sicht des Abnehmenden (Servicenehmer) und unter den Aspekten Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit und Kosten entsprechend für den Einsatz konfiguriert werden. Servicenehmer können Sie als Endkunde sein oder aber – deutlich häufiger – die jeweilige Fachabteilung des Unternehmens, bei dem Sie etwas erwerben, bzw. ein weiterer (IT-)Dienstleister. Je mehr Dienstleister zusammenwirken müssen, desto komplexer werden die Lieferketten. Es werden deshalb immer umfassendere Regelungen erforderlich, damit die Bereitstellung reibungslos funktioniert. Damit jeder Dienstleister in der Lieferkette weiß, was er vom Vorgänger erwartet und was er dem Nachfolger gegenüber leisten muss, wird die erwartete Qualität (Service-Level) fixiert. Dies ist erforderlich, damit im operativen Betrieb alles reibungslos ineinandergreift und bei – schwerwiegenden – Aus- oder Zwischenfällen feststeht, wie schnell man wieder zum störungsfreien operativen Betrieb in der Lieferkette zurückkehrt. Übertragen auf das Eingangsbeispiel bedeutet dies, wenn Ihr Produkt nicht im Regal steht, kann Ihnen der genaue Zeitpunkt der Wiederverfügbarkeit genannt werden.
Nach dieser Einführung werden die folgenden Kapitel für eine bessere Orientierung und Navigation im Buch kurz vorgestellt. Die Zusammenstellung der SLA- und SLM-Inhalte ist aufgrund der inhaltlichen Vielfalt in mehrere Kapitel aufgeteilt.
Kapitel 2
»IT-Standards für den Prozess Service-Level-Management«
Dieses Kapitel zeigt, wie sich das SLM historisch entwickelt hat. Dabei werden die Konzepte und Überlegungen, die auch heute noch für den Service-Level-Manager wichtig sind, herausgearbeitet. Anschließend folgen die aktuellen Standards ITIL V3, ISO 20000 und COBIT mit den neuen Konzepten und Anforderungen an das SLM. Darauf aufbauend werden die historischen und die aktuellen Standards konsolidiert und Praxislösungen entworfen.
Kapitel 3
»Entwurf von Service-Level-Agreements und Servicekatalogen«
In Kapitel 3 wird die Erstellung von SLAs konzeptionell und anhand von Beispielen aufgezeigt. Hier finden sich auch Themen wie Servicekatalog und Pönalenregelungen, um Regressansprüche geltend zu machen. Dem Service-Level-Manager wird mit dem hier entwickelten SOUSIS-Modell ein Konzept eröffnet, mit dem er SLAs einheitlich und beherrschbar erstellen und verwalten kann.
Kapitel 4
»Überwachung von Service-Level-Agreements«
Nachdem die SLAs entworfen wurden, müssen diese auf deren Einhaltung hin auch überwacht werden. Da die Überwachung ein eigener Themenkomplex ist, wird in Kapitel 4 ein systematisches Vorgehen aufgezeigt, wie sich Messungen geeignet einsetzen lassen. Die erforderliche Darstellung der Messergebnisse in Form von Reports wird ebenfalls anhand von Praxisbeispielen beschrieben.
Kapitel 6
»Stolpersteine bei Service-Level-Agreements«
In jedem SLA-Projekt gibt es Herausforderungen. Damit der Service-Level-Manager entsprechend gewappnet ist, werden aus der Praxis Stolpersteine aufgezeigt. Somit erhält der Service-Level-Manager ein Spektrum an Erfahrungen, wenn er neu in die Thematik einsteigt, oder er erweitert seine Erfahrungen um die genannten Stolpersteine.
Kapitel 7
»Interviews und Fallbeispiel«
In Kapitel 7 werden Interviews mit Service-Level-Managern geführt, die ihre Rolle heute und auch in der Zukunft bewerten. Im Anschluss wird ein Fallbeispiel aus der Praxis ausführlich diskutiert und mit Mengenangaben und Einschätzungen für Manager aufgezeigt.
Kapitel 8
»Die 10 größten SLA-Irrtümer«
Zur Vermeidung von Kardinalfehlern werden in diesem Kapitel die 10 größten Irrtümer aufgezeigt. Service-Level-Manager können sehr kompakt ihre oder fremde SLAs überprüfen und schnell gegensteuern, sofern es zu Problemen kommen sollte.
Kapitel 9
»Schlussbemerkungen«
In diesem Kapitel werden die zentralen Punkte aus dem Buch für SLAs hervorgehoben. Dabei werden generelle Aspekte und auch spezielle Punkte für das SOUSIS-Modell abgehandelt. Es wird die Anwendung des SOUSIS-Modells konzeptionell wie auch in der Realisierung empfohlen.
1.2 Zentrale Begriffe für Service-Level-Manager
In diesem Abschnitt werden die zentralen Begriffe, mit denen Service-Level-Manager tagtäglich arbeiten, eingeführt. Vermieden werden dabei theoretische Konzepte. Nur die tatsächlichen in der Praxis »gelebten« Definitionen sind genannt.
1.2.1 IT-Abteilung
Wenn in diesem Buch von einem »IT-Dienstleister«, der als Unternehmen IT-Services anbietet, gesprochen wird, so wird stets davon ausgegangen, dass dieser IT-Dienstleister aus organisatorischer Sicht intern in verschiedene IT-Abteilungen untergliedert ist. Diese IT-Abteilungen können entweder in die traditionellen Bereiche Netze, Server, Desktops oder auch nach ITIL-Prozessen wie Change-Management organisiert sein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass das Service-Level-Management selbst eine IT-Abteilung ist, die sich mit ihren Kollegen in den übrigen IT-Abteilungen abstimmt.
1.2.2 IT-Service
Das Verständnis des Begriffes IT-Service ist sehr unterschiedlich und wandelt sich hinsichtlich der darunter verstandenen Inhalte und seines Umfangs kontinuierlich. Aktuelle Beiträge in einschlägigen Veröffentlichungen (z.B. http://whitepaper.cio.de) und intensive Diskussionen in einschlägigen...